Die nicht mehr verliebte Braut. Gedanken zum Heiligen Jahr 2025

Klarstellungen 13


Jesus Christus
Jesus Christus

Von Msgr. Dr. Mari­an Eleganti*

Ich begin­ne mit einer Vor­be­mer­kung: Syn­oda­li­tät im Sin­ne von Bera­tung und gegen­sei­ti­gem Hin­hö­ren und Ernst­neh­men, im Sin­ne von gegen­sei­ti­ger Aner­ken­nung der eige­nen, gott­ge­ge­be­nen Posi­ti­on (Amt und Cha­ris­ma) ist für mich eine Selbst­ver­ständ­lich­keit. Dar­um geht es mir im Fol­gen­den nicht, weil unbe­strit­ten. Um was es mir geht, ist Folgendes:

Die Kirche in unserer Gegenwart verhält sich nicht wie eine in JESUS CHRISTUS verliebte Braut.

Ich mei­ne mit «Kir­che» nicht ein­zel­ne Gläu­bi­ge, auf die der Vor­wurf nicht zutrifft, son­dern feh­len­de Aspek­te in der offi­zi­el­len Ver­kün­di­gung der Kir­che von heu­te auf allen Ebe­nen. Die Kir­che will eine dia­log­freu­di­ge, inklu­si­ve, ler­nen­de und in all ihren Posi­tio­nen fle­xi­ble und flui­de, nie­man­den und nichts ver­ur­tei­len­de Kir­che sein, geschwei­ge denn eine, die es bes­ser weiss oder die Wahr­heit kennt. «Flui­di­tät» in allen Berei­chen und Posi­tio­nen ist ihr Kenn­zei­chen. Des­halb sol­len alle Fest­le­gun­gen in ihr in einem stän­di­gen Pro­zess und grund­sätz­lich revi­dier­bar sein. Nichts ist für immer. «Pro­zess» ist in ihr ein ande­res Wort für «Hei­li­ger Geist». Die ent­spre­chend pro­pa­gier­te «neue Offen­heit» heisst «Syn­oda­li­tät».

Noch ein­mal: Auf­fal­lend ist, dass die syn­oda­le Kir­che sehr wenig von JESUS CHRISTUS spricht, aber viel über alles Mög­li­che (Ande­res): Dar­un­ter ihre eige­nen Orga­ni­sa­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­for­men, ihre geist­li­chen Tools und ihre Struk­tu­ren, Fra­gen nach der eige­nen Defi­ni­ti­ons­macht im kirch­li­chen Betrieb. Auch hier heisst das Zau­ber­wort «Syn­oda­li­tät», in die­sem Kon­text ein Syn­onym für eine abge­flach­te Hier­ar­chie zwi­schen Lai­en und Ordi­nier­ten. Die Beto­nung liegt auf dem all­ge­mei­nen Prie­ster­tum der Getauf­ten wie schon ein­mal aus den glei­chen Grün­den in der Reformationszeit.

Die­se Kir­che redet mit allen, was zu begrü­ssen ist, und will alle bedin­gungs­los ein­schlie­ssen. Sie betrach­tet ganz gene­rell und unter­schieds­los alle Men­schen als Kin­der Got­tes, unab­hän­gig von Reli­gi­on und Kon­fes­si­on. Sie zeigt sich ihnen gegen­über bei der Zusa­ge des Heils bedin­gungs­los, egal, wie sie leben oder was sie glau­ben. Kon­kret aber führt nach Evan­ge­li­um und apo­sto­li­scher Tra­di­ti­on kein Weg zum Heil an JESUS CHRISTUS vor­bei. Und das soll­ten wir ver­kün­den, nicht ein­fach dar­auf ver­trau­en. JESUS CHRISTUS selbst kennt jeden­falls Zulas­sungs­be­din­gun­gen für das Reich Got­tes, allen vor­an den Glau­ben an IHN, den SOHN GOTTES. Von einer Gefahr für das ewi­ge Heil in die­sem Sinn spricht die Kir­che heu­te nicht mehr, auch nicht bei Begräb­nis­sen und im inter­re­li­giö­sen Kon­text. Für die zurück­lie­gen­den 2000 Jah­re Kir­chen­ge­schich­te aber war dies die Fra­ge aller Fra­gen und das Haupt­au­gen­merk der Ver­kün­di­gung: «Das Heil aber kommt durch JESUS CHRISTUS!» Man hofft unter­schieds­los und zuver­sicht­lich, dass der Ver­stor­be­ne bzw. alle Men­schen in den Frie­den Got­tes ein­ge­hen, egal, wie sie gelebt haben, oder was geglaubt oder nicht geglaubt, geliebt oder bekämpft haben, even­tu­ell auch mit Gewalt. Die aus­drück­li­che Ableh­nung JESU CHRISTI erscheint als kein Pro­blem oder als eines, das post­mor­tal posi­tiv ent­schie­den wird, auch bei Men­schen, die ande­ren Reli­gio­nen anhän­gen. Nur Mis­sio­na­re wie der Hl. Franz Xaver woll­ten noch See­len ret­ten und mög­lichst vie­le Men­schen tau­fen bzw. dadurch retten.

Die­se Kir­che bie­tet vie­les an. Sie ist pasto­ral offen. Aber sie redet nicht mehr von JESUS CHRISTUS als Ant­wort auf alles, als «GOTT von GOTT, Licht vom Licht, wah­rer Gott vom wah­ren Gott, gezeugt, nicht geschaf­fen, eines Wesens mit dem VATER» (Glau­bens­be­kennt­nis). An die­ser Stel­le rum­pelt es nun gewal­tig im Mind­set der Ver­tre­ter der Kir­che der Gegen­wart bzw. Zukunft. Man hört sol­ches Bekennt­nis nicht aus ihrem Mund (mei­ne beschei­de­ne Wahr­neh­mung). Besten­falls wird es irgend­wie noch geglaubt, wohl eher nicht oder mit gewal­ti­gen Abstri­chen oder Dome­sti­zie­run­gen die­ses Skan­da­lons. Ad extra, z. B. im inter­re­li­giö­sen Dia­log, hört man nichts davon. Dafür erfährt man sozi­al, psy­cho­lo­gisch, pasto­ral und inter­re­li­gi­ös leicht Verdauliches.

Es geht vor allem um «Menschsein».

JESUS CHRISTUS ist für die­se Art von Chri­sten eine von meh­re­ren Lösun­gen, besten­falls die bevor­zug­te Opti­on, aber nicht die ein­zig gül­ti­ge, unum­stöss­li­che, aus­schliess­li­che und unab­ding­ba­re, um zu Gott, zur Wahr­heit und in (die­ser) Wahr­heit zu sich selbst zu gelan­gen (Roma­no Guar­di­ni) oder bes­ser aus­ge­drückt: um geret­tet zu wer­den! Ob die­se Getauf­ten und sehr häu­fig im kirch­li­chen Dienst Ste­hen­den vom Gott­sein JESU CHRISTI und von Sei­ner Abso­lut­heit bzw. von sei­ner All­ge­mein­gül­tig­keit (hier mei­ne ich nicht Näch­sten­lie­be und Mit­mensch­lich­keit, son­dern har­te Wahr­heits­an­sprü­che) wirk­lich tief über­zeugt sind, bezwei­fe­le ich oft. Man spürt und liest wenig­stens nichts davon.

Eigent­lich müss­te die Kir­che zur Welt nur von JESUS CHRISTUS reden. Etwas Ande­res, Bes­se­res, hat sie in der Tat nicht anzu­bie­ten. Davon liest man wenig in ihren jüng­sten Doku­men­ten. Statt IHN jedem Men­schen­herz vor­zu­stel­len als das Leben schlecht­hin; als Licht, das alles in sei­nem Leben erleuch­tet und ins Licht bringt; als Sal­be, die jeden Schmerz lin­dert und heilt; als die Wahr­heit, die alle angeht; als kon­kre­ten Gott, neben dem es kei­nen ande­ren gibt; als sicht­ba­ren Gott, der jeden Men­schen anre­det und ihn um Ein­lass in Sein Leben und in Sein Herz bit­tet; als Erfül­lung schlecht­hin; als ein­zi­gen Weg zum Heil; als Erlö­ser und Ver­ge­bung unse­rer Sün­den – die Liste ist lang –ver­kün­det sie «Syn­oda­li­tät», für jene, um die es in ihrer Mis­si­on zu den Völ­kern in erster Linie geht, defi­ni­tiv kein Thema.

Die Kir­che der Gegen­wart spielt die Kar­te, die alle auf dem Tisch lie­gen­den sticht und ein­streicht, nicht mehr aus. Sie wirft alle mög­li­chen, neu geschaf­fe­nen Kar­ten ins Spiel, um Mit­spie­ler oder sol­che, die es wer­den möch­ten oder aus dem Spiel aus­ge­stie­gen sind, weil sie mei­nen, schlech­te Kar­ten zu besit­zen, ein­zu­be­zie­hen. Aber sie gewinnt kei­ne ein­zi­ge Run­de. Ande­re räu­men ab. Das Chri­sten­tum – und das ist JESUS CHRISTUS (Roma­no Guar­di­ni) – ver­dun­stet und wird mehr­heit­lich nicht mehr wei­ter­ge­ge­ben, wenig­stens bei uns.

War­um? Weil die Spie­ler in JESUS CHRISTUS weder ver­liebt noch im exklu­si­ven Sinn von ihm über­zeugt sind. Weil sie JESUS CHRISTUS nicht mehr für die Trumpf­kar­te hal­ten, die all ande­ren schlägt. Inter­re­li­gi­ös wird sie heu­te sowie­so nicht mehr ausgespielt.

Die Spie­ler unter­hal­ten sich über ande­res. Haupt­sa­che, man ist geschwi­ster­lich bei­sam­men und ver­sucht, mit­ein­an­der im Spiel bzw. im Dia­log zu blei­ben. Jeder darf sich ein­brin­gen. Die Regeln wer­den in der Kir­che gera­de neu ver­han­delt, um gegen­über Anders­gläu­bi­gen und Anders­den­ken­den oder «Ander­ska­tho­li­schen» (eine Wort­neu­schöp­fung von Bischof Bät­zing) nicht mit Sie­ger­al­lü­ren oder Ver­wer­fun­gen aufzuwarten.

Das Spiel aber wird ver­lo­ren auf­grund der beschrie­be­nen Grün­de. Es liegt an der Trumpf­kar­te, die nicht aus­ge­spielt wird, aus wel­chen Grün­den auch immer. Haupt­sa­che, man bleibt im Spiel, aller­dings zum Scha­den der Betei­lig­ten. Exklu­si­ve Regeln (bzw. Wahr­hei­ten), die den Aus­schluss von Spie­len­den und Mit­spie­len­den bedeu­ten wür­den, wer­den von allen Sei­ten nicht ein­ge­hal­ten und als über­holt ange­se­hen. So etwas hat es bis jetzt noch nie gege­ben; aber es geschieht vor unse­ren Augen. «Apo­ca­lyp­se now!» Ein Blick in den Kate­chis­mus der Katho­li­schen Kir­che (11. Okt. 1992) wür­de allen helfen.

«Kei­ner kommt zum VATER ausser durch MICH!» gilt immer noch.

*Msgr. Mari­an Ele­gan­ti OSB, pro­mo­vier­ter Theo­lo­ge, war von 1999 bis 2009 Abt der Bene­dik­ti­ner­ab­tei St. Otmars­berg im Kan­ton Sankt Gal­len, dann von 2009 bis 2021 Weih­bi­schof der Diö­ze­se Chur. Bischof Ele­gan­ti betreibt einen eige­nen Blog.

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1 Kommentar

  1. Schon das 2. Vati­ka­ni­sche Kon­zil war ein Bruch mit der Hei­li­gen Schrift, indem von den drei abra­ha­mi­ti­schen Reli­gio­nen gespro­chen wur­de. „Wahr­lich, wahr­lich, ich sage euch: „Eher Abra­ham war, bin ich.“ Joh 8, 58. Wenig von dem im Kon­zil beschlos­sen wur­de, steht im Ein­klang mit der Hl. Schrift. Nost­ra Aet­a­te: „Mit Hoch­ach­tung betrach­tet die Kir­che auch die Mus­lim, die den allei­ni­gen Gott anbe­ten, den leben­di­gen und in sich sei­en­den, barm­her­zi­gen und all­mäch­ti­gen, den Schöp­fer des Him­mels und der Erde.“ Hier­zu Sure 19, 89–90 und 43,82 sowie 3,86. ste­hen im kla­ren Wider­spruch zur Leh­re der Hl. Schrift. Offen­ba­rung 22, 20

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