Die „letzte Beleidigung“

Kritik an der Behandlung von Kardinal George Pell in Rom


Kardinal George Pell mit Papst Franziskus, als dieser ihn im Oktober 2020, erst ein halbes Jahr nach seinem Freispruch, in Audienz empfing.
Kardinal George Pell mit Papst Franziskus, als dieser ihn im Oktober 2020, erst ein halbes Jahr nach seinem Freispruch, in Audienz empfing.

In Austra­li­en sor­gen bis­her unbe­kann­te Infor­ma­tio­nen, „dunk­le Behaup­tun­gen“, so die Dai­ly Mail Austra­lia, rund um den plötz­li­chen Tod von Kar­di­nal Geor­ge Pell für Auf­se­hen. Der austra­li­sche Kar­di­nal war am 10. Janu­ar 2023 über­ra­schend, nur weni­ge Tage nach­dem er an der Begräb­nis­fei­er für Bene­dikt XVI. teil­ge­nom­men hat­te, in Rom gestor­ben. Er hat­te sich im römi­schen Kran­ken­haus Sal­va­tor Mun­di einer Rou­ti­ne­ope­ra­ti­on an der Hüf­te unter­zo­gen, wäh­rend der er einen Herz­still­stand erlitt.

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Pell war zuerst Erz­bi­schof von Mel­bourne, dann von Syd­ney und schließ­lich Prä­fekt des neu­errich­te­ten vati­ka­ni­schen Wirt­schafts­se­kre­ta­ri­ats. 2003 hat­te ihn Papst Johan­nes Paul II. zum Kar­di­nal kre­iert. Unter Papst Fran­zis­kus wur­de er zwar nach Rom beru­fen, ihm dort aber übel mit­ge­spielt. Als der Kar­di­nal als Wirt­schafts­prä­fekt Ord­nung in die auf unzäh­li­ge Insti­tu­tio­nen auf­ge­teil­ten Finan­zen des Hei­li­gen Stuhls brin­gen woll­te, stieß er auf teils erbit­ter­ten Wider­stand. Papst Fran­zis­kus ließ ihn wegen des Drucks jener, die sich nicht in die Kar­ten schau­en las­sen woll­ten, im Stich. 

Der unbeschreibliche Leidensweg

Dann tauch­ten halt­lo­se Anschul­di­gun­gen des sexu­el­len Miß­brauchs in Austra­li­en auf. Für Pell begann ein unbe­schreib­li­cher Lei­dens­weg. Er wur­de 2017 vor Gericht gezerrt, ver­ur­teilt und ging, obwohl er nicht muß­te, ins Gefäng­nis. Schließ­lich wur­de er vom Ober­sten Gerichts­hof frei­ge­spro­chen. Er ver­öf­fent­lich­te ein geist­lich außer­or­dent­lich wert­vol­les Haft­ta­ge­buch über sei­ne Zeit im Gefäng­nis. Bis heu­te ist er der erste Kar­di­nal, der in einem Rechts­staat inhaf­tiert wurde. 

Bis heu­te hält sich aller­dings auch hart­näckig das Gerücht, daß die Anschul­di­gun­gen, die Pell in Austra­li­en vor Gericht brach­ten, aus dem Vati­kan her­aus „orga­ni­siert“ wur­den, um den lästi­gen Austra­li­er auf beson­ders nie­der­träch­ti­ge Wei­se aus dem Feld zu räu­men – was auch gelun­gen ist. Fran­zis­kus schick­te zwar sei­nem sozia­li­sti­schen Freund Luiz Iná­cio Lula da Sil­va, heu­te wie­der Prä­si­dent von Bra­si­li­en, als die­ser wegen Kor­rup­ti­on hin­ter Git­tern saß, Soli­da­ri­täts­grü­ße ins Gefäng­nis, ließ ihm auf­mun­tern­de Bot­schaf­ten über­mit­teln und kri­ti­sier­te den Pro­zeß und die Ver­ur­tei­lung als „Putsch“, doch für Pell, sei­nen Kar­di­nal, hat­te das Kir­chen­ober­haupt kei­ne ver­gleich­ba­ren Gesten übrig. Um genau zu sein, gar kei­ne. Selbst als Pell frei­ge­spro­chen wur­de, ließ Fran­zis­kus ihn noch mona­te­lang vor der Tür war­ten, ehe er sich bereit­fand ihn zu emp­fan­gen. Plag­te den Papst ein schlech­tes Gewis­sen? Fran­zis­kus über­trug dem damals noch rüsti­gen Pur­pur­trä­ger auch kein Amt mehr.

Die­ses Ver­hal­ten bestärk­te jene, die die Quel­le des viel­leicht nie­der­träch­tig­sten Angriffs gegen einen Kar­di­nal in der jün­ge­ren Geschich­te im Vati­kan ver­mu­ten. Fran­zis­kus signa­li­sier­te jeden­falls, daß der Austra­li­er nicht mehr erwünscht war, was einen Grund hat­te: Kar­di­nal Pell gehör­te zu den Kri­ti­kern des der­zei­ti­gen Pon­ti­fi­kats. Sogar aus der Haft hat­te er nach einer mes­ser­schar­fen Ana­ly­se deut­li­che Kri­tik an der damals bevor­ste­hen­den Ama­zo­nas­syn­ode geübt. Und bei Fran­zis­kus spielt die Fra­ge: „Für mich oder gegen mich?“ eine zen­tra­le Rolle.

„Seine Nase war gebrochen“

Hören wir, was Brett Lackey gestern in der Tages­zei­tung Dai­ly Mail Austra­lia berichtete:

„Dunk­le Behaup­tun­gen über den Leich­nam von Geor­ge Pell tau­chen auf, nach­dem Austra­li­ens rang­höch­ster Katho­lik an einem Herz­still­stand gestor­ben ist. Die Lei­che von Kar­di­nal Geor­ge Pell soll eine gebro­che­ne Nase gehabt haben und nicht rich­tig ver­bun­den wor­den sein, als er nach sei­nem Tod in Rom nach Austra­li­en über­ge­führt wurde.“

Und wei­ter:

„Sei­ne Beer­di­gung im Peters­dom vier Tage spä­ter sorg­te Berich­ten zufol­ge bei Vati­kan-Insi­dern für gro­ßes Erstau­nen, da es kei­nen tra­di­tio­nel­len offe­nen Sarg gab.“

Die Tages­zei­tung erin­nert dar­an, daß die von ihm als Wirt­schafts­prä­fekt ergrif­fe­nen Maß­nah­men „ihm erheb­li­che Gegen­re­ak­tio­nen von Per­sön­lich­kei­ten inner­halb des Vati­kans ein­ge­bracht hat­ten, von denen eini­ge seit­dem wegen Finanz­de­lik­ten wie Betrug, Ver­schwö­rung und Ver­un­treu­ung ange­klagt wurden“.

Sei­ne Auf­ga­be, Trans­pa­renz in undurch­sich­ti­ge Finanz­kon­struk­te eini­ger lan­ge nicht über­wach­ter vati­ka­ni­scher Abtei­lun­gen zu brin­gen, „wur­de auch dadurch erschwert, daß Pell 2017 von der Poli­zei des Bun­des­staa­tes Vic­to­ria wegen Vor­wür­fen des lan­ge zurück­lie­gen­den Kin­des­miß­brauchs ange­klagt wur­de, was dazu führ­te, daß er 13 Mona­te in einem austra­li­schen Gefäng­nis ver­brach­te, bevor er in der Beru­fung von allen Vor­wür­fen frei­ge­spro­chen wurde“.

Seine Kleider in den Sarg „geworfen“

The Austra­li­an, eine ande­re Tages­zei­tung des fünf­ten Kon­ti­nents, schrieb nun gleich­zei­tig, daß „seit Mona­ten beim Hei­li­gen Stuhl Gerüch­te kur­sie­ren, daß sein Leich­nam nach der Aut­op­sie in Unord­nung zurück­ge­las­sen wur­de“, daß sei­ne Klei­dung in den Sarg „gewor­fen“ wor­den sei und sei­ne Schu­he fehl­ten. Auch The Austra­li­an bestä­tigt unter Beru­fung auf Pells Bru­der, daß die Fami­lie bei der Ankunft der Lei­che in Austra­li­en fest­stel­len muß­te, daß die Nase des Kar­di­nal gebro­chen war. Andrew Bolt, Kolum­nist der Herald Sun, der auf­la­gen­stärk­sten Tages­zei­tung Austra­li­ens, bezeich­ne­te dies in einem Kom­men­tar für Sky­News als eine „letz­te Belei­di­gung“ des Kar­di­nals, die man ihm in Rom ange­tan habe.

„Inkom­pe­tenz“ als Ursa­che wird nicht aus­ge­schlos­sen. Zugleich ver­wei­sen Austra­li­ens Medi­en jedoch auf eng­ste Mit­ar­bei­ter des Kar­di­nals, die in der gro­ben Behand­lung des Leich­nams „ein Zei­chen dafür“ sehen, „daß eini­ge im Vati­kan Pell die Ver­fol­gung der Kor­rup­ti­on nicht ver­zie­hen haben“.

Andrew Bolt bringt es so zum Ausdruck:

„Pell sag­te mir ein­mal, daß er sich im Vati­kan nicht sicher fühl­te, als er Kri­mi­nel­le ver­folg­te. Was sie mit sei­nem Kör­per gemacht haben, läßt mich ver­mu­ten, daß er Recht hatte.“

Und wei­ter:

„Pell selbst sag­te im Jahr 2021, er sei über­rascht gewe­sen, auf wie­viel Wider­stand er inner­halb der Kir­che bei der Moder­ni­sie­rung ihrer Finan­zen gesto­ßen sei. ‚Ich habe den Ein­falls­reich­tum und die Zähig­keit der Reform­geg­ner unter­schätzt‘, sag­te Pell im Sep­tem­ber 2021.“

Austra­li­ens Medi­en ver­wei­sen dar­auf, ohne einen direk­ten Zusam­men­hang her­zu­stel­len, daß am 16. Dezem­ber 2023 zehn Per­so­nen, dar­un­ter ein Kar­di­nal, Mit­ar­bei­ter des Vati­kans und exter­ne Bera­ter, der Finanz­kri­mi­na­li­tät schul­dig befun­den wur­den. Bei dem soge­nann­ten „Jahr­hun­dert­pro­zeß“ ging es um Immo­bi­li­en­ge­schäf­te in Lon­don, bei denen der Hei­li­ge Stuhl einen Scha­den von 350 Mil­lio­nen Euro erlit­ten hatte.

Kar­di­nal Pell, eine star­ke Per­sön­lich­keit, ließ sich auch durch die wenig väter­li­che Behand­lung durch Papst Fran­zis­kus nicht ent­mu­ti­gen, son­dern mel­de­te sich auch nach sei­ner Rück­kehr nach Rom wie­der­holt und deut­lich zu Wort. Da er über­zeugt war, daß es bald zu einem Kon­kla­ve kom­men wer­de, bemüh­te er sich, unter den neu­en Kar­di­nä­len Kon­tak­te zu knüp­fen und die­se unter­ein­an­der bekannt­zu­ma­chen, da Fran­zis­kus seit zehn Jah­ren kein Kon­si­sto­ri­um mehr ein­be­ruft. Im Früh­jahr 2022 for­der­te Pell von Fran­zis­kus, Kar­di­nal Hol­le­rich, den Erz­bi­schof von Luxem­burg, COME­CE-Vor­sit­zen­den und Gene­ral­re­la­tor der Syn­oda­li­täts­syn­ode, und Bischof Bät­zing, den Vor­sit­zen­den der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz, zu rügen. Er hin­ter­ließ bei sei­nem Tod ein geist­li­ches Ver­mächt­nis, das eine ver­nich­ten­de Kri­tik am Pon­ti­fi­kat von Fran­zis­kus ist.

Bei den Berich­ten ist mit­zu­den­ken, daß Austra­li­ens Medi­en gegen­über Kar­di­nal Geor­ge Pell eini­ges gut­zu­ma­chen haben und die Ver­su­chung bei Jour­na­li­sten, auf einen schä­bi­gen Dan-Brown-Zug auf­zu­sprin­gen, immer gege­ben ist. Den­noch steht außer Zwei­fel, daß Kar­di­nal Geor­ge Pell übel mit­ge­spielt wurde.

Andrew Bolts Kom­men­tar auf SkyNews

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati­can­Me­dia (Screen­shot)

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5 Kommentare

  1. Alle, die dnm jet­zi­gen Kurs kri­tisch und mit Herz­weh beglei­ten, wer­den aus­ge­mu­stert und mund­tot gemacht. Streng bewei­sen läßt sich kaum etwas, die Gerüch­te­kü­che dampft umso mehr, und das ist alles von ober­ster Stel­le so gewollt und insze­niert: es ist teuflisch.

  2. Der Bericht läßt mich rat­los zurück. Wie kommt es nach Herz­still­stand bei oder nach Hüft- OP zu einem Nasen­bruch ? Wie kann es sein, daß offen­bar so rüde und pie­tät­los Klei­dung und Schu­he zum Leich­nam in den Sarg gewor­fen wur­den ? Wei­ter bleibt ein Unbe­ha­gen, da für die vie­le Ver­däch­ti­gun­gen offen­bar Bewei­se feh­len und es beim Sta­tus von Gerüch­ten bleibt.
    Den­noch: mit sei­nem Wil­len zur Wahr­heits­fin­dung, gepaart mit Durch­set­zungs­kraft scheint er ja gewis­se Krei­se „gestört“ zu haben und erkenn­bar nicht zu den „Freun­den“ des Pap­stes zu zählen.

    Dank­bar für sei­ne Stel­lung­nah­me zur Welt­syn­ode und dem Mut, sich dem Ver­fah­ren und Gefäng­nis zu unter­zie­hen, habe ich den frü­hen, tra­gi­schen Tod Kar­di­nal Pells sehr bedau­ert – er fehlt !

  3. Ich habe kei­nen Zwei­fel dar­an, dass all dies so wahr ist, wie es beschä­mend ist. Im Gegen­satz zu den Fein­den der Kir­che in ihrem Inne­ren, wird Pell sicher eines Tages hei­lig­ge­sproc­gen wer­den – das zeigt schon sein Tage­buch. Vom regie­ren­den Papst habe ich Tex­te die­ser Qua­li­tät übri­gens nie gelesen.…und von den mei­sten sei­ner Freun­de auch nicht. Damit ist alles gesagt.

  4. Die Apo­ka­lyp­se des Eli­as. Die älte­sten kop­ti­schen Frag­men­te des Tex­tes sind aus dem frü­hen 4. Jahr­hun­dert. Wer Ohren hat, der höre. 

    https://​de​.wik​is​our​ce​.org/​w​i​k​i​/​A​p​o​k​a​l​y​p​s​e​_​d​e​s​_​E​l​ias

    Eli­as 36,2: „Und so ver­folgt er alle Hei­li­gen und mit des Lan­des Prie­stern wer­den sie gebun­den weggeführt.
    Er tötet sie. Mit Eisen­spit­zen wer­den ihre Augen aus­ge­sto­chen, die Haut vom Kop­fe abge­zo­gen, die Nägel ein­zeln aus­ge­ris­sen. Er läßt in ihre Nase Lau­ge und Essig gießen.“

  5. Schreck­lich, die­ser Bericht über den ehren­wer­ten Kar­di­nal Pell.
    Was sind das nur für Unge­heu­er, die die­ses gemacht haben?
    Man kann doch die­sen Men­schen in Rom nicht trauen.
    Sie müs­sen sich ein­mal vor dem Herrn verantworten!

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