Die Dekonstruktion des Priesters und der Frau

Klarstellungen 12


Die Berliner Sankt-Hedwigs-Kathedrale: Eine Kirche ohne Chorraum.
Die Berliner Sankt-Hedwigs-Kathedrale: Eine Kirche ohne Chorraum.

Von Msgr. Dr. Mari­an Eleganti*

Wie Papst Bene­dikt gegen­über Peter See­wald erzähl­te, woll­te Hans Küng schon in den 60er Jah­ren eine Kir­che, in wel­cher die Lai­en glei­ches Stimm­recht hät­ten wie Bischö­fe und Prie­ster (Mit­be­stim­mung). Er ver­stand die Kir­che syn­odal als demo­kra­ti­sche «Rats­ver­samm­lung» (Con­ci­li­um). Der Begriff in Klam­mer bil­de­te die Vor­la­ge für die gleich­na­mi­ge Zeit­schrift. Dar­auf ant­wor­te­ten kon­ser­va­ti­ve­re Theo­lo­gen mit der Zeit­schrift «Com­mu­nio», wel­che die Kir­che nicht demo­kra­tisch von unten als sozio­lo­gi­sches Gebil­de (Ratsversammlung/​Concilium) ver­stand, son­dern sakra­men­tal (von oben) von der Hl. Eucha­ri­stie her als hier­ar­chisch geord­ne­te Com­mu­nio von Unglei­chen, aber gleich Wür­di­gen. Allein auf­grund die­ser Erin­ne­run­gen kann man leicht erse­hen, wie wenig neu der Gedan­ke ega­li­tä­rer Ver­hält­nis­se zwi­schen Lai­en und Kle­ri­kern in syn­oda­len Ver­samm­lun­gen und Räten (deli­be­ra­ti­ve Mit­be­stim­mung) ist. 

Wie schon bei Luther wird die­se Form der Syn­oda­li­tät mit der Tau­fe begrün­det. Sie gilt höher als die Wei­he. Dadurch aber wird die Sache nicht bes­ser, denn die Dekon­struk­ti­on des sakra­len Wei­he­prie­ster­tums schrei­tet damit unge­bremst vor­an. Ohne Prie­ster aber wird es kei­ne Kir­che geben. Bis zu ihrem Ver­schwin­den in bestimm­ten Welt­re­gio­nen wird der Prie­ster zwi­schen­zeit­lich zum (blo­ssen) Vor­ste­her einer lit­ur­gi­schen Ver­samm­lung her­ab­ge­stuft und zum Mode­ra­tor von Seel­sor­ge­teams oder zum Koor­di­na­tor von Räten, Kom­mis­sio­nen und Grup­pen gemacht. Vie­ler­orts hat er auch die­se Auf­ga­ben bereits dele­giert. Gleich­zei­tig sprin­gen Lai­en auf die von ihm geräum­ten Plät­ze, statt ihren Platz in der Gesell­schaft ein­zu­neh­men. Sie seg­nen Grä­ber, wäh­rend Prie­ster und Bischof andäch­tig und untä­tig dane­ben­ste­hen. Der kle­ri­ka­li­sier­te Laie, der auf­grund sei­ner theo­lo­gi­schen Exper­ti­se nicht mehr als Laie, son­dern als Seel­sor­ger bezeich­net wer­den will, über­nimmt ohne Wei­he die Auf­ga­ben, die der Prie­ster auf­grund der Wei­he aus­übt, eine Ent­wick­lung, die bereits Ende der 70er abseh­bar war, als man den Beruf des Pasto­ral­as­si­sten­ten ein­ge­führt hat­te. Damit ver­bun­den ist eine fort­schrei­ten­de Ent­sa­kra­li­sie­rung der Hl. Mes­se zum «Grup­pen­er­leb­nis» und «The­men­got­tes­dienst». Das sog. Mess­op­fer ist zum Fremd­wort gewor­den, denn es setzt einen geweih­ten Prie­ster vor­aus, der es dar­brin­gen kann. Statt­des­sen haben wir weit­ver­brei­te­te Wort­lit­ur­gien von haupt­amt­li­chen Lai­en mit Kom­mu­ni­ons­pen­dung, die kei­ne Wei­he vor­aus­set­zen, nur einen unsicht­ba­ren Prie­ster, der vor­gän­gig die Hosti­en kon­se­kriert hat. Auf­grund der genann­ten Grün­de gibt es immer weni­ger von ihnen. Die Mar­gi­na­li­sie­rung des Prie­sters schrei­tet vor­an, so sehr, dass man auf dem syn­oda­len Weg in Deutsch­land sei­ne Not­wen­dig­keit ernst­haft in Fra­ge gestellt hat.

Das führt uns zum zwei­ten Punkt: Hans Urs v. Bal­tha­sar schrieb schon in den 70er Jah­ren: «Wenn heu­te die­se frucht­ba­re Span­nung erlahmt (zw. maria­ni­schem und petri­ni­schem Ele­ment. Erg. ME), weil die Mario­lo­gie ihrer Stel­lung beraubt wird, und wenn die Frau im Zuge der Demo­kra­ti­sie­rung der Kir­che in die hier­ar­chi­schen Ämter hin­ein­drängt, so wird sie damit nur aus dem Regen in die Trau­fe gera­ten. Die nach­kon­zi­lia­re Kir­che hat ihre mysti­schen Züge weit­ge­hend ein­ge­büsst; sie ist eine Kir­che der per­ma­nen­ten Gesprä­che, Orga­ni­sa­tio­nen, Bei­rä­te, Kon­gres­se, Syn­oden, Kom­mis­sio­nen, Aka­de­mien, Par­tei­en, Pres­si­ons­grup­pen, Funk­tio­nen, Struk­tu­ren und Umstruk­tu­rie­run­gen, sozio­lo­gi­schen Expe­ri­men­te, Sta­ti­sti­ken: mehr als je eine Män­ner-Kir­che, es sei denn ein geschlechts­lo­ses Gebil­de, in dem die Frau ihren Platz so weit erobern wird, als sie bereit ist, sel­ber ein sol­ches zu wer­den.» (Klar­stel­lun­gen, Ein­sie­deln 2008, 5. Aufl. S. 70). Wie Recht er hat! Das ist des­halb so, weil die Frau sich büro­kra­ti­sie­ren lässt, um inner­halb der Hier­ar­chie der Kir­che bis zu vati­ka­ni­schen Spit­zen­äm­tern das zu tun, was vor­her ein Kle­ri­ker (Bischof/​Priester) getan hat. Damit wird sie im Sin­ne Bal­tha­sars geschlechts­los und zur Funk­tio­nä­rin, wenig mystisch, aber glück­lich, an der Macht des Man­nes in der Kir­che teil­zu­ha­ben. Die Kir­che wird dadurch nicht femi­ni­ner, auch nicht die­nen­der. Für eine femi­ni­ne Kir­che müss­te die Frau in ihr anders leben als der Mann, mysti­scher, ohne nach den bis­her von ihm aus­ge­üb­ten Auf­ga­ben bzw. Funk­tio­nen zu stre­ben. Das­sel­be gilt auch für den (haupt­amt­li­chen) Lai­en, der ohne Wei­he alles wie der Prie­ster tun und sein will. Auch er ver­liert sein eige­nes Cha­ris­ma und ver­fehlt sei­nen Stand. Nun trifft man also die Frau auf allen hier­ar­chi­schen Ebe­nen der Macht (in unse­rem Kon­text die fal­sche Kate­go­rie), im Sin­ne Bal­tha­sars ein Vor­gang der Selbst­ent­frem­dung der Frau und der Kir­che in einem. In der Tat hängt bei­des zusam­men. Man staunt, wie blind alle Betei­lig­ten sind. In den Ordi­na­ria­ten bei­spiels­wei­se gibt es nun die Kanz­le­rin und alle mei­nen, es gehe damit mit der Kir­che und der Frau­en­fra­ge vor­an. Wir war­ten nun auf die Dia­ko­nin­nen, gegen­über der Mehr­heit der Frau­en in der Kir­che eine poten­zi­el­le, für die Stel­lung der Frau in der Kir­che nicht wirk­lich rele­van­te, abseh­bar klei­ne Grup­pe. Aber noch sind wir nicht so weit. Ich für mei­nen Teil glau­be sogar, dass es sie nie geben wird, aber viel­leicht eine Art unge­weih­te, bene­di­zier­te «Dia­ko­nis­se», die prie­ster­li­che Funk­tio­nen oder Auf­ga­ben über­tra­gen bekommt, ohne Prie­ste­rin bzw. geweih­te Dia­ko­nin zu sein, ähn­lich den Weih­rauch­s­pen­de­rin­nen im neu­en Maya-Ritus.

Sym­bo­lisch gespro­chen wird der Turm von Pisa nicht mehr gera­de. Es liegt an sei­nen Fun­da­men­ten. Mit ande­ren Wor­ten: Wir haben seit 60 Jah­ren den fal­schen Ansatz, den strukturellen.

*Msgr. Mari­an Ele­gan­ti OSB, pro­mo­vier­ter Theo­lo­ge, war von 1999 bis 2009 Abt der Bene­dik­ti­ner­ab­tei St. Otmars­berg im Kan­ton Sankt Gal­len, dann von 2009 bis 2021 Weih­bi­schof der Diö­ze­se Chur. Bischof Ele­gan­ti betreibt einen eige­nen Blog.

Bild: Autor


Die bis­he­ri­gen Klar­stel­lun­gen von Bischof Eleganti:

Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!

 




 

3 Kommentare

  1. komisch! Die Frau­en stre­ben angeb­lich nach kirch­li­chen Ämtern, aber ihre urei­gen­ste Beru­fung zur Mut­ter­schaft wird als dis­kri­mi­nie­rend empfunden?
    Wel­cher Teu­fel steckt denn da dahinter?

    • Das ist der ideo­lo­gi­sche Femi­nis­mus etwa nach Ali­ce Schwar­zer (die auch von den bei­den Pädo­phi­len und wis­sen­schaft­li­chen Betrü­gern Alfred Kin­sey und John Money zitier­te, sie­he auch Judith Reis­man aus den USA zu die­sen bei­den und der Gen­der Ideo­lo­gin Judith But­ler als Begrün­de­rin des Gen­der-Main­strea­ming) und Simo­ne DeBe­au­voir. Sie­he auch Kla​ge​mau​er​.TV aus der Schweiz zu Gen­der und Genderismus.

  2. Die neue Hed­wigs-Kathe­dra­le ist sowas wie die deut­sche Not­re-Dame. Aller­dings steht sie nicht für den Glau­ben einer Nati­on, son­dern für deren radi­ka­len Glau­bens­ver­lust, und der drückt sich in der gesam­ten Gestal­tung des Innen­raums aus. Was fehlt ist das Katho­li­sche – und der Herr­gott fehlt im Grun­de auch. Hier geht es nur noch um ein Rin­gel­rein, um einen „Stuhl­kreis“ und viel­leicht um eine „Mahl­ge­mein­schaft“ – aber auch die ist nicht katho­lisch. Viel­leicht täte der neu­en Hed­wigs-Kathe­dra­le das Schick­sal von Not­re Dame eben­falls gut, und das Glei­che gilt wohl für die Kir­che in Deutsch­land: Nur wenn sie bis auf die Grund­mau­ern nie­der­brennt, kann sie viel­leicht neu erste­hen und zum katho­li­schen Glau­ben fin­den. Gewiss: Auch über die Innen­ge­stal­tung von Not­re Dame lässt sich strei­ten, aber die Auf­lö­sung alles Katho­li­schen bie­tet sie sicher nicht.

Kommentare sind deaktiviert.