Leo XIV. belohnt Kardinal Cupich nach Kontroverse

Die falschen Signale


Papst Leo XIV. mit Kardinal Blase Cupich (Chicago)
Papst Leo XIV. mit Kardinal Blase Cupich (Chicago)

Das Tages­bul­le­tin des vati­ka­ni­schen Pres­se­am­tes vom heu­ti­gen Tage gab eine Per­so­nal­ent­schei­dung bekannt, die nicht ohne Stirn­run­zeln blei­ben dürf­te: Papst Leo XIV. ernann­te Kar­di­nal Bla­se Cupich, den Erz­bi­schof von Chi­ca­go (USA), zum Mit­glied der Päpst­li­chen Kom­mis­si­on für den Staat der Vati­kan­stadt. Vor zwei Wochen war es erst zu hef­ti­gen Pole­mi­ken um den US-Kar­di­nal gekom­men, nun stärk­te ihm Leo XIV. den Rücken.

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Die Ent­schei­dung erfolg­te nur weni­ge Tage nach einem Vor­fall, der nicht nur in kirch­li­chen Krei­sen für Auf­se­hen sorg­te. Kar­di­nal Cupich woll­te einem poli­tisch expo­nier­ten Abtrei­bungs­un­ter­stüt­zer, dem US-Sena­tor Dick Dur­bin (Demo­kra­ten), eine kirch­li­che Aus­zeich­nung ver­lei­hen – eine Initia­ti­ve, von der sich der betref­fen­de Poli­ti­ker nach öffent­li­chen Pro­te­sten schließ­lich selbst wie­der distan­zier­te. Cupich woll­te dar­an festhalten.

Bereits am 30. Sep­tem­ber hat­te der Papst auf die Fra­ge einer Jour­na­li­stin den US-Kar­di­nal in Schutz genom­men, und um dies zu schaf­fen, „skan­da­lö­se Aus­sa­gen“ getä­tigt, wie Prof. Ivan Pol­ja­ko­vić kri­ti­sier­te. Nur zwei Wochen spä­ter wur­de Cupich nun von Leo XIV. sogar belohnt, indem er ihn als Mit­glied der Päpst­li­chen Kom­mis­si­on für den Vati­kan­staat in eine Ver­trau­ens­po­si­ti­on berief. Cupich, der Anfüh­rer der Berg­o­glia­ner in der US-Bischofs­kon­fe­renz, wur­de unter Papst Fran­zis­kus häu­fig in Rom gese­hen. Er ver­füg­te über einen bevor­zug­ten Zugang zum argen­ti­ni­schen Kir­chen­ober­haupt. Dies scheint sich naht­los unter Leo XIV. fort­zu­set­zen. Cupich wird sich, auf­grund der neu­en Auf­ga­be künf­tig noch häu­fi­ger im Vati­kan auf­hal­ten – und dort sei­nen Ein­fluß gel­tend machen.

Bestätigungen und stille Abschiede

Neben Cupich wur­de auch Kar­di­nal­vi­kar Bald­as­sa­re Rei­na in die Kom­mis­si­on für den Kir­chen­staat beru­fen. Neben die­sen bei­den Neu­zu­gän­gen bestä­tig­te Papst Leo XIV. auch meh­re­re Mit­glie­der für die lau­fen­de Amts­zeit in ihrer Funktion:

  • Kar­di­nal Kevin Joseph Far­rell, Prä­fekt des Dik­aste­ri­ums für die Lai­en, die Fami­lie und das Leben,
  • Kar­di­nal Arthur Roche, Prä­fekt des Dik­aste­ri­ums für den Got­tes­dienst und die Sakramentenordnung,
  • Kar­di­nal Laz­z­aro You Heung-sik, Prä­fekt des Dik­aste­ri­ums für den Klerus,
  • Kar­di­nal Clau­dio Guge­rot­ti, Prä­fekt des Dik­aste­ri­ums für die Ori­en­ta­li­schen Kirchen.

Alle sechs Genann­ten wur­den von Papst Fran­zis­kus zu Kar­di­nä­len kreiert. 

Nicht mehr ver­tre­ten in der Kom­mis­si­on sind hin­ge­gen Kar­di­nal Leo­nar­do Sand­ri sowie Kar­di­nal Mau­ro Gam­bet­ti. Wäh­rend Sand­ris Aus­schei­den aus Alters­grün­den erfolg­te – Sand­ri ist Jahr­gang 1943 –, wirft der Abgang Gam­bettis, Erz­prie­ster von Sankt Peter, Fra­gen auf.

Der Mino­ri­ten­pa­ter Mau­ro Gam­bet­ti war erst im Novem­ber 2021 in die Kom­mis­si­on beru­fen wor­den. Daß sei­ne Mit­glied­schaft nun nicht bestä­tigt wur­de, fällt zeit­lich mit einer Häu­fung von Schän­dun­gen des Papst­al­tars im Peters­dom zusam­men. Der jüng­ste Vor­fall ereig­ne­te sich am ver­gan­ge­nen Frei­tag: Ein Mann sprang über die Schran­ken des Altar­be­reichs und ent­weih­te den hei­li­gen Ort durch eine öffent­li­che Urinierung.

Bereits im Febru­ar war ein Rumä­ne auf den Papst­al­tar geklet­tert und hat­te die Kan­de­la­ber zu Boden gesto­ßen; im Juni folg­te ein wei­te­rer Zwi­schen­fall, als ein nack­ter Pole auf den Altar sprang. Der drit­te Täter – ein Alba­ner aus dem Koso­vo – mar­kier­te nun den vor­läu­fi­gen Tief­punkt die­ser bei­spiel­lo­sen Serie.

Ein for­ma­ler Zusam­men­hang zwi­schen den Vor­fäl­len und der Nicht­ver­län­ge­rung von Gam­bettis Man­dat als Kom­mis­si­ons­mit­glied besteht zwar nicht, doch der zeit­li­che Zusam­men­hang fällt ins Auge. In Wirk­lich­keit hal­ten sich seit Wochen hart­näcki­ge Gerüch­te, wonach Gam­bet­ti in Ungna­de gefal­len sei und auch als Erz­prie­ster des Peters­doms abbe­ru­fen wer­den könn­te. Die jet­zi­ge Ent­schei­dung kam daher nicht völ­lig überraschend.

Weit­aus bedeut­sa­mer ist jedoch die Beru­fung von Kar­di­nal Bla­se Cupich: Trotz sei­ner jüng­sten Ver­feh­lun­gen im Bereich kirch­li­cher Glaub­wür­dig­keit hat ihm Papst Leo XIV. sein Ver­trau­en aus­ge­spro­chen. Die­se Geste ist ein kla­res, wohl kal­ku­lier­tes Signal. Denn in Tei­len der Kir­che wird sie kaum als ein­deu­ti­ger Ver­trau­ens­be­weis ver­stan­den, son­dern eher als geziel­te Provokation.

Wer die Zei­chen der Zeit zu lesen ver­mag, wird sich fra­gen müs­sen, wel­che Prio­ri­tä­ten der neue Papst in sei­nem Pon­ti­fi­kat tat­säch­lich zu set­zen gedenkt.

Die jüng­ste Ent­schei­dung erin­nert nicht zufäl­lig an das Vor­ge­hen sei­nes Vor­gän­gers Fran­zis­kus: Geriet ein Berg­o­glio-naher Prä­lat in Bedräng­nis, erhielt er regel­mä­ßig demon­stra­ti­ve Rücken­deckung aus San­ta Mar­ta. Die Chro­no­lo­gie der Ereig­nis­se legt nahe, daß auch die jet­zi­ge Beru­fung nicht trotz der Kon­tro­ver­se um die geplan­te Aus­zeich­nung eines Abtrei­bungs­po­li­ti­kers erfolgt ist – son­dern gera­de des­halb: um dem ange­schla­ge­nen Ober­ber­go­glia­ner in den USA sicht­bar den Rücken zu stärken.

Das könn­te als wei­te­res zwei­fel­haf­tes Signal im aktu­el­len Pon­ti­fi­kat gewer­tet werden.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati­can­Me­dia (Screen­shot)

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