
(Jerusalem) Wer Ridley Scotts 2005 herausgebrachten Film „Königreich der Himmel“ gesehen hat, weiß, was er über die Kreuzzüge zu wissen hat. Zumindest das, was seit der Aufklärung der Westen meint, zu diesem Thema denken zu müssen:
- Die Kreuzfahrer waren wild und grausam, die Muslime kultiviert und tolerant;
- die europäischen Imperialisten überfielen friedliche Muslime;
- Saladin war ein Gentleman und die Kreuzritter Schurken;
- seither hassen uns die Muslime mit gutem Grund.
Eine Anhäufung von Dummheiten und Falschdarstellungen rund um die Kreuzzüge
Diese Anhäufung von Dummheiten ist zwar längst widerlegt, doch wie alles Unkraut schwer aus der Welt zu schaffen, eben wie alles, was zum Kanon jener zählt, die gerade die kulturelle Hegemonie ausüben. Das veranlaßte den katholischen Priester Don Giorgio Fedalto, eine Widerlegung in Buchform vorzulegen. Auf die knappest mögliche Formel gebracht, sagt er darin, daß statt des oben Aufgelisteten das genaue Gegenteil richtig ist.
Von hinten aufgezäumt bedeutet dies zum Beispiel, daß sich die Muslime erst mit den Kreuzzügen als solchen beschäftigten, als sie ihnen vom Westen Ende des 19. Jahrhunderts in den Kopf gesetzt wurden.
Von den arabischen Zeitgenossen des späten 11. bis 13. Jahrhunderts wurden die Kreuzzüge in weiten Teilen der islamischen Welt nicht einmal wahrgenommen. Die periodischen Züge der Christen, deren kriegerische Auseinandersetzungen verhältnismäßig kurze Phasen blieben, wurden von den Muslimen als „logisch“ empfunden. Die Christen versuchten zurückzuerobern, was man ihnen entrissen hatte. Vor allem aber, weil die Muslime die Kreuzzüge wohl als machtpolitischen Angriff auf ihren Besitzstand verstanden, nicht aber als Angriff auf den Islam als solchen.
Arabische Muslime registrierten Kreuzfahrerherrschaft positiv
Die muslimischen Araber der Kreuzfahrerstaaten im heutigen Israel, Palästina, Syrien, Libanon und der Türkei waren im Gegenteil sogar erleichtert. Natürlich nicht, weil sie unter christliche Herrschaft gerieten, aber weil die christlichen Herrscher sie nicht zu Dhimmis machten, wie dies ganz selbstverständlich die muslimischen Herrscher mit den Christen und Juden taten. In den lateinischen Staaten, über denen das Kreuz errichtet wurde, herrschte zudem ein deutlich geringerer Steuerdruck als in den umliegenden muslimischen Gebieten, was von den muslimischen Untertanen durchaus positiv registriert wurde.
„Für viele Araber waren die Kreuzzüge vor allem ein Angriff gegen die verhaßten Türken“,
so der katholische Publizist Rino Cammilleri. Die Türken waren in jener Phase gerade unter der Bezeichnung Seldschuken in die Geschichte eingetreten. Erst mit ihrem Auftreten (Schlacht von Manzikert 1071) und durch ihr Massaker an den Heilig-Land-Pilgern war es zu den Kreuzzügen gekommen.
Kreuzzüge militärstrategisch keineswegs „überflüssig“ – Türkischer Expansionsdrang 200 Jahre aufgehalten
Geostrategisch waren die Kreuzzüge keineswegs „überflüssig“, wie es heute gerne dargestellt wird. Sie konnten den türkischen Expansionsdrang für ganze 200 Jahre aufhalten, ehe er im 14. Jahrhundert doch nach Europa übergreifen konnte und zu einem jahrhundertelangen europäischen Abwehrkampf führte. Erst 1683 konnten die Christen vor Wien den türkischen Vormarsch brechen. Es sollte noch einmal mehr als 200 Jahre dauern, bis die Griechen und die anderen christlichen Balkanvölker endlich wieder ihre Unterwerfung unter das islamische Dhimmi-System abschütteln konnten.
Die romantische Verklärung Saladins zog selbst den deutschen Kaiser Wilhelm II. in den Bann, der am Grab des Sultans einen Bronzelorbeerkranz niederlegte, den übrigens Lawrence von Arabien, um bei der Verklärung zu bleiben, verschwinden ließ, da die Araber Feinde des Osmanischen Reichs waren.
„Friedfertiger“ Saladin ein modernes Konstrukt

Werfen wir also einen Blick auf die auch im Film von Ridley Scott dargestellte Schlacht von Hattin. Saladins Sekretär, Imad ad-Din beschrieb das Schicksal der nach der Niederlage gefangengenommenen Kreuzritter der Orden der Templer und der Johanniter:
„Er [Saladin] gab Befehl, alle zu enthaupten. Er zog es vor sie zu töten, anstatt zu Sklaven zu machen. Bei ihm war eine ganze Schar von Gelehrten und Sufis, und mehrere fromme und asketische Männer: Jeder von diesen bat ihn, zumindest einen umbringen zu dürfen“.
Saladin gewährte dieses „Privileg“ gerne. Anders als im Film dargestellt, gewährte Saladin hingegen der christlichen Einwohnerschaft Jerusalems nicht den freien Abzug, sondern verkaufte die Hälfte als Sklaven, nämlich alle, die das von ihm verlangte Lösegeld nicht zahlen konnten.
Warum wurde im 4. Kreuzzug Konstantinopel erobert?
Auch die gängigen Darstellungen des 4. Kreuzzuges, der nicht in das Heilige Land, sondern zur Eroberung Konstantinopels führte, werden von Don Fedalto hinterfragt. Er zeigt auf, daß das byzantinische Reich seit Beginn der Kreuzzüge eine wenig loyale Haltung gegenüber den Kreuzfahrern einnahm und diese sogar mehrfach verriet. Verantwortlich dafür waren Stolz und Mißtrauen. Dies, obwohl aus Konstantinopel gleichzeitig ständig neue Hilferufe an den christlichen Westen ergingen. Der oströmische Kaiser Isaak II. verbündete sich sogar mit Saladin gegen die Kreuzritter, was zum Fall des christlichen Jerusalems beitrug.
Und einmal mehr folgte ein neuer Hilferuf Konstantinopels, und einmal mehr brachen die lateinischen Ritter in den Orient auf, und ebenso einmal mehr wurden sie verraten. Daraus folgerten sie, daß der einzige Weg, um diese Dolchstöße künftig zu verhindern, darin bestand, die Ursache zu beseitigen, indem in Konstantinopel einer der ihren als Kaiser eingesetzt wird.

Eine andere zu zerlegende „Schwarze Legende“ ist das Blutbad, das Gottfried von Bouillon mit seinen Rittern beim 1. Kreuzzug nach der Einnahme von Jerusalem anrichtete. Man sollte zumindest die Größenordnungen kennen. Das muslimische Jerusalem zählte damals rund 10.000 Bewohner. Von diesen kamen im Zuge der gesamten Belagerung und Eroberung Jerusalems, beziehungsweise der Befreiung, wie die Kreuzfahrer es verstanden, etwa 2000 ums Leben.
Historiker gewichten historische Fakten einseitig zugunsten des Islam
Zahlenmäßig steht dieses Massaker in keinem Vergleich zu den willkürlichen Abschlachtereien, wie sie von den Muslimen, vor allem jene von Baibars I. und seiner Mamelucken, an den Christen verübt wurden und die das Ende der lateinischen Staaten im Orient besiegelten. Massaker, die zudem unter Bruch des gegebenen Wortes geschahen. Die christlichen Unterhändler wurden enthauptet, die Mönche auf dem Berg Karmel (Karmeliten) wurden allesamt getötet. Die schauerliche Liste könnte lange fortgesetzt werden.
Dazu gehört auch Antiochien, die einst blühende Stadt der Christenheit, dessen erste Gemeinde vom Apostel Barnabas geleitet wurde, und wo die Anhänger des Jesus von Nazareth ihren Namen „Christen“ erhielten. Das „schrecklichste Massaker der gesamten Kreuzzugsepoche“ folgte der Eroberung Antiochiens durch Baibars. Was aber wissen bekannte, westliche Historiker darüber zu sagen?
Steven Runciman widmet dem Ereignis nur acht Zeilen, Hans Eberhard Mayer eine einzige, Cristopher Tyerman, der allen Details des Massakers von Jerusalem des 1. Kreuzzuges viele Seiten widmet, fallen zum vielfach größeren Massaker von Antiochien lediglich vier Worte ein, Karen Armstrong bringt es auf zwölf Worte und schafft es, selbst darin noch den Kreuzrittern die Schuld zuzuschreiben, denn, so Armstrong, sei es schließlich deren „Bedrohung“ gewesen, die erst den „neuen Islam“ geschaffen habe.
Warum scheiterten die Kreuzzüge?
Zunächst gilt es sich zu vergegenwärtigen, daß die Kreuzfahrerstaaten immerhin ebenso lange Bestand hatten wie die USA seit ihrer Gründung bis heute. Allerdings mußte ihr Erhalt von Europa finanziert werden und verschlang soviel an Steuerzuschüssen, daß Europa nicht gerade auszubluten drohte, aber die Kassen doch belastete. In feindlicher Umgebung, Tausende von Kilometern von zu Hause entfernt, verlangte das Unternehmen ständigen Nachschub an Menschen und Mitteln, die auf Dauer nicht aufzubringen waren. Der Glaube („Ja, der Glaube“, betont Don Fedalto den Hauptantrieb der Kreuzzitter, der heute gerne zerredet wird, weil jene die Zerreden, dieses Motiv nicht mehr verstehen können) machte jedoch enorme, fast unglaubliche Leistungen möglich und ließ die größten Opfer bringen.

Als jedoch ein Heiliger wie Frankreichs König Ludwig IX. in zwei gut vorbereiteten Kreuzzügen scheiterte, beim ersten in Gefangenschaft geriet und beim zweiten starb, fragten sich die Christen, ob Gott es wirklich noch wollte, daß sie in dieser Form hinauszogen, oder ob es nicht besser sei, die heiligen Orte ihrem Schicksal zu überlassen oder in anderer Form zugänglich zu machen. Die Worte des sterbenden Königs: „Wir werden in Jerusalem einziehen“, bewahrheiteten sich für ihn im metaphysischen Sinn allemal mit dem Einzug in das himmlische Jerusalem.
Tatsächlich wurden bald andere Formen gefunden, die auf vertraglicher Ebene den Zugang zu den heiligen Stätten ermöglichte. Zu dieser wenn auch fragilen Einsicht zu gelangen, dazu hatten auch auf muslimischer Seite die Kreuzzüge und die Insistenz der lateinischen Christen beigetragen. Nach der Vertreibung der letzten Kreuzritter konnten 1333 die Franziskaner wieder in das Heilige Land zurückkehren und dort, nun unter Anerkennung der muslimischen Herrschaft die christlichen Pilger betreuen.
Eine Frage harrt noch einer näheren ideengeschichtlichen Untersuchung: Woher kam die Idee zu den Kreuzzügen? Es spricht viel dafür, daß die den Kreuzzügen zugrundeliegende Idee eines „Heiligen Krieges“, die dem Christentum eigentlich fremd ist, das vielmehr die Notwehr kennt, aus Spanien importiert wurde. Dort kämpften die Christen seit 711 in der Reconquista gegen die Muslime. Dabei lernten sie von ihren Gegnern die starke Wirkung entfaltende Idee des Dschihad kennen und versuchten sie für ihre Sache zu adaptieren.
Text: Giuseppe Nardi
Bilder: Wikicommons
Die übliche Darstellung mag Fehler haben, aber sicher auch diese. Es beginnt mit der Nennnung der Parteien: es waren nicht „die Christen“, sondern die Franken. Und sicher hat die heutige Rezeption der Krueuzüge unter ungebildeten Muslimen wenig mit jener der Muslime in der Zeit. Die Kreuzüge werden in die Reihe der Kolonisierungsversuche der Engländer, Franzosen und Zionisten gesetzt: wirklich Unfug. Der Staat Israel rottet die Palästinenser aus, was die Kreuzzüge nicht taten und trotz allem auch nicht tun wollten. Die Zionisten Vandalen zu nennen ist eine Beleidigung des wilden gemanischen Stamms der Vandalen. Desto weniger kann man sie mit den Franken gleichsetzen. Auch die durch die U.S.A. geführte oder unterstütze Massaker in der Region sind nicht mit den Kreuzzügen zu vergleichen. Es gibt eben ein verständliches Ressentiment gegen den Westen und daher diese versuche, nachzuweisen, dass es immer so war. Besorgniserregend ist aber das abstruse Ressentiment im Westen gegen Muslime. Zionisten bemühen sich zur Zeit stark, Israelkritik mit Antisemitismus gleichzusetzen, sie nennen es neuen Antisemitismus. Vielle Deutsche sind jetzt ganz froh, dass nicht sie sondern Muslime (als Opfer des Zionismus israelkritisch) die Antisemiten seien. Die AfD, die ätzend zionistisch ist und gegen Bischöfe hetzt, wird sogar als „echte christliche Partei“ angesehen. Araber im Mittelalter unterschieden zwischen Franken und Christen, Europäer im 20. Jahrhundert sehen nur muslimische Feinde.
Sehr geehrte Frau Sophia Orthoi,
was wollen Sie uns sagen? Ich verstehe Ihren Beitrag leider nicht.…
Ich will sagen, dass es verständlich ist, wenn heutige Opfer des westlichen Kolonialismus im Nahen Osten versuchen, die Kreuzzüge mit diesem Kolonialismus zu assoziieren. Andererseits ist die Israelschwärmerei und Islamhetze, die sich hier verbreitet, besorgniserregend. Deutschlands sogenannte etablierte Parteien haben bisher das zionistische Unrecht und Gewalt in Schutz genommen, die rechtspopulisten sind aber viel schlimmer. Nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa und in den U.S.A. Es verbreitet sich ein übler Geist sogar unter Katholiken.
Zionisten wollen ihre totalitäre Weltherrschaft der Neuen Weltordnung.
Mohammedaner wollen die totalitäre Weltherrschaft der Scharia und des Dhimmitums.
Diese beiden sind meine Feinde, denn ich wünsche mir die Weltherrschaft Jesu Christi.
Gerade in der Zeit der Kreuzzüge haben Menschen hin und her ihre Religion gewechselt. Muslime siegten, Palästina wurde mehrheitlich islamisch. Menschen nehmen die Religion der Herrscher und vor allem der Mehrheit: im Nahen Osten ist Proselytismus sehr schwer. Muslime kommen hierher, wo angeblich eine christliche Mehrheit gibt, manche sind vom Islam enttäuscht und offen für das Christentum. Pflicht der Christen ist, das Evangemium zu Prädigen, nicht eine christliche Geselschaft durch Säuberung. Die Haltung der hiesigen Christen stärken aber die Migranten im Islam. Selbst mir ist es abstossend.
Kein heutiger Staat, der sich auf die Scharia beruft, auch nicht Hamas oder Hizbullah, hat Dhimmitum, außer ISIS, der mit westlichen Feinbildern gestrikt ist, um gerade im Westen Angst und Zwietracht zu verbreiten. Soll man Muslime fragen, was Christen wollen?