(Rom) Kardinal Raymond Burke, Kardinalpatron des Souveränen Malteserordens und Unterzeichner der Dubia (Zweifel) zum umstrittenen nachsynodalen Schreiben Amoris laetitia, gab InfoVaticana ein ausführliches Interview. Darin nimmt er zu den Dubia, zur möglichen brüderlichen Zurechtweisung des Papstes, zu einer „mysteriösen“ Millionenspende an den Malteserorden und dessen Krise, zu den ersten Wochen der Amtszeit von US-Präsident Donald Trump, zu Paul Ehrlich als Redner im Vatikan und die Freimaurer Stellung.
Amoris laetitia und eine „sehr gefährliche, große Verwirrung“
Zu Amoris laetitia sagte der Kardinal, daß in der Kirche „Verwirrung zu bestimmten grundlegenden Fragen“ herrsche, konkret zu Fragen der Moral, des Respekts vor der Heiligen Kommunion, der rechten Disposition, sie zu empfangen, und der Unauflöslichkeit der Ehe.
„Es herrscht große Verwirrung“, so der Kardinal. Aus diesem Grund haben er und drei weitere Kardinäle die Dubia verfaßt und Papst Franziskus aufgefordert, Klarheit zu schaffen. Man habe sich dabei auf wenige, grundlegende Fragen beschränkt, doch bis heute „keine Antwort erhalten“.
Die herrschende Verwirrung sei „sehr gefährlich“, denn „mit der Verwirrung kommen die Spaltungen: Priester gegen Priester“ wegen Meinungsverschiedenheiten darüber, ob jene, die in einer nicht gültigen Ehe oder einer anderen irregulären Beziehung leben, die Sakramente empfangen können.
Es seien nicht nur vier Kardinäle, sondern deutlich „mehr“, die die Dubia unterstützen. Ob es eine öffentliche und formale Zurechtweisung des Papstes geben wird, „ist noch nicht klar“. Vor einem solchen Schritt werde man ihm persönlich gegenübertreten und es ihm unter Ausschluß der Öffentlichkeit sagen, daß „die Lage so ernst ist, daß wir sie korrigieren müssen“. Der Kardinal äußerte die Annahme, der Heilige Vater werde spätestens „in diesem Augenblick reagieren“.
Das Interview von Glaubenspräfekt Müller im Monatsmagazin Il Timone sei zwar eine sehr klare Bekräftigung dessen, was die Kirche zu den genannten Fragen lehrt, aber keine Antwort auf die Dubia gewesen. „Ich habe mit Kardinal Müller nicht darüber gesprochen, aber ich vermute, daß dieses Interview eine klare pastorale Anstrengung von ihm war, um die Lehre der Kirche aufzuzeigen.“
Tatsache sei, daß Papst Franziskus „keinerlei Antwort gegeben hat, weder mir noch den anderen Kardinälen“.
Erneut wollte sich Kardinal Burke auf kein Datum für eine brüderliche Zurechtweisung festlegen. Das käme einem Ultimatum gleich. Die Sache sei mit „großem Respekt“ vor der Person des Papstes anzugehen.
Mit dem Papst habe er bisher nicht über die Dubia sprechen können.
„Es geschehen sehr seltsame Dinge“ rund um den Malteserorden
Ob die Krise des Malteserordens zu Ende sei, könne er nicht sagen. „Derzeit bin ich von jeder Einbindung in den Malteserorden ausgegrenzt.“ Dabei ist er offiziell weiterhin der päpstliche Vertreter beim Orden. „Der Papst hat klar gesagt, daß die einzige Person, die im Namen des Heiligen Vaters Angelegenheiten des Malteserordens behandeln kann, Erzbischof Becciu ist.“
Ende April „soll die Wahl eines neuen Großmeisters“ erfolgen. Kardinal Burke äußerte die Hoffnung, daß das neue, aus den Reihen der Profeßritter gewählte Ordensoberhaupt den Orden „in die richtige Richtung führen wird. Der Heilige Vater sagte mir im Schreiben, vom 1. Dezember des Vorjahres, klar die sehr ernsten Sorgen, die er wegen des Malteserordens hat, und diese Sorgen sind meines Erachtens eindeutig berechtigt, so daß der neue Großmeister sie ansprechen muß.“
Der Papst sei ihm gegenüber „sehr klar“ gewesen, was die Entfernung von Freimaurern aus dem Orden anbelangt, weil „ein Freimaurer nicht Mitglied des Malteserordens sein kann. Er sagte mir, daß Personen, die an der Zugehörigkeit zur Freimaurerei festhalten, auszuschließen sind. In diesem Sinne hatte ich zu arbeiten begonnen.“
Der „Interessenskonflikt“ einiger Mitglieder der vom Papst ernannten Untersuchungskommission zum Malteserorden sei von „Bedeutung für die Krise des Ordens, das müsse sehr klar sein“. Es „geschehen sehr seltsame Dinge“. Zur Großspende, von der zumindest ein Teil an den Malteserorden ging, gebe es keine klare Kenntnis, wer der Spender sei, woher das Geld stamme, wie das Geld verwaltet werde, „und das ist nicht gut. Diese Dinge sollten geklärt werden.“
Es sei schon „sehr seltsam, daß drei [von fünf Mitgliedern der Untersuchungskommission] direkt in die Sache mit der Spende an den Orden involviert sind“, die die Absetzung des Großkanzlers zu untersuchen hatten und die Empfehlung aussprachen, ihn wieder einzusetzen.
Der Kardinal bestätigte auf die Frage des Interviewers, daß Georg von Boeselager „einen Tag“, nachdem dessen Bruder Albrecht von Boeselager sich geweigert hatte, als Großkanzler des Malteserordens zurückzutreten, zum Mitglied des Aufsichtsrates der Vatikanbank IOR ernannt wurde.
„Das alles scheint sehr suspekt“, so Kardinal Burke.
Er selbst habe derzeit zwar einen Titel, aber „keine Funktion“ im Orden.
„Gemäß der Anweisung des Heiligen Vaters habe ich im Moment nichts mit dem Malteserorden zu tun.“
Er kenne den Grund für die derzeitige Krise des Malteserordens nicht.
„Die ganze Entwicklung ist so seltsam, daß es mir schwerfällt, zu verstehen, was das letztliche Ziel ist.“
Tatsache sei, daß die Wiedereinsetzung Boeselagers als Großkanzler „ein Hauptziel“ war, und daß das „damit zu tun hat, daß ich als Kardinalpatron entlassen wurde“.
Mit dem Papst habe er „seit November“, als er ihm über den Malteserorden berichtete, und der Papst ihm die oben genannten „klaren“ Anweisungen gab, nicht mehr gesprochen. Er habe am Weihnachtsempfang für die Kardinäle und die Römische Kurie teilgenommen, aber nicht mit ihm sprechen können. Eine Audienz habe ihm der Papst seither nicht gewährt, weshalb er nicht wisse, was der Papst denke.
Auf Nachfrage von InfoVaticana bestätigte Kardinal Burke, Franziskus um eine Audienz gebeten, aber nicht erhalten zu haben.
Während der ganzen Krise des Malteserordens habe er, obwohl der offizielle Vertreter des Papstes beim Orden, „weder Gelegenheit noch Möglichkeit gehabt“, mit dem Papst darüber zu sprechen.
„Absolut überzeugt, daß es US-Regierung Trump mit dem Lebensrecht ernst meint“
Befragt, was er zu den ersten Amtswochen von US-Präsident Donald Trump halte, antwortete der Kardinal, daß die Zeiten schwierig seien. Die Bürger wollten, daß die Politik des Landes „eine neue Richtung“ bekomme, weshalb Donald Trump zum Präsidenten gewählt wurde. Trump versuche diesen Richtungswechsel, den die Menschen wollen, indem sie ihn gewählt haben. „Es ist aber nicht leicht, weil es viele Kräfte gibt, die sich ihm widersetzen.“
„Ich denke, daß die Dinge gut laufen, aber die ersten zehn Tage waren schwierig, daran habe ich keinen Zweifel. Weder kenne ich ihn persönlich noch habe ich mit ihm gesprochen, aber ich denke, daß er sehr entschlossen ist, das ihm von der US-Bevölkerung übertragene Mandat zu erfüllen.“
Er sehe „absolut“ Hoffnung für die Lebensrechtsbewegung, wie Vizepräsident Mike Pence beim Marsch für das Leben ankündigte. „Präsident Trump ist sehr klar darin“, was er unter „Unverletzlichkeit der Würde der Unschuldigen und den Schutz des Lebens versteht, und daß die Gesetze der USA die Ungeborenen schützen müssen.“
Er sei auch „absolut“ überzeugt, daß die US-Regierung es mit der Verteidigung des Lebens ernst meine. „Vizepräsident Pence ist schon seit langem eine der herausragenden politischen Führungspersönlichkeiten, die mit der Lebensrechtsbewegung verbunden sind.“
„Kirche soll mit Altright-Bewegung sprechen: Sie haben positive Ideen“
Auf die Frage, ob das Wachstum der Altright-Bewegung oder Bewegung der Alternativen Rechten und das Ende des Globalismus eine gute Nachricht für die Freiheit sind, sagte der Kardinal:
„Ich denke, daß es wichtig ist, daß sich die Kirche auf diese politischen Führer einläßt, die viele gute Ideen haben, und mit ihnen spricht, um ihnen die katholische Soziallehre als Hilfe anzubieten, die immer auf die Achtung des Gemeinwohls abzielt. In jedem politischen Programm kann es gute Aspekte geben, aber auch Aspekte, die es nicht sind und daher einer Verbesserung oder Vervollkommnung bedürfen. Entscheidend ist, für die Kirche, daß sie sich selbst nicht politisiert und auch nicht Partei für eine Seite ergreift, aber daß sie auch mit diesen Anführern spricht, die viele positive Zeichen zeigen, und ihnen hilft, aus ihrer Sichtweise und ihren Programmen das Bestmögliche für das Allgemeinwohl zu machen.“
Er habe aber keinerlei Kenntnis, ob der Vatikan Brücken baut oder im Gegenteil Mauern gegen die Regierung Trump errichte. Er wisse dazu nichts zu sagen, da er in keinem Kontakt mit dem Staatssekretariat des Vatikans stehe, das sich darum kümmert.
„Ich muß sagen, daß ich den Osservatore Romano, die offizielle Zeitung des Vatikans, einigermaßen negativ über Präsident Trump berichten sehe. Ich denke nicht, daß das hilfreich ist.“
Er selbst unterhalte keine Verbindungen zur Regierung Trump, so Kardinal Burke.
Aussagen des Jesuitengenerals „ein schwerwiegender Irrtum, der korrigiert werden muß“
Die Aussagen des neuen Jesuitengenerals Arturo Sosa Absacal über die Evangelisten halte er für „völlig falsch“. Ihm scheine es „geradezu unglaublich, daß er solche Aussagen von sich gegeben hat“. Sie verlangen jedenfalls, korrigiert zu werden. Die Aussagen des Jesuitengenerals seien „ein schwerwiegender Irrtum, der korrigiert werden muß“. Das sei Aufgabe der Glaubenskongregation, das Organ des Papstes zur Verteidigung der Glaubenswahrheit und der Moral.
Der Kardinal kritisierte zudem die Haltung des Heiligen Stuhls, den luxemburgischen Ministerpräsidenten mit seinem schwulen „Ehemann“ offiziell im Vatikan zu empfangen. Früher habe die Vatikandiplomatie diskret solche Dinge vorab geklärt. Dergleichen „offen“ zuzulassen, vermittle den Eindruck, „als würde der Heilige Stuhl solche Situationen gutheißen“. Es müsse genauer auf die verwendeten Begriffe und auf die Veranstaltungen und Tagungen im Vatikan geachtet werden. Überhaupt könne er nicht verstehen, wie jemand, der der Lehre der Kirche offen widerspricht, zu Tagungen in den Vatikan eingeladen werden könne.
„Einladung für Paul Ehrlich in den Vatikan ein paradigmatisches Beispiel“
So jemand „wie Paul Ehrlich …“, fragte InfoVaticana. Der Überbevölkerungsguru, dessen Thesen seit Jahrzehnten widerlegt sind, tritt dessen ungeachtet weiter als massiver Abtreibungs- und Bevölkerungsreduzierungsideologe auf.
Kardinal Burke dazu:
„Genau, Paul Ehrlich … ein paradigmatisches Beispiel …“
Der „Hauptverantwortliche“ für die Einladung Ehrlichs in den Vatikan sei Kardinal Gianfranco Ravasi, der in der Tageszeitung Il Sole 24 Ore einen Brief an die „Lieben Brüder Freimaurer“ veröffentlichte, so InfoVaticana.
Dazu Kardinal Burke:
„Ich habe diesen Text nicht gelesen, aber wer auch immer dafür verantwortlich ist, muß eine Antwort geben.“
Zur jüngsten Geste des Wohlwollens gegenüber der Piusbruderschaft bezüglich der Eheschließungen und der Annäherung zwischen dem Heiligen Stuhl und der FSSPX sagte der Kardinal, er denke, daß eine Personalprälatur für die Piusbruderschaft „eine sehr wirksame Form der Versöhnung“ sei, und eine Versöhnung eine „gute Nachricht“ wäre.
Kardinal Burke sagte zudem, er stimme darin überein, daß der Islam und die Gender-Ideologie die derzeit größten Herausforderungen und Gegner der Kirche seien. Es sei von zentraler Bedeutung, daß an den katholischen Schulen und Universitäten „die Wahrheit gelehrt wird“. Die Gender-Ideologie sei eine „völlig künstliche Erfindung“. Zudem sei es von entscheidender Bedeutung, daß „die Wahrheit über den Islam gelehrt wird“ und seinen Herrschaftsanspruch über die ganze Welt. Der Allah des Korans und der anderen islamischen Schriften „ist völlig verschieden vom Gott des christlichen Glaubens“.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Infovaticana