(Brasilia) Nach dem gestrigen Gipfeltreffen der zwölf südamerikanischen Staatspräsidenten wird Brasiliens Staats- und Regierungschef Luiz Inácio Lula da Silva heute mit Papst Franziskus telefonieren, um verschiedene Themen zu besprechen, so lokale Presseberichte.
Unter anderem will der brasilianische Präsident den „Friedensprozeß zwischen Rußland und der Ukraine, die Klima-Agenda und den Kampf gegen Ungleichheit“ ansprechen, berichtete das Nachrichtenportal Metropoles.
Lula befürwortet die Schaffung eines „Clubs“ von Ländern, der „den Dialog zwischen Kiew und Moskau erleichtern“ soll.
Zwischen Lula und Papst Franziskus herrscht eine enge Freundschaft. Als Lula wegen Korruptionsvorwürfen 2018/2019 mehr als ein Jahr im Gefängnis saß, beschuldigte Franziskus seine Ankläger, einen „Staatsstreich mit weißen Handschuhen“ durchzuführen. Dem christlich-konservativen Herausforderer unterstellte Franziskus damals, eine „Diktatur“ anzustreben. Ebenso unterstützte der Papst Initiativen lateinamerikanischer Linkspolitiker, die Freilassung Lulas zu erwirken, und übermittelte ihm demonstrativ Grüße in die Haft. Dieser bedankte sich 2020, inzwischen wieder in Freiheit, mit der Aussage: „Der Papst denkt wie wir“, womit die politische Linke gemeint war.
Brasilien ist eines der größten Länder der Welt, in denen das Lebensrecht noch geschützt ist. Lula wollte 2010 die Tötung ungeborener Kinder legalisieren, schreckte schließlich jedoch wegen des energischen Widerstandes aus dem Volk und auch des Vatikans zurück. Sein christlich-konservativer, von Papst Franziskus ignorierter Amtsvorgänger Jair Bolsonaro, der von 2019–2022 Staatsoberhaupt war, stärkte das Lebensrecht. Die Kirche in Brasilien sitzt, unterstützt von Franziskus, in der linken Sackgasse fest.
Lulas Verurteilung wurde schließlich vom Obersten Gerichtshof wegen Formalfehlern aufgehoben. Im Oktober 2022 wurde er mit 50,9 Prozent der Stimmen erneut zum Staats- und Regierungschef gewählt.
Am vergangenen Freitag hatte Lula mit dem russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin telefoniert, um mit ihm seinen Friedensvorschlag zu besprechen.
Am 21. Mai wollte er beim G7-Gipfel in Hiroshima (Japan) auch mit Wolodymyr Selenskyj sprechen, was jedoch nicht möglich war.
Offiziell wollte man in Lulas direktem Umfeld den Telefonanruf bei Papst Franziskus nicht bestätigen. Ein Vertreter seiner regierenden Arbeiterpartei (PT) bezeichnete ihn jedoch als „wahrscheinlich“.
Papst Franziskus selbst bemüht sich um Friedensgespräche zwischen der Ukraine und Rußland und setzt dabei auf die Paralleldiplomatie der Gemeinschaft Sant’Egidio.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Youtube (Screenshot)