Eindruck einer Kirche am Rand einer neuen Katastrophe

Interview des Generaloberen der Piusbruderschaft P. Davide Pagliarani


Pater Davide Pagliarani, der Generalobere der Piusbruderschaft, ruft dazu auf, nicht nur Symptome, sondern die Ursachen der Kirchenkrise anzusprechen und zu beheben, doch Papst Franziskus steuere die Kirche auf „eine neue Katastrophe“ zu.
Pater Davide Pagliarani, der Generalobere der Piusbruderschaft, ruft dazu auf, nicht nur Symptome, sondern die Ursachen der Kirchenkrise anzusprechen und zu beheben, doch Papst Franziskus steuere die Kirche auf „eine neue Katastrophe“ zu.

(Bern) Zwei Wochen vor Beginn der umstrit­te­nen Ama­zo­nas­syn­ode kri­ti­sier­te der Gene­ral­obe­re der Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. (FSSPX) die Ent­wick­lung. Die Kir­che ste­he „auf dem Kopf“, sag­te P. Davi­de Pagli­a­ra­ni, der seit 2018 die Bru­der­schaft lei­tet. „Der Ein­druck, den vie­le Katho­li­ken der­zeit haben, ist der einer Kir­che am Rand einer neu­en Kata­stro­phe“, so der Gene­ral­obe­re in einem am Diens­tag in deut­scher Fas­sung ver­öf­fent­lich­ten Inter­view.

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Zum bes­se­ren Ver­ständ­nis der jüng­sten Ent­wick­lun­gen unter­nimmt Pagli­a­ra­ni zunächst einen Schritt in die Ver­gan­gen­heit: Das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil sei rück­blickend nur mög­lich gewe­sen, „weil es das Ergeb­nis einer Deka­denz war, die die Kir­che in den Jah­ren vor des­sen Eröff­nung erfass­te: Ein Damm brach ein unter dem Druck einer Kraft, die seit eini­ger Zeit am Werk war.“

Das sei es, was die gro­ßen Revo­lu­tio­nen erfolg­reich mache, denn der Gesetz­ge­ber bil­li­ge und sank­tio­nie­re ledig­lich eine Situa­ti­on, „die zumin­dest teil­wei­se bereits eine Tat­sa­che ist“.

„Unter die­sem Pon­ti­fi­kat war Amo­ris lae­ti­tia die Rati­fi­zie­rung einer Pra­xis, die lei­der bereits in der Kir­che besteht, ins­be­son­de­re was die Mög­lich­keit des Kom­mu­nion­emp­fangs betrifft für Per­so­nen, die im Zustand der öffent­li­chen Sün­de leben. Heu­te scheint die Situa­ti­on reif zu sein für wei­te­re über­aus tief­grei­fen­de Reformen.“

Amo­ris lae­ti­tia sei in der Kir­chen­ge­schich­te, was Hiro­shi­ma oder Naga­sa­ki für die Geschich­te Japans sei: 

„Mensch­lich gespro­chen sind die Schä­den irreparabel“. 

Die­ser „zwei­fel­los revo­lu­tio­när­ste und gleich­zei­tig umstrit­ten­ste Akt von Papst Fran­zis­kus“ habe vie­len Geist­li­chen und Gläu­bi­gen ermög­licht, „das Vor­lie­gen gra­vie­ren­der Irr­tü­mer zu erken­nen“. Pagli­a­ra­ni warnt zugleich aber davor, Amo­ris lae­ti­tia als „das Werk einer exzen­tri­schen und in ihren Wor­ten pro­vo­zie­ren­den Per­sön­lich­keit zu vereinfachen“.

Amo­ris lae­ti­tia sei ein Ergeb­nis, das frü­her oder spä­ter auf­grund der vom Kon­zil „vor­ge­ge­be­nen Vor­aus­set­zun­gen“ ein­tre­ten habe müs­sen. Der Gene­ral­obe­re der Pius­bru­der­schaft ver­weist dazu auf Kar­di­nal Wal­ter Kas­per, der zuge­ge­ben habe, daß der „neu­en Ekkle­sio­lo­gie“ des Kon­zils auch „ein neu­es Ver­ständ­nis der christ­li­chen Fami­lie entspricht“.

Die „ekkle­sio­lo­gi­sche Neu­heit“ des Kon­zils sei das „äußerst ela­sti­sche“ Ver­ständ­nis der Zuge­hö­rig­keit zur Kir­che als „varia­ble Geo­me­trie“. Das sei „der Ursprung des öku­me­ni­schen Chaos“.

Theo­lo­gi­sche Neue­run­gen sei­en zudem nie „abstrakt“. Alle dog­ma­ti­schen Irr­tü­mer, die die Kir­che betref­fen, „haben Aus­wir­kun­gen auf das kon­kre­te Leben der Gläubigen“. 

„Einer öku­me­ni­schen, fle­xi­blen und pan­christ­li­chen Kir­che ent­spricht eine Auf­fas­sung von der Fami­lie, in der die Ver­pflich­tun­gen der Ehe nicht mehr den­sel­ben Wert haben, in der die Ban­de zwi­schen den Ehe­leu­ten, zwi­schen einem Mann und einer Frau, nicht mehr auf die glei­che Wei­se wahr­ge­nom­men oder defi­niert wer­den: Auch sie wer­den flexibel.“

So wie es für die „pan­christ­li­che“ Kir­che gute Ele­men­te außer­halb der katho­li­schen Ein­heit gebe, so gäbe es für sie gute Ele­men­te auch außer­halb der sakra­men­ta­len Ehe, „in einer Zivil­ehe und auch in jeder ande­ren belie­bi­gen Verbindung“. 

„So wie es kei­nen Unter­schied mehr gibt zwi­schen einer ‚wah­ren‘ Kir­che und ‚fal­schen‘ Kir­chen“, gebe es auch kei­nen Unter­schied mehr zwi­schen den unter­schied­li­chen For­men von Verbindungen.“

Nichts sei mehr „schlecht an sich“, son­dern nur mehr „weni­ger gut“. 

„Bis­her haben wir über gute oder schlech­te Hand­lun­gen, über ein Leben im Gna­den­stand oder in der Tod­sün­de gespro­chen. Jetzt gibt es nur noch gute oder weni­ger gute Hand­lun­gen; Lebens­for­men, die das christ­li­che Ide­al ganz erfül­len, und ande­re, die ihm nur teil­wei­se ent­spre­chen… In einem Wort, einer öku­me­ni­schen Kir­che ent­spricht eine öku­me­ni­sche Fami­lie, d.h. eine Fami­lie, die je nach Bedürf­nis­sen und Emp­find­lich­kei­ten neu zusam­men­ge­setzt wird oder zusam­men­setz­bar ist.“

Amo­ris lae­ti­tia sei „das unver­meid­li­che Ergeb­nis der neu­en Ekkle­sio­lo­gie, die von Lumen gen­ti­um gelehrt wird.“

„Und tat­säch­lich gleicht die christ­li­che Ehe mit Amo­ris lætitia mehr und mehr der Ehe, wie die Moder­ne sie auf­fasst und profaniert.“

Dar­aus erge­be sich, so Pagli­a­ra­ni, daß „die objek­tiv ver­wir­ren­de Leh­re von Papst Fran­zis­kus kein selt­sa­mer Aus­wuchs, son­dern die logi­sche Kon­se­quenz aus den im Kon­zil fest­ge­leg­ten Grund­sät­zen (ist)“.

Die neue Ekkle­sio­lo­gie ersetz­te das Ver­ständ­nis „des geheim­nis­vol­len Lei­bes Chri­sti“ mit dem Begriff „des Vol­kes Got­tes“. Erst 1985 sei es zu einer „Neu­ori­en­tie­rung“ gekom­men, weil die Befrei­ungs­theo­lo­gie den Begriff „Volk Got­tes“ in die Nähe des Mar­xis­mus gerückt hat­te. Er wur­de nun durch „die Ekkle­sio­lo­gie der Com­mu­nio“ aus­ge­tauscht, „die eine äußerst ela­sti­sche Zuge­hö­rig­keit zur Kir­che ermög­licht; mit ihr sind alle Chri­sten in der­sel­ben Kir­che Chri­sti ver­eint, aber mehr oder weni­ger, was bewirkt, dass der öku­me­ni­sche Dia­log, wie bei der Ver­samm­lung von Assi­si 1986, zu einem Babel gewor­den ist, ver­gleich­bar mit dem Poly­eder, das Papst Fran­zis­kus so lieb ist.“

Die jüng­sten Fehl­ent­wick­lun­gen gehen, laut dem Gene­ral­obe­ren der Pius­bru­der­schaft, „alle direkt oder indi­rekt auf einen fal­schen Kir­chen­be­griff zurück“. Die Refor­men und Reform­plä­ne von Papst Fran­zis­kus „set­zen immer eine zuhö­ren­de, eine syn­oda­le Kir­che vor­aus, die auf die Kul­tur der Völ­ker, ihre Erwar­tun­gen und For­de­run­gen, ins­be­son­de­re auf die mensch­li­chen und natür­li­chen Bedin­gun­gen ein­geht, die für unse­re Zeit typisch sind und sich stän­dig ändern“. Der Glau­be, die Lit­ur­gie und die Lei­tung der Kir­che müß­ten sich „an all dies anpas­sen und das Ergeb­nis davon sein“, also sich auch stän­dig ändern.

Die „syn­oda­le Kir­che, die immer eine hören­de sein muss, ist die neue­ste Ent­wick­lung der vom Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil geför­der­ten kol­le­gia­len Kir­che“. Das Instru­men­tum labo­ris der Ama­zo­nas­syn­ode lie­fe­re das jüng­ste Bei­spiel. Es über­neh­me sogar „Tra­di­tio­nen der Gei­ster­ver­eh­rung und die tra­di­tio­nel­le ama­zo­ni­sche Medi­zin“. Die vor­christ­li­chen Tra­di­tio­nen der Völ­ker wer­den sogar zu einem „theo­lo­gi­schen Ort“, zu einer „beson­de­ren Quel­le der Offen­ba­rung Got­tes“ erklärt. 

Pater Pagli­a­ra­ni fol­gert daraus:

„Es scheint, dass die gegen­wär­ti­ge Hier­ar­chie, anstatt das Hei­den­tum zu bekämp­fen, es über­neh­men und sich sei­ne Wer­te aneig­nen will. Und die Macher der bevor­ste­hen­den Syn­ode ver­wei­sen auf die­se ‚Zei­chen der Zeit‘, die Johan­nes XXIII. teu­er waren und die wie Zei­chen des Hei­li­gen Gei­stes erforscht wer­den müssen.“

Das Pro­jekt zur Reform der Römi­schen Kurie „befür­wor­tet eine Kir­che, die viel mehr einem mensch­li­chen Unter­neh­men gleicht als einer gött­li­chen, hier­ar­chi­schen Gesell­schaft, die Ver­wah­re­rin der über­na­tür­li­chen Offen­ba­rung ist, aus­ge­stat­tet mit dem unfehl­ba­ren Cha­ris­ma, der Mensch­heit die ewi­ge Wahr­heit bis zum Ende der Zei­ten zu bewah­ren und zu lehren“. 

Das ver­wun­de­re nicht, so der Gene­ral­obe­re der Pius­bru­der­schaft, da im Reform­ent­wurf aus­drück­lich von einer „Aktua­li­sie­rung (aggior­na­men­to) der Kurie auf der Grund­la­ge der Ekkle­sio­lo­gie des Zwei­ten Vati­ka­num“ die Rede ist. Die Römi­sche Kurie wird wört­lich als „eine Art Platt­form und Forum für die Kom­mu­ni­ka­ti­on“ bezeichnet. 

„Platt­form, Forum, Syn­oda­li­tät, Dezen­tra­li­sie­rung…, all dies bestä­tigt nur die ekkle­sio­lo­gi­sche Wur­zel aller moder­nen Irr­tü­mer. In die­sem form­lo­sen Mag­ma gibt es kei­ne höhe­re Auto­ri­tät mehr. Es ist die Auf­lö­sung der Kir­che, wie unser Herr sie ein­ge­setzt hat. Mit der Grün­dung sei­ner Kir­che hat Chri­stus kein Kom­mu­ni­ka­ti­ons­fo­rum und kei­ne Platt­form für den Aus­tausch eröff­net; er hat Petrus und sei­ne Apo­stel mit der Auf­ga­be betraut, sei­ne Her­de zu wei­den, sowie Säu­len der Wahr­heit und Hei­lig­keit zu sein, um die See­len in den Him­mel zu führen.“

Auf die Fra­ge, wie sich die­ser „ekkle­sio­lo­gi­sche Irr­tum“ cha­rak­te­ri­sie­ren las­se, ver­weist Pagli­a­ra­ni auf Erz­bi­schof Lefeb­v­re (1905–1991), den Grün­der der Pius­bru­der­schaft.

„Er sag­te, dass die Struk­tur der neu­en Mes­se einer demo­kra­ti­schen Kir­che ent­spricht, die nicht mehr hier­ar­chisch und mon­ar­chisch ist. Die syn­oda­le Kir­che, von der Fran­zis­kus träumt, ist wirk­lich demo­kra­tisch. Er selbst hat das Bild gege­ben, das er von ihr hat: das einer umge­kehr­ten Pyra­mi­de. Könn­te man noch deut­li­cher aus­drücken, was er mit Syn­oda­li­tät meint? Es ist eine Kir­che, die auf dem Kopf steht.“

Kri­ti­sche Stim­men, die gegen die­se Refor­men erho­ben wur­den, sei­en Aus­druck für „ein zuneh­men­des Bewusst­sein bei vie­len Gläu­bi­gen und eini­gen Prä­la­ten dar­über, dass sich die Kir­che einer neu­en Kata­stro­phe nähert.“

„Die­se Reak­tio­nen haben den Nut­zen und das Ver­dienst zu zei­gen, dass die Stim­me, die die­se Irr­tü­mer ver­tritt, weder die Stim­me Chri­sti noch die des Lehr­am­tes der Kir­che sein kann. Das ist äußerst wich­tig und trotz des tra­gi­schen Zusam­men­hangs ermu­ti­gend. Die Bru­der­schaft hat die Pflicht, auf die­se Reak­tio­nen sehr auf­merk­sam zu sein.“

Bis­her sei es so, daß die­se Reak­tio­nen „syste­ma­tisch an einer ‚Gum­mi­wand‘ abpral­len“. Man müs­se den Mut auf­brin­gen, danach zu fra­gen, war­um dem so ist. 

Als Bei­spiel nennt Pagli­a­ra­ni die Dubia zu Amo­ris lae­ti­tia, die von vier Kar­di­nä­len vor­ge­bracht wurden. 

„Die­se Reak­ti­on hat­te bei vie­len Auf­merk­sam­keit erregt und wur­de als Beginn einer Reak­ti­on gefei­ert, die zu dau­er­haf­ten Ergeb­nis­sen füh­ren wür­de. Tat­säch­lich aber hat das Schwei­gen des Vati­kans die­se Kri­tik unbe­ant­wor­tet gelas­sen. In der Zwi­schen­zeit sind zwei die­ser Kar­di­nä­le gestor­ben, und Papst Fran­zis­kus ist zu den ande­ren Reform­pro­jek­ten über­ge­gan­gen, die wir gera­de erwähnt haben, – was bedeu­tet, dass sich die Auf­merk­sam­keit auf neue The­men ver­la­gert und der Kampf um Amo­ris læti­tia zwangs­läu­fig im Hin­ter­grund bleibt, ver­ges­sen wird; und der Inhalt die­ses apo­sto­li­schen Schrei­bens scheint de fac­to akzeptiert.“

Um „die­ses Schwei­gen des Pap­stes zu ver­ste­hen“, dür­fe nicht ver­ges­sen wer­den, „dass die aus dem Kon­zil her­vor­ge­gan­ge­ne Kir­che plu­ra­li­stisch ist.“

„Es ist eine Kir­che, die nicht mehr auf einer ewi­gen und offen­bar­ten Wahr­heit basiert, die von oben durch die Auto­ri­tät gelehrt wird. Wir haben eine Kir­che vor uns, die zuhört und des­halb zwangs­läu­fig auf Stim­men hört, die sich von­ein­an­der unter­schei­den kön­nen. Um einen Ver­gleich zu zie­hen: Es gibt in einem demo­kra­ti­schen System immer einen Platz für die Oppo­si­ti­on, wenig­stens dem Anschein nach. Sie ist Teil des Systems, weil sie zeigt, dass wir dis­ku­tie­ren, eine ande­re Mei­nung haben kön­nen, dass es Platz gibt für alle. Dies kann selbst­ver­ständ­lich den demo­kra­ti­schen Dia­log för­dern, aber nicht die Wie­der­her­stel­lung einer abso­lu­ten und uni­ver­sel­len Wahr­heit und eines ewi­gen mora­li­schen Geset­zes. Auf die­se Wei­se kann der Irr­tum frei gelehrt wer­den neben einer ech­ten, aber struk­tu­rell wir­kungs­lo­sen Oppo­si­ti­on, die unfä­hig ist, die Wahr­hei­ten an ihre Stel­le zu set­zen. Wir müs­sen also aus dem plu­ra­li­sti­schen System selbst aus­tre­ten, und die­ses System hat eine Ursa­che, das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Konzil.“

Was soll­ten die Prä­la­ten und die Gläu­bi­gen daher tun?

„Zunächst ein­mal soll­ten sie die Klar­heit und den Mut auf­brin­gen, anzu­er­ken­nen, dass es eine Kon­ti­nui­tät gibt zwi­schen den Leh­ren des Kon­zils, der Päp­ste der nach­kon­zi­lia­ren Ära und dem gegen­wär­ti­gen Pon­ti­fi­kat. Das Lehr­amt des ‚hei­li­gen‘ Johan­nes Paul II. etwa gegen die Neue­run­gen von Papst Fran­zis­kus anzu­füh­ren, ist ein sehr schlech­tes Mit­tel, das von Anfang an zum Schei­tern ver­ur­teilt ist.“

Pagli­a­ra­ni betont, damit „weit davon ent­fernt“ zu sein, die gesetz­ten Bemü­hun­gen zu ver­ach­ten, doch es sei „eine Fra­ge der Näch­sten­lie­be, auf­zu­zei­gen, wo die Wur­zel der Pro­ble­me liegt“.

Eine Kri­tik an den Plä­nen von Papst Fran­zis­kus, „die sich nur auf die Sym­pto­me kon­zen­triert, ohne auf ihre Ursa­che zurück­zu­ge­hen“, stel­le „eine höchst schäd­li­che und ver­wir­ren­de Unlo­gik dar“.

Die Pius­bru­der­schaft sei „kei­ne beruf­mä­ßi­ge ‚Nörg­le­rin‘, wie ihr von man­cher Sei­te vor­ge­wor­fen werde. 

„Sie hat die Frei­heit im Ton, die es ihr erlaubt, offen zu spre­chen, ohne Angst zu haben, Vor­tei­le zu ver­lie­ren, die sie nicht hat. Die­se Frei­heit ist unter den gege­ben Umstän­den unerlässlich.“

Die Bru­der­schaft habe aber vor allem „die Lie­be zur Kir­che und zu den See­len“. Die aktu­el­le Kri­se sei nicht nur lehr­mä­ßig, son­dern längst in den All­tag übergegangen: 

„Die Semi­na­re schlie­ßen, die Kir­chen lee­ren sich, die sakra­men­ta­le Pra­xis zer­fällt in schwin­del­erre­gen­der Wei­se. Wir kön­nen nicht nur Zuschau­er sein, die die Arme verschränken.“ 

Die Pius­bru­der­schaft stre­be durch ihre „täg­li­che apo­sto­li­sche Arbeit“ an, „das wei­ter­zu­ge­ben, was wir emp­fan­gen haben (1 Kor 15,3)“ im Bewußt­sein, „dass die Tra­di­ti­on Recht hat“. Die Tra­di­ti­on habe „die Pflicht, den See­len zu Hil­fe zu kom­men mit den Mit­teln, die ihr die hei­li­ge Vor­se­hung zur Ver­fü­gung stellt. Wir wer­den nicht vom Stolz getrie­ben, son­dern von der Näch­sten­lie­be gedrängt.“

„Dies aber ist untrenn­bar ver­bun­den mit der Ver­ur­tei­lung der Übel, unter denen die Kir­che lei­det, um so die von schlech­ten Hir­ten ver­las­se­ne und zer­streu­te Her­de zu schützen.“

Die Prä­la­ten und die Gläu­bi­gen „müs­sen den Mut haben zu erken­nen, dass selbst eine gute lehr­mä­ßi­ge Stel­lung­nah­me nicht aus­rei­chen kann, wenn sie nicht von einem seel­sorg­li­chen, geist­li­chen und lit­ur­gi­schen Leben beglei­tet wird, das den zu ver­tei­di­gen­den Grund­sät­zen ent­spricht, denn das Kon­zil hat eine neue Art der Kon­zep­ti­on des christ­li­chen Lebens ein­ge­führt, das mit einer neu­en Leh­re im Ein­klang steht.“

Wenn die Leh­re mit all ihren Rech­ten bekräf­tigt wird, muss man über­ge­hen zu einem wirk­lich katho­li­schen Leben in Über­ein­stim­mung mit dem, was man bekennt. Andern­falls wird die­se oder jene Erklä­rung nur ein Medi­en­er­eig­nis blei­ben, das auf eini­ge Mona­te, ja sogar auf eini­ge Wochen begrenzt ist… Kon­kret heißt das, sie müs­sen zur triden­ti­ni­schen Mes­se über­ge­hen und zu allem, was das bedeu­tet; sie müs­sen zur katho­li­schen Mes­se über­ge­hen und alle Kon­se­quen­zen dar­aus zie­hen; sie müs­sen zur nicht-öku­me­ni­schen Mes­se, zur Mes­se aller Zei­ten über­ge­hen und die­se Mes­se das Leben der Gläu­bi­gen, der Gemein­schaf­ten, der Semi­na­re erneu­ern und vor allem die Prie­ster umge­stal­ten las­sen. Es geht nicht dar­um, die triden­ti­ni­sche Mes­se wie­der­her­zu­stel­len, weil sie die beste theo­re­ti­sche Opti­on ist; es geht dar­um, sie wie­der­her­zu­stel­len, sie zu leben und sie bis zum Mar­ty­ri­um zu ver­tei­di­gen, weil allein das Kreuz unse­res Herrn die Kir­che aus der kata­stro­pha­len Lage her­aus­füh­ren kann, in der sie sich befindet.“

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: fsspx news (Screen­shot)

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7 Kommentare

  1. Die Ana­ly­se ist sehr gut. Vor allem, weil sie zeigt, dass es nicht mög­lich ist, wie es in den Pon­ti­fi­ka­ten von Paul VI. und beson­ders Johan­nes Pauls II. ver­sucht wur­de, in der ekkle­sio­lo­gi­schen Dog­ma­tik vie­les tief­grei­fend zu ändern, aus­zu­wei­ten und zu lockern, aber in der Moral­theo­lo­gie zugleich fak­tisch alles beim Alten zu belas­sen. Wobei: Mit der Theo­lo­gie des Lei­bes nach Woy­ti­la wur­de auch da eine neue, per­so­na­li­sti­sche Begrün­dung gesucht, doch die Kon­se­quenz soll­te prak­tisch unver­än­dert bleiben. 

    Das muss­te scheitern.

    So gese­hen kann man nicht ver­ste­hen, wie­so erst Amo­ris Læti­tia die Auf­re­gung aus­ge­löst hat.

  2. Das Gegen­teil ist wahr. Papst Fran­zis­kus wider­spricht der wah­ren Her­me­neu­tik des Kon­zils und sei­nen jüng­sten Vorgängern.

    • Haben Sie schon bemerkt, dass Bene­dikt XVI. zurück­ge­tre­ten und sei­ne postu­lier­te (und übri­gens nie wirk­lich nach­ge­wie­se­ne und voll­zo­ge­ne) Her­me­neu­tik der Kon­ti­nui­tät spä­te­stens damit ad acta gelegt ist, Herr Trautenberger?

  3. Offen­bar warnt auch Erz­bi­schof Vig­a­no in sei­nem jüng­sten Inter­view vor einer neu­en Kir­che. Die­se ste­he nicht mehr in Kon­ti­nui­tät mit der Kir­che sei­ner Vor­gän­ger. Die glei­chen Kräf­te wie nach dem II. Vati­ka­ni­schen Kon­zil sei­en am Werk.

  4. Ein her­vor­ra­gen­der Text.
    Es wird hier von wich­tig­ster Stel­le gesagt, was sehr lan­ge ver­schwie­gen (und von vie­len nicht gewußt) wurde:
    1. Die unter­mi­nie­ren­den Aktio­nen vor dem 2. Vati­ka­ni­schen Konzil.
    2. Die „varia­ble Geo­me­trie“ und „Hei­den­tum“ und „Pan­chri­sten­tum“: das fin­det sich bei dem Neu­pla­to­ni­ker Pro­clus (aus­ge­präg­ter noch bei Plo­tin), dem a‑christlichen huma­ni­sti­schen Vor­zei­ge­au­tor von Eso­te­ri­kern seit der Renais­sance und der eng­li­schen Frei­mau­re­rei im Besonderen.
    Es geht auf die Pytha­go­rä­er und Neu­py­tha­go­rä­er zurück;
    sehr inter­es­san­te Ver­bin­dun­gen übri­gens zwi­schen den füh­ren­de Archäo­lo­gen und Spe­zia­li­sten der anti­ken Myste­ri­en­kul­ten am Ende des 19. und in der ersten Häl­fe des 20. Jahr­hun­derts und Albert Lois­sy, dem pro­te­stan­ti­schen Theo­re­ti­ker des Personalismus.
    Aus die­ser Schie­ne her­vor­stam­mend der his­pa­ni­sche Jesu­it Rai­mun­do Panik­kar y Ale­man, halb indisch und halb his­pa­no-deutsch; inspi­riert auch von den gro­ßen Hin­du­gu­rus vom 19. Jahr­hun­dert mit dem Ziel einer „Welt­re­li­gi­on“.
    Lei­der kein Hirn­ge­spinst, son­dern, wie aus Wort­pa­ke­ten und Sät­zen aus dem Vati­kan zu ent­neh­men, dort gän­gi­ge Lektüre.
    Gno­sti­sches Hei­den­tum-Apo­sta­sie an der kirch­li­chen Spitze.

    • @Adrien Antoine. Ohne den­sel­ben gro­ßen Über­blick zu haben wie Sie, auch ohne Ihre diver­sen Detail­kenn­nis­se zu besit­zen und ohne das gesam­te Inter­view mit P. Paglia­ri­ni gele­sen zu haben, kann ich mich Ihrer Bewer­tung des Arti­kels anschlie­ßen: ein her­vor­ra­gen­der Text. P. Paglia­ri­ni ist offen­sicht­lich ein scharf­sin­ni­ger und zugleich gei­ster­füll­ter Ana­ly­ti­ker der kirch­li­chen Situa­ti­on seit dem Kon­zil, der ver­häng­nis­vol­len Ent­wick­lung, die das II. Vati­ca­num, ohne es in die­sem Aus­maß von den mei­sten der Kon­zils­vä­ter wohl beab­sich­tigt zu haben, mit­ver­ur­sacht hat. 

      Bin per­sön­lich höchst beein­druckt vom der­zei­ti­gen Gene­ral­obe­ren der Pius-Bru­der­schaft. Er dürf­te mei­ner Ein­schät­zung nach sogar das Cha­ris­ma haben, die FSSPX aus der Schat­ten­ecke zu holen, in der sie sich gegen­wär­tig noch befin­det, und sie in die Mit­te der Kir­che zurück­zu­füh­ren, die immer noch Jesus Chri­stus ist, und sie Chri­stus im wah­ren Sinn des Wor­tes ent­ge­gen­zu­füh­ren wie eine Braut dem Bräu­ti­gam. Denn sie hat, wie P. Paglia­ri­ni betont, Gott sei Dank „die Frei­heit im Ton, die es ihr erlaubt, offen zu spre­chen, ohne Angst zu haben, Vor­tei­le zu ver­lie­ren, die sie nicht hat“. Ich bin nun­mehr sehr zuver­sicht­lich, dass der Gene­ral­obe­re und sei­ne Mit­brü­der die­se Frei­heit (a) wei­ter­hin bewah­ren und (b) die­se Frei­heit nut­zen wer­den, die katho­li­sche Kir­che wirk­lich zu bele­ben und zu erneu­ern, indem sie ihrer Leh­re und ihrer Tra­di­ti­on wei­ter­hin die Treue halten. 

      Übri­gens: Der vom der­zei­ti­gen Papst ent­las­se­ne vor­ma­li­ge Glau­bens­prä­fekt Kar­di­nal Ger­hard Lud­wig Mül­ler und P. Davi­di Paglia­ri­ni lie­gen in ihren Zie­len eigent­lich sehr nahe bei­ein­an­der – oder wie sehen Sie das, geschätz­ter Adri­en Antoine? Ist das nicht schon fast wie der Kampf Davids gegen den Rie­sen Goliat?

      • Ohne dem Adres­sa­ten vor­weg­grei­fen zu wol­len, die Ant­wort: Das lie­gen sie nicht! S. Em. Mül­ler for­dert die Ein­hal­tung der Kon­ti­nui­tät des II. Vati­ka­nums zur Tra­di­ti­on der Kir­che, was das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil nicht besitzt schon gar nicht ist. Das ist der ent­schei­den­de Unter­schied. Nun zur Ana­ly­se von Adri­en. Sie trifft voll­kom­men zu! Sie ist eine der ersten Erkennt­nis­se über den Neu­pla­to­ni­schen Cha­rak­ter der Kon­zils­kir­che. Wer die Wer­ke Plo­tins gele­sen hat, ins­be­son­de­re die Ennea­de V.8.3 kommt sehr leicht zum Schluß eines Jens Half­was­sen, der miß­ver­ständ­li­che von der Ent­deckung des Tri­ni­täts­glau­bens durch den Neu­pla­to­nis­mus spricht. Umge­kehrt wird ein Schuh draus. Die Neu­pla­to­ni­ker muß­ten sich mit der Rea­li­tät des Tri­ni­ta­ri­schen Got­tes­bil­des der Chri­sten aus­ein­an­der­set­zen. Das hat übri­gens zum Atha­na­sia­ni­schen Glau­bens­be­kennt­nis „Qui­cum­que“ geführt.
        Und nun steht der Neu­pla­to­nis­mus, ange­regt durch die Oxfor­der Schu­le wie­der hoch im Kurs, Augu­sti­nus und die Kap­pa­do­zier wer­den neu­pla­to­nisch ver­ein­nahmt, die Chaldäi­schen Ora­kel samt dem Cha­ci­di­cus-Kom­men­tar zum Pla­to­ni­schen „Tima­i­os“ zur Muster­vor­la­ge einer Ein­heits­re­li­gi­on gemacht, in der Gott zwar exi­stiert und die Welt erschaf­fen hat, sogar die Fähig­keit hat durch „Emana­ti­on“ Mensch zu wer­den, aber real prä­sent ist das heu­te nicht mehr, nur noch im „sym­bo­li­schen Raum“ (Hugo Rah­ner). So wird die rela­ti­vi­sti­sche Reli­gi­ons­theo­lo­gie der Angli­ka­ner über­nom­men (Hick, Pol­king­horn) und etwa im neu­en Bischofs­weih­ri­tus (Scho­on­broodt sei Dank für die Ana­ly­se!) aus­ge­drückt. Auf dem sel­ben Weg geht auch „Nost­ra Aet­a­te“ und „Gau­di­um et Spes“. Wo die Ein­heit (weil Ein­zig­keit) Got­tes fehlt, muß der Mensch wenig­stens einig sein, d. h. frei, gleich und brü­der­lich. S. E. Mar­cel Lefe­brve sprach nicht umsonst von 1798 der Kir­che. Und die­se Ana­ly­se ist auch für Pagli­a­ra­ni klar. Dan­ke an @Adrien Antoine!

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