(Rom) Am vergangenen Samstag empfing Papst Franziskus den Chor der Basilika von Amsterdam in Audienz. In seinen kurzen Begrüßungsworten kam Franziskus überraschend auf das eucharistische Wunder in der Hauptstadt der Niederlande zu sprechen.
Der Jesuitenpater Jorge Mario Bergoglio wurde 1992 auf Wunsch des Erzbischofs von Buenos Aires, Kardinal Antonio Quarracino, von Papst Johannes Paul II. zum Weihbischof von Buenos Aires ernannt. Nach Quarracinos Tod folgte er 1998 diesem als Erzbischof und Primas von Argentinien nach. In dieser Zeit ereigneten sich in der Pfarrei Santa Maria in Almagro von Buenos Aires in den Jahren 1992, 1994 und 1996 drei eucharistische Wunder. 1992 lösten sich Teile einer konsekrierten Hostie, die gemäß dem Rituale in Wasser gelegt wurden, nicht auf. 1994 tropfte Blut während der Meßzelebration aus der konsekrierten Hostie des Priesters. 1996 wurde ein bei der Kommunionspendung auf den Boden gefallener Leib Christi gemäß Rituale zur Auflösung in Wasser gelegt, der sich stattdessen in Blut verwandelte.
Als Erzbischof ließ Jorge Mario Bergoglio die Phänomene untersuchen, wahrte zugleich aber große Zurückhaltung, die er auch der Pfarrei auferlegte. Das Ergebnis der Untersuchung war, daß es sich um menschliches Blut handelt und, wie eine weitere Untersuchung durch einen Experten der Columbia University ergab, um Gewebe eines Menschenherzens. Kardinal Bergoglio berichtete damals, daß die Untersuchungen Parallelen zum eucharistischen Wunder von Lanciano in den italienischen Abruzzen aufzeigten.
Das Hostienwunder von Lanciano wird auf das 8. Jahrhundert datiert. Damals regierten in der byzantinisch geprägten Gegend die Langobarden. Ein griechischer Mönch soll an der Realpräsenz Jesu Christi gezweifelt habe, als die konsekrierte Hostie in seinen Fingern zu bluten begann. Die Verehrung der bis heute erhaltenen Bluthostie ist seit dem 13. Jahrhundert belegt. Untersuchungen der 1970er und dann wieder der 1980er Jahre ergaben, daß die Blutgruppe jener des Turiner Grabtuchs entspricht. Das Gewebe und das Blut sind frei von Konservierungsstoffen und entsprechen denen eines lebenden Menschen.
Trotz der Untersuchungsergebnisse zum eucharistischen Wunder in Buenos Aires, die Kardinal Bergoglio 2001 der Öffentlichkeit bekanntgab und dabei auf Lanciano verwies, besuchte er selbst den süditalienischen Wallfahrtsort bisher nicht, weder als Kardinal noch in den elf Jahren seines Pontifikats. Bisher war noch kein Papst dort. Einzig Kardinal Karol Wojtyla besuchte Lanciano 1974, als er noch Erzbischof von Krakau war. Ebensowenig ist ein Besuch von Kardinal Bergoglio in der Anbetungskapelle der Pfarrei Santa Maria seiner Erzdiözese Buenos Aires bekannt, in der die Bluthostie von 1994 aufbewahrt wird, aber auf Bergoglios Anweisung hin nicht öffentlich ausgestellt ist. Gezeigt wird, gemäß seiner Anordnung, nur ein Foto der Hostie.
Umso bemerkenswerter ist, daß Papst Franziskus am vergangenen Samstag das eucharistische Wunder von Amsterdam erwähnte. Anlaß für den Besuch des Chores der Amsterdamer Basilika ist die Gründung der Stadt vor 750 Jahren. Wörtlich sagte Franziskus zu den von ihrem Bischof Msgr. Johannes Willibrordus Maria Hendriks begleiteten Sängern:
„Die Ursprünge und die Entwicklung dieser Stadt sind auch mit dem katholischen Glauben und der katholischen Kirche verbunden. Ein Schlüsselmoment in ihrer Geschichte ist das eucharistische Wunder, das sich 1345 ereignete und an das noch heute mit einer stillen Prozession und der Anbetung des Allerheiligsten Sakraments erinnert wird.“
Der erkrankte Ysbrand Dommer hatte die ihm als Krankenkommunion gespendete konsekrierte Hostie zusammen mit dem Gegessenen erbrochen. Eine Dienstmagd warf sie darauf ins Kaminfeuer, doch sie verbrannte nicht, sondern wurde am folgenden Tag unversehrt aus der Asche geborgen. Der Erzbischof von Utrecht, damals auch Bischof von Amsterdam, erkannte die Echtheit des „Mirakels von Amsterdam“ an. In der Folge kam es zu einem so großen Pilgerzustrom, daß das eucharistische Wunder zur Grundlage für den weiteren Aufstieg des jungen Ortes zur bedeutendsten Stadt der Niederlande wurde. Dommers Haus wurde in eine Kapelle umgewandelt und darin die Reliquie aufbewahrt. Mit einer großen Prozession, dem Stille Omgang, wurde jährlich des Wunders gedacht. Im Protestantismus wurde die katholische Kirche schwer unterdrückt. Die Kapelle wurde protestantisch, die Prozession wurde 1578 verboten und die Reliquie ging verloren. Erst 1881 konnte der Stille Omgang wieder stattfinden. 1983 fiel auch offiziell das in der Verfassung verankerte und gegen die Katholiken gerichtete Verbot von Prozessionen.
Die römische Fronleichnamsprozession kehrt zurück
Am selben Tag, als am vergangenen Samstag die Audienz stattfand, gab das Amt für die liturgischen Feiern des Papstes bekannt, daß Franziskus erstmals seit 2017 zum Fronleichnamsfest wieder in seine Bischofskirche, die Lateranbasilika, zurückkehren wird. Franziskus betont, der Bischof von Rom zu sein, zeigte jedoch in den Jahren seines Pontifikats eine erstaunliche Distanz zu den drei besonderen Momenten im Kirchenjahr, in denen er als Bischof seiner Diözese mit dieser besonders verbunden ist. Einer dieser Momente ist die jährliche Fronleichnamsprozession vom Lateran zur Basilika Santa Maria Maggiore. Franziskus demontierte zunächst seine Anwesenheit Stück um Stück und blieb dann ab 2017 ganz fern. Er verlegte seine Teilnahme vom eigentlichen Gedenktag auf den folgenden Sonntag und begab sich zuletzt jeweils in eine Vorstadtpfarrei.
- 2013 nahm Franziskus an der Prozession teil, kniete aber nicht vor dem Allerheiligsten, sondern ging zu Fuß hinterher.
- 2014 und in den folgenden Jahren sagte Franziskus seine Teilnahme mit und ohne Begründung ab.
- 2017 verlegte er die Zelebration des Fronleichnamsfestes auf den darauf folgenden Sonntag), um eine „größere Teilnahme“ der Bevölkerung zu ermöglichen, dabei war die traditionelle Fronleichnamsprozession immer sehr gut besucht, und ging ab 2018 in Vorstadtpfarreien („soziale Brennpunkte“).
- 2019 verschwand das Fronleichnamsfest aus dem liturgischen Kalender des Papstes. In den folgenden Jahren wurde das mit den Corona-Einschränkungen begründet, doch war das Fest bereits ein Jahr vor Corona gestrichen worden.
- 2022 und im vorigen Jahr nahm Franziskus aus gesundheitlichen Gründen gar nicht an den Zelebrationen teil.
Unter Vatikanisten wurde bereits vor Jahren gescherzt: „Wer Informationen zum verschollenen Fronleichnamsfest haben sollte, möge sich bitte an das Amt für die liturgischen Feiern des Papstes wenden“.
Fakt ist, daß die Fronleichnamsprozession unter Franziskus nie in ihrer traditionellen Form durchgeführt wurde. Es war jedoch die Papstprozession in Rom, die das öffentliche Fest der Kirche durch die Jahrhunderte auszeichnete und in vielen Pfarreien nachgeahmt wurde. Dieses Fest wurde eigens eingeführt, um den Glauben an die Realpräsenz Jesu Christi in der heiligen Eucharistie zu stärken, das dann durch den Protestantismus und jüngere Ideologien in Zweifel gezogen wurde. Die Demontage der Fronleichnamsprozession unter Franziskus hat eine besonders tiefgehende Aussagekraft. Fronleichnam ist das „katholischste“ aller Feste, das die Kirche von allen anderen christlichen Bekenntnissen in Ost und West unterscheidet.
Zur Distanz, die Franziskus gegenüber der römischen Fronleichnamsprozession zeigt, siehe den Hintergrundbericht: Papst Franziskus und die römische Fronleichnamsprozession – Ein schwieriges Verhältnis.
Nun kehrt das Fronleinamsfest in den liturgischen Kalender des Papstes zurück und zugleich auch die Rückverlegung des römischen Festes auf den Donnerstag. Ob Franziskus auch an der Prozession teilnehmen wird, ist derzeit nicht bekannt. Angekündigt ist sie.
Und warum das ganze Ändern und Herumschieben am Fronleichnamsfest? Das weiß nur Franziskus allein.
Das römische Glaubensdikasterium, geleitet von seinem bevorzugten Protegé und Ghostwriter Victor Manuel Fernández, wird demnächst ein Dokument über Erscheinungen, Offenbarungen und verwandte Phänomene veröffentlichen, zu denen auch die eucharistischen Wunder von Buenos Aires und Lanciano gehören. Es ist bekannt, daß Franziskus am Beginn seines Pontifikats eine ausgeprägte Abneigung gegen Erscheinungsphänomene und besonders ihre „Botschaften“ an den Tag legte. Daraus läßt sich schließen, daß er dieses Denken bereits als Erzbischof von Buenos Aires hegte. Im Laufe der Jahre seines Pontifikats äußerte sich Franziskus jedoch immer seltener zu dem Phänomen, allerdings auch nicht dafür. Das läßt die Annahme zu, er habe nicht seine Meinung geändert, sondern verzichte auf Empfehlung seiner Berater auf entsprechende Polemik. So kündigte er 2015 eine baldige Entscheidung zu Medjugorje an, gegen das er anfangs besonders scharf polemisierte, die jedoch bis heute nicht erfolgt ist.
Kardinal Fernández war am selben Samstag, dem 4. Mai, in Audienz bei Franziskus. Dabei könnte das neue Dokument über Erscheinungen und Botschaften genehmigt worden sein. Insgesamt fällt in jüngster Zeit die Dichte der Audienzen für Tucho Fernández auf. Es geht also nicht nur um dieses eine Dokument.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Facebook/Vatican.va/Wikicommons (Screenshots)
Die Aussage der Papst und die römische Fronleichnamsprozession ist kein schwieriges Verhältnis, sondern so wie jetzt vorliegend ein
„No go“ Die Fronleichsnahmsprozession dokumentiert als letztes Ziel: Die Anbetung unseres Herren in der Gestalt des Brotes.
Dies weiß jeder Gläubige und deswegen beugt er sein Knie in Andacht. Dies weiß auch Franziskus und wenn er es trotzdem nicht tut, darf es mich nicht beeindrucken. Ich bete trotzdem an, aber versuche es mit größerer Intensität.