Mit erhöhtem Tempo: Kardinal Fernández erneut von Papst Franziskus empfangen

Die Schwäche


Die genaue Analyse der handgeschriebenen Antwort von Franziskus an einen jungen Homosexuellen besagt nicht genau das, was dieser und die Medien verbreitet haben. Doch im Ernst: Es ist nicht Teil einer ehrlichen, klaren und konsequenten Unterweisung, daß Gläubige und Hörer anschließend Wortanalyse betreiben müssen, um die eigentliche Aussage des Papstes hinter der offensichtlichen herauszufilten.
Die genaue Analyse der handgeschriebenen Antwort von Franziskus an einen jungen Homosexuellen besagt nicht genau das, was dieser und die Medien verbreitet haben. Doch im Ernst: Es ist nicht Teil einer ehrlichen, klaren und konsequenten Unterweisung, daß Gläubige und Hörer anschließend Wortanalyse betreiben müssen, um die eigentliche Aussage des Papstes hinter der offensichtlichen herauszufilten.

(Rom) Die fre­ne­ti­schen Akti­vi­tä­ten zwi­schen Papst Fran­zis­kus und sei­nem Haupt­pro­te­gé Vic­tor Manu­el „Tucho“ Kar­di­nal Fernán­dez gehen weiter.

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Seit dem Amts­an­tritt sei­nes Ghost­wri­ters und Lieb­lings­pro­jekts bei der För­de­rung auf der Kar­rie­re­lei­ter als Prä­fekt des Glau­bens­dik­aste­ri­ums im ver­gan­ge­nen Sep­tem­ber setz­te eine mas­si­ve Stei­ge­rung der Akti­vi­tä­ten zwi­schen San­ta Mar­ta und dem Hei­li­gen Offi­zi­um ein. Die Pro­jek­te, Ankün­di­gun­gen und Doku­men­te sprie­ßen aus allen Poren, gera­de so, als hät­te es Fran­zis­kus eilig. Sieht er sich selbst im End­spurt? Oder ist der Taten­drang sei­nes jün­ge­ren Adla­tus für die höhe­re Fre­quenz ver­ant­wort­lich? Wohl bei­des zusammen.

Die zahl­rei­chen Audi­en­zen, die Fran­zis­kus sei­nem Glau­bens­prä­fek­ten gewährt, der als pein­lich­ste Beset­zung in der gan­zen Geschich­te die­ses Amtes gilt, wer­den von kri­ti­schen Beob­ach­tern mit Miß­trau­en gese­hen. Die jüng­sten Doku­men­te des Glau­bens­dik­aste­ri­ums, die nicht zu über­zeu­gen ver­mö­gen, haben unab­sicht­lich zumin­dest ihre abschrecken­de Wir­kung nicht verfehlt.

Heu­te vor­mit­tag eröff­ne­te Fran­zis­kus die neue Arbeits­wo­che mit einem wei­te­ren Besuch von Kar­di­nal Fernán­dez in San­ta Mar­ta. Wie das vati­ka­ni­sche Pres­se­amt mit­teil­te, war Tucho Fernán­dez sogar der ein­zi­ge Besu­cher, der von Fran­zis­kus heu­te emp­fan­gen wur­de. Das Kir­chen­ober­haupt kon­zen­triert sich dem­nach auf das Wesent­li­che: die zahl­rei­chen Plä­ne und Pro­jek­te für Para­dig­men­wech­sel, Ände­run­gen, Neue­run­gen und den Anstoß irrever­si­bler Pro­zes­se. Allein die Ver­wir­rung, die seit dem Amts­an­tritt von Kar­di­nal Fernán­dez in Sachen Homo-Häre­sie pro­vo­ziert wur­de, ist von erschüt­tern­der Trag­wei­te – für die Betrof­fe­nen, vor allem jun­ge Män­ner, die sich zum Prie­ster­tum beru­fen füh­len, wie auch für die Kir­che insgesamt.

Aus­schlag­ge­bend dafür ist die offen­sicht­lich feh­len­de Bereit­schaft von Fran­zis­kus, sich dem Kul­tur­kampf zu stel­len, der den Gläu­bi­gen und der Kir­che von außen auf­ge­drängt wird. Es ist die Wei­ge­rung von Fran­zis­kus, den Men­schen, Gläu­bi­gen wie Ungläu­bi­gen, das zu geben, was sie sich vom Papst und der Kir­che erwar­ten dür­fen: eine kla­re Ori­en­tie­rung. So ver­schwim­men die Ebe­nen und vor allem die Inhal­te in einem römi­schen mis­cuglio (Ver­mi­schung) aus Aus­klam­me­rung und Überbetonung.

Geschieht die­ses Spiel absicht­lich oder ist die Kon­flikt­scheu einem Cha­rak­ter­de­fi­zit geschul­det? Dar­über, vor allem die Gewich­tung, wird seit 2013 in gro­ßem Stil gerät­selt. Man­che Beob­ach­ter wer­fen ein, daß sich die­se Scheu recht ein­sei­tig zei­ge, nur Rich­tung links, also eben kei­ne Fra­ge der Per­sön­lich­keit, son­dern bewußt der Inhal­te ist. Ein berech­nen­des Ele­ment scheint dabei jeden­fallss unleug­bar zu sein, denn Fran­zis­kus ach­tet peni­bel dar­auf, sich nicht fest­na­geln zu las­sen. Er sen­det Signa­le an eine kir­chen­fer­ne Welt aus, die ihm Applaus sichern, aber die Leh­re der Kir­che in der Wahr­neh­mung auf den Kopf stel­len. Er kal­ku­liert dabei offen­sicht­lich bewußt die Tat­sa­che mit ein, daß die wört­lich aus­ge­sand­te Bot­schaft eine Sache, die in der Welt rezi­pier­te Bot­schaft etwas ganz ande­res sein kann. Die Öff­nung für Homo-Seg­nun­gen ist ein Para­de­bei­spiel. Sie kam bei den Haupt­adres­sa­ten, den inter­es­sier­ten homo­phi­len Krei­sen, auf eine recht ein­deu­ti­ge Wei­se an. So war das gewollt. Anschlie­ßend begann ein pein­li­cher, teils gro­tes­ker Eier­tanz mit Rela­ti­vie­run­gen und Ein­schrän­kun­gen, die aber nur mehr das enge­re „Kir­chen­per­so­nal“ erreich­ten und inter­es­sier­ten. Was bleibt, ist jener homo­phi­le Teil des Kle­rus, der sich bestärkt fühlt und sei­nen homo-häre­ti­schen Weg beschleu­nigt fort­setzt. Und was noch bleibt, sind Män­ner (um die es hier kon­kret geht), die vom Papst höchst­selbst sich auf ihren Abwe­gen unter­stützt sehen.

Für jene, die Fran­zis­kus genau des­halb fest­na­geln wol­len, wer­den jedoch die Restrik­tio­nen nach­ge­scho­ben, ein­schließ­lich einer rät­sel­haf­ten „außer­lit­ur­gi­schen“ Seg­nung von maxi­mal 15 Sekun­den Dauer. 

Genau nach dem­sel­ben Muster voll­zog sich auch das Aus­bü­geln des Schwuch­tel-Sagers von Fran­zis­kus Anfang Juni. Am 28. Mai erhielt Fran­zis­kus den Brief jenes jun­gen Man­nes, der homo­se­xu­ell ist und wohl blei­ben wird, denn eine kri­ti­sche Selbst­re­fle­xi­on läßt sich sei­nem mehr­sei­ti­gen Schrei­ben nicht ent­neh­men. Die­ses ist viel­mehr im Gay-Pri­de-Geist geschrie­ben. Die Wahr­neh­mung der Welt redu­ziert sich auf den eige­nen ver­meint­li­chen „Opfer­sta­tus“ und das Bekla­gen einer angeb­li­chen Dis­kri­mi­nie­rung. Die­sem jun­gen Mann ant­wor­te­te der Papst am 1. Juni, der zugleich auch, welch ein Zufall, der erste Tag des „Homo-Monats“ Juni ist. Wer an sol­che Zufäl­le glaubt, ist, mit Ver­laub, ein wenig naiv. Das hand­ge­schrie­be­ne Bil­let wur­de erwar­tungs­ge­mäß an die Medi­en wei­ter­ge­reicht und von die­sen und dem jun­gen Mann sogleich als Gegen­stück zur Schwuch­tel­aus­sa­ge gefeiert.

Liest man genau, was Fran­zis­kus mit sei­ner etwas unle­ser­li­chen Hand­schrift zu Papier brach­te, lie­ße sich bis zu einem bestimm­ten Punkt auch das Gegen­teil behaup­ten. Dem­nach klopf­te der Papst dem jun­gen Mann auf die Schul­ter, ermu­tig­te und bestärk­te ihn, sei­nen Weg wei­ter­zu­ge­hen, aber es fin­det sich kein aus­drück­li­ches Wort, daß er dies als Semi­na­rist tun sol­le oder kön­ne. Fran­zis­kus spricht von einem Weg und Platz „in der Kir­che“. In der haben ja, so Fran­zis­kus, „alle, alle, alle“ Platz.

Alles wie gehabt? Hat der Papst den jun­gen Mann also doch rich­tig bera­ten und belehrt? Nein, hat er nicht. Fran­zis­kus hat nur eine noch brei­te­re Stra­ße der Ver­wir­rung hin­ter­las­sen, als sie nach elf Jah­ren sei­nes Pon­ti­fi­kats ohne­hin schon vor­han­den war. 

Mit kei­nem Wort unter­weist er den jun­gen Mann, und mit die­sem welt­weit ande­re Män­ner mit homo­se­xu­el­len Nei­gun­gen, mit oder ohne den Ein­druck einer Prie­ster­be­ru­fung. Fran­zis­kus hat schon wie­der die Chan­ce einer ehr­li­chen Kom­mu­ni­ka­ti­on und wahr­heits­ge­treu­en Ver­kün­di­gung ver­tan, die einer ech­ten väter­li­chen Unter­wei­sung, die der Lie­be für den Sün­der, aber der Ver­ach­tung und der Zurück­wei­sung der Sün­de. Er tut, was er schon als Erz­bi­schof von Bue­nos Aires tat: Er mei­det jeden Kon­flikt mit dem herr­schen­den Zeitgeist.

Der Welt fehlt es an Sün­den­be­wußt­sein, wes­halb sich selbst Katho­li­ken mehr vom Welt­geist lei­ten las­sen als von der Leh­re der Kir­che. So machen selbst Gläu­bi­ge der Kir­che die ihr von Gott geof­fen­bar­te Wahr­heit zum Vor­wurf. Fran­zis­kus trägt nichts zur Ent­wir­rung bei, indem er nie im tra­di­tio­nel­len Sinn von Sün­de, Buße und Umkehr spricht. Viel­mehr för­dert er die Unklar­heit, indem er sowohl die Sün­de, durch Ein­füh­rung „neu­er Sün­den“ wie „Mafia“ und „Öko­sün­den“, als auch die Umkehr, durch die Ver­bie­gung zur „öko­lo­gi­schen Umkehr“, neu defi­niert und damit demontiert.

Wer ernst­haft gräbt, stößt seit 2013 auf ein sich wie­der­ho­len­des Sche­ma. Fran­zis­kus gefällt sich im Applaus der Welt. Er ver­fügt dabei über ein aus­ge­präg­tes Sen­so­ri­um für den lin­ken Zeit­geist. Sei­ne Signa­le sind ein­deu­tig, in jedem Fall, gemes­sen an der kirch­li­chen Leh­re, ein­deu­tig miß­ver­ständ­lich. Bei genau­er Ana­ly­se müs­sen jedoch alle Sei­ten fest­stel­len, daß Fran­zis­kus nir­gends wirk­lich greif­bar ist. Er ent­zieht sich jedem Ver­such, ihn fest­zu­na­geln. Fran­zis­kus will maxi­ma­len Spiel­raum, wie früh­zei­tig erkannt wur­de. Doch das allein kann die­ses Phä­no­men nicht voll­stän­dig erklä­ren. Viel­mehr zeigt sich Jor­ge Mario Berg­o­glio – jen­seits sei­nes Koket­tie­rens mit dem Main­stream – in der Sache, also inhalt­lich, als unsi­cher und schwach. Einer Dis­pu­ta­ti­on, wie sie im Mit­tel­al­ter und der begin­nen­den Neu­zeit üblich waren, könn­te er sich wohl nur schwer­lich stellen.

Fran­zis­kus scheint jeden­falls fest ent­schlos­sen, es der Kir­che auch in der End­pha­se sei­nes Pon­ti­fi­kats nicht leicht machen zu wollen.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Sile­re non pos­sum (Screen­shot)

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