Don Bux: Mein Vorschlag an Papst Leo XIV. nach den jüngsten Enthüllungen zu Traditionis custodes

Den Krieg gegen den Alten Ritus haben nicht die Bischöfe entfacht


Don Nicola Bux: Man soll den Mut haben, der Wahrheit der Liturgiereform endlich in die Augen zu schauen
Don Nicola Bux: Man soll den Mut haben, der Wahrheit der Liturgiereform endlich in die Augen zu schauen

Die Ent­hül­lun­gen über das Zustan­de­kom­men des tra­di­ti­ons­feind­li­chen Motu pro­prio Tra­di­tio­nis cus­to­des wer­fen einen dunk­len Schat­ten auf das Pon­ti­fi­kat von Fran­zis­kus.
Fran­zis­kus war als ideo­lo­gisch moti­vier­ter Geg­ner des über­lie­fer­ten Ritus bekannt; nun aber steht er im Ver­dacht, als Intri­gant und – hor­ri­bi­le dic­tu – als Lüg­ner gehan­delt zu haben. Könn­te damit bereits das ent­schei­den­de Wort über das gespro­chen sein, was der­einst von Fran­zis­kus in Erin­ne­rung blei­ben wird?
Noch schwer­wie­gen­der erscheint, daß sich kaum jemand dar­über ernst­lich zu wun­dern scheint.

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Inzwi­schen hat auch der bekann­te Lit­ur­gie­wis­sen­schaft­ler Don Nico­la Bux, ein Freund Bene­dikts XVI., zum Skan­dal Stel­lung genom­men. Ste­fa­no Chiap­pa­lo­ne von La Nuo­va Bus­so­la Quo­ti­dia­na führ­te ein Inter­view mit Don Bux, der soeben gemein­sam mit Save­r­io Gaeta das Buch „Die Lit­ur­gie ist kein Spek­ta­kel“ ver­öf­fent­licht hat. Die­ses befaßt sich ein­ge­hend mit jenem Fra­ge­bo­gen, den Fran­zis­kus den Bischö­fen welt­weit zum über­lie­fer­ten Ritus über­mit­telt hat­te – und der nun im Mit­tel­punkt des jüng­sten Skan­dals steht.

NBQ: War es also nicht die Mehr­heit der Bischö­fe, die ein Ende der tra­di­tio­nel­len Mes­se forderte?

Don Nico­la Bux: Am mei­sten über­rascht war Papst Bene­dikt, wie wir aus dem Buch von Msgr. Gäns­wein „Nichts als die Wahr­heit“ wis­sen. Auch für vie­le ande­re war es über­ra­schend, daß die Bischö­fe der Welt angeb­lich so nega­tiv gegen­über Sum­morum Pon­ti­fi­cum ein­ge­stellt waren, einem Akt, der in Wirk­lich­keit einen lit­ur­gi­schen Frie­den wie­der­her­ge­stellt hat­te, wie ihn Bene­dikt XVI. ange­strebt hat­te, und gleich­zei­tig einem kost­ba­ren, jahr­tau­sen­de­al­ten Erbe Gerech­tig­keit wider­fah­ren ließ. Man ver­steht zudem nicht, war­um über­all die Tra­di­ti­on wie­der­ent­deckt wird, selbst in der Gastro­no­mie („tra­di­tio­nel­le Küche“), dies aber nicht für die Lit­ur­gie gel­ten soll. Ganz zu schwei­gen vom rei­chen Erbe der öst­li­chen Riten, das kürz­lich von Leo XIV. betont wurde.

NBQ: Tra­di­tio­nis cus­to­des wur­de auch mit angeb­li­chen anti-kirch­li­chen Hal­tun­gen begrün­det. Doch beim Lesen der Ant­wor­ten der Bischö­fe ent­steht der Ein­druck, daß es sich um Ein­zel­fäl­le han­del­te, die kei­ne Abschaf­fung von Sum­morum Pon­ti­fi­cum rechtfertigen…

Don Nico­la Bux: Es ist immer schwie­rig, den Sen­sus Eccle­siae und den Sen­sus Fidei des Vol­kes zu ana­ly­sie­ren. Man könn­te auch eine Unter­su­chung über alle machen, die die Mes­se in der for­ma ordi­na­ria besu­chen, ob sie ein Gespür für die Kir­che haben, ob sie im Ein­klang mit der Kir­che über Glau­bens- und Moral­wahr­hei­ten den­ken. Wir wis­sen genau, daß das nicht immer der Fall ist. Dem außer­or­dent­li­chen Ritus einen „ver­zerr­ten Kir­chen­sinn“ zuzu­wei­sen ist daher nicht kor­rekt. Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten hat es über­all gege­ben – auch im pro­gres­si­sti­schen Umfeld (man den­ke an den Hol­län­di­schen Kate­chis­mus) –, aber das ist kein guter Grund, Men­schen aus der Kir­che auszuschließen.

NBQ: Eini­ge Bischö­fe erken­nen im Fra­ge­bo­gen posi­ti­ve Wir­kun­gen des alten Ritus, auch für die Fei­er des neu­en. Wäre ein Ver­bot dann nicht ein Ver­lust für alle, nicht nur für ein­zel­ne Gruppen?

Don Nico­la Bux: Natür­lich. Wenn die ordent­li­che Form oder Novus Ordo – der von sei­nen Anhän­gern als Wei­ter­ent­wick­lung der alten Form prä­sen­tiert wird – laut Bene­dikt XVI. „Ver­for­mun­gen bis an die Gren­ze des Erträg­li­chen“ (7. Juli 2007) erfah­ren hat, bedeu­tet das doch offen­sicht­lich, daß er einer Wie­der­her­stel­lung des Myste­ri­ums bedurf­te, das in den öst­li­chen Lit­ur­gien wie auch im Alten Ritus stark prä­sent ist. Auch ortho­do­xe Chri­sten, die gele­gent­lich dem soge­nann­ten außer­or­dent­li­chen Ritus oder Vetus Ordo bei­woh­nen, zei­gen sich tief beein­druckt. Als Ken­ner der byzan­ti­ni­schen Lit­ur­gie kann ich sagen: Wenn es einen Ritus gibt, der dem byzan­ti­ni­schen sehr ähnelt, dann ist es der alte römi­sche Ritus. War­um also eine Ver­bin­dung kap­pen, die zudem dem Dia­log mit den Chri­sten des Ostens sehr gut­tut? Ich erin­ne­re nur dar­an, daß bei Ver­öf­fent­li­chung des Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum der dama­li­ge Mos­kau­er Patri­arch Ale­xi­us II. Papst Bene­dikt gra­tu­lier­te, weil er sag­te: Nur durch die Wie­der­ge­win­nung gemein­sa­mer Wur­zeln, Tra­di­tio­nen und Lit­ur­gien kön­nen sich die Chri­sten wie­der annähern.

NBQ: Wel­che Aus­wir­kun­gen hat­te Tra­di­tio­nis cus­to­des bislang?

Don Nico­la Bux: Ich den­ke, die Aus­wir­kun­gen waren ins­ge­samt nicht so dra­stisch. Sicher­lich hat der Gehor­sam, der Bischö­fe und Prie­ster kenn­zeich­nen soll­te, die Ver­brei­tung der Zele­bra­ti­on des Alten Ritus ver­lang­samt – aber ihn kaum stop­pen kön­nen. Die Rea­li­tät der Tra­di­tio ist wie ein Fluß, der sich mit dem Flie­ßen anrei­chert. Wenn wir aber die­sen Reich­tum des Glau­bens, des Gebets, der Lit­ur­gie, den wir emp­fan­gen haben, ableh­nen – wie kön­nen wir dann erwar­ten, daß sich neue Gene­ra­tio­nen der katho­li­schen Kir­che wie­der annä­hern? Schau­en wir auf die jun­gen Men­schen, die an tra­di­tio­nel­len Wall­fahr­ten teil­neh­men, wie Paris–Chartres oder Cova­don­ga in Spa­ni­en, und auf ande­re, die bereits im Ent­ste­hen sind. Es bleibt zu hof­fen, daß man end­lich jene Ideo­lo­gie auf­gibt, die sich an die Ekkle­sio­lo­gie und die Lit­ur­gie anhef­tet, denn die Kir­che ist stets eine Wirk­lich­keit von oben, das himm­li­sche Jeru­sa­lem, das zu uns her­ab­kommt – nicht etwas, das wir „machen“. Papst Bene­dikt hat stets dar­auf bestan­den: Die Lit­ur­gie ist nicht das Ergeb­nis unse­res frei­en Wil­lens – weder von Prie­stern noch Bischö­fen, nicht ein­mal des Pap­stes und des Apo­sto­li­schen Stuhls. Denn auch der Papst steht unter dem Wort Got­tes – und somit unter der Tra­di­ti­on, die die­ses Wort in zwei Jahr­tau­sen­den an die heu­ti­ge Gene­ra­ti­on wei­ter­ge­ge­ben hat.

NBQ: Des­halb beginnt Ihr neu­es Buch mit einem Exkurs zur Mes­se im Lauf der Jahrhunderte?

Don Nico­la Bux: Genau – um zu zei­gen, wenn auch in not­wen­di­ger Kür­ze, daß das, was wir beken­nen, aus apo­sto­li­scher Tra­di­ti­on stammt – nicht aus der Erfin­dung ein­zel­ner. Im Buch woll­ten wir die Bewer­tung des Fra­ge­bo­gens in ihren ange­mes­se­nen Kon­text stel­len und mit den jüng­sten Ent­wick­lun­gen abschlie­ßen: von Sum­morum Pon­ti­fi­cum über Tra­di­tio­nis cus­to­des bis hin zu einem Appell an den Papst.

NBQ: Es ist noch zu früh, um zu wis­sen, wie Leo XIV. sich ver­hal­ten wird – aber was ist für die Zukunft des „lit­ur­gi­schen Frie­dens“ zu hoffen?

Don Nico­la Bux: Man muß den Weg der „Reform der Reform“ wie­der auf­neh­men – in dem Sinn, wie Bene­dikt XVI. ihn ver­stand: Aus­ge­hend von der Fest­stel­lung, daß die Lit­ur­gie­re­form nicht wirk­lich durch­ge­star­tet ist, oder nur sehr nied­rig geflo­gen ist, sodaß sie Ver­for­mun­gen, Will­kür, Mes­sen auf Matrat­zen usw. zuge­las­sen hat. Das des­halb, weil sie nicht mit kano­ni­schen Nor­men und Sank­tio­nen „abge­si­chert“ wur­de – obwohl Sacro­sanc­tum Con­ci­li­um dazu sehr klar war und mahn­te, daß nie­mand – „auch wenn er Prie­ster ist“ – aus eige­ner Initia­ti­ve etwas an der Lit­ur­gie hin­zu­fü­gen, ent­fer­nen oder ver­än­dern darf (Art. 22,3).
Fra­gen wir uns doch, was in die­sen sech­zig Jah­ren tat­säch­lich gesche­hen ist, und begin­nen wir neu zu stu­die­ren, wie es lief. Ich mache dem Papst und dem Prä­fek­ten für den Got­tes­dienst einen direk­ten Vor­schlag: Man soll den Mut haben, die Doku­men­te des Con­si­li­um [zur Aus­füh­rung der Lit­ur­gie­kon­sti­tu­ti­on] einer Über­prü­fung zu unter­zie­hen, das Paul VI. zur Durch­füh­rung der Lit­ur­gie­re­form ein­ge­setzt hat­te, oder die Memoi­ren von Lou­is Bouy­er, einem der bedeu­tend­sten Sach­ver­stän­di­gen, die dar­an betei­ligt waren, zu lesen. Man soll den Mut haben, der Wahr­heit ins Auge zu sehen. Und dann wie­der auf­he­ben, was zu Boden gefal­len ist – nicht durch Zwang, son­dern mit der Geduld der Lie­be. Um Augu­sti­nus zu zitie­ren: die abge­schnit­te­nen Zwei­ge wie­der ein­pfrop­fen.
Das ist die Arbeit, die ich als „Reform der Reform“ bezeich­ne – ohne ideo­lo­gi­schen Anspruch, son­dern als Tat­sa­che, als respekt­vol­len Dia­log, der sicher nicht von heu­te auf mor­gen gesche­hen kann. In der Zwi­schen­zeit las­sen wir die bei­den ritu­el­len For­men „gären“ – wie es ein Groß­teil der Bischö­fe im Fra­ge­bo­gen for­der­te und wie es Sum­morum Pon­ti­fi­cum sich erhoff­te.
Wenn Jesus vom wei­sen Schrift­ge­lehr­ten spricht, der aus sei­nem Schatz Neu­es und Altes her­vor­holt – nova et vete­ra –, dann ist nicht zu ver­ste­hen, war­um wir das nicht auch für den gro­ßen tra­di­tio­nel­len Schatz der Lit­ur­gie tun dürfen.

Einleitung/​Übersetzung: Giu­sep­pe Nar­di
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