(Rom) Papst Franziskus gefällt die Figur des Kommissars, die eigentlich den Kommunisten mit ihren Politkommissaren und insgesamt allen autoritären Machthabern besonders teuer ist. Am 15. Dezember 2021 ernannte Franziskus einen Kommissar für die Päpstliche Basilika Santa Maria Maggiore, die Marienkirche unter den römischen Patriarchalbasiliken und ranghöchste Marienkirche des Westens.
Nun ließ Franziskus weitere Eingriffe, auch personeller Natur, folgen.
Zum Kommissar ernannte er 2021 den litauischen Priester und Vatikandiplomaten Rolandas Makrickas, dem er die besondere Aufgabe ans Herz legte, sich um „die ökonomische Verwaltung der Kapitelgüter zu kümmern“. Auch dies gehört zu den Besonderheiten des derzeitigen Pontifikats, die weltlichen Güter stets im Blick zu haben.
Neben dem Domkapitel der Diözese Rom, das der Lateranbasilika zugeordnet ist, verfügen auch der Petersdom und Santa Maria Maggiore über eigene Kapitel und Kanoniker. Die vierte Patriarchalbasilika, San Paolo fuori le mura, ist mit einer Benediktinerabtei verbunden. Jede Patriarchalbasilika wird von einem vom Papst ernannten Erzpriester geleitet. Erzpriester von Santa Maria Maggiore ist seit 2016 Kardinal Stanislaw Rylko.
In der Basilika Santa Maria Maggiore wird die Reliquie der Heiligen Wiege und das Gnadenbild Salus Populi Romani aufbewahrt. In der Kirche befindet sich ein einzigartiger Mosaikschmuck aus dem 5. Jahrhundert. Unter den Päpsten, die sich in der Groß-Sankt-Marien, so die deutsche Bezeichnung, bestatten ließen, sticht der hl. Pius V. hervor, der Papst der Schlacht von Lepanto, mit der die islamische Seeherrschaft im Mittelmeer beendet werden konnte. Die älteste Glocke der Basilika stammt aus dem 13. Jahrhundert.
Gestern beendete Franziskus die kommissarische Verwaltung der Marienbasilika und setzte mit einer handgeschriebenen kurzen Anweisung (Chirograph) den bisherigen Kommissar als Koadjutor des Erzpriesters mit allen Vollmachten und dem Nachfolgerecht ein. Rolandas Makrickas, der seit Ende 2021 die Basilika de facto bereits leitet, wird demnächst, spätestens 2025, auch offiziell deren Leitung als Erzpriester übernehmen.
Zugleich erließ Franziskus neue Statuten und neue Regeln für das Kapitel der Basilika, mit denen er, wie es in der Präambel heißt, um „die Zentralität der liturgischen Funktionen und der dem Kapitel der Kanoniker übertragenen pastoralen und spirituellen Aktivitäten“ immer stärker hervorzuheben.
Da Franziskus im Artikel 2 der Statuten bekräftigt, daß das Kapitel aus einem Kardinal-Erzpriester und zwölf Kanonikern besteht, gilt es als gesichert, daß Msgr. Makrickas im nächsten Konsistorium zum Kardinal kreiert werden soll.
Zuletzt zählte das Kapitel siebzehn Kanonikate. Mindestens elf der bisherigen Kanoniker wurden von Franziskus gestern emeritiert, indem er eine Altersgrenze von 80 Jahren einführte. Damit können zumindest sechs Kanonikate des reduzierten Kapitels neu besetzt werden. Die emeritierten Kanoniker wurden zu Ehrenkanonikern ernannt, die allerdings, anders als bisher, nicht mehr Mitglieder des Kapitels sind.
Im Gegensatz zu dem, was heute am Petersdom gilt, werden die Kanoniker von Santa Maria Maggiore auch in den neuen Regeln verpflichtet, das Stundengebet und alle anderen Gottesdienste im Chorgewand zu verrichten (Art. 6 der Regeln).
Die bisherige Verwaltung der dem Kapitel gehörenden Güter wurde den Kanonikern hingegen vollständig entzogen.
Makrickas studierte an der vom Jesuitenorden geleiteten Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom Kirchengeschichte und absolvierte dann die Ausbildung an der Päpstlichen Diplomatenakademie. Seit 2006 steht er im Dienst des vatikanischen Staatssekretariats.
Msgr. Makrickas ist in Rom unter dem Spitznamen „Eiskönig“ bekannt, weil er die „ökonomische Verwaltung“ so ernst nahm, daß er in der Marienbasilika eine Eisdiele eröffnete – die warme Jahreszeit in Rom dauert lang und kann ja auch ordentlich heiß sein. Den Eisverkauf übertrug er einer bekannten römischen Eisdiele, die dafür im Auftrag von Makrickas eine eigene Eissorte entwickelte, die „Nevicata“, zu Ehren des Gründungsereignisses der Basilika, als es am 5. August 358 an der höchsten Stelle des römischen Hügels Esquilin schneite, wo sich heute die Basilika befindet. Die Eisdiele gehört dem englischen Konzern Froneri, einem Joint venture zwischen dem Lebensmittelgiganten Nestlé und dem britischen Eishersteller R&R zur weltweiten Speiseeisproduktion. Alles vollzog der Kommissar eigenmächtig und im Alleingang und im offenen Widerspruch zu den „Transparenzregeln“, die Franziskus eingeführt hatte. Wer kann, der kann eben.
Das gilt auch für die Ausgabenseite, indem Makrickas eine Umgestaltung des Presbyteriums vornahm. Es ließ einen neuen Ambo und ein neues Sedile für den Zelebranten errichten. Sie wurden am Palmsonntag vor einem Jahr gesegnet. Alle Umbauten, die sich gut in das Gesamtbild einfügen, wurden von Franziskus genehmigt. Allerdings, und da setzt die Kritik an, erfolgten die Eingriffe und Neuanschaffungen, obwohl keine Notwendigkeit dafür bestand.
Für die päpstliche Zufriedenheit gibt es einen Gradmesser. Wenn die von ihm eingesetzten Vertrauten ihre Aufgabe wunschgemäß erfüllen, läßt sie Franziskus zu Bischöfen weihen. So geschah es auch mit Kommissar Rolandas Makrickas, der im April 2023 von Franziskus gleich zum Erzbischof erhoben wurde, indem er ihn zum Titularerzbischof von Tolentino ernannte. Die Bischofsweihe spendete ihm sein direkter Vorgesetzter Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, Co-Konsekratoren waren dessen Substitut Edgar Peña Parra und der seit 2021 seiner Vollmachten entblößte Kardinal-Erzpriester Stanislaw Rylko.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: basilicasantamariamaggiore.va/Wikicommons/MiL (Screenshots)
ich hoffe doch sehr, die Eisdiele in der Basilika gibt es nicht mehr. Und Güter werden ganz schnell entzogen . Meist gibt es Stufen vor dem Eingang von Kirchen. Ihre Aufgabe ist, dem Eintretenden bewusst zu machen, dass er alles Irdische vor der Kirche lässt und in das himmlische Haus Gottes eintritt. Eine Eisdiele ist doch allein irdisch. An der Tür einer sehr alten Kirche im absoluten Diasporaland Brandenburg ist ein Anschlag, von außen zu lesen. Hier wird demjenigen der eintreten will aufgegeben zu bedenken, dass er in das Haus Gottes eintritt und dass seine Kleidung und sein Benehmen mindestens den Respekt vor dem göttlichen Herrscher erkennen lassen muss. Leider ist diese Ermahnung heute unbedingt notwendig, nicht nur für Touristen. Wer zum Hl. Messopfer kommt, kommt zum Hochzeitsmahl.