Die unkontrollierten Geschäfte der Güterverwaltung des Vatikans

Immobilien und Schweizer Konten


Bis 2018 Herr der Vatikanfinanzen: Kardinal Domenico Calcagno mit Papst Franziskus (2016).
Bis 2018 Herr der Vatikanfinanzen: Kardinal Domenico Calcagno mit Papst Franziskus (2016).

(Lon­don) Wie steht es um die Tätig­keit der Apo­sto­li­schen Güter­ver­wal­tung APSA? Von „schlech­ten Geschäf­ten“ spricht der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster und ver­weist auf eine Repor­ta­ge des Vati­ka­ni­sten Edward Pen­tin. Letz­te­rer recher­chier­te, war­um dem so ist. Dazu Magister:

Anzei­ge

„Nach einem Vor­kon­kla­ve 2013, das fast zur Gän­ze für sinn­lo­ses Gere­de über die Reform der Römi­schen Kurie ver­wen­det wur­de, und nach sechs Jah­ren einer unge­ord­ne­ten Geschäf­tig­keit zum sel­ben Zweck, scheint heu­te eine Neu­or­ga­ni­sa­ti­on der Kurie ihrem Ziel nahe, die prak­tisch nie­man­den zufrie­den­stellt, folgt man der Kri­tik, die bereits von rechts und links zu den bis­her bekann­ten Tei­len der künf­ti­gen, neu­en Sta­tu­ten geäu­ßert wurde.“

Zu den „Sor­gen­kin­dern“ gehö­ren wei­ter­hin die Ver­wal­tungs- und Finanzstellen. 

„Deren Rei­ni­gung ist weit von einer Voll­endung ent­fernt, beson­ders jene der tra­gen­den Ach­se, auf der die Kurie in die­sem Bereich ruht, der Apo­sto­li­schen Güter­ver­wal­tung, abge­kürzt APSA.“

Am 22. Juli titel­te Pen­tin im Natio­nal Catho­lic Regi­ster:

„Fra­gen, die zu den Finan­zen des Vati­kans bleiben“.

Kon­kret geht es dabei vor allem um eini­ge Kon­ten und Immo­bi­li­en. Vie­le der als „pro­ble­ma­tisch“ iden­ti­fi­zier­ten Berei­che sei­en, so Pen­tin, nach wie vor nicht beho­ben worden.

Unbekannte APSA

Zunächst ein Rück­blick zum bes­se­ren Verständnis.

Papst Fran­zis­kus ord­ne­te den gesam­ten Ver­wal­tungs- und Finanz­be­reich neu, indem er die­sen gan­zen Kom­plex in einem neu­en Dik­aste­ri­um, dem Wirt­schafts­se­kre­ta­ri­at, zusam­men­führ­te. Zum Prä­fek­ten die­ser neu­en Kuri­en­be­hör­de ernann­te er den dama­li­gen Erz­bi­schof von Syd­ney, den kon­ser­va­ti­ven Kar­di­nal Geor­ge Pell. Das über­rasch­te, hing aber mit dem ange­streb­ten Umbau des austra­li­schen Epi­sko­pats und der Tat­sa­che zusam­men, daß Pell zu die­sem Zeit­punkt der ein­zi­ge Kar­di­nal Ozea­ni­ens war. Damit war auto­ma­tisch Mit­glied in dem eben­falls von Fran­zis­kus neu­ge­schaf­fe­nen C9-Kar­di­nals­rat zur Bera­tung des Pap­stes bei der Kuri­en­re­form und der Lei­tung der Weltkirche. 

Soweit die Absicht im Finanz- und Ver­wal­tungs­be­reich. Die Wirk­lich­keit sah schnell anders aus. 

Wäh­rend die Kon­zen­tra­ti­on aller Vati­kan­me­di­en im eben­falls neu­errich­te­ten Kom­mu­ni­ka­ti­ons­se­kre­ta­ri­at (heu­te Kom­mu­ni­ka­ti­ons­dik­aste­ri­um) gegen Wider­stän­de plan­mä­ßig durch­ge­setzt wur­de, war dies im Ver­wal­tungs- und Finanz­be­reich nicht der Fall.

Kar­di­nal Pell, der von Syd­ney nach Rom wech­sel­te, stieß schnell auf Wider­stän­de und mach­te sich Tei­le der Kurie zum Geg­ner, denen er vor­ge­setzt wor­den war. Vor allem die APSA lei­ste­te erbit­ter­ten Wider­stand. Gegen den neu­en Wirt­schafts­prä­fek­ten wur­de bereits intri­giert, bevor er alle sei­ne Kof­fer aus­ge­packt hat­te. Als der unvor­ein­ge­nom­me­ne Kar­di­nal Pell das Spiel zu durch­schau­en begann, war er bereits isoliert. 

Die APSA wur­de damals noch von Kar­di­nal Dome­ni­co Cal­ca­g­no gelei­tet, der mit sei­ner Behör­de nicht im Traum dar­an dach­te, die Eigen­stän­dig­keit zu ver­lie­ren. Cal­ca­g­no gehör­te zum Kreis der kuria­len Pur­pur­trä­ger um Sod­a­no und Kas­per, die den argen­ti­ni­schen Pri­mas im Kon­kla­ve auf den Schild hoben. Damit hat­te er nach dem 13. März 2013 Zugang zu San­ta Marta. 

Kardinal Domenico Calcagno, bis 2018 APSA-Chef.
Kar­di­nal Dome­ni­co Cal­ca­g­no, bis 2018 APSA-Chef.

Das Lob­by­ing der APSA-Grup­pe war erfolg­reich. Fran­zis­kus rück­te immer mehr von sei­nen eige­nen, ursprüng­li­chen Plä­nen ab und ließ Kar­di­nal Pell im Regen ste­hen. Der nahm sei­ne Auf­ga­be jedoch ernst und woll­te sich nicht im Ses­sel bequem zurücklehnen. 

Pells römi­schen Geg­nern kam es daher wie geru­fen, daß der Kar­di­nal in Austra­li­en wegen eines angeb­li­chen sexu­el­len Über­griffs in den 70er Jah­ren mit viel Medi­en­wir­bel vor Gericht gestellt wur­de. Seit­her hält sich hart­näckig das Gerücht, die Anschul­di­gun­gen sei­en nicht von Austra­li­en, son­dern viel­mehr von Rom aus­ge­gan­gen. Pell, der sich im Vati­kan iso­liert und im Stich gelas­sen fühl­te, warf ent­täuscht das Hand­tuch und ging nach Austra­li­en zurück, um sich dort vor Gericht zu ver­ant­wor­ten. Sei­ne Bereit­schaft, nach dem erst­in­stanz­li­chen Urteil ins Gefäng­nis zu gehen, anstatt Haus­ar­rest zu bean­tra­gen, wird von Beob­ach­tern auch mit die­ser dop­pel­ten Ent­täu­schung in Zusam­men­hang gebracht, in bei­den Fäl­len, vor Gericht und in sei­ner Auf­ga­be in Rom von höch­ster Stel­le fal­len­ge­las­sen wor­den zu sein.

Kar­di­nal Pell soll­te nicht das ein­zi­ge Opfer der Intri­gan­ten blei­ben. Auf ande­re, unsanf­te­re, aber doch glimpf­li­che­re Wei­se wur­de Libe­ro Milo­ne aus dem Kir­chen­staat ent­fernt, den Fran­zis­kus zum ersten Gene­ral­re­vi­sor des Vati­kans ernannt hatte.

Calcagnos Dankbarkeit

Nutz­nie­ßer die­ser bei­den „Ent­fer­nun­gen“ war die APSA. Kar­di­nal Cal­ca­g­no bedank­te sich auch bei Fran­zis­kus, sei­ne Behör­de nicht wei­ter mit Kon­trol­leu­ren und Umstruk­tu­rie­run­gen zu belä­sti­gen, indem er den argen­ti­ni­schen Bischof Gustavo Oscar Zan­chet­ta in hoher Posi­ti­on bei der APSA unter­brach­te. So hat­te es Fran­zis­kus gewünscht. 

Zan­chet­ta war ein Pro­te­gé des regie­ren­den Pap­stes, hat­te aber im Som­mer 2017 Argen­ti­ni­en flucht­ar­tig ver­las­sen und ein ver­stör­tes und rat­lo­ses Bis­tum hin­ter­las­sen. Der Grund wur­de von argen­ti­ni­schen Medi­en in den zer­rüt­te­ten Diö­ze­san­finan­zen ver­mu­tet. Bereits vor sei­ner Ernen­nung zum Diö­ze­san­bi­schof durch Fran­zis­kus hat­te Zan­chet­ta als Gene­ral­vi­kar die Finan­zen sei­ner Hei­mat­diö­ze­se zer­rüt­tet. Für ein hal­bes Jahr tauch­te Zan­chet­ta unter, um Anfang 2018 im Vati­kan plötz­lich wie­der­auf­zu­tau­chen, wo ihn Fran­zis­kus auf einen hohen Posten setz­te – in der Apo­sto­li­schen Güter­ver­wal­tung.

Bischof Zanchetta mit Papst Franziskus
Bischof Zan­chet­ta mit Papst Franziskus

Unter unab­hän­gi­gen Beob­ach­tern herrsch­te gro­ßes Kopf­schüt­teln. Wie konn­te der Papst, Pro­te­gé hin oder her, jemand aus­ge­rech­net in die Güter­ver­wal­tung set­zen, der gleich in zwei Bis­tü­mern ein Cha­os in Finan­zen und Ver­wal­tung hin­ter­las­sen hatte? 

Zum Jah­res­wech­sel 2018/​2019 kam schließ­lich der wah­re Grund ans Licht, der Zan­chet­ta flucht­ar­tig sei­ne Hei­mat ver­las­sen hat­te las­sen. Der Bischof hat unge­zü­gel­te, homo­se­xu­el­le Begier­den. In sei­nem Bis­tum hat­te er sich sexu­ell an sei­nen eige­nen Semi­na­ri­sten ver­fehlt, wor­über Rom unter ande­rem durch die Gene­ral­vi­ka­re und den Regens des Prie­ster­se­mi­nars seit 2015 unter­rich­tet war – aber untä­tig blieb. Fran­zis­kus hielt sei­ne schüt­zen­de Hand über Zanchetta. 

Kar­di­nal Cal­ca­g­no brach­te ihn auf Wunsch des Pap­stes in sei­ner Behör­de unter. Scha­den kann der Argen­ti­ni­er dort nicht wirk­lich anrich­ten, denn sein Amt wur­de eigens für ihn geschaf­fen und exi­stiert nur auf dem Papier. Seit Jah­res­be­ginn, als auch die Medi­en berich­te­ten, was der Vati­kan schon seit mehr als drei Jah­ren wuß­te, wur­de sei­ne ohne­hin nicht aus­ge­üb­te Tätig­keit ruhend gestellt.

2018: Wechsel an der APSA-Spitze

So erstaun­te es, daß Fran­zis­kus den getreu­en Cal­ca­g­no 2018, kurz nach Errei­chen der Alters­gren­ze, eme­ri­tier­te. Der Kar­di­nal muß­te die Gunst des Pap­stes ver­lo­ren haben, was ohne Zwei­fel mit sei­ner Art der Finanz­ge­ba­rung zu tun haben dürf­te. Wahr­schein­li­cher ist, daß die ticken­de Bom­be APSA recht­zei­tig und still­schwei­gend ent­schärft wer­den soll, ehe sie dem Pon­ti­fi­kat gefähr­lich wer­den könnte.

Zum Nach­fol­ger an der Spit­ze der APSA ernann­te Fran­zis­kus einen engen Ver­trau­ten, den dama­li­gen Gene­ral­se­kre­tär der Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz, Msgr. Nun­zio Galan­ti­no. Galan­ti­no war durch bedin­gungs­lo­se Unter­stüt­zung des „neu­en Kur­ses“ und durch gerin­ge Bibel­fe­stig­keit auf­ge­fal­len. Auf poli­ti­scher Ebe­ne han­del­te er im Hin­ter­zim­mer, mit Rücken­deckung von San­ta Mar­ta, mit der dama­li­gen ita­lie­ni­schen Links­re­gie­rung einen „Kom­pro­miß“ zur Lega­li­sie­rung der „Homo-Ehe“ aus und ließ die zwei Mil­lio­nen Ita­lie­ner im Regen ste­hen, die sich Anfang 2016 in Rom zu einer Mega­kund­ge­bung ver­sam­melt hat­ten, um für Ehe, Fami­lie und Lebens­recht und gegen Homo-Ehe, Gen­der-Ideo­lo­gie und Abtrei­bung zu demon­strie­ren. Auch auf reli­giö­ser Ebe­ne brach­te er die Homo-Agen­da vor­an, indem er beim Welt­ju­gend­tag in Kra­kau (2016) wahr­heits­wid­rig schwa­dro­nier­te, daß Sodom und Gomor­ra von Gott nicht zer­stört wor­den seien. 

Bischof Nunzio Galantino mit Papst Franziskus
Bischof Nun­zio Galan­ti­no mit Papst Franziskus

Cal­ca­g­no war Kar­di­nal und damit im Kon­kla­ve auf Augen­hö­he mit Kar­di­nal Berg­o­glio. Das ver­pflich­te­te und ver­lang­te dem neu­en Papst Rück­sich­ten ab. Galan­ti­no ver­dankt sei­nen Höhen­flug allein Fran­zis­kus. Das Ver­trau­ens­ver­hält­nis ist ein anderes.

Unter Galan­ti­no als APSA-Chef wur­de es ruhi­ger um die Behör­de, weil er weni­ge extro­ver­tiert ist als der Waf­fen­lieb­ha­ber Cal­ca­g­no. Daß sich die APSA durch­ge­setzt hat­te, wur­de auch dar­an klar, daß an der Spit­ze des zahn­lo­sen Wirt­schafts­se­kre­ta­ri­ats heu­te die ehe­ma­li­ge Num­mer zwei der APSA, Msgr. Lui­gi Mistò, steht. Geblie­ben sind aber die „Pro­ble­me“, von denen die Vati­ka­ni­sten Pen­tin und Magi­ster berich­ten, denn die APSA kon­trol­liert sich in der neu­en Kon­stel­la­ti­on Mistò/​Galantino fak­tisch selbst.

Pells Entdeckung

Damit zurück zu Pen­tins Repor­ta­ge im Natio­nal Catho­lic Regi­ster. Jah­re nach den Fra­gen, die Kar­di­nal Pell im Zusam­men­hang mit der APSA auf­ge­wor­fen hat­te, scheint sich nichts in deren Geba­ren geän­dert zu haben. Die APSA ver­wal­tet wei­ter­hin den Immo­bi­li­en­be­sitz und die Finan­zen des Vati­kans nach eige­nem Dafür­hal­ten. Der austra­li­sche Kar­di­nal hat­te den Ver­dacht auf Geld­wä­sche und Betrug geäu­ßert und auf Bank­kon­ten der APSA im Aus­land ver­wie­sen. Vor allem ließ er ver­däch­ti­ge Immo­bi­li­en- und Geld­trans­ak­tio­nen über­prü­fen, bes­ser gesagt, woll­te die­se über­prü­fen las­sen, wozu es nicht mehr kam.

„Fest ent­schlos­sen“, so Pen­tin, Miß­wirt­schaft und dubio­se Geschäfts­prak­ti­ken abzu­stel­len, kon­tak­tier­te Kar­di­nal Pell 2016 austra­li­sche Ban­ker in Lon­don, mit denen er per­sön­lich bekannt war. Über sie woll­te er auf infor­mel­le Wei­se Nähe­res erfah­ren, ohne schla­fen­de Löwen zu wecken. Die kon­tak­tier­ten Ban­ker schätz­ten, daß ein Ver­mö­gen von bis zu 100 Mil­lio­nen Euro auf Kon­ten zwei­er Pri­vat­ban­ken in Luga­no im Schwei­zer Kan­ton Tes­sin lie­gen dürften.

Kar­di­nal Pell beauf­trag­te dar­auf eine Schwei­zer Rechts­an­walts­kanz­lei, zumin­dest von einem der Kon­ten die Kon­to­aus­zü­ge der ver­gan­ge­nen zehn Jah­re zu erhal­ten und sie vom Gene­ral­re­vi­sor des Vati­kans, Libe­ro Milo­ne, begut­ach­ten zu lassen. 

Um die­se Ope­ra­ti­on mög­lich zu machen, muß­te Pell die Erlaub­nis von Papst Fran­zis­kus ein­ho­len. Der habe sie mit sei­ner Unter­schrift ger­ne erteilt, so Pen­tin. Doch die Bank­aus­zü­ge gelang­ten nie auf den Schreib­tisch des Kar­di­nals und auch nicht auf jenen des Gene­ral­re­vi­sors. Statt­des­sen wur­den Pell und Milo­ne 2017 aus dem Vati­kan entfernt. 

Pen­tin beruft sich auf unge­nann­te Quel­len, daß Pells Vor­stoß wahr­schein­lich sabo­tiert wur­de, nach­dem eini­ge Wind von den Unter­su­chun­gen bekom­men hatten. 

„Die Funk­tio­nä­re der APSA brach­ten wie­der­holt die Aus­re­de vor, daß es Schwie­rig­kei­ten bei der Beschaf­fung der genann­ten Infor­ma­tio­nen gebe.“ 

In Wirk­lich­keit „haben sie die­se Kon­ten geschützt“, zitiert Pen­tin eine sei­ner „gut­in­for­mier­ten Quellen“.

Der Groß­teil des Gel­des lie­ge auf Num­mern­kon­ten. Die­se hat­te die Pro­mon­to­ry Finan­cial Group, eines der zahl­rei­chen unter Fran­zis­kus in den Vati­kan geru­fe­nen inter­na­tio­na­len Bera­tungs­un­ter­neh­men im Finanz­dienst­lei­stungs­sek­tor, um bei der „Rei­ni­gung“ der Vati­kan­finan­zen zu hel­fen, als Risi­ko für Geld­wä­sche und Betrug genannt und eine Über­prü­fung empfohlen.

Es wird zwar davon aus­ge­gan­gen, daß die mei­sten Kon­ten seit­her berei­nigt wur­den. Pro­mon­to­ry nann­te aller­dings min­de­stens sechs Kon­ten, die als „poten­ti­ell pro­ble­ma­tisch“ bezeich­net wur­den, zu denen auch heu­te kei­ne Klar­heit herrscht. Da die APSA inzwi­schen das Wirt­schafts­se­kre­ta­ri­at über­nom­men hat, gehen Beob­ach­ter laut Pen­tin davon aus, daß die „ver­däch­ti­gen Kon­ten“ auch wei­ter­hin kei­ner Über­prü­fung unter­zo­gen wer­den. Es ist daher weder bekannt, wie­viel Geld auf die­sen Kon­ten liegt und wem es gehört.

Ver­däch­tig macht sie schon die Tat­sa­che, daß sie „irre­gu­lä­re, inter­na­tio­na­le Bank­num­mer“ haben, was es bereits erschwert, sie über­haupt aus­fin­dig zu machen.

„Bis zu sieben Milliarden“

Laut eini­gen Schät­zun­gen, so Pen­tin, könn­ten auf den Kon­ten der Filia­len zwei­er Schwei­zer Pri­vat­ban­ken in Luga­no „bis zu sie­ben Mil­li­ar­den Euro“ lie­gen. Bei­de Ban­ken ver­wei­gern jede Aus­kunft, wes­halb sie weder die Exi­stenz der Kon­ten bestä­ti­gen noch demen­tie­ren. Eine Spre­che­rin der grö­ße­ren der bei­den Pri­vat­ban­ken, die ihren Sitz in der Deutsch­schweiz hat, bekräf­tig­te am 11. Juli gegen­über dem Natio­nal Catho­lic Regi­ster, daß es strik­te Unter­neh­mens­po­li­tik sei, alles was Kun­den­ver­hält­nis­se betrifft, kate­go­risch nicht zu kom­men­tie­ren. Die zwei­te Pri­vat­bank, ursprüng­lich mit Sitz in der Ita­lie­ni­schen Schweiz wur­de inzwi­schen von der Schwei­zer Finanz­auf­sichts­be­hör­de geschlos­sen. Sie war zwei Jah­re zuvor von einer bra­si­lia­ni­schen Ban­ken­grup­pe über­nom­men wor­den und gehört heu­te zu einer ande­ren Schwei­zer Pri­vat­bank mit Sitz in der Deutschschweiz.

Pen­tin zitiert eine sei­ner Quel­len mit den Worten:

„Mit der Zeit wur­de klar, daß es inner­halb er APSA ein Zen­trum der Kor­rup­ti­on gab, und damit in Zusam­men­hang stan­den die bei­den Ban­ken in Luga­no. Hoch irre­gu­lä­re Trans­ak­tio­nen fan­den über die­se Ban­ken statt.“

Weder Clau­dia Cioc­ca, die im Wirt­schafts­se­kre­ta­ri­at heu­te für die Ermitt­lun­gen zu ver­däch­ti­gen Kon­ten zustän­dig ist, noch Kuri­en­erz­bi­schof Nun­zio Galan­ti­no, der Prä­fekt die­ses Dik­aste­ri­ums, waren gegen­über dem Natio­nal Catho­lic Regi­ster zu Stel­lung­nah­men bereit.

Tom­ma­so Di Ruz­za, Direk­tor der Finanz­auf­sichts­be­hör­de des Vati­kans, die bis 2016 auch über die APSA wach­te, sagt hin­ge­gen, es sei „nicht kor­rekt“ , die­se Kon­ten als „ille­gal“ zu bezeich­nen. Mehr kön­ne er dazu aber nicht sagen. Auf die Fra­ge, ob sei­ne Behör­de sei­ner­zeit auch die­se Kon­ten über­prüf­te, ant­wor­te­te er nicht.

London Kensington

Eine wei­te­re Her­aus­for­de­rung, der sich Kar­di­nal Pell stell­te, war der Ver­such, Trans­pa­renz in den APSA-Immo­bi­li­en­be­sitz im Aus­land zu brin­gen. Pen­tin ver­weist auf ihm vor­lie­gen­de Infor­ma­tio­nen, daß „nur weni­ge APSA-Mit­ar­bei­ter“ die wirk­li­che Dimen­si­on des aus­län­di­schen Immo­bi­li­en-Port­fo­li­os des Vati­kans ken­nen. Der Groß­teil davon wer­de „off the book“ geführt und „ver­trau­lich“ verwaltet.

Den Grund­stock des APSA-Immo­bi­li­en­be­sit­zes bil­de­ten Mit­tel, die dem Vati­kan im Zuge der Late­ran­ver­trä­ge von 1929 von der ita­lie­ni­schen Regie­rung zu lei­sten waren. Sie stel­len eine zumin­dest teil­wei­se Ent­schä­di­gung für die Mas­sen­ent­eig­nung von Kir­chen­be­sitz dar, die vom ita­lie­ni­schen Staat nach der ita­lie­ni­schen Eini­gung von 1870 durch­ge­führt wur­de. Damals wur­de der neue Natio­nal­staat von den kir­chen­feind­li­chen Frei­mau­rern beherrscht, die Rache nah­men und den Ein­fluß der Kir­che besei­ti­gen wollten.

2016 wur­de der von der APSA ver­wal­te­te Immo­bi­li­en­be­sitz auf min­de­stens 800 Mil­lio­nen geschätzt, was im Ver­gleich zu zahl­rei­chen pri­va­ten Immo­bi­li­en­ge­sell­schaf­ten nicht son­der­lich auf­re­gend ist. Dazu gehö­ren aller­dings eini­ge sehr pre­sti­ge­träch­ti­ge Objek­te, dar­un­ter sol­che im Stadt­teil May­fair zwi­schen Hyde Park, Soho und Buck­ing­ham Palace in Lon­don, aber auch in Paris und der Schweiz. Der Immo­bi­li­en­be­sitz in Groß­bri­tan­ni­en wird über die Bri­tish Gro­lux Invest­ments Ltd. ver­wal­tet, die den vati­ka­ni­schen Besitz aller­dings in ihren Regi­stern nicht auf­schei­nen läßt, obwohl im Ver­wal­tungs­rat gleich meh­re­re Mit­glie­der sit­zen, die direkt mit der APSA in Ver­bin­dung stehen.

2015 gab die APSA 100 Mil­lio­nen für den Kauf einer pre­sti­ge­träch­ti­gen Lon­do­ner Immo­bi­lie aus, die 108 Woh­nun­gen und 5.300 Qua­drat­me­ter Geschäfts­flä­che umfaßt. Kar­di­nal Pell hat­te die Zustim­mung zum Kauf ver­wei­gert, weil er „unüber­wind­li­che“ Pro­ble­me sah. Der Kauf der Lon­do­ner Immo­bi­lie in der High Street Ken­sing­ton 176–206 wur­de selbst von APSA-Funk­tio­nä­ren als „Feh­ler“ bezeich­net, weil er auf dem Höhe­punkt einer „Spe­ku­la­ti­ons­bla­se“ auf dem Lon­do­ner Immo­bi­li­en­markt erfolg­te, wie Exper­ten sagen. Zudem war das eng­li­sche Pfund noch sehr stark, bevor es nach dem Brexit-Refe­ren­dum nach­gab. Die Fra­ge steht im Raum, war­um die­ser Kauf den­noch erfolgte.

Pen­tin zitiert noch ande­re Kri­tik, die grund­sätz­li­cher Art ist:

„Es ist zu beto­nen, daß die APSA die von ihr ver­wal­te­ten Immo­bi­li­en nicht für sich zu ver­wal­ten hat, son­dern im Sin­ne der Kir­che. Sie ver­hal­ten sich aber so, als wäre das ihr Eigen­tum, und wenn jemand in ihre Kar­ten schau­en will, um zu sehen, wie sie ver­wal­ten, wird die­se Per­son als Ein­dring­ling gese­hen, selbst wenn er vom Staats­se­kre­ta­ri­at oder dem Wirt­schafts­se­kre­ta­ri­at kommt.“ 

Die APSA ist auch 2019 die ein­zi­ge Insti­tu­ti­on des Vati­kans, die kei­ner wirk­li­chen Kon­trol­le unter­liegt. Der Blick der Öffent­lich­keit rich­tet sich seit dem rei­ße­ri­schen, aber weit­ge­hend wert­lo­sen Skan­dal­buch von David Yal­lop „Im Namen Got­tes?“ (1984) auf die Vatik­an­bank IOR. Der wirk­li­che Besitz des Vati­kans aber wird von der APSA ver­wal­tet, die nur wenig Beach­tung findet.

Ohne Kontrolle

2017 soll­te eine Pre­mie­re statt­fin­den. Das exter­ne Bera­tungs­un­ter­neh­men Pric e Water­hou­se Coo­pers soll­te erst­mals eine unab­hän­gi­ge Über­prü­fung statt­fin­den. Obwohl sie vom Wirt­schafts­se­kre­ta­ri­at unter Kar­di­nal Pell in Auf­trag und mit dem Wirt­schafts­rat des Vati­kans, einem Gre­mi­um von Kar­di­nä­len, abge­spro­chen war, wur­de sie vom Staats­se­kre­ta­ri­at plötz­lich abgesagt.

Das Wirt­schafts­se­kre­ta­ri­at von Kar­di­nal Pell hat­te zu die­sem Zeit­punkt bereits „enor­me Sum­men an Geld“ ent­deckt, die in kei­ner Bilanz ver­zeich­net waren. Ein Gesamt­wert von rund 1,1 Mil­li­ar­den Euro.

Kar­di­nal Ange­lo Becciu, damals Sub­sti­tut des Kar­di­nal­staats­se­kre­tärs und heu­te Prä­fekt der römi­schen Kon­gre­ga­ti­on für die Hei­lig­spre­chungs­ver­fah­ren, erklär­te gegen­über dem  Natio­nal Catho­lic Regi­ster, „kei­ne Kennt­nis“ von den APSA-Kon­ten und APSA-Immo­bi­li­en zu haben. Die Güter­ver­wal­tung habe ihre „Auto­no­mie“, und nicht alle ihre Ope­ra­tio­nen sei­en dem Staats­se­kre­ta­ri­at bekannt. Kar­di­nal Becciu beton­te auch, daß das Staats­se­kre­ta­ri­at zu kei­nem Zeit­punkt sich einer Über­prü­fung durch Pri­ce Water­hou­se Coo­pers wider­setzt habe. Man habe nur „zeit­li­che und the­ma­ti­sche“ Gren­zen fest­le­gen wol­len. Becciu wörtlich:

„Die sind gekom­men und sag­ten, daß sie alles sehen müß­ten. Es war klar, daß das nicht akzep­tiert wer­den konn­te, allein schon wegen der hohen Kosten, die durch eine so umfang­rei­che Ope­ra­ti­on ent­stan­den wären, die vom Wirt­schafts­se­kre­ta­ri­at ver­ein­bart wor­den war, ohne jemand zu konsultieren.“

Da die Ver­ein­ba­rung mit Pri­ce Water­hou­se Coo­pers „ein­ver­nehm­lich“ gewe­sen sei, und auch dort erkannt wur­de, daß die Sache „schlecht geplant“ war, sei es „für alle bes­ser“ gewe­sen, die Sache zu stoppen.

In Wirk­lich­keit, so Pen­tin, wur­de, wie zuver­läs­si­ge Quel­len ver­si­chern, Pri­ce Water­hou­se Coo­pers ein Alter­na­tiv­auf­trag erteilt, um den Ver­lust auszugleichen.

„Personal austauschen“

Pen­tins Quel­len ver­si­chern, daß das erwähn­te „schlech­te Geschäfts­ge­ba­ren“ nur einen Teil der zwei­fel­haf­ten APSA-Akti­vi­tä­ten aus­ma­chen, daß der neue APSA-Prä­fekt, Nun­zio Galan­ti­no, und sein Stell­ver­tre­ter, der Vati­kan­di­plo­mat Erz­bi­schof Edgar Peña Par­ra, aber „Fort­schrit­te“ machen wür­den, die Pro­blem­fel­der aufzuarbeiten.

Pen­tin merkt dazu skep­tisch an:

„Was vie­le Beob­ach­ter, Inspek­to­ren und Bera­ter lie­ber sehen wür­den, wäre ein radi­ka­ler Aus­tausch des Personals.“

Der Vati­ka­nist zitiert dazu sei­ne zwei­te Quelle:

„Es wäre so ein­fach, die Kor­rup­ti­on zu besei­ti­gen: die Per­so­nen aus­wech­seln und die Regeln befolgen.“

Alle Bemü­hun­gen sei­en erfolg­los oder in ihrem Auf­wand, Kon­trol­le und Trans­pa­renz zu errei­chen, im Ver­hält­nis unan­ge­mes­sen, solan­ge die­sel­ben Per­so­nen, die für die „pro­ble­ma­ti­sche Geba­rung“ ver­ant­wort­lich sind, auf ihren Posten blei­ben. Die „alte Gar­de“ müs­se weg, sonst wer­de sich nichts wirk­lich ändern.

Pen­tin und der Natio­nal Catho­lic Regi­ster rich­te­ten Fra­gen zu den Schwei­zer Kon­ten und dem Immo­bi­li­en-Port­fo­lio der APSA nicht nur erfolgs­los an APSA-Chef Galan­ti­no und an Clau­dia Cioc­ca vom Wirt­schafts­se­kre­ta­ri­at. Auch der stell­ver­tre­ten­de APSA-Chef Peña Par­ra und das vati­ka­ni­sche Pres­se­amt reagier­ten nicht auf die Fragen.

War­um dul­det Papst Fran­zis­kus zwei­fel­haf­te APSA-Akti­vi­tä­ten noch immer?

Papst Franziskus mit Erzbischof Peña Parra
Papst Fran­zis­kus mit Erz­bi­schof Peña Parra 

Text: Giu­sep­pe Nardi/​Andreas Becker
Bild: Vati​can​.va (Screen­shots)

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Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

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