Amazonassynode und die Beschimpfung junger Priester

Priestermangel oder Berufungen: Was will Papst Franziskus?


Weihen für das Institut Christus König und Hohepriester
Weihen für das Institut Christus König und Hohepriester

Papst Fran­zis­kus warn­te vor kur­zem in erschreckend abschät­zi­gem Ton vor „jun­gen, kon­ser­va­ti­ven und tra­di­tio­na­li­sti­schen Prie­stern“. Spie­geln die Aus­sa­gen aber die Wirk­lich­keit wider?

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Ende Sep­tem­ber ver­öf­fent­lich­te die römi­sche Jesui­ten­zeit­schrift La Civil­tà Cat­to­li­ca das Gespräch von Fran­zis­kus mit den Jesui­ten von Mosam­bik und Sim­bab­we. Die­se Begeg­nun­gen mit sei­nen Ordens­mit­brü­dern, die regel­mä­ßig bei Aus­lands­rei­sen erfol­gen, fin­den stets hin­ter ver­schlos­se­nen Türen statt. Der Inhalt wird aber von P. Anto­nio Spa­da­ro, einem der eng­sten Ver­trau­ten des Pap­stes, jeweils eini­ge Wochen spä­ter mit päpst­li­cher Druck­erlaub­nis veröffentlicht. 

Papst Fran­zis­kus weiß, daß sei­ne Wor­te nicht nur die Jesui­ten des betref­fen­den Lan­des errei­chen, son­dern die gesam­te Katho­li­zi­tät – und er sen­det Bot­schaf­ten aus.

Seminarchor des Institut du Bon Pasteur
Semi­nar­chor des Insti­tut du Bon Pasteur

Wie bereits mehr­fach in der Ver­gan­gen­heit – um genau zu sein, seit Juni 2013 – äußer­te sich Fran­zis­kus nega­tiv über die Tra­di­ti­on und über „kon­ser­va­ti­ve“ Prie­ster und Gläu­bi­ge. Beson­de­res Unver­ständ­nis, ja Abnei­gung, zeig­te er in Mosam­bik für jun­ge, tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ne Män­ner, die zum Prie­ster­tum beru­fen sind.

Ein sol­ches Ver­hal­ten eines Pap­stes dürf­te bei­spiel­los in der Kir­chen­ge­schich­te sein.

Im Febru­ar 2014 warn­te Fran­zis­kus die tsche­chi­schen Bischö­fe, die sich zum Ad-limi­na-Besuch in Rom auf­hiel­ten. Erz­bi­schof Jan Graub­ner von Olmütz gab die päpst­li­chen Äuße­run­gen gegen­über Radio Vati­kan wieder:

„Als wir über jene dis­ku­tier­ten, die die alte Lit­ur­gie lie­ben und wün­schen zu ihr zurück­zu­keh­ren, war offen­sicht­lich, daß der Papst mit gro­ßer Zunei­gung, Auf­merk­sam­keit und Sen­si­bi­li­tät für alle sprach, um nie­man­dem weh­zu­tun. Den­noch gab er eine sehr star­ke Erklä­rung ab, als er sag­te, daß er ver­steht, wenn die alte Gene­ra­ti­on zurück­kehrt zu dem, was sie erlebt hat, aber er nicht die jün­ge­ren Gene­ra­tio­nen ver­ste­hen kann, die zurück­keh­ren wol­len. „Wenn ich gründ­li­cher dar­über nach­den­ke“ – sag­te der Papst – „fin­de ich, daß es eher eine Art Mode [tsche­chisch móda, ita­lie­nisch moda] ist. Und weil es eine Mode ist, daher muß man ihr nicht so viel Auf­merk­sam­keit schen­ken. Es ist nur not­wen­dig, eine gewis­se Geduld und Freund­lich­keit den Men­schen gegen­über zu zei­gen, die von einer gewis­sen Mode abhän­gig sind. Ich hal­te es aber für sehr wich­tig, in die Tie­fe der Din­ge zu gehen, denn wenn wir nicht in die Tie­fe gehen, kann uns kei­ne lit­ur­gi­sche Form ret­ten, weder die eine noch die andere.“

In Mosam­bik attackier­te Fran­zis­kus die jun­gen Prie­ster der Tra­di­ti­on und sol­che, die „kon­ser­va­tiv“ sind. Auch die­ser Angriff eines Pap­stes dürf­te bei­spiel­los sein. Er nann­te sie als kon­kre­tes Bei­spiel für „Kle­ri­ka­lis­mus“, einem der gro­ßen Feind­bil­der des regie­ren­den Kirchenoberhaupts:

„Der Kle­ri­ka­lis­mus ist eine wah­re Per­ver­si­on in der Kirche.“

Und wer ist laut Fran­zis­kus in die­sem Sin­ne „per­vers“?

„Der Kle­ri­ka­lis­mus hat als direk­te Kon­se­quenz die Starr­heit. Habt Ihr jemals jun­ge Prie­ster in schwar­zen Sou­ta­nen und mit Hüten in der Form des Pla­ne­ten Saturn auf dem Kopf gesehen?“

Päpste mit Saturno: v.l. Johannes Paul II., Paul VI., Benedikt XVI.
Päp­ste mit Satur­no: v.l. Johan­nes Paul II., Paul VI., Bene­dikt XVI.

Mit Aus­nah­me von Papst Fran­zis­kus haben alle Päp­ste seit dem 17. Jahr­hun­dert den Satur­no oder Römi­schen Hut als Kopf­be­deckung getra­gen, zuletzt Bene­dikt XVI. Gilt der Vor­wurf auch sei­nen Vor­gän­gern, von denen er bereits drei hei­lig­ge­spro­chen hat?

Was wirft Fran­zis­kus den jun­gen Prie­stern vor?

„Hin­ter dem gan­zen, star­ren Kle­ri­ka­lis­mus stecken ernst­haf­te Pro­ble­me! (…) Unaus­ge­gli­chen­heit und mora­li­sche Probleme.“

Die Glei­chung des Pap­stes lau­tet also: 

Kle­ri­ka­lis­mus = Per­ver­si­on = Sou­ta­ne und Satur­no = ernst­haf­te Pro­ble­me = Unaus­ge­gli­chen­heit und mora­li­sche Probleme.

Kann ein Papst sich unsen­si­bler, ja ver­nich­ten­der über den Prie­ster­nach­wuchs äußern? Kann ein Kir­chen­ober­haupt demo­ti­vie­ren­der sein für jun­ge Män­ner, die den Ruf Got­tes ver­spü­ren, mit sich rin­gen und dabei sind, eine Lebens­ent­schei­dung für die Nach­fol­ge zu treffen?

Fran­zis­kus äußert sich nur über einen bestimm­ten Prie­ster­nach­wuchs abschät­zig – jenen, den er offen­sicht­lich nicht mag und auch nicht haben will. Hin­ter der Aus­sa­ge, die ein Angriff ist, geht es dem­nach um Grund­sätz­li­ches: Es geht um das Kir­chen­ver­ständ­nis und daher um eine gan­ze Theo­lo­gie. Fran­zis­kus gibt mit dem Ham­mer zu ver­ste­hen, daß er ein ande­res Kir­chen­ver­ständ­nis und eine ande­re Theo­lo­gie hat. 

Um auf den Bericht von Erz­bi­schof Graub­ner zurück­zu­kom­men: Für die Gläu­bi­gen der Tra­di­ti­on müs­se man, laut Fran­zis­kus, „Geduld“ auf­brin­gen, denn die „Mode“ wer­de sich ver­lau­fen. Gegen­über den jun­gen Prie­stern der Tra­di­ti­on ist er im Ton deut­lich här­ter. Dahin­ter scheint sich auch eine Gene­ra­tio­nen­fra­ge zu ver­ber­gen: der Papst steht am Ende sei­nes irdi­schen Lebens­we­ges, jun­ge Prie­ster sind die sicht­ba­re Zukunft des Prie­ster­tums. Der Unter­schied beträgt zwei Generationen.

Trifft aber über­haupt zu, was Fran­zis­kus behaup­tet und Bischö­fen und Ordens­mit­brü­dern ein­re­det? Gibt es über­haupt die­sen „per­ver­sen“ Typus des jun­gen Prie­sters „mit ernst­haf­ten Pro­ble­men“, um es mit der Här­te des argen­ti­ni­schen Pap­stes zu sagen? Oder han­delt es sich um jene Rea­li­täts­ver­wei­ge­rung, die Fran­zis­kus bereits im Zusam­men­hang mit sei­nen frü­he­ren Aus­sa­gen zur Tra­di­ti­on vor­ge­wor­fen wurde?

Neueintritte bei der Priesterbruderschaft St. Pius X.
Neu­ein­trit­te bei der Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X.

Es ist eine Bin­sen­weis­heit, soll aber den­noch vor­aus­ge­schickt wer­den: „Pro­ble­me“ gibt es natür­lich immer und über­all, doch ein Rund­blick in die Gemein­schaf­ten der Tra­di­ti­on zeigt, daß die päpst­li­chen Anschul­di­gen kei­ne Bestä­ti­gung fin­den. Ganz im Gegenteil. 

An den inter­na­tio­na­len Prie­ster­se­mi­na­ren der Tra­di­ti­on fin­det welt­weit eine exzel­len­te Aus­bil­dung statt. Daß Rom bis­her kei­ner die­ser Bil­dungs­stät­ten das Recht zuer­kannt hat, aka­de­mi­sche Gra­de zu ver­lei­hen, hat mit Rom und nicht mit dem Aus­bil­dungs­ni­veau zu tun. 

An die­sen Semi­na­ren ist eine Gene­ra­ti­on von jun­gen Prie­stern her­an­ge­wach­sen, die als Instru­ment des Hei­li­gen Gei­stes zum Hoff­nungs­trä­ger für die Kir­che gewor­den ist. Sie haben sich sich mit gro­ßer Ernst­haf­tig­keit und ech­tem See­len­ei­fer der Zele­bra­ti­on des hei­li­gen Meß­op­fers, der Sakra­men­ten­ver­wal­tung und der Seel­sor­ge ins­ge­samt verschrieben. 

Ihr Apo­sto­lat wei­tet sich immer mehr aus, je mehr jun­ge Prie­ster zur Ver­fü­gung ste­hen. Ein jüngst ver­öf­fent­lich­ter Bericht aus den USA zeigt, wie dank­bar dies von den Gläu­bi­gen auf­ge­nom­men wird.

Die­se jun­gen Prie­ster tra­gen die Sou­ta­ne als Bekennt­nis, um für die Men­schen sofort erkenn­bar zu sein. Sie ver­stecken sich nicht hin­ter All­tags­klei­dung, in der sie in der Mas­se uner­kannt aufgehen. 

Den Satur­no tra­gen nur weni­ge, das Barett schon meh­re­re. Aus­schlag­ge­bend ist das nicht. 

Die Ama­zo­nas­syn­ode debat­tiert über den Prie­ster­man­gel im Ama­zo­nas­ge­biet und der­zeit ein­fluß­rei­che Krei­se wol­len für die seel­sorg­li­che Betreu­ung der etwa 200.000 Regen­wald-Indi­os den Zöli­bat als kon­sti­tu­ti­ves Ele­ment des Prie­ster­tums besei­ti­gen. Da die Kir­che mehr als 1,3 Mil­li­ar­den Gläu­bi­ge zählt, läßt die Grö­ßen­ord­nung erken­nen, daß die Ama­zo­nas-Indi­os ledig­lich ein Vor­wand sind, um die Inter­es­sen ganz ande­rer Kir­chen­krei­se zu ver­wirk­li­chen. Zu nen­nen ist dabei an erster Stel­le der deut­sche Sprach­raum, wo sich pro­gres­si­ve Krei­se seit den 60er Jah­ren am Zöli­bat stoßen.

Wäh­rend also im Vati­kan von den Syn­oden­ma­chern abwe­gi­ge „Lösun­gen“ für den Prie­ster­man­gel ange­strebt wer­den, sind die Prie­ster­se­mi­na­re der Tra­di­ti­on voll, die diö­ze­sa­nen Prie­ster­se­mi­na­re im deut­schen Sprach­raum aber ganz oder fast leer. 

Die Rede ist viel von den „Zei­chen der Zeit“. Dazu gehört auch die­se Tat­sa­che. Wenn die Wirk­lich­keit also etwas aus­sa­gen will, dann ist auch die­se Tat­sa­che aus­sa­ge­kräf­tig. Sie besagt auch, daß ein bestimm­ter ekkle­sio­lo­gi­scher und theo­lo­gi­scher Kurs, der im Zuge des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils ein­ge­schla­gen wur­de, nicht die ver­spro­che­nen und erhoff­ten Früch­te trägt.

Anders aus­ge­drückt: Der Prie­ster­man­gel ist zu einem Teil selbst­ge­macht. Wer kei­ne Prie­ster­be­ru­fun­gen will, weil er ein „ande­res“ Prie­ster­tum will, bekommt auch keine.

Die Rea­li­täts­ver­wei­ge­rung besteht auch dar­in, dar­aus nicht die nöti­gen Schluß­fol­ge­run­gen zu zie­hen oder nicht zie­hen zu wol­len. Statt­des­sen wer­den jene kirch­li­chen Kräf­te bekämpft, gemobbt und aus­ge­grenzt, die noch gesund sind und Früch­te tragen.

Meh­re­re kirch­li­che Rea­li­tä­ten, tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ne und kon­ser­va­ti­ve, die rei­che Frucht tru­gen, wur­den von Papst Fran­zis­kus in sei­nem bis­her sechs­ein­halb­jäh­ri­gen Pon­ti­fi­kat zertrümmert.

Nicht bekannt ist bis­her, woher die Abnei­gung des regie­ren­den Pap­stes gegen die Tra­di­ti­on und gegen „kon­ser­va­ti­ve“ Kle­ri­ker und Gläu­bi­ge rührt.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: ICRSS/FSSP/Vatican.va (Screen­shots)

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Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

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