Synodalismus und Gremienkatholizismus

Klarstellungen 1


Gremienflut in der Kirche. Wann aber entscheidet der Bischof aber noch etwas selbst vor Gott für das ihm anvertraute Bistum? Ist die Synodalität apostolisch?
Gremienflut in der Kirche. Wann aber entscheidet der Bischof aber noch etwas selbst vor Gott für das ihm anvertraute Bistum? Ist die Synodalität apostolisch?

Von Msgr. Mari­an Eleganti*

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Jeder Bischof hat auf­grund mei­ner eige­nen Erfah­rung Ein­sitz [Mit­glied­schaft] in 10–20 Gre­mi­en (Räte, Kon­fe­ren­zen, Foren, Aus­schüs­se, Kom­mis­sio­nen, Arbeits­grup­pen, Fach­grup­pen, Prä­si­di­en, Ver­ei­ne etc. etc.). In die­sen Grup­pie­run­gen wer­den in immer wie­der ande­ren Zusam­men­set­zun­gen zu einem gro­ssen Teil die glei­chen Geschäf­te und The­men ver­han­delt und durch­ge­he­chelt. Dazu kom­men für den Bischof vie­le Gesprächs­ter­mi­ne, Got­tes­dien­ste, Visi­ta­tio­nen und vie­les ande­res mehr: sum­ma sum­ma­rum ein Over­kill an Ter­mi­nen! Fra­ge: Wann ent­schei­det ein Bischof eigent­lich noch etwas selbst in sei­ner urei­ge­nen Ver­ant­wor­tung vor Gott für das ihm anver­trau­te Bistum? 

In den mei­sten Fäl­len folgt er Mehr­heits­ent­schei­den, die in den ange­führ­ten Gre­mi­en oder im Back­of­fice der Geld­ge­ber (wenig­stens in der Schweiz) getrof­fen wer­den. All die­se Gre­mi­en sind weit­ge­hend gemisch­te Gre­mi­en: Lai­en, Kle­ri­ker, Exper­ten, Frau­en und Män­ner neh­men dort Ein­sitz und machen hier ihren Ein­fluss gel­tend. Trotz­dem haben die Lai­en immer noch das Gefühl, nicht mit­ent­schei­den zu kön­nen. Nun wird die­ser Appa­rat syn­odal wei­ter auf­ge­bläht. Die Bischö­fe eilen wie der Ham­ster im Rad von Ter­min zu Ter­min, von Sit­zung zu Sit­zung. Die Struk­tu­ren hal­ten sie auf Trab. Stun­den und Tage ver­brin­gen die Akteu­re die­ses Gre­mi­en­ka­tho­li­zis­mus am Sit­zungs­tisch. Ein Blick in die Agen­den genügt, um sich davon zu über­zeu­gen, dass ich hier aus Erfah­rung spre­che und nicht übertreibe.

Nun also sind zu den bereits bestehen­den Räten die syn­oda­len auf dem Pro­gramm, in denen unter­schieds­los auch Lai­en kir­chen-lei­ten­de Kom­pe­ten­zen erhal­ten oder aus­üben sol­len. Emsig wird an einem Regel­werk gear­bei­tet, das schon jetzt abseh­bar die sakra­men­ta­le Struk­tur der Kir­che und ihrer Lei­tung unter­gräbt. Beteue­run­gen des Gegen­teils sind wenig über­zeu­gend. Die Pro­zess­ord­nung der letz­ten Syn­ode spricht dagegen.

Ist die­se Syn­oda­li­tät apo­sto­lisch? Nein. Sie ist es nicht. Bewe­gen wir uns noch auf dem Boden des jüng­sten Kon­zils? Nein, wir tun es nicht. Wir erin­nern uns:

  • Das II. Vati­ka­ni­sche Kon­zil lehrt in der Dog­ma­ti­schen Kon­sti­tu­ti­on „Lumen Gen­ti­um“ (LG) über die Bischö­fe: „Als Glie­der des Bischofs­kol­le­gi­ums und recht­mä­ssi­ge Nach­fol­ger der Apo­stel sind sie auf­grund von Chri­sti Stif­tung und Vor­schrift zur Sor­ge für die Gesamt­kir­che gehal­ten“ (23).
  • Das Kon­zil lehrt über die Bischö­fe, dass sie an Got­tes Stel­le der Her­de vor­ste­hen, deren Hir­ten sie sind: als Leh­rer in der Unter­wei­sung, als Prie­ster im hei­li­gen Kult, als Die­ner in der Lei­tung (LG 20).
  • Das Kon­zil lehrt über die Bischö­fe, dass sie „auf­grund gött­li­cher Ein­set­zung an die Stel­le der Apo­stel als Hir­ten der Kir­che getre­ten sind. Wer sie hört, hört Chri­stus, und wer sie ver­ach­tet, ver­ach­tet Chri­stus und ihn, der Chri­stus gesandt hat“ (LG 20).
  • Das Kon­zil lehrt über die Bischö­fe, dass die Bischofs­wei­he mit dem Amt der Hei­li­gung auch die Ämter der Leh­re und der Lei­tung über­trägt. (LG 21). In kano­ni­sches Recht über­setzt: „Allein Kle­ri­ker kön­nen Ämter erhal­ten, zu deren Aus­übung Wei­he­ge­walt oder kirch­li­che Lei­tungs­ge­walt erfor­der­lich ist“ (CIC, c. 274).
  • Das Kon­zil lehrt über die Bischö­fe, dass nur sie authen­ti­sche, mit der Auto­ri­tät Chri­sti aus­ge­rü­ste­te Leh­rer sind (LG 25) und dass sie die Ver­wal­tung der Sakra­men­te mit ihrer Auto­ri­tät ord­nen. (LG 26).
  • Das Kon­zil lehrt über die Bischö­fe, dass sie die ihnen zuge­wie­se­nen Teil­kir­chen als Stell­ver­tre­ter und Gesand­te Chri­sti durch Rat, Zuspruch, Bei­spiel, aber auch in Auto­ri­tät und hei­li­ger Voll­macht lei­ten und dass ihnen die­se Gewalt, die sie im Namen Chri­sti per­sön­lich aus­üben, als eige­ne, ordent­li­che und unmit­tel­ba­re Gewalt zukommt. (LG 27).
  • Das Kon­zil lehrt über die Bischö­fe, dass sie zusam­men mit dem Papst und unter sei­ner Auto­ri­tät das Werk Chri­sti, des ewi­gen Hir­ten, durch alle Zei­ten fort­set­zen. «Daher sind die Bischö­fe durch den Hei­li­gen Geist, der ihnen mit­ge­teilt wor­den ist, wah­re und authen­ti­sche Leh­rer des Glau­bens, Prie­ster und Hir­ten gewor­den» (Chri­stus Domi­nus 2).
  • Das Kon­zil lehrt über die Bischö­fe, dass aus den ver­schie­de­nen Gegen­den der Erde aus­ge­wähl­te Bischö­fe dem ober­sten Hir­ten der Kir­che in einem Rat, der die Bezeich­nung «Bischofs­syn­ode» trägt, wirk­sam bei­ste­hen. (CD 5)
  • Das Kon­zil hält am wesen­haf­ten, nicht gra­du­el­len Unter­schied zwi­schen dem gemein­sa­men Prie­ster­tum der Gläu­bi­gen und dem Prie­ster­tum der Bischö­fe und Prie­ster fest. (LG 10).
  • Das Kon­zil lehrt über die Lai­en, dass sie zur Mit­ar­beit mit dem Apo­sto­lat der Hier­ar­chie beru­fen – und von der Hier­ar­chie zu gewis­sen kirch­li­chen Ämtern her­an­ge­zo­gen wer­den kön­nen, die geist­li­chen Zie­len die­nen (LG 33).

Auf­grund die­ser Vor­ga­ben hält das kano­ni­sche Recht fest, dass zur Über­nah­me von Lei­tungs­ge­walt, die es auf­grund gött­li­cher Ein­set­zung in der Kir­che gibt und die auch Juris­dik­ti­ons­ge­walt genannt wird, nur die­je­ni­gen befä­higt sind, die die hei­li­ge Wei­he emp­fan­gen haben, Lai­en aber bei der Aus­übung die­ser Gewalt nach Mass­ga­be des Rech­tes mit­wir­ken kön­nen. (CIC, can. 129 § 1 und § 2).

Die­se Mit­wir­kung bedeu­tet aber nicht, dass die bischöf­li­che Lei­tungs­voll­macht durch eine Art Gewal­ten­tei­lung bei der Lei­tung der Kir­che kraft eines ega­li­tä­ren Stimm­rechts auf Lai­en aus­ge­dehnt wird, die zusam­men mit den Bischö­fen in den syn­oda­len Räten Ein­sitz neh­men und mit letz­te­ren auf Augen­hö­he am Sit­zungs­tisch gemein­sam ent­schei­den (Mehr­heits­ent­schei­de). Damit wird näm­lich nicht nur den Boden des Kon­zils ver­las­sen, son­dern auch die Apo­sto­li­zi­tät und Sakra­men­ta­li­tät des Lei­tungs­am­tes unter­mi­niert und durch eine Art syn­oda­len Par­la­men­ta­ris­mus neu­tra­li­siert (sog. Gewal­ten­tei­lung). Die Fol­gen sind abseh­bar. Im kirch­li­chen Osten weiss man das. Nur im latei­ni­schen Westen wird wei­ter­hin gezündelt.

*Msgr. Mari­an Ele­gan­ti OSB war von 1999 bis 2009 Abt der Bene­dik­ti­ner­ab­tei St. Otmars­berg im Kan­ton Sankt Gal­len, dann von 2009 bis 2021 Weih­bi­schof der Diö­ze­se Chur.

Bild: Syn­oda­ler Weg (Screen­shot)

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