(Brasilia) Leonardo Boff wurde als Befreiungstheologe, marxistischer Theoretiker und Kirchenrebell bekannt. Boff trat vor bald 30 Jahren aus dem Franziskanerorden aus und legte sein Priestertum ab. Als Laientheologe entwickelte er die marxistische Befreiungstheologie zur marxistischen Ökobefreiungstheologie weiter und entfernte sich systematisch von der Kirche und dem christlichen Glauben. Heute tritt er im linken Spektrum als „Guru“ einer New Age-Naturreligion in Erscheinung. Als solcher interpretiert er auch die Coronavirus-Pandemie.
Kirchenvertreter, die es wagen, einen Zusammenhang zwischen Sünde und einer Strafe Gottes herzustellen, oder überhaupt erwähnen, daß Gott auch strafen kann, wenn das Maß der Sünde voll ist, werden von anderen Kirchenvertretern öffentlich zurechtgewiesen, attackiert und lächerlich gemacht. So mußte es in den vergangenen Tagen der Churer Weihbischof Marian Eleganti erleben.
Es gibt allerdings einen Theologen, der im Coronavirus eine Strafe sieht, und der nicht verunglimpft und angegriffen wird. Das ist Leonardo Boff, denn er sieht in der Pandemie keine Strafe Gottes, sondern eine Strafe von „Mutter Erde“. Und siehe da: Er erfährt Zustimmung und manchen Beifall oder zumindest wohlwollendes Verständnis. Seine groteske Idee halten „moderne“, „aufgeklärte“ und „mündige“ Zeitgenossen, darunter erstaunlich viele Jungakademiker, für plausibel. Der „moderne“ Aberglaube kommt im Trugbild eines „höheren“ Wissens des Weges.
Leonardo Boff ist überzeugt, daß das Coronavirus eine Reaktion von „Gaia“, der „Mutter Erde“, auf den „Raubbau“ des Menschen an der Natur sei. Boff, ein alter Freund von Papst Franziskus, wie er selbst enthüllte, gehörte zu den Beratern des amtierenden Papstes bei der Ausarbeitung der Öko-Enzyklika Laudato si‘.
Auf einem brasilianischen Meinungsportal A terra é redonda schrieb Boff den Beitrag „Die Ursprünge des Coronavirus“ und veröffentlichte dazu ein düsteres Bild (siehe oben). Darin vertritt er die Meinung, daß die Pandemie eine „Vergeltung“ des Planeten sei, den der Ökomarxist wie James Lovelock, der Erfinder der Gaia-Hypothese, für ein Lebewesen hält, dem auch die Menschen angehören. Laut Boff kann die Erde „fühlen, denken, lieben, verehren und sich sorgen“.
Das ist Heidentum in Reinform, und das in einer sehr primitiven Form. Während Johannes Paul II. und der damalige Glaubenspräfekt Joseph Ratzinger, der nachmalige Papst Benedikt XVI., Boff für seine Positionen verurteilten, wurde er aber von Papst Franziskus rehabilitiert. Die jüngsten Aussagen bestätigen, daß die Geste der Rehabilitierung ein Willkürakt war, denn das, was Boff glaubt, lehrt und fördert, kann dabei keine Rolle gespielt haben.
Seine Ausführungen über die „Vergeltungsmaßnahmen“ der „Mutter Erde“ gegen die Menschen beendet Boff mit den Worten: „Auf daß die Kraft uns begleite“.
Eine christliche Sprache klingt anders.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: A terra é redonda (Screenshot)