Der Fall „Messa in Latino“ und die Religionsfreiheit der Katholiken in der Welt

Keine Mithilfe bei der Selbstzerstörung der Kirche, sondern authentische Konterrevolution


Im Westen versuchen innere Kräfte die Grundfreiheiten, auch die Religionsfreiheit, einzuschränken. Gibt es äußere Alternativen, oder sieht es dort noch schlimmer aus? Was ist zu tun? Diesen Fragen widmet sich Prof. Roberto de Mattei in seiner jüngsten Analyse
Im Westen versuchen innere Kräfte die Grundfreiheiten, auch die Religionsfreiheit, einzuschränken. Gibt es äußere Alternativen, oder sieht es dort noch schlimmer aus? Was ist zu tun? Diesen Fragen widmet sich Prof. Roberto de Mattei in seiner jüngsten Analyse

Von Rober­to de Mattei*

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Der jüng­ste, den Blog Mes­sa in Lati­no betref­fen­de Fall bie­tet uns einen Anlaß, über die Reli­gi­ons­frei­heit der Katho­li­ken in der Welt von heu­te nach­zu­den­ken. Mes​sain​la​ti​no​.it (MiL) ist seit 2007 einer der weit ver­brei­te­ten und geschätz­ten katho­li­schen Blogs welt­weit. Am 11. Juli 2025 wur­de der Blog mit einer ein­fa­chen, nicht unter­zeich­ne­ten E‑Mail, ohne jeg­li­che Vor­war­nung, von der Goog­le-Platt­form Blog­ger ent­fernt, auf­grund angeb­li­cher Ver­let­zung der „Hate-Speech-Poli­cy“. Mes­sa in Lati­no wehr­te sich gegen die­se Unge­rech­tig­keit mit aller Ent­schlos­sen­heit, indem es die Pres­se sen­si­bi­li­sier­te, zwei par­la­men­ta­ri­sche Anfra­gen sowohl in Rom als auch in Straß­burg initi­ier­te und am 17. Juli eine Dring­lich­keits­kla­ge beim Gericht von Impe­ria ein­reich­te. Nach einem erbit­ter­ten Rin­gen wur­de der Blog am 23. Juli von Goog­le wie­der­her­ge­stellt. Mes­sa in Lati­no hat somit den Kampf gewon­nen und ver­mut­lich dar­aus noch mehr Stär­ke gewonnen.

Was gesche­hen ist, stellt zunächst eine wei­te­re Bestä­ti­gung der Will­kür dar, mit dem eini­ge Medi­en­olig­ar­chien ver­su­chen, die Infor­ma­ti­ons­ver­brei­tung im Westen zu kon­trol­lie­ren. Die Haupt­platt­for­men, die den Zugang zu Online-Infor­ma­tio­nen durch Algo­rith­men steu­ern, sind neben Goog­le auch Face­book, Insta­gram, Whats­App, X (ehe­mals Twit­ter), Tik­Tok und Micro­soft. Zu die­sen Kon­zer­nen kom­men die gro­ßen Nach­rich­ten­agen­tu­ren wie Asso­cia­ted Press (AP), Reu­ters, Agence France-Pres­se (AFP) (und in Ita­li­en Ansa, in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land dpa, in Öster­reich APA) hin­zu, von denen die mei­sten Medi­en ihre Nach­rich­ten bezie­hen. Trotz der star­ken Zen­tra­li­sie­rung des Infor­ma­ti­ons­flus­ses exi­stiert jedoch die Mei­nungs­frei­heit, die es klei­nen, aber muti­gen „Davids“ ermög­licht, sich erfolg­reich gegen die „Goli­aths“ der Infor­ma­ti­on zu weh­ren. Das cha­rak­te­ri­sti­sche Merk­mal der geo­kul­tu­rel­len Regi­on, die wir Westen nen­nen, ist dies: Ein revo­lu­tio­nä­rer Pro­zeß, der bereits seit Jahr­hun­der­ten anhält, kor­rum­piert ihn [den Westen], aber eine Bewe­gung stellt sich ihm von innen her­aus ent­ge­gen – und dies oft erfolgreich.

In die­sem Kampf lau­fen die Inter­es­sen der katho­li­schen Kir­che mit denen des Westens zusam­men, der von ideo­lo­gi­schen und poli­ti­schen Fein­den umzin­gelt ist, die sei­ne Zer­stö­rung wol­len. Was die­se Fein­de bekämp­fen, ist nicht die Kor­rup­ti­on des Westens, son­dern sei­ne tief­ste Essenz, die nicht auf die letz­ten zwei Jahr­hun­der­te zurück­geht, son­dern auf das christ­li­che Mit­tel­al­ter, des­sen Mut­ter die katho­li­sche Kir­che war. Wer ver­tei­digt heu­te die Kir­che und den Westen? Der US-ame­ri­ka­ni­sche Prä­si­dent Donald Trump mag ein Mann sein, der lau­nisch, bizarr und in gewis­ser Wei­se sogar ver­ab­scheu­ungs­wür­dig erscheint, aber ohne den poli­ti­schen, wirt­schaft­li­chen und mili­tä­ri­schen Schutz der Ver­ei­nig­ten Staa­ten wür­de der Westen ver­schwin­den, und sein Ende wür­de mit dem Ver­schwin­den der katho­li­schen Kir­che zusammenfallen.

Inner­halb eines aggres­si­ven, anti­west­li­chen Kon­glo­me­rats, das Län­der wie Chi­na, Ruß­land, den Iran und Nord­ko­rea umfaßt, ist der katho­li­schen Kir­che heu­te kei­ne Frei­heit des Han­delns und der Mei­nungs­äu­ße­rung mehr gestat­tet. Der World Press Free­dom Index, die jähr­li­che Rang­li­ste, die von Repor­ters Wit­hout Bor­ders (RSF) ver­öf­fent­licht wird und den Grad der Pres­se­frei­heit in etwa 180 Län­dern und Ter­ri­to­ri­en bewer­tet, doku­men­tiert, daß die Län­der, in denen die Pres­se­frei­heit am stärk­sten ein­ge­schränkt ist, Nord­ko­rea, Chi­na, Syri­en, Iran, Afgha­ni­stan und Ruß­land sind – alles kom­mu­ni­sti­sche oder mus­li­mi­sche Staaten.

Der Westen hin­ge­gen för­dert die Kinds­tö­tung und die Gesetz­ge­bung zum assi­stier­ten Sui­zid, kennt jedoch auch eine kräf­ti­ge reli­giö­se und mora­li­sche Reak­ti­on, die sich dem ent­ge­gen­stellt. In die­sen Tagen fei­ert das Hei­lig­tum von Unse­rer Lie­ben Frau von Gua­d­a­lu­pe in La Crosse, Wis­con­sin, das als wich­tig­stes Zen­trum der Mari­en­ver­eh­rung und der über­lie­fer­ten Lit­ur­gie im Nor­den der USA gilt, eine histo­ri­sche Woche reli­giö­ser Fei­ern, an der neben Kar­di­nal Ray­mond Bur­ke, der das Hei­lig­tum gegrün­det hat, auch Kar­di­nal Wil­lem Jaco­bus Eijk, Erz­bi­schof von Utrecht, sowie der Erz­bi­schof von San Fran­cis­co, Sal­va­to­re Cor­di­leo­ne, teil­neh­men. Es gibt kein katho­li­sches Hei­lig­tum in Ruß­land, Chi­na oder in mus­li­mi­schen Län­dern, in denen Pil­ger­rei­sen oder fei­er­li­che lit­ur­gi­sche Zere­mo­nien die­ser Art erlaubt sind.

Vor eini­gen Tagen, am 26. Juli, nah­men 30.000 Teil­neh­mer am Pil­ger­zug zum 400. Jah­res­tag der Erschei­nun­gen nach Sain­te-Anne d’Auray in der Bre­ta­gne teil und hör­ten eine ein­drucks­vol­le und from­me Pre­digt von Kar­di­nal Robert Sarah, dem außer­or­dent­li­chen Gesand­ten von Papst Leo XIV. Zur glei­chen Zeit fei­er­ten in Fan­jeaux, im Süden Frank­reichs, die alt­ri­tu­el­len Domi­ni­ka­ne­rin­nen ihr fünf­zig­jäh­ri­ges Grün­dungs­ju­bi­lä­um. Die Ordens­frau­en sind auch in Deutsch­land, der Schweiz und den USA prä­sent, wo sie Schu­len der Pri­mar- und Sekun­dar­stu­fe für Mäd­chen mit über 2.700 Schü­le­rin­nen lei­ten. Ihre Aus­bil­dung, streng tra­di­tio­nell, geschieht – und das mit Erfolg – im säku­la­ri­sier­ten Westen, doch ihre Prä­senz wäre in der anti­west­li­chen Regi­on undenkbar.

Natür­lich könn­te man noch unzäh­li­ge ande­re Bei­spie­le anfüh­ren, aber wir beschrän­ken uns auf die der letz­ten Woche. Fakt ist, daß Semi­na­re, Pil­ger­rei­sen und katho­li­sche Schu­len im Westen gedei­hen, ins­be­son­de­re in der tra­di­tio­nel­le­ren Form, dank der Reli­gi­ons­frei­heit, die ihnen garan­tiert wird.

Die Prie­sterbruder­schaft St. Pius X. hat ihr Zen­trum in Ecô­ne, in einem über­aus säku­la­ri­sier­ten Land wie der Schweiz, und unter­hält wei­te­re Semi­na­re in Deutsch­land, Argen­ti­ni­en und den USA. Die Prie­sterbruder­schaft St. Petrus hat Semi­na­re in Deutsch­land und den Ver­ei­nig­ten Staa­ten, das Insti­tut Chri­stus König und Hohe­prie­ster hat ein Semi­nar in Ita­li­en, und das Insti­tut Bon Pasteur hat eines in Frank­reich. Für kei­ne die­ser Insti­tu­tio­nen wäre es mög­lich, Semi­na­re, Prio­ra­te oder Zen­tren öffent­li­chen apo­sto­li­schen Wir­kens in Chi­na, Ruß­land oder dem Iran zu eröff­nen. In Frank­reich, den USA und auch in Ita­li­en wäh­len nicht weni­ge Fami­li­en ihre Arbeits­plät­ze auf der Grund­la­ge tra­di­tio­nel­ler Meß­or­te und katho­li­scher Schu­len, um ihre Kin­der zu erzie­hen. Nie­mand von ihnen zieht des­halb jedoch in ara­bi­sche oder kom­mu­ni­sti­sche Län­der, wo es unmög­lich wäre, sei­ne Kin­der im wah­ren Glau­ben zu erziehen.

Die isla­mi­sche Scha­ria ver­bie­tet den katho­li­schen Glau­ben unter Andro­hung der Todes­stra­fe. Der chi­ne­si­sche Kom­mu­nis­mus tole­riert ihn, solan­ge er dem Regime unter­wor­fen ist und kei­ne öffent­li­che Pro­jek­ti­on hat. In Ruß­land ist die grie­chisch-schis­ma­ti­sche Reli­gi­on die ein­zi­ge Staats­re­li­gi­on, und die Katho­li­zi­tät ist nicht ein­mal unter den „tole­rier­ten“ Reli­gio­nen wie Islam, Juden­tum, Bud­dhis­mus oder Scha­ma­nis­mus zu fin­den. Der katho­li­schen Reli­gi­on ist jede Form von „Pro­se­ly­tis­mus“, also mis­sio­na­ri­schem Apo­sto­lat, ver­bo­ten. In der Pra­xis ist die Kir­che zur Geheim­hal­tung ver­dammt, ohne jedoch die grau­sa­men Ver­fol­gun­gen zu erlei­den, denen sie in Län­dern wie Kon­go, Syri­en, Nige­ria und vie­len ande­ren Län­dern der Welt aus­ge­setzt ist.

Eine Mil­li­on jun­ger Men­schen ver­sam­mel­ten sich in Rom zum Welt­ju­gend­tag im Hei­li­gen Jahr und wur­den von Leo XIV. emp­fan­gen. In den ver­gan­ge­nen fünf­und­zwan­zig Jah­ren fan­den die Welt­ju­gend­ta­ge nicht nur in Euro­pa statt, son­dern auch in Kana­da, Austra­li­en, Pana­ma und Bra­si­li­en, aber es wäre undenk­bar, sie in den Län­dern der anti­west­li­chen Regi­on zu orga­ni­sie­ren, die so gese­hen nicht unpas­send als „Ach­se des Bösen“ bezeich­net wer­den kann, weil sie das Gute dar­an hin­dert, sich zu manifestieren.

Es ist gerecht­fer­tigt, den dok­tri­nel­len und pasto­ra­len Feh­lern der Kir­chen­füh­rung zu wider­ste­hen und die poli­ti­schen und mili­tä­ri­schen Feh­ler der west­li­chen Füh­run­gen zu kri­ti­sie­ren, aber es wäre unver­ant­wort­lich, sich das völ­li­ge Ver­schwin­den des klei­nen reli­giö­sen und mora­li­schen Gutes zu wün­schen, das noch über­lebt und das inner­halb der Kir­che und der west­li­chen Gesell­schaft neu auf­blüht. Die Wie­der­her­stel­lung der christ­li­chen Zivi­li­sa­ti­on erfolgt nicht durch die Zusam­men­ar­beit an der Selbst­zer­stö­rung der Kir­che und dem Selbst­mord des Westens, son­dern nur durch eine authen­ti­sche Kon­ter­re­vo­lu­ti­on, die sich erfolg­reich die­sem zer­stö­re­ri­schen Pro­zeß widersetzt.

*Rober­to de Mat­tei, Histo­ri­ker, Vater von fünf Kin­dern, Pro­fes­sor für Neue­re Geschich­te und Geschich­te des Chri­sten­tums an der Euro­päi­schen Uni­ver­si­tät Rom, Vor­sit­zen­der der Stif­tung Lepan­to, Autor zahl­rei­cher Bücher, zuletzt in deut­scher Über­set­zung: Ver­tei­di­gung der Tra­di­ti­on: Die unüber­wind­ba­re Wahr­heit Chri­sti, mit einem Vor­wort von Mar­tin Mose­bach, Alt­öt­ting 2017, und Das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil. Eine bis­lang unge­schrie­be­ne Geschich­te, 2. erw. Aus­ga­be, Bobin­gen 2011.
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Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana

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