„Kardinal Zuppi ist der einzige Gesprächspartner für Putin und Selenskyj“

Vatikandiplomatie und/oder Paralleldiplomatie von Sant'Egidio


Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin nahm zur Friedensmission von Kardinal Matteo Zuppi Stellung.
Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin nahm zur Friedensmission von Kardinal Matteo Zuppi Stellung.

(Rom) Papst Fran­zis­kus beauf­trag­te vor kur­zem Kar­di­nal Matteo Zup­pi, Erz­bi­schof von Bolo­gna, Vor­sit­zen­der der Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz und Ange­hö­ri­ger der Gemein­schaft von Sant’Egidio, mit einer Frie­dens­mis­si­on in der Ukrai­ne. Sein Auf­trag ist die Ver­mitt­lung zur Been­di­gung des Kon­flikts in der Ukrai­ne. Nun prä­zi­sier­te Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Pie­tro Paro­lin, daß Kar­di­nal Zup­pi damit der ein­zi­ge vati­ka­ni­sche Gesprächs­part­ner des rus­si­schen Prä­si­den­ten Wla­di­mir Putin und des ukrai­ni­schen Prä­si­den­ten Wolo­dym­yr Selen­skyj sein wird.

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Am Ran­de eines Tref­fens in der ita­lie­ni­schen Bot­schaft beim Hei­li­gen Stuhl ant­wor­te­te der Kar­di­nal­staats­se­kre­tär auf die Fra­ge, ob die Frie­dens­mis­si­on ein Tref­fen von Kar­di­nal Zup­pi mit Putin und Selen­skyj plane: 

„Ja, das ist die Bit­te, sich mit den bei­den Staats­chefs zu treffen.“

Die Beauf­tra­gung von Kar­di­nal Zup­pi, dem in der Kir­chen­hier­ar­chie rang­höch­sten Ver­tre­ter der Gemein­schaft Sant’Egidio, zeigt, daß Papst Fran­zis­kus auf die nicht unum­strit­te­ne Par­al­lel­di­plo­ma­tie die­ser Gemein­schaft zählt und nicht auf die eige­nen vati­ka­ni­schen Diplo­ma­ten. Kar­di­nal Zup­pi gehört auch zum Kreis der Kar­di­nä­le, die im Umfeld von Fran­zis­kus als des­sen mög­li­cher Nach­fol­ger gehan­delt werden.

Kar­di­nal Paro­lin erklär­te gestern, daß Zup­pi von Fran­zis­kus gebe­ten wur­de, „im Ein­ver­neh­men mit dem [vati­ka­ni­schen] Staats­se­kre­ta­ri­at eine Mis­si­on zu lei­ten, die zum Abbau der Span­nun­gen im Kon­flikt in der Ukrai­ne bei­tra­gen soll“.

Bemer­kens­wer­ter­wei­se kam sogleich Bewe­gung in die Sache. Trotz des Fias­kos, das der Selen­skyj-Besuch in Rom am 13. Mai für den Vati­kan mit sich brach­te, begrüß­te Ruß­land gestern die Bemü­hun­gen des Vati­kans um eine Been­di­gung des Krie­ges in der Ukrai­ne. Zugleich beton­te die Spre­che­rin des Außen­mi­ni­ste­ri­ums in Mos­kau, daß die rus­si­sche Regie­rung bis­her weder Ein­zel­hei­ten des Frie­dens­plans ken­ne, noch habe der Hei­li­ge Stuhl mit der Orga­ni­sa­ti­on einer Rei­se Zup­pis nach Mos­kau begonnen.

Ist man in Rom wie­der etwas vor­ei­lig? Die­ser Vor­wurf wird den Bemü­hun­gen von Fran­zis­kus gemacht, der nicht nur sei­ne eige­nen Vor­stel­lun­gen hat, son­dern die­se auch vor­bei an der rei­chen Erfah­rung sei­ner eige­nen Diplo­ma­ten umset­zen will. In der Diplo­ma­tie gesche­hen die mei­sten Schrit­te im stil­len. An die Öffent­lich­keit wird erst gegan­gen, wenn die Din­ge ent­schie­den sind. Fran­zis­kus kün­dig­te sei­ne Frie­dens­mis­si­on jedoch bei der Pres­se­kon­fe­renz auf dem Rück­flug von Ungarn an, noch bevor kon­kre­te Schrit­te unter­nom­men wor­den waren.

Der Kar­di­nal­staats­se­kre­tär, Chef der Vati­kan­di­plo­ma­ten, expo­nier­te sich nicht, sag­te jedoch, daß der Vati­kan die Bereit­schaft Mos­kaus begrü­ße, den Gesand­ten des Pap­stes zu emp­fan­gen. Bezüg­lich eines mög­li­chen Ter­mins mein­te er: „Ich den­ke, daß es von sei­ten der bei­den Haupt­städ­te kei­ne Pro­ble­me mit den Daten geben wird“.

Selen­skyj hat­te nach der Begeg­nung mit Fran­zis­kus des­sen Ver­mitt­lung harsch zurück­ge­wie­sen. Zu die­sem ukrai­ni­schen Wider­stand gegen eine päpst­li­che Ver­mitt­ler­tä­tig­keit sag­te der Kardinalstaatssekretär:

„Kiew ist nicht bereit für eine Ver­mitt­lung im eigent­li­chen Sinn, aber die­se Mis­si­on hat nicht die Ver­mitt­lung zum unmit­tel­ba­ren Ziel, son­dern die Schaf­fung eines gün­sti­gen Kli­mas und die Unter­stüt­zung auf dem Weg zu einer fried­li­chen Lösung.“

Als Ziel des Ver­mitt­lungs­ver­su­ches bestä­tig­te Kar­di­nal Paro­lin, „im Ein­ver­neh­men mit dem Staats­se­kre­ta­ri­at eine Mis­si­on zu lei­ten, die zum Abbau der Span­nun­gen im Kon­flikt in der Ukrai­ne bei­tra­gen soll, in der Hoff­nung, die der Hei­li­ge Vater nie auf­ge­ge­ben hat, daß sie Frie­dens­pro­zes­se in Gang set­zen kann“.

Zup­pi ver­mit­tel­te 1990, damals als Prie­ster, der kurz zuvor in die Diö­ze­se Rom inkar­di­niert wor­den war, mit der Gemein­schaft San­t’E­gi­dio im Bür­ger­krieg in Mosam­bik und war 2017 bei der Über­ga­be der Waf­fen der bas­ki­schen Ter­ror­grup­pe ETA in der fran­zö­si­schen Stadt Bayon­ne anwesend.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Youtube/​TG2000 (Screen­shot)

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