(Rom) Die Fastenexerzitien für die Römische Kurie scheinen in ihrer vom Papst organisierten Form wohl endgültig der Vergangenheit anzugehören. Der zentrale Moment der inneren geistlichen Formung, den der Papst sich und seiner Führungsebene bietet, indem er seine Aktivitäten reduziert und sich im Gebet besinnt, wird im vierten Jahr in Folge nicht mehr stattfinden.
Die angebliche Corona-Pandemie wurde zum Katalysator der Auflösung. Wegen Corona haben sich große Mengen an Gläubigen, auf Aufforderung der kirchlichen Obrigkeit, aus der Kirche verabschiedet und sind nicht mehr zurückgekehrt. Wegen Corona strich Papst Franziskus die Fastenexerzitien für sich und die Römische Kurie und kehrt nicht mehr dazu zurück.
In Rom heißt es, das Interesse von Franziskus an den Exerzitien habe sich schon immer in Grenzen gehalten. Bot Corona die willkommene Gelegenheit, sich ihrer zu entledigen?
Die letzten Fastenexerzitien für die Römische Kurie und den Papst fanden 2020 statt, just genau bis zum Tag, bevor die Italienische Bischofskonferenz im Einklang mit der Regierung den Lockdown verhängte und wegen Corona alle Zelebrationen einstellte.
Die italienische Regierung war die erste weltweit, die den in der Geschichte beispiellosen Lockdown verhängte. Bis heute ist ungeklärt, warum sie einen so radikalen Schritt setzte, von wem und aufgrund welcher Fakten ihr dieser Schritt empfohlen wurde. Die Unterlagen dazu werden bis heute unter Verschluß gehalten. Bekannt ist nur soviel, daß der ständige wissenschaftliche Beirat der Regierung nur eine Quarantäne für zwei Gemeinden der Lombardei mit 10.000 Einwohnern empfohlen hatte.
Um genau zu sein, fanden die Fastenexerzitien 2020 zwar noch statt, doch Franziskus selbst nahm schon nicht mehr daran teil. Als Grund nannte Franziskus Schnupfen. Während es also für die in Rom residierenden Kardinäle und Kurienoberen nun das vierte Jahr ist, in denen der Papst ihnen keine Exerzitien mehr anbietet, ist es für Franziskus selbst bereits das fünfte Jahr ohne die traditionellen geistlichen Übungen.
Gestern gab das vatikanische Presseamt bekannt:
„Der Heilige Vater lädt die in Rom residierenden Kardinäle, die Leiter der Dikasterien und die Oberen der Römischen Kurie ein, in der ersten Fastenwoche – vom Abend des Sonntags, 18. bis zum Abend des Freitags, 23. Februar 2024 – eine Zeit der persönlichen geistlichen Übungen zu leben, indem sie ihre Arbeitstätigkeiten einstellen und sich im Gebet sammeln.
In dieser Woche werden alle Termine des Heiligen Vaters ausgesetzt, einschließlich der Generalaudienz am Mittwoch, 21. Februar.“
Im Vorjahr hieß es zur Begründung: „Aufgrund der anhaltenden epidemiologischen Notlage durch Covid-19…“. Dabei hätte nach drei vom Papst seinen Mitarbeitern unter Androhung der Entlassung aufgenötigten „Impfungen“ mit experimentellen mRNA-Genpräparaten doch ausreichend „Schutz“ garantiert sein sollen. Oder nicht?
Nachdem drei Jahre in Folge die Streichung der Fastenexerzitien mit dem Corona-Virus begründet wurde, gibt es in diesem Jahr gar keine Begründung mehr. Die bisherigen Exerzitien werden nicht einmal mehr erwähnt. Es heißt nur mehr, der Papst lädt die Kardinäle, Dikasterienleiter und Oberen ein, „persönliche Übungen“ eigeninitiativ und selbstorganisiert durchzuführen. Die Exerzitien sind damit nur mehr fakultativ und mit individuellem organisatorischem Aufwand verbunden.
Die bis 2020 geltende Form der Fastenexerzitien war von Papst Pius XI. 1929 mit der Enzyklika Mens Nostra eingeführt worden. Der Papst gab damit einen Anstoß zur allgemeinen Förderung geistlicher Exerzitien. Dazu schrieb er:
„Exerzitien sind Frucht der Bekehrung eines Einzelnen, die Gottes Wille zum Segen und zur Förderung der ganzen Kirche gedeihen ließ. Die Gnade sollte in dem Einen siegen, um später durch ihn vielen Menschen zum Durchbruch eines neuen Lebens zu verhelfen.“
Verbunden war damit auch die Überlegung, den um den Papst versammelten wichtigsten Mitarbeitern gemeinsame geistliche Impulse zu geben. Ursprünglich fanden die geistlichen Übungen im Advent, der Kleinen Fastenzeit des überlieferten Ritus, statt. Unter Papst Paul VI. wurden sie in die Große Fastenzeit, die vierzigtägige Fastenzeit vor Ostern, verschoben.
Der Papst ernannte jeweils einen Fastenprediger, der die Exerzitien hielt. In den ersten Jahren waren es sogar zwei, die jeweils demselben Orden angehörten. Zwei Jesuiten, P. Giovanni Oldrè SJ und Alessio Magni SJ, machten vor hundert Jahren den Auftakt, ein Jesuit, P. Pietro Bovati SJ, beendete 2020 die Reihe.
In den 60er Jahren fielen sie zweimal aus: 1962, weil Johannes XXIII. sich stattdessen auf die Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils vorbereiten wollte, und 1963, weil Paul VI. sie als hinderlich für die Durchführung der zweiten Konzilsperiode betrachtete. Das war der Grund für ihre Verschiebung in die Große Fastenzeit des darauffolgenden Jahres.
Die Fastenexerzitien unter Franziskus und die von ihm ernannten Fastenprediger sorgten für einige Verwunderung. Franziskus berief mehrfach Exerzitienmeister, die er kurz darauf in hohe Ämter ernannte wie Angelo De Donatis (2014), den er zu seinem Kardinalvikar für die Diözese Rom machte, oder José Tolentino de Mendonça (2017), den er zum Archivar und Bibliothekar an der Römischen Kurie ernannte. Beide kreierte Franziskus zu Kardinälen.
- 2016: „Die Kirche als Lehrmeisterin der Angst“ – Päpstlicher Exerzitienmeister mit „inakzeptablem Kirchenbild“?
- 2017: Fastenexerzitien 2017 für Papst und Römische Kurie – Zwei Randbemerkungen
- 2018: Exerzitienmeister des Papstes will Kirche von ihren Dogmen „befreien“
- 2019: „Die Stadt der brennenden Wünsche“
Zum regelrechten Skandal wurde eine andere Personalentscheidung. Franziskus ernannte 2020 Marko Ivan Rupnik, damals noch Jesuit, zum Fastenprediger für die immer parallel stattfindenden Fastenexerzitien für die Mitarbeiter und Angestellten der Römischen Kurie. Zum damaligen Zeitpunkt hatte die Glaubenskongregation bereits die Exkommunikation Rupniks festgestellt. Dennoch oder gerade deshalb ließ Franziskus ihn in der Sala Clementina des Apostolischen Palastes die Exerzitien predigen, um seine schützende Hand über seinen Mitbruder zu verdeutlichen. Niemand an der Glaubenskongregation wagte dagegen zu protestieren.
Die Fastenexerzitien fanden immer im Vatikan statt. Franziskus war es, der sie ab 2014 in das Exerzitienhaus Divin Maestro Ariccia des Ordens der Gesellschaft vom hl. Apostel Paulus verlegte. Begründet wurde der Ortswechsel mit der Wichtigkeit, sich zurückzuziehen und das gewohnte Umfeld für einige Zeit hinter sich zu lassen. Der Papst wünschte sogar, daß die Teilnehmer gemeinsam mit ihm im Autobus nach Ariccia reisen. Allerdings verlor Franziskus recht schnell das Interesse an seiner eigenen Idee.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: TV2000/Youtube/VaticanMedia (Screenshots)