„Papst Franziskus hat noch nie sein Priesterseminar besucht“

Bericht über das Treffen mit römischen Priestern in Villa Verde


Papst Franziskus beim Treffen mit den Priestern der XVII. Präfektur der Diözese Rom: "Sie werden sagen, der Papst ist ein Lutheraner".
Papst Franziskus beim Treffen mit den Priestern der XVII. Präfektur der Diözese Rom: "Sie werden sagen, der Papst ist ein Lutheraner".

(Rom) Papst Fran­zis­kus besuch­te gestern nach­mit­tag die römi­sche Vor­stadt Vil­la Ver­de und traf sich dort mit etwa 40 Prie­stern der XVII. Prä­fek­tur sei­ner Diö­ze­se. Beglei­tet wur­de Fran­zis­kus von Msgr. Ric­car­do Lam­ba, dem Weih­bi­schof für den Ost­sek­tor. Nach einem kur­zen Gebet sag­te der Papst: „Stel­len Sie die Fra­gen, die Sie wol­len, nicht nur kano­ni­sche“. Schon vor­weg: Je mehr Fran­zis­kus redet, desto schlim­mer ist es. Über den Rei­gen an Fra­gen und die Ant­wor­ten des Pap­stes berich­te­te kom­men­tie­rend ein anwe­sen­der Prie­ster auf dem Blog Sile­re non pos­sum. Hier der Bericht:

„Ihr werdet sagen, der Papst ist ein Lutheraner“

Anzei­ge

Die ersten Fra­gen kamen von Pfar­rer Mar­co Simeone: „Ich schicke vor­aus, daß wir Ihnen Gutes wol­len. Hel­fen Sie uns, zu ver­ste­hen, war­um sie uns immer an die Welt­lich­keit erin­nern, denn ich fin­de, obwohl ich ein Sün­der bin, daß ich die­se gan­zen Din­ge nicht tue. Zwei­tens: Wir alle strei­ten jeden Tag mit denen, die Paten sein wol­len. Es ist schwer, Akzep­tanz und Pro­phe­zei­ung zusam­men­zu­brin­gen. Wir leben näm­lich in einem geschicht­li­chen Moment, in dem, wenn man ‚Jein‘ sagt, nicht ein­mal ‚Nein‘, son­dern ‚Jein‘, die Leu­te schon kla­gen: ‚Oh, was für einen Schmerz fügen sie mir zu‘.“

Papst Fran­zis­kus: Was die Welt­lich­keit angeht: Das ist ein Pro­blem, eine Ver­su­chung, der wir alle aus­ge­setzt sind.

Dann schlug er zum x‑ten Mal auf soge­nann­te „Hof­prie­ster“ ein, ohne zu erken­nen, obwohl er der Papst ist und es die „Hof­prie­ster“, wie sie De Lubac kri­ti­sier­te, heu­te gar nicht mehr gibt. Es gibt nicht ein­mal mehr Kuri­en­prie­ster. Fran­zis­kus beur­teilt die Wirk­lich­keit nach Büchern, die er gele­sen hat, dabei hät­te er ja aus­rei­chend Mög­lich­keit, sich die Wirk­lich­keit im Vati­kan selbst vor Augen zu führen.

Papst Fran­zis­kus: Eine der häu­fig­sten For­men der Welt­lich­keit ist der Kle­ri­ka­lis­mus. Des­halb habe ich Ihnen den Brief über den Kle­ri­ka­lis­mus geschickt. Der nicht­kle­ri­ka­le Hir­te ist jemand, der vor der Her­de steht, um ihr zu hel­fen, vor­an­zu­kom­men, er steht unter den Men­schen, um sie zu ver­ste­hen, und er steht hin­ter der Her­de für jene, die zurück­blei­ben, und um die Her­de ein wenig in Ruhe zu las­sen, weil die Her­de die Nase hat, um zu verstehen.

Wäh­rend Jesus sagt : „Ich bin der gute Hir­te. Der gute Hir­te opfert sein Leben für die Scha­fe“ , lädt Papst Fran­zis­kus die Prie­ster ein, die Scha­fe „ein wenig in Ruhe zu lassen“.

Papst Fran­zis­kus: Die Leu­te stö­ren, die Leu­te fra­gen immer, sie wol­len immer. Das Volk Got­tes ist ner­vig, es nervt, Aber es ist unser Volk. Wir Latein­ame­ri­ka­ner haben eine Nähe zum Volk. Der Kle­ri­ka­lis­mus ist eine volks­fer­ne Haltung.

Der Papst hört zu wenig auf die Prie­ster, denn sonst wür­de er ihren All­tag ver­ste­hen und nicht nur schö­ne, aber abstrak­te Aus­sa­gen täti­gen. Es ist gera­de der Hyper­ak­ti­vis­mus, der heu­te ver­langt wird, der Prie­ster, die sich beson­ders enga­gie­ren, ins Burn­out trei­ben. Der Prie­ster braucht auch Zeit für sich, um sei­ne Bezie­hung zum Herrn zu pfle­gen. Die „Ver­gött­li­chung des Prie­sters“ führt dazu, daß die Leu­te glau­ben, er sei kein Mensch, brau­che kei­ne Freund­schaf­ten, kein Essen, kein Ausruhen.

So war­te­ten die Pfar­rer gestern ver­geb­lich auf einen prak­ti­schen Hin­weis des Pap­stes. Auch bei der Paten-Fra­ge blieb Fran­zis­kus in der Theo­rie stecken. Beim Zusam­men­brin­gen von Pro­phe­zei­ung und Akzep­tanz sol­le sich der Prie­ster in der Gewis­sens­prü­fung stän­dig fra­gen, wie oft er jemand will­kom­men gehei­ßen habe, so Franziskus.

Papst Fran­zis­kus: Nor­ma­ler­wei­se wählt man, was einem gefällt, was einem kei­ne Pro­ble­me bereitet.

Genau so hält es Fran­zis­kus, denn in San­ta Mar­ta wird nur eine bestimm­te Art von Men­schen will­kom­men gehei­ßen, meist mit Kame­ras auf den Schultern.

Die von Don Simeone gestell­ten Fra­gen sind ganz prak­ti­scher Natur. Sie kom­men von jemand, der, wie Fran­zis­kus sagen wür­de, „den Geruch der Scha­fe“ hat. Es gibt auf der einen Sei­te jene, die auf Dubia ant­wor­ten und noch mehr Ver­wir­rung stif­ten, und auf der ande­ren Sei­te jene, die in den Pfar­rei­en mit kon­kre­ten Pro­ble­men kon­fron­tiert sind. Im kon­kre­ten Fall geht es um Per­so­nen, die in die Pfar­rei kom­men, um eine Eig­nungs­be­schei­ni­gung als Paten zu erhal­ten. Fran­zis­kus blieb in sei­ner Ant­wort aber vage. Die Umsetz­bar­keit des­sen, was er sagt, scheint für ihn kein The­ma zu sein. Ein biß­chen ja, ein biß­chen nein, damit er mor­gen wie­der an das Fen­ster des Apo­sto­li­schen Pala­stes tre­ten und die Prie­ster angrei­fen kann, weil ja alle in der Kir­che schlecht sind außer ihm.

Divide et impera

Ein Ordens­mann frag­te: „Wir haben Pasto­ral­plä­ne, unzäh­li­ge Pasto­ral­plä­ne und man weiß nicht, wel­chem man fol­gen soll: Diö­ze­se, Syn­ode usw. Was sol­len wir tun?“

Papst Fran­zis­kus: Der Pasto­ral­plan muß rea­li­stisch sein für mei­ne Pfarrealität.

Er warn­te vor „Rezep­ten“, die dazu füh­ren, daß „die Spon­ta­nei­tät verlorengeht“.

Der Kaplan von Tor Ver­ga­ta beton­te dann die Not­wen­dig­keit, das Pro­blem der staat­li­chen Aner­ken­nung der an Päpst­li­chen Uni­ver­si­tä­ten erwor­be­nen Stu­di­en­ti­tel zu lösen. Der Papst bat dar­um, einen Brief an ihn zu rich­ten, um eine Bewe­gung in die­ser Sache anzuregen.

Ein ande­rer Pfar­rer äußer­te sich über das Kli­ma in der Diö­ze­se Rom: „In dem Brief, den Sie uns geschickt haben, haben Sie zwei sehr schö­ne Din­ge über die Brü­der­lich­keit unter den Prie­stern her­vor­ge­ho­ben und dann über die gefühl­vol­le und wirk­sa­me Gemein­schaft geschrie­ben, die Sie mit uns erle­ben möch­ten. Ich kon­zen­trie­re mich dar­auf und ver­traue ihnen an, daß wir uns ein wenig zer­streut, ent­mu­tigt und müde füh­len. Wir füh­len uns ein wenig ver­lo­ren. Man atmet oft eine Luft der Müdig­keit, der Par­tei­un­gen und des Miß­trau­ens. Das tut uns leid. Da ist die Sache, daß wir kein gemein­sa­mes Prie­ster­tref­fen abhal­ten, wir tun es getrennt. Ich den­ke, wir müs­sen die­se Luft ein wenig bre­chen. Ich glau­be, daß die Gemein­schaft zwi­schen Prie­stern wich­tig ist. Wir bit­ten Sie, uns dabei zu hel­fen, die­sen Moment zu über­win­den, die Schwie­rig­kei­ten im Bischofs­rat, wie Sie wis­sen. Wir brau­chen Ihre direk­te und per­sön­li­che Unter­stüt­zung. Wir wür­den ein Prie­ster­tref­fen brau­chen, bei dem wir uns alle min­de­stens ein­mal im Jahr sehen.“

Es genügt, dar­an zu erin­nern, daß Papst Fran­zis­kus in den bald elf Jah­ren sei­nes Pon­ti­fi­kats noch nie sein Prie­ster­se­mi­nar besucht hat, um mit sei­nen Semi­na­ri­sten zu spre­chen. Sei­ne Vor­gän­ger haben es getan, Fran­zis­kus nicht. In den ver­gan­ge­nen Jah­ren hat er viel­mehr einen inter­nen Kampf inner­halb des Vika­ri­ats von Rom ange­heizt. Den Preis hat­ten ein Bischof und ein Prie­ster zu bezah­len, die über Nacht ent­las­sen wur­den. Fran­zis­kus begün­stig­te die Spal­tung im Kle­rus von Rom, so wie er es jetzt tut, indem er sich „stück­chen­wei­se“ mit ihm trifft, anstatt Ein­heit zu schaf­fen. Sein Mot­to scheint nicht „Mise­ran­do atque eli­gen­do“, son­dern „divi­de et impe­ra“ zu sein.

Auch zu die­ser Bit­te wuß­te der Papst nichts zu sagen, obwohl jeder weiß, daß sich in Rom kein Blatt bewegt, ohne daß er es will.

Ein Prie­ster sag­te dem Papst: „Für mich ist Ihre Gestalt fern. Für uns war der Papst der, den wir beim Mari­en­fest Mut­ter des Ver­trau­ens am 13. Febru­ar im Prie­ster­se­mi­nar tref­fen konnten“.

Papst Fran­zis­kus: „Ich emp­fan­ge die Prie­ster immer. Der Vor­teil von San­ta Mar­ta ist, daß sie zum Emp­fang kom­men und rein­ge­las­sen wer­den.“ Es kom­men vie­le Prie­ster. Wenn sie kom­men wol­len, kom­men sie, so ver­kür­zen sie die Entfernungen.“

Eine frucht­lo­se Dis­kus­si­on, die nicht dar­auf ein­geht, ob Kla­gen und Bit­ten begrün­det sind, und nicht ein­mal der Wahr­heit ent­spricht. Zunächst muß gesagt wer­den, daß es Begeg­nun­gen und Begeg­nun­gen gibt. Der Bischof trifft sich mit allen Prie­stern. Wie der Pfar­rer sag­te, gibt es Tref­fen im Prie­ster­se­mi­nar und sol­che des Kle­rus. Zwei Momen­te, die der Papst aber nicht mit sei­nen Prie­stern erle­ben will. Zwei­tens gibt es die per­sön­li­chen Gesprä­che. Es stimmt nicht, daß jeder Zugang zu San­ta Mar­ta hat, wie Fran­zis­kus sagt. Nur wer Zugang zum „magi­schen Zir­kel“ um den Papst hat, erhält Zutritt zu San­ta Mar­ta. Wir laden alle römi­schen Prie­ster ein, mor­gen früh nach San­ta Mar­ta zu gehen und um einen Ter­min mit ihrem Bischof zu bit­ten. Dann wis­sen wir, wie vie­le Auf­nah­me finden.

Rom, Missionsland. Heiliges Jahr?

Unter Ver­weis auf einen Schrift­zug an der Fas­sa­de der Late­ran­ba­si­li­ka sag­te ein Prie­ster zum Papst: „Mir scheint, daß es Rom sehr gut geht, was den Dienst an den Armen betrifft. Unse­re Pfar­rei­en sind voll davon. Aller­dings nimmt die Zahl derer, die um die Sakra­men­te bit­ten, nicht zu. In unse­rer Kir­che von Rom erle­ben wir eine tie­fe Kri­se des Glau­bens und der christ­li­chen Pra­xis. Schau­en Sie sich nur die Tau­fen an, etwa 50 Pro­zent tau­fen ihre Kin­der nicht mehr. Nur weni­ge bit­ten nach der Erst­kom­mu­ni­on um die Firmung“.

Papst Fran­zis­kus gab eine scherz­haf­te Ant­wort: „Die Fir­mung ist das Sakra­ment des Abschieds“, und lachte.

Papst Fran­zis­kus: „Der Rück­gang der Meß­be­su­cher am Sonn­tag führt dazu, daß das Semi­nar fast leer ist. Heut­zu­ta­ge ist es ein Luxus, einen jun­gen Hilfs­pfar­rer zu haben. Wir fra­gen uns: Was ist zu tun? Ich glau­be, daß Rom ein Mis­si­ons­land ist. Wenn es eine Not­wen­dig­keit gibt, dann die Neu­ver­kün­di­gung des Evan­ge­li­ums, der Schön­heit der Fami­lie, der Schön­heit Prie­ster zu wer­den. Selbst auf der Syn­ode sagt jeder, daß das Evan­ge­li­um erneut ver­kün­det wer­den muß, aber nie­mand erklärt, wie.“

Dann öff­ne­te er eine gro­ße Büch­se der Pan­do­ra. Tat­säch­lich fragt sich jeder, wie sich die Kir­che auf das Hei­li­ge Jahr 2025 vor­be­rei­tet. Abge­se­hen von den Ver­an­stal­tun­gen, die Kar­di­nal Mau­ro Gam­bet­ti, der Gene­ral­vi­kar des Pap­stes für die Vati­kan­stadt und Erz­prie­ster des Peters­doms, orga­ni­siert, um mit Kuri­en­erz­bi­schof Rino Fisi­chel­la, dem Pro-Prä­fek­ten des Dik­aste­ri­ums für die Evan­ge­li­sie­rung, das von Papst Fran­zis­kus selbst gelei­tet wird, zu kon­kur­rie­ren, weil ihm die Ent­schei­dung des Pap­stes, die­sen mit der Auf­ga­be zu betrau­en, nicht gefällt, was unter­nimmt die Kir­che von Rom, um sich auf das Hei­li­ge Jahr 2025 vorzubereiten?

Der Prie­ster ver­wies dar­auf: „Wir erleb­ten das Jubi­lä­um 2000, das ein Ereig­nis gro­ßer Neue­van­ge­li­sie­rung war. Vie­le Türen, Schu­len, ver­schie­de­ne Rea­li­tä­ten öff­ne­ten sich. Wir haben gele­sen, daß der Hei­li­ge Stuhl und die Regie­rung ein Tref­fen hat­ten. Der Bür­ger­mei­ster von Rom unter­nimmt Maß­nah­men, um Rom für Pil­ger ein­la­den­der zu machen. Ich fra­ge mich, was die Kir­che von Rom unter­nimmt, wel­che spi­ri­tu­el­len Schrit­te zur Auf­nah­me von Pil­gern erfolgen?“

Dann kri­ti­sier­te er die Gelehr­ten, ein­schließ­lich den Papst, die um jeden Preis den Late­r­an­pa­last für Besu­cher öff­nen woll­ten. Die­se Initia­ti­ve ist ein kom­plet­ter Flop und die Zah­len spre­chen für sich.

„Ich möch­te nicht, daß Pil­ger, die in Rom ankom­men, stau­bi­ge Denk­mä­ler besu­chen, viel­leicht die lee­re Papst­woh­nung im Late­ran, son­dern daß sie einer leben­di­gen Kir­che begeg­nen, der Kir­che von Rom, die sich der Ver­kün­di­gung des Evan­ge­li­ums ver­schrie­ben hat.“

Fran­zis­kus kon­ter­te sofort: „Ich erlau­be mir, auf den Ton­fall ihrer Aus­füh­rung hinzuweisen.“

Tat­säch­lich akzep­tiert der Papst alles, außer daß ihm gesagt wird, wie gut die Din­ge vor ihm gelau­fen sind und daß es an Beru­fun­gen man­gelt. Machen wir Wit­ze? Das sind ja schließ­lich auch nicht die Probleme.

Papst Fran­zis­kus: „Die gro­ßen Städ­te sind heid­nisch, es gibt eine gan­ze Men­ge Hei­den­tum. Wir hören, daß vie­le Prie­ster müde sind, sie sind müde. Es gibt kul­tu­rel­le Din­ge, mit denen wir nicht umge­hen kön­nen, aber das ist ein Dauerproblem.“

Da er nicht mehr wuß­te, was er sagen soll­te, kehr­te er zur Welt­lich­keit zurück und sag­te, daß dies ein Risi­ko sei. Zum Hei­li­gen Jahr sag­te er:

„Wir dür­fen nicht beim Hei­li­gen Jahr ste­hen­blei­ben, es ist nicht das Jubi­lä­um, das euch ret­tet, son­dern der Alltag.“

Kurz zuvor hat­te ihn ja ein Pfar­rer gefragt, wie er sich gegen­über Paten ver­hal­ten sol­le, und der Papst gab ihm kei­ne Ant­wort. Jetzt sag­te er: 

„Man muß Risi­ken ein­ge­hen kön­nen. Jeder von uns muß sich fra­gen: Bin ich fähig zu ris­kie­ren? Oder weh­re ich mich dage­gen mit den Normen?“

Nor­men sind jedoch nicht etwas, mit dem wir uns ver­tei­di­gen. Fran­zis­kus ver­gißt, daß wir das System „Der Mensch für das Gesetz“ auf­ge­ge­ben haben und zu „Das Gesetz für den Men­schen“ über­ge­gan­gen sind. Wenn er denkt, daß „ris­kie­ren“ bedeu­tet, das Heil unse­rer See­le und das der uns anver­trau­ten Gläu­bi­gen aufs Spiel zu set­zen, spre­chen wir wohl ver­schie­de­ne Spra­chen. Genau­so wie wenn er sagt: „Ver­gib alles, ver­gib immer.“ Was der Herr von uns ver­langt, ist genau das Gegen­teil: Wir sol­len ris­kie­ren, daß die Men­schen uns nicht loben, uns nicht beweih­räu­chern, aber ihre See­le ret­ten. Manch­mal ist ein Nein ret­tend. Man spielt nicht mit dem See­len­heil der Menschen.

„Was bedeu­tet es, Risi­ken ein­zu­ge­hen?“, frag­te sich der Papst. „Bete zum Hei­li­gen Geist, er wird dir Kraft geben“ , sag­te er. Im wesent­li­chen aber wird jeder Pfar­rer einen ande­ren „Rat“ vom Hei­li­gen Geist erhal­ten und jeder wird also wei­ter­hin tun, was er will. Wofür nüt­zen die Regeln? Für nichts.

Faktotum Bergoglio

Ganz läs­sig begann Fran­zis­kus, den Pfar­rern von einer Epi­so­de zu erzäh­len, die ihn per­sön­lich betraf und uns den gan­zen Ernst begreif­lich mach­te, in den wir gera­ten sind. Berg­o­glio sag­te, daß ein argen­ti­ni­scher Prie­ster ein­mal Pro­ble­me mit dem Paten einer getauf­ten Per­son fest­ge­stellt hat­te. Fran­zis­kus sag­te nicht, um wel­che Art von Pro­ble­men es sich han­del­te. Er erklär­te nur, die Eltern hät­ten sich an ihn gewandt und er habe den Pfar­rer ange­ru­fen und ihm gesagt, wie er sich ver­hal­ten sol­le, natür­lich zugun­sten die­ser Person.

Wird uns nun klar, wie absurd das ist? Erlaubt der Auf­ent­halt in San­ta Mar­ta dem Papst, die Dorf­he­xen will­kom­men zu hei­ßen und sich mit den Pro­ble­men ein­zel­ner Pfar­rei­en zu befas­sen? Gibt es eine Kir­che, die unzäh­li­ge Pro­ble­me hat, und er befaßt sich mit dem Akt eines Lai­en, der zu ihm geht, um sich über einen Pfar­rer zu beschwe­ren? Haben wir kei­nen Kodex, kein Evan­ge­li­um in der Kir­che? Gib es nur den Papst?

Schlamperei in Hülle und Fülle

Der Papst folg­te auch im wei­te­ren Ver­lauf der Begeg­nung dem Muster, das ihn kenn­zeich­net: „Ich bin gut, die Kir­che ist schlecht“. In die­sem Sinn erzähl­te er eini­ge unglaub­li­che Geschichten.

Papst Fran­zis­kus: „Sie wer­den sagen, daß der Papst Luthe­ra­ner ist“, begann er. „Das Pro­blem der wie­der­ver­hei­ra­te­ten Paa­re: Bei den Gene­ral­au­di­en­zen pas­sier­te es mir, das letz­te Mal vor 15 Tagen, daß mir die­ses Paar erzähl­te, daß sie gehei­ra­tet haben. ‚Der Mann war ver­hei­ra­tet, wir sind Wie­der­ver­hei­ra­te­te, sind aber seit 25 Jah­ren zusam­men.‘ Viel­leicht war die­ses Sakra­ment nicht gül­tig. Als ich in Asti war, schrieb mir eine Frau einen Brief, in dem sie mir mit­teil­te, daß sie in den Sech­zi­gern sei und in einer zwei­ten Ehe lebt. Die erste Ehe war schlecht ver­lau­fen, dann fand sie die­sen Mann und bekam Kin­der, vie­le Enkel­kin­der, ‚aber wir kön­nen nicht zur Kom­mu­ni­on gehen‘.
Ich habe sie ange­ru­fen, ihr am Tele­fon zuge­hört und ihr gesagt: ‚Mach Dir kei­ne Sor­gen, geh zur Beich­te, aber gehe dann zur Kom­mu­ni­on in eine ande­re Pfar­rei, um die Leu­te nicht zu ver­är­gern‘. Als die bei­den es dem Pfar­rer sag­ten, for­der­te er sie auf, es in der Pfar­rei zu tun.“

Wozu brauch­te es die Seel­sor­ge? Wozu braucht es den Pfar­rer? Es genügt den Papst anzu­ru­fen, ihm irgend­ei­nen Blöd­sinn zu erzäh­len und er gewährt dir den Zugang zu den Sakramenten.

Ein Rat­schlag für Pfar­rer: Man neh­me die Han­dy­num­mer von Fran­zis­kus und hän­ge sie in den Schau­ka­sten der Pfar­rei. Er wird der sein, der alle Pro­ble­me löst. War­um soll­ten wir die Ver­ant­wor­tung über­neh­men, daß Men­schen zur Höl­le fah­ren? Las­sen Sie ihn das über­neh­men, denn wie es scheint, gel­ten die all­ge­mei­nen Regeln für den Nach­fol­ger Petri nicht.

Dann erklär­te Fran­zis­kus, wie man einen Juri­sten in zwei Sekun­den ster­ben läßt: 

„Die schö­ne Regel ist die, die Aus­nah­men hat.“

Fran­zis­kus ist sich bewußt, was er sagt, denn er füg­te hinzu:

„Man­che wer­den sagen, der Papst sei ein Rela­ti­vist. Aber laßt es einen frucht­ba­ren Rela­ti­vis­mus sein.“

Wir fra­gen uns: Gilt, nach­dem Bene­dikt XVI. beer­digt ist, freie Fahrt für die Zunge?“

Ein ande­rer Prie­ster sag­te dem Papst deut­lich: „Wir waren ent­täuscht und ver­letzt dar­über, daß die neue Kon­sti­tu­ti­on von oben kam. Es wäre schön gewe­sen, uns ein­zu­bin­den und ein­zu­la­den, über bestimm­te The­men nach­zu­den­ken, einen Ent­wurf zu machen, gemein­sam zu reflek­tie­ren und dar­aus dann etwas zu machen. Oft­mals kann man die­ses gemein­sam Gehen von oben nicht wahr­neh­men. Wie wol­len Sie Ihre Diö­ze­se, die Welt­kir­che erzie­hen, damit die Kul­tur der gemein­schaft­li­chen Unter­schei­dung Ein­gang fin­det. Im Moment fehlt die­se Tat­sa­che des gemein­sa­men Gehens.“

Fran­zis­kus beschö­nig­te die Fra­ge der Kon­sti­tu­ti­on und beschränk­te sich auf die „Unter­schei­dung“. Er wet­ter­te gegen Starr­heit, ein wei­te­res sei­ner Man­tras, und sag­te, daß „Unter­schei­dungs­ver­mö­gen dadurch erlernt wird, indem man es tut“.

Das Tref­fen ende­te mit einem Hin­weis auf das Tref­fen vom 13. Janu­ar 2024. Der Papst sag­te zu den Prie­stern: „Berei­tet es gut vor“ , und alle bra­chen in lau­tes und bit­te­res Geläch­ter aus. Fran­zis­kus weiß ja, daß es nicht die Prie­ster sind, die es vor­be­rei­ten. Fran­zis­kus woll­te sei­ne Abwe­sen­heit in ent­schei­den­den Momen­ten der Diö­ze­se recht­fer­ti­gen und mach­te die Pan­de­mie und die medi­zi­ni­schen Ein­grif­fe, denen er unter­zo­gen wur­de, dafür ver­ant­wort­lich. Doch es fehl­te ihm nicht an Zeit und Kraft, die Welt zu berei­sen. Er ende­te mit den Worten:

„Las­sen Sie uns die­sen Dia­log ein wenig fortsetzen.“

Einleitung/​Übersetzung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Sile­re non pos­sum (Screen­shots)

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1 Kommentar

  1. Wenn ein fal­scher Pro­phet kommt, dann wür­de er leh­ren, den Wil­len der Men­schen über den Wil­len Got­tes zu stel­len. Aus der Sicht so eines Pro­phe­ten wären die Gebo­te Got­tes Rezep­te, die an der Ent­fal­tung des eige­nen Wil­lens der Men­schen hindern. 

    Was wäre die Agen­da eines sol­chen Pro­phe­ten: Es gibt so vie­le Wege weg von Gott, wie es Men­schen gibt.

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