Die Präsidentin des EU-Parlaments wurde am 29. September mit dem In Veritate Award 2023 ausgezeichnet, der an Personen verliehen wird, die sich für christliche Werte einsetzen. Eine unverständliche Entscheidung, wenn man bedenkt, daß Roberta Metsola eine Abtreibungsbefürworterin ist.
Die Auszeichnung wurde ihr verliehen, weil „ihr Engagement für die Demokratie, die christlichen Werte und die Förderung des europäischen Integrationsprozesses ein Beispiel für viele ist“. Der In Veritate Award wird an Persönlichkeiten verliehen, die sich durch „die Verbindung von christlichen und europäischen Werten verdient“ gemacht haben, was immer das genau heißen soll.
Die Preisverleihung wurde organisiert von der Bischof-Tadeusz-Pieronek-Stiftung, der COMECE (Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Union), der Robert-Schuman-Stiftung und der polnischen Delegation der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) im EU-Parlament. Die Zeremonie fand im Rahmen der XXIII. Internationalen Krakauer Konferenz über die Rolle der Christen im europäischen Integrationsprozeß statt, die in diesem Jahr dem Thema „Die Folgen des Krieges. Was will Europa sein? Was will Polen sein?“ gewidmet wurde.
„Die Verleihung dieses Preises an Roberta Metsola löst mehr als nur Ratlosigkeit aus“, so Stefano Fontana, Direktor des International Observatory Cardinal Van Thuan for the Social Doctrine of the Church. Die aus Malta stammende EU-Abgeordnete, die 2022 David Sassoli als Präsident des EU-Parlaments nachgefolgt ist, trat früher offen gegen Abtreibung auf. Ihre Wahl zur Parlamentspräsidentin wurde von der COMECE und katholischen Medien begrüßt. In ihrer Antrittsrede sagte sie jedoch, daß sie ihre Überzeugungen beiseiteschieben und die Position des Parlaments vertreten werde, das sich bekanntermaßen für das Recht auf Tötung ungeborener Kinder einsetzt (siehe Der Kniefall der neuen Präsidentin des EU-Parlaments). Die neue Präsidentin hatte bei ihrem Auftritt in der linkslastigen Sendung „Che tempo che fa“ des italienischen Staatsfernsehsenders RAI 3 auch gesagt, daß „die Position des Parlaments zur Abtreibung und zu den sexuellen, reproduktiven und gesundheitlichen Rechten eindeutig und unmißverständlich ist“. Sie fügte hinzu: „Das Parlament hat sich für den maximalen Schutz dieser Rechte ausgesprochen, und diese Position werde ich beibehalten“, und nicht mehr das Lebensrecht der ungeborenen Kinder verteidigen, ist hinzuzufügen. Mit ihrer Einbindung in die Machtstrukturen der EU änderte Metsola ihre Positionen und machte damit Karriere.
„Es ist daher unverständlich, warum nun Frau Metsola ein ‚katholischer‘ Preis verliehen wird“, so Fontana. Der In Veritate Award ist aufgrund der Institutionen, die ihn unterstützen und fördern, und der bisherigen Preisträger als katholischer Preis zu betrachten. Außerdem war der Generalsekretär der COMECE, der spanische Priester Manuel Barrios Prieto, bei der Preisverleihung anwesend. Es ist nicht klar, wie christliche Werte und europäische Werte auf diese Weise miteinander verbunden werden können.
„Es sei denn, man meint mit ‚europäischen Werten‘ jene der EU, die aber weder europäisch noch christlich sind“, so Fontana.
Metsola selbst segelte allerdings schon seit ihrer Ankunft im EU-Parlament im Jahr 2013 unter „falscher Flagge“. Kaum nahm die Nachrückerin in den Reihen der christdemokratischen EVP Platz, schloß sie sich der Homo-Lobby LGBT Intergroup homosexueller, bisexueller und transsexueller EU-Abgeordneter an. Als solche unterstützte sie Anfang 2014 den Lunaček-Report. Homo- und Abtreibungslobby sind sich gegenseitig die engsten Unterstützer. Erst die EU-Wahl 2014 brachte dann ein „Umdenken“. Nachdem sie den Wiedereinzug ins EU-Parlament geschafft hatte, erneuerte Metsola ihre LGBT-Intergroup-Mitgliedschaft nicht mehr. Ein wirkliches Umdenken scheint allerdings nicht stattgefunden zu haben.
Und die Positionen der heutigen COMECE, die seit 2018 von Kardinal Jean-Claude Hollerich SJ, dem Erzbischof von Luxemburg, Generalrelator der Synodalitätssynode und Vertreter Europas im beratenden Kardinalsrat von Papst Franziskus, angeführt wird, sind von dieser Agenda nicht allzu weit entfernt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Youtube (Screenshot)