
Der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation (heute Glaubensdikasterium), Kardinal Gerhard Ludwig Müller, nahm in einem Interview mit Edward Pentin (National Catholic Register) über die jüngsten Entwicklungen zur römischen Erklärung Fiducia supplicans Stellung.
Edward Pentin verwies auf die jüngste Ansprache von Papst Franziskus an die Mitglieder der Vollversammlung des Glaubensdikasteriums, in der er wiederholte, daß die Segnungen von Homo-Paaren und anderen irregulären Verbindungen spontan sein sollten, weshalb sie keiner „moralischen Vollkommenheit“ bedürften.
Pentin: Aber wenn dies der Fall ist, war dann ein solches Dokument notwendig, da solche individuellen Segnungen bereits erlaubt sind?
Kardinal Müller: Es gab keine Notwendigkeit für dieses Dokument, aber die nachfolgenden Interpretationen relativieren und vertiefen die Verwirrung nur noch mehr. Sie können nicht erklären, worin der Unterschied zwischen einer liturgischen Segnung und einer privaten Segnung besteht. Sie geben eine nebulöse Konnotation, anstatt das zu sagen, was im Evangelium, dem Wort Jesu Christi, das uns im Alten und Neuen Testament überliefert ist, absolut klar ist. Wie können wir es als Diener Jesu Christi wagen, diese göttliche Lehre mit bloßer menschlicher Spitzfindigkeit unklar zu machen?
Pentin: Einige Kommentatoren sagen, daß dieses Dokument notwendig war, um zu verhindern, daß die Kirche insbesondere in Deutschland groß angelegte liturgische Segnungen für gleichgeschlechtliche Menschen vornimmt, daß dies dazu beiträgt, daß so etwas nicht passiert. Was sagen Sie dazu?
Kardinal Müller: Wir können die Probleme um die deutschen Bischöfe nicht mit diesen diplomatischen Manövern lösen. Wir müssen die Wahrheit sagen: daß es Blasphemie ist, daß es eine Sünde ist. Man kann sich selbst verraten, man kann andere verraten, aber niemand kann Gott verraten. Wir müssen die Wahrheit sagen, nicht weil wir Heilige sind und andere Sünder. Wenn ich das Evangelium verkünde, stehe ich unter dem Urteil des Evangeliums. Der Prediger selbst muß ein Vorbild für alle sein. Er muß sich sehr bemühen, gute Beispiele zu geben, den Glauben mit der Glaubwürdigkeit der Prediger zu unterstreichen. Aber er muß das Wort Gottes sprechen, das uns frei macht, und darf sich nicht liberaler und aufgeschlossener zeigen als Gott, der seinen eigenen Sohn für die Erlösung der Welt geopfert hat.
Pentin: Was sagen Sie zu der Ansicht, daß in unserer übersexualisierten Kultur, in der viele durch die tragischen Folgen der sogenannten sexuellen Revolution verwundet sind, ein solches Dokument notwendig war, weil es keine andere Möglichkeit gab, diese Menschen zu erreichen und sie zur Kirche zurückzubringen?
Kardinal Müller: Diese Menschen werden nicht durch die Relativierung der Wahrheit und die Abwertung der Gnade zur Kirche zurückgebracht, sondern durch das unveränderte Evangelium Christi. Angesichts der Schwäche des Menschen, vor allem angesichts der Schwäche der menschlichen Person, ist das Evangelium Christi der Weg, um sie in die Kirche zurückzubringen. Angesichts der Schwäche des Menschen, vor allem im Bereich der Sexualität, zeigte Jesus kein Verständnis für den Ehebruch, sondern sagte, daß jeder, der eine Frau auch nur begehrend anschaut, in seinem Herzen bereits Ehebruch begangen hat, d. h. er hat bereits gegen Gottes sechstes Gebot im Dekalog verstoßen und damit Gottes Leben und seine Wahrheit verleugnet (Matthäus 5,28).
Pentin: Ein weiterer Kritikpunkt an dem Dokument ist nicht nur sein Inhalt, sondern auch das, was darin fehlt. So wird beispielsweise weder die Sünde außerehelicher sexueller Beziehungen oder gleichgeschlechtlicher Handlungen erwähnt, noch die Bedeutung der Reue und der festen Absicht, sich zu ändern, noch die Ermahnung, zu Christus zu kommen.
Kardinal Müller: Sie vermeiden es. Für sie sind diese Menschen nur aufgrund ihrer Schwäche in einer schwierigen Situation, und so leugnen sie die Existenz der Sünde als Wille, Unrecht zu tun und gegen Gottes heiligen Willen zu handeln [sie denken]: Sie sind nur arme Menschen, und wir müssen ihnen helfen.
Was aber ist die Hilfe Jesu Christi? Es ist die Hilfe der Gnade; sie ist die Erneuerung des Lebens. Alle sind zum Reich Gottes berufen. Ja, alle sind berufen. Aber das Heil ist das neue Leben in Jesus Christus, frei von Sünde zu sein und nicht nur eine moralische Norm zu respektieren, wie ein Ideal, das von einer Elite aufgestellt wurde, oder Regeln, die von der Gesellschaft aufgestellt wurden, sondern es nach dem heiligen Willen Jesu zu tun. Das ist die Bedeutung der Heiligung, und das ist ein wahres Glück, das den Weg Gottes geht. Das ist wahres Glück, und nicht die sture Wiederholung von Sünden.
Pentin: Und das wird in dem Dokument nicht erwähnt.
Kardinal Müller: Nein. Es wird nie erwähnt. Es gibt keine klare Anthropologie, keine klare Lehre: Was ist Gnade? Was ist Sünde? Was ist Erbsünde? Was sind die persönlichen Sünden? Was macht man mit seinem eigenen Willen und der Zusammenarbeit seines freien Willens mit der Gnade? Auf dem Konzil von Trient haben wir dieses große Dokument über Rechtfertigung und Erbsünde. Und dort heißt es: „Wenn jemand sagt, daß man auch mit Hilfe der Gnade die Sünde nicht vermeiden kann, so ist das ein Anathema und er wird von der vollen Gemeinschaft der Kirche ausgeschlossen“. Was es braucht, ist eine echte Abkehr von der Sünde und eine vollständige Bekehrung zum Herrn.
Pentin: Sind Sie also der Meinung, daß sich Kardinal Fernandez angesichts dieser Schwächen und Fehler, die es Ihrer Meinung nach in der Fiducia Supplicans gibt, zurückziehen und, wie einige gefordert haben, zurücktreten sollte?
Kardinal Müller: Das ist eine Frage für den Papst, und es ist seine Verantwortung. Aber ich denke, mit all diesen Interviews und Interpretationen von Interpretationen werden die Dinge nicht besser. Kehren wir zurück zur Klarheit des Wortes Gottes und zu dem, was im Katechismus steht, und beugen wir uns nicht dieser absolut falschen LGBT- und Woke-Ideologie. Das ist nicht modern; das ist ein Rückfall in das alte Heidentum. Man sieht es in der alten heidnischen Welt der Griechen, Römer und Perser: Alle, überall, erlaubten homosexuelle Handlungen und sexuelle Beziehungen mit Minderjährigen, und sie hatten nicht diesen hohen Moralstandard, der in den Zehn Geboten gegeben ist. Andererseits sagte der heilige Paulus, daß sogar die Heiden im Licht ihrer Vernunft und ihres Gewissens verstehen können, was in ihrem Herzen geschrieben steht (das natürliche Moralgesetz).
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Youtube (Screenshot)
Wie immer hat der Kardinal hier absolut recht. Dieses Segensdokument ist ein Kniefall des Papstes vor den Mächten des Heidentums und vor den Götzen der LGBTQ-Ideologie. Je klarer man das sagt, umso besser ist es – und umso katholischer. Es kann nicht sein, dass der Papst und der oberste Glaubenszerstörer Fernandez die Kirche nach Gutsherrenart behandeln und ihre Privatansichten zur lehramtlichen Aussagen erheben, die dem ordentlichen Lehramt ebenso entgegenstehen wie der Heiligen Schrift. Es ist eine Schande, dass außer Kardinal Müller kaum ein anderer Kardinal hier so klare Worte findet, schon gar nicht im deutschsprachigen Raum. Aber hier hat man ausnahmslos Franziskus zur höchsten Norm erhoben und eben nicht den Herrgott. Noch schlimmer: Man geht über die Irrwege des Papstes auch noch hinaus und feiert munter „Segensgottesdienste“, die ja nicht einmal der Papst erlaubt aber mit seinem Schreckensdokument sehr wohl indirekt gefördert hat. Katholisch ist nicht, wer diesen Wahnsinn mitmacht oder einfach dazu schweigt, sondern wer im Gegenteil die neuralgischen Punkte so klar benennt, wie dies einmal mehr hier Kardinal Müller tut!
Zitat aus der Pressemitteilung des Generaloberen der Priesterbruderschaft St. Pius X., Don Davide Pagliarni vom 19. Dezember 2023:
Zweifellos kann jeder Mensch durch die zuvorkommende Barmherzigkeit Gottes Hilfe erfahren und mit Vertrauen entdecken, dass Gott ihn zur Bekehrung ruft, und durch die Bekehrung das Heil empfangen, das Gott ihm anbietet. Und niemals verweigert die heilige Kirche den Segen den Sündern, die sie rechtmäßig darum bitten, aber dann hat dieser Segen keinen anderen Zweck, als der Seele zu helfen, die Sünde zu überwinden und im Stand der Gnade zu leben.
Die heilige Kirche kann also jeden einzelnen Menschen segnen, sogar einen Heiden. Aber niemals und in keiner Weise könnte sie eine an sich sündhafte Verbindung segnen, unter dem Vorwand, das Gute in ihr zu fördern.
Wenn man ein Paar segnet, segnet man nicht einzelne Menschen, sondern man segnet notwendigerweise die Beziehung, die sie verbindet. Eine an sich schlechte und ärgerniserregende Wirklichkeit kann nicht durch einen Segen gerettet werden.
Eine solche Ermutigung zur pastoralen Durchführung von Segnungen führt in der Praxis unweigerlich dazu, dass Situationen, die mit dem Sittengesetz unvereinbar sind, systematisch akzeptiert werden, egal was immer man auch sagt.
Dies entspricht leider den Aussagen von Papst Franziskus, der die Haltung derjenigen als „oberflächlich und naiv“ bezeichnet, die Menschen zu „Verhaltensweisen verpflichten, für die sie noch nicht reif sind oder zu denen sie nicht in der Lage sind [1]“.
[1] Franziskus, Gespräch mit den Jesuiten in Lissabon, 5. August 2023
Dieses Denken, das nicht mehr an die Macht der Gnade glaubt und das Kreuz beiseiteschiebt, hilft niemandem, aus der Sünde herauszukommen. Es ersetzt wahre Vergebung und wahre Barmherzigkeit durch einen traurig hilflosen Straferlass. Und beschleunigt damit nur, dass Seelen verloren gehen und die katholische Moral zerstört wird.
Die ganze abgehobene Sprache und sophistische Verkleidung des Dokuments des Dikasteriums für die Glaubenslehre kann die elementare und offensichtliche Realität dieser Segnungen nicht verbergen: Sie werden nichts anderes tun, als diese Verbindungen in ihrer an sich sündhaften Situation zu bestärken und andere zu ermutigen, ihnen zu folgen. Dies wird dazu führen, dass diese Segnungen als Ersatz-Ehe betrachtet werden.
In Wirklichkeit offenbart dieses Dokument einen tiefen Mangel an Glauben an das Übernatürliche, an die Gnade Gottes und an die Kraft des Kreuzes, um in Tugend, in der Reinheit und in der Liebe gemäß dem Willen Gottes zu leben.
Es ist ein naturalistischer und defätistischer Geist, der sich feige dem Geist der Welt, dem Feind Gottes, anpasst. Es handelt sich hier um eine weitere Kapitulation und Unterwerfung vor der Welt seitens der liberalen und modernistischen Hierarchie, die seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil im Dienste der Revolution innerhalb und außerhalb der Kirche steht.
Zitat von Kardinal Müller: Auf dem Konzil von Trient haben wir dieses große Dokument über Rechtfertigung und Erbsünde. Und dort heißt es: „Wenn jemand sagt, dass man auch mit Hilfe der Gnade die Sünde nicht vermeiden kann, so ist das ein Anathema und er wird von der vollen Gemeinschaft der Kirche ausgeschlossen“.
Frage: Unterliegt Papst Franziskus dem Anathema (Bannfluch) und ist er ipso facto von der vollen Gemeinschaft der Kirche ausgeschlossen?
Diese Frage müssen uns Kardinal Müller und der Generalobere der Priesterbruderschaft St. Pius X. nun in aller Ausführlichkeit verbindlich erklären! (Wer A sagt, muss auch B sagen.)
Vergelt´s Gott, Kardinal Müller.
Diejenigen, die sich als Mächtige in Rom und Deutschland und anderswo gebärden, sind nicht mehr zu bekehren; offenbar auch nicht angesichts der vielen Mißbrauchsfälle durch unkeusche Geistliche. Das ist wie bei notorischen Rauchern und Alkoholikern, die nicht innehalten, sondern noch mehr ihren Süchten frönen.