Der Halbmond auf dem Petersdom – „Das wird Franziskus nicht mißfallen“

Interreligiöses Idyll


Halbmond über dem Petersdom läßt den Pressechef des italienischen Staatspräsidenten ins Schwärmen kommen.
Halbmond über dem Petersdom läßt den Pressechef des italienischen Staatspräsidenten ins Schwärmen kommen.

(Rom) In einem roman­ti­schen Idyll ver­stieg sich der Cor­rie­re del­la Sera, die bedeu­tend­ste Tages­zei­tung Ita­li­ens. Unter dem Stich­wort: „Der Him­mel über der Haupt­stadt“ war gestern zu lesen:

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„Rom: Der Mond über Sankt Peter ‚ver­wan­delt‘ die Basi­li­ka in eine Moschee. Magie des Tibers, Kreu­zungs­punkt des inter­re­li­giö­sen Dialogs.“

Der Mond hat in festen Zyklen das­sel­be Aus­se­hen und im Lau­fe der Jahr­hun­der­te stand er schon vie­le Male in der vom Cor­rie­re-Autor beschrie­be­nen und foto­gra­fier­ten Posi­ti­on. Es bedurf­te der schnell vor­an­schrei­ten­den Isla­mi­sie­rung West­eu­ro­pas und noch mehr des sich aus­brei­ten­den Rela­ti­vis­mus, um dar­in zu erken­nen, was Mau­ri­zio Capra­ra, der Pres­se­chef der Prä­si­di­al­kanz­lei des ita­lie­ni­schen Staats­prä­si­den­ten, dar­in erken­nen wollte.

Mau­ri­zio Capra­ra schrieb gestern:

„Ein kurio­ser Effekt des Erd­tra­ban­ten, der sich aus einem Spiel der Per­spek­ti­ve auf der Kup­pel anzu­le­hen schien. Das Bild einer Annä­he­rung zwi­schen Islam und christ­li­chem Katho­li­zis­mus, das auf ver­schie­de­ne Wei­se gedeu­tet wer­den kann.“

Mau­ri­zio Capra­ra ist stän­di­ger Kolum­nist für inter­na­tio­na­le Poli­tik. Für den Cor­rie­re del­la Sera schreibt er seit 1979. Von 1982–1996 war er als Aus­lands­kor­re­spon­dent der Zei­tung tätig. Er war 2013–2015 Bera­ter von Staats­prä­si­dent Gior­gio Napo­li­ta­no (Links­de­mo­krat, bis 1991 Kom­mu­nist) und Pres­se­chef der Prä­si­di­al­kanz­lei. Anfang 2019 kehr­te er unter Staats­prä­si­dent Ser­gio Mat­tar­el­la (Links­de­mo­krat) in der­sel­ben Funk­ti­on in den Qui­ri­nal zurück. 

In sei­ner gest­ri­gen Kolum­me schreibt Capra­ra weiter:

„Vom ande­ren Ufer des Tibers betrach­tet, näher­te sich der Mond, der Halb­mond lang­sam dem höch­sten Punkt der Peters­kup­pel, bis er über ihr stand und den Peters­dom für eini­ge Minu­ten einer Moschee ähneln ließ.“

Und wie könn­te die­ses Bild laut Capra­ra gele­sen werden?

„Als Ver­pflich­tung zum inter­re­li­giö­sen Dia­log, als Zei­chen des Frie­dens und der Hoff­nung, und von eini­gen als ent­hül­len­de Satirezeichnung.“

Der Tiber, so der Autor, habe „wich­ti­ge Schrit­te des Dia­logs zwi­schen den drei mono­the­isti­schen Reli­gio­nen“ ange­zo­gen. Dann erwähnt er, daß es heu­te in Rom neben dem Peters­dom auch die gro0e jüdi­sche Syn­ago­ge am ande­ren Tibe­ru­fer und seit den 80er Jah­ren eine gro­ße isla­mi­sche Moschee auf dem Mon­te Anten­ne gibt. Sie bie­tet 12.000 Men­schen Platz und wur­de – wie auch an ande­ren Stel­len – auf Wunsch und mit dem Geld des sau­di­schen Königs errich­tet. Capra­ra erin­nert an das Atten­tat eines palä­sti­nen­si­schen Ter­ror­kom­man­dos 1982 auf die Syn­ago­ge, bei der ein zwei Jah­re altes, jüdi­sches Kind getö­tet wur­de. Die Juden beschul­dig­ten damals den Vati­kan, eine zu freund­li­che Hal­tung gegen­über den Palä­sti­nen­sern ein­zu­neh­men. „Erst“ 1986 war es dann soweit, daß ein Papst erst­mals die Syn­ago­ge besuchte.

Seit dem Mas­sa­ker am 11. Sep­tem­ber 2001 in den USA durch „isla­mi­sche Fun­da­men­ta­li­sten von Al Qai­da, war das Miß­trau­en gegen­über den Mus­li­men in den west­li­chen Staa­ten groß“, so der Autor. 

„Gegen den Strom orga­ni­sier­te die Gemein­schaft von Sant‘Egidio, die ihren Sitz in Tra­ste­ve­re hat, schnell eine Tagung des inter­re­li­giö­sen Dia­logs und lud aus Ägyp­ten auch isla­mi­sche Inte­gra­li­sten ein.“

Eine Initia­ti­ve, die von Capra­ra aus­drück­lich begrüßt wird, denn nur so habe Dia­log „einen Sinn“, und zudem sei der Bereich des „isla­mi­schen Fun­da­men­ta­lis­mus weit umfang­rei­cher und grö­ßer als die Terrornetzwerke“.

Die Gemein­schaft von Sant’Egidio neh­me die Rol­le des Bin­de­glieds zwi­schen „den bei­den Sei­ten des Tibers und der Moschee von Rom“ ein. 

Capra­ra schwärmt weiter:

„Außer den Wäch­tern war ver­gan­ge­ne Nacht sonst nie­mand in Sankt Peter unter­wegs. Beim Anblick die­ses ech­ten Halb­mon­des auf der Kup­pel, kam der Gedan­ke, daß ein Stern fehl­te – der Davids. Die­se astro-sym­bo­li­sche Kon­junk­ti­on ähnel­te einem wei­te­ren Schritt auf dem Weg des Dia­logs zwi­schen den drei mono­the­isti­schen Reli­gio­nen. Ande­re mögen dar­in eine sati­ri­sche Kari­ka­tur sehen, die vom Schick­sal gezeich­net wur­de, eine Pro­mis­kui­tät oder eine Unter­ord­nung der Katho­li­zi­tät unter den Islam. Jeder kann in den Zei­chen, die die Ster­ne über uns nahe­le­gen, sehen, was er meint. Papst Fran­zis­kus, der den Dia­log will, wird die sym­bo­li­sche Annä­he­rung nicht miß­fal­len haben.“

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Mau­ri­zio Caprara/​Corriere del­la Sera (Screen­shot)

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