Von Msgr. Marian Eleganti*
Die Akzeptanz des römisch-katholischen, päpstlichen Jurisdiktionsprimats durch die anderen Christen als Kriterium für seine Gültigkeit und Legitimität zu sehen und das Papsttum entsprechend (neu, anders) zu verstehen oder auszuüben als bisher, ist meines Erachtens falsch.
Es kann nicht darum geben, das Petrusamt so lange herabzustufen, bis es für möglichst viele getrennte Christen akzeptabel wird, aber nicht mehr das ist, was es nach dem Willen Christi zu sein hat. Das Kriterium ist also, ob es in seiner jetzigen Gestalt diesem Willen und der Wahrheit des Evangeliums entspricht, eine Stiftung durch Christus (also göttlichen Rechts) bleibt, und ob seine Entwicklung und Dogmatisierung im Laufe der Zeit im Heiligen Geist erfolgte oder nicht. Wir waren immer davon überzeugt, dass der Hl. Geist die Kirche in die volle Wahrheit führt und sie in der Wahrheit erhält, weshalb sie als unfehlbar gilt. Deshalb glauben wir in der Professio Fidei auch an die Kirche zusammen mit dem Heiligen Geist. Ausserdem liegt eine unfehlbare Dogmatisierung des Petrusamtes vor. Insofern kann die Beantwortung der Frage, worin das Petrusamt besteht, und wie es ausgeübt wird (vor allem, ob es für alle Christen jurisdiktionell verbindlich ist oder nicht) kein Ergebnis von Verhandlungen sein, die nach dem grössten oder kleinsten gemeinsamen Nenner suchen. Das Eigentliche, das bisher Erreichte, nämlich das, was Christus wollte, kann nicht wieder ahistorisch zur Disposition gestellt werden nach dem Motto «Zurück an den Start!». Die Wahrheit bzw. der Wille Gottes, nicht der Konsens mit den getrennten Brüdern, muss hier den Ausschlag geben. Die Frage ist von grundsätzlicher Natur. Sie rührt an die Wurzeln der röm.-kath. Ekklesiologie: Hat sich das Papsttum in der röm.-katholischen Kirche authentisch und unter der Führung des Hl. Geistes entwickelt bis zur Dogmatisierung durch das Vatikanum I, oder sieht man mit den anderen christlichen, kirchlichen Gemeinschaften und Denominationen diese Entwicklung im Wesentlichen als eine Fehlentwicklung an und als eine Überfremdung des Evangeliums, als ein Abrücken von der durch Christus gestifteten und ursprünglich gewollten Urform des Petrusamtes? Das ist für die Kirche eine Frage von Sein und Nichtsein, eine fundamental ekklesiologische Frage, nämlich nach dem Wo bzw. der Verortung der einen, wahren und sichtbaren Vollgestalt der Kirche Christi. Kurz: Wo ist (existit) die eine, wahre und sichtbare Kirche Christi? Die römisch-katholische Antwort darauf kennen wir: die römisch-katholische Kirche. Es gibt aus unserer Sicht auch nach dem Vatikanum II keine andere und wird es auch nicht geben. Da aber werden die anderen «Kirchen» sicher nie zustimmen. Sie sind ja aus diesem Grund von uns – mindestens jurisdiktionell – sichtbar getrennt.
Wenn man die Entwicklung des kirchlichen Amtes seit den Tagen der Apostel als ein Kontinuum sieht, das vom Heiligen Geist inspiriert und geführt wurde, kann man diese Entwicklung bis zu den Spitzenaussagen über das Petrusamt des Ersten Vatikanischen Konzils nicht rückabwickeln auf angeblich einfachere Vorstufen, auf denen andere Kirchen und christliche Denominationen stehen geblieben oder von ihnen überhaupt abgekommen sind, weil sie aufgrund ihres diesbezüglichen Dissenses mit dem römisch-katholischen Verständnis von Kirche im Allgemeinen und dem universalen Jurisdiktionsprimat des Bischofs von Rom im Besonderen nicht einverstanden waren und bei ihrem diesbezüglichen Dissens geblieben sind.
Damit stellt sich – wie bereits gesagt – die Grundfrage nach der wahren und sichtbaren Kirche und ihrer Unteilbarkeit, jene Kirche, die Christus gemeint hat, auf Petrus, dem Felsen, gegründet hat, und die an Pfingsten in Jerusalem ihre Geburtsstunde erlebt hat und im Lauf der Zeit sich selbst treu geblieben ist. Das Zweite Vatikanische Konzil beantwortete diese Frage mit seinem problematischen und erklärungsbedürftigen «subsistit in». Die Konzilsväter waren zwar immer noch davon überzeugt, dass die römisch-katholische die sichtbare Vollgestalt der Kirche Christi ist (existit), haben aber diesen unaufhebbaren Anspruch semantisch verwedelt (subsistit), um mehr inklusiv und weniger exklusiv aufzutreten, keine Gefühle zu verletzen und die gültigen Elemente der Wahrheit und sakramentalen Strukturen der von ihr getrennten Christen anzuerkennen und ins Licht zu rücken.
Nun will man diese Büchsen in einem neuen Anlauf wieder aufmachen und die Lehrentwicklung und Ämtertheologie, insbesondere in Bezug auf das Petrusamt und seine Ausübung, wieder in Frage stellen. Die Richtung soll synodal oder biblisch-evangelisch sein, das Menschliche in dieser komplexen Wirklichkeit vom Göttlichen getrennt werden, damit das Papsttum in neuer Akzeptanz und in einer neuen Form seines Selbstverständnisses und seiner Ausübung erscheint. Das ist ekklesiologisch bedenklich. Etwas salopp und mit anderen Worten: «Vergesst die Dogmatisierung des römischen Jurisdiktionsprimates auf dem Vatikanum I und kehrt in die Reformationszeit, ins erste Jahrtausend oder überhaupt in die apostolische Zeit zurück! Relativiert jene dogmatischen Spitzenaussagen eines ökumenischen Konzils des lateinischen Westens als eine seiner kulturellen Besonderheiten, die in seiner ganzen jurisdiktionellen Zuspitzung nur für die lateinische Kirche gilt! Gebt dieses spaltende Joch auf, das der römische Papst ex sese (aus sich selbst) und nicht ex consensu (aufgrund der Zustimmung einer Mehrheit) nicht allen Christen auferlegen kann. Ein Einheitsamt wird gewollt, aber synodal, d. h. mehrheitsfähig und nur verbindlich, wenn die Mehrheit der Beteiligten (das sind alle Christen) eine Sache so entschieden hat: der Papst als Moderator und Synodenleitung, mehr nicht, bestenfalls als glaubwürdiger Zeuge, dem natürlich auch widersprochen wird. Wie gut bzw. wie schlecht das funktioniert, kann man gerade bei den getrennten Brüdern sehr gut sehen (vgl. Anglikanismus). Wir verstehen nun, weshalb der Titel «Patriarch des Westens» als Attribut des römischen Papstes wieder eingeführt wurde, nachdem Benedikt XVI. ihn fallen gelassen hatte! Ist das ein Gewinn? Ich persönlich halte es für einen Rückschritt und für eine in Bezug auf das Petrusamt bedenkliche Selbstaufhebung der römisch-katholischen Lehrentwicklung, die in unserer Frage immer schon Stein des Anstosses war und zwar nicht nur aufgrund des moralischen Versagens von Päpsten, sondern viel grundsätzlicher und theologischer bzw. kirchenpolitischer. Nun neu zu behaupten, das Papsttum sei göttlichen und menschlichen Rechts, um durch letztere Ergänzung vor allem seine jurisdiktionelle Ausübung historisch-kritisch relativieren zu können, bedeutet für mich, nicht an die Kirche als göttliche Institution zu glauben. Noch einmal: «Ich glaube an den Heiligen Geist, die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche». Letztere ist in der Frage des Petrusamtes eindeutig römisch und bildet im Symbolum mit dem Heiligen Geist ein «iunctim» (eine Einheit). Dies in Frage zu stellen, bedeutet nach römisch-katholischem Verständnis der Dogmenentwicklung die Unfehlbarkeit der Kirche Christi im Allgemeinen und des Papstes im Besonderen (bestimmte Bedingungen vorausgesetzt) in Frage zu stellen.
Ich denke abschliessend, dass auf diese diskursiv-synodale Weise auch in dieser Frage mit den getrennten Christen keine Kirche zu machen ist, so wenig wir diesbezüglich in der Vergangenheit mit ihren Verwerfungen (vgl. die Reformationszeit) auf einen grünen Zweig gekommen sind. Eine Rückkehrökumene (aus Sackgassen kommt man nur durch Umkehr) darf es ja erklärtermassen nicht geben, obwohl die ganze Wahrheit es meiner Meinung nach verlangen würde. Man könnte auch von Wiedervereinigung sprechen. Aber eine solche müsste in der Wahrheit erfolgen, und nicht als eine Form des Ehrenprimates des römischen Papstes eine weiterhin auseinanderdriftende Christenheit weiss übertünchen, die de facto und jurisdiktionell sichtbar getrennt bleibt und auch nicht in wesentlichen, ekklesiologischen und dogmatischen Fragen zu einem Konsens gelangt. Die regionale Umsetzung des gemeinsamen Glaubens (ist er das?) würde weiterhin (wie bisher) differieren. Denken wir nur an die kirchlichen Gemeinschaften aus dem Protestantismus. Nein, der durch das neue Dokument vorgeschlagene Weg ist für mich eine «Fata morgana» sui generis, die ins Chaos führt oder das bereits Bestehende absegnet. Mit diesem Statement bin ich natürlich definitiv «aussen vor». Man muss die Frage im eigenen Gewissen entscheiden. So wie Jesus pessimistisch (?) oder realistisch angekündigt hat, dass es Kriege immer geben wird, so wird der Dissens in der Christenheit in Fragen wie dem Petrusamt und anderen leider eine Realität bleiben, ganz zu schweigen von der pastoralen Praxis (die sog. «Lebenswirklichkeit» der «Kirchen») aufgrund ihres anderen Amts- und Sakramentenverständnisses. Wir bleiben Sünder, und der neue Vorschlag bzw. die neue Diskussionsgrundlage ist nicht mehr als ein kraftloser Kohäsionsversuch, aber keine Einheit in der unteilbaren Wahrheit, die für alle gilt. Für uns ist diese Wahrheit ganz klar römisch-katholisch, oder wollt Ihr behaupten, dass die röm.-katholische Kirche von der Wahrheit Christi und von Seinem Willen im 19. Jahrhundert auf dem Vatikanum I mit seiner Dogmatisierung des universalen Jurisdiktionsprimates des Papstes (ex sese non ex consensu) abgekommen ist? Dabei ging es doch gerade um die Unfehlbarkeit!
*Msgr. Marian Eleganti OSB, der promovierte Theologe war von 1999 bis 2009 Abt der Benediktinerabtei St. Otmarsberg im Kanton Sankt Gallen, dann von 2009 bis 2021 Weihbischof der Diözese Chur.
Bild: Christus übergibt Petrus die Schlüssel von Perugino (1481), Sixtinische Kapelle (Wikicommons)
Ja, genau so ist es, und genau das ist das Problem dieses Pontifikates.
Enttäuschend ist auch, dass Kardinal Koch sich als weniger zuverlässig entpuppt, als ich gedacht hätte. Offensichtlich sägt er ebenso an den Fundamenten der Kirche wie Kardinal Kasper. Wer glaubt, die Kirche sei nur von „links“ unter Beschuss, der irrt. Offensichtlich sind mittlerweile fast alle Würdenträger bereit, der Synodalitäts-Häresie nachzulaufen und ihr die Kirche zu opfern. Umso wichtiger ist es, die Wahrheit klar zu bekennen: Es IST eine Häresie, die die Kirche in ihren Fundamenten erschüttert und der Papst selbst ist es, dem wir dies verdanken.
Woher die Langmut von Seiner Exzellenz Bischof Marian? Gegenüber den grössten Irrtümern heisst es nicht bloss „falsch“, sondern ruhig auch „ausgeschlossen“, „böswillig“ und „vom Gegner des Heiligen Geistes gemacht“!
Erzbischof Marcel Lefebvre hatte recht und wird recht behalten! Das Zweite Vatikanische Konzil ist absoluter Unfug und gehört verworfen! Nur Kirchenaustritte, Verwässerung des Glaubens, Besserwisserei, Modernismus und Häresie hat dieser Blödsinn gebracht! Katholiken die die wahre Katholische Lehre nicht mehr kennen und eine Gutmenschen-Wohlgfühl-Kirche hat die Amtskirche hervorgebracht!
Wir müssen zurück zu unseren Traditionen! Ohne Gott nur Chaos und Leid!
Eine Ökumene ohne Wahrheit, ohne die schon immer überlieferte christliche, katholische Wahrheit, ist keine Ökumene, sondern Selbstbetrug und Schwindel.
Kardinal Koch hat scharf „zurückgeschossen“. Das zeigt ja wie recht Bischof Eleganti hat.
Das Ziel der Gottlosen, der Agenda 2030 ist die Welteinheitsreligion mit dem Papst als „Oberhaupt“ – und wir sehen jetzt die weiteren Schritte dorthin. Peter Hahne hat es deutlich gesagt „Die verlassenen Altäre werden von Dämonen bewohnt“ Wir müssen Ninive werden. Nur Umkehr, Sühne, Buße werden das Verlassen der Altäre stoppen und rückgängig machen und der Welt mehr Frieden bringen, denn weniger Sünden verringern die Macht Satans und seiner Dämonen. Die Kirche hat sich hochmütig und freiwillig der Hilfe des Heiligen Erzengels Michael entledigt. Rufen wir den Heiligen Erzengel Michael wieder nach jeder Heiligen Messe an.
Weibischof Marian Eleganti geht gedanklich zurück zum Ursprung der katholischen Kirche und ihrer Gründung durch Jesus Christus. Der Herr selbst hat dem Apostel Simon den Beinamen Petrus – der Fels – gegeben und ihn beauftragt, auf eben diesen Felsen SEINE KIRCHE zu errichten, auch wenn man heutzutage vorzugsweise anstatt Kirche lieber von „Gemeinschaft“ spricht. Da ist es natürlich auch viel unverfänglicher, von „kirchlichen Gemeinschaften“ zu reden. Aber das diesbezügliche Herrenwort steht nun mal in der Einzahl, denn sonst müsste man davon ausgehen, dass Jesus von vornherein die gegenwärtig kaum mehr überschaubare und sich vielfach widersprechende Vielfalt gewollt hätte. Dagegen aber spricht nicht zuletzt das Herrenwort: „Damit sie alle eins seien“ (Joh. 17,21). Die r.-k.-Kirche führt den Primatsanspruch des Papsttums über die Gesamtkirche denn auch auf die Tradition zurück, dass Petrus der erste Bischof von Rom gewesen sei und Christus dem Petrus und dieser den auf ihn folgenden Bischöfen von Rom einen Vorrang als Leiter, Lehrer und Richter aller Christen gegeben hat. Wäre dem nicht so, würde die Kirche sich schon längst total aufgesplittert haben oder gleich gar nicht mehr existieren.
Wer also fest an das Wirken des Hl. Geistes seit dem hohen ersten Pfingstereignis glaubt, kann eigentlich gar nicht anders, als die kath. Kirche als die einzig wahre Kirche zu sehen, die seit 2000 Jahren vom Geist Gottes verbindlich geleitet und geführt wird. Denn dann wäre natürlich auch die Jurisdiktionsgewalt des römischen Papstes reine Illusion, da sich im Streitfall kaum eine der diversen Denominationen daran halten würde. Und den Papst lediglich als segnenden, winkenden, huldvoll lächelnden Mann in Weiß zu betrachten wäre schlichtweg zu banal und zudem viel zu aufwendig. Denn schließlich ist der Papst auch der Stellvertreter Christi auf Erdern – auch wenn Franziskus jüngst diesen Titel großzügig, wie er nun mal ist, abgelegt hat. Auch dies geschah natürlich, wie so vieles bei Bergoglio, aus purer Berechnung heraus.
(Übrigens: Ich bin kein Theologe. Was ich hier von mir gegeben habe, beruht einzig und allein auf meinem eigenen Sensus fidei.)