Der klägliche Versuch einer Rettung! – Stellungnahme zur „Handreichung“ des Bischofs von Regensburg zu Amoris laetitia


Regensburger Dom: Eine Stellungnahme zur „Diözesanen Handreichung für die Seelsorge mit wiederverheirateten Geschiedenen“ des Bischofs von Regensburg vom 14.03.2017
Regensburger Dom: Eine Stellungnahme zur „Diözesanen Handreichung für die Seelsorge mit wiederverheirateten Geschiedenen“ des Bischofs von Regensburg vom 14.03.2017

von Dr. Mar­kus Büning*

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Als ich heu­te mor­gen im Inter­net die Hand­rei­chung des Regens­bur­ger Ober­hir­ten gele­sen habe, war ich doch erstaunt über den dort zu fin­den­den Ver­such, die „Din­ge jetzt so zu dre­hen“, als ob Amo­ris Lae­ti­tia (AL) klar an Nr. 84 Fami­lia­ris Con­sor­tio (FC) fest­ge­hal­ten habe. Und wie wird von Bischof Rudolf Voder­hol­zer die­ser Ver­such unter­nom­men? Mit dem Bezug auf eine Fuß­no­te von AL, dies­mal die Fuß­no­te 329. Ja, die Fuß­no­ten haben es hier ja bekannt­lich in sich! Es ist gut, dass wir Lai­en, durch­aus des Lesens und Ver­ste­hens von Tex­ten mäch­tig, den Din­gen selbst auf den Grund gehen können.

Nun der Rei­he nach! Bischof Voder­hol­zer führt in sei­ner Richt­li­nie zum Ver­hält­nis von AL und FC in Nr. 5 sei­ner Hand­rei­chung fol­gen­des aus:

„Wenn die Ehe jedoch nach all die­sen Ein­schät­zun­gen gül­tig geschlos­sen wur­de, besteht nach dem Wort Jesu (Mt 19,6) die­se Ehe vor Gott fort. Wie kön­nen dann die Betrof­fe­nen mit ihrer Sehn­sucht nach den Sakra­men­ten umge­hen? Papst Fran­zis­kus hat in sei­nem Schrei­ben eine Mög­lich­keit erwähnt, die Papst Johan­nes Paul II. mehr­fach aus­ge­führt hat, die aber der­zeit leicht aus dem Blick gerät und eine Prü­fung ver­dient (AL Anm. 329, vgl. Fami­lia­ris con­sor­tio 84). Auf Grund der gro­ßen Bedeu­tung, die die Kir­che in der ehe­li­chen Sexua­li­tät erkennt, kön­nen Wie­der­ver­hei­ra­te­te, die bei­de bereit sind, ‚wie Geschwi­ster‘ ent­halt­sam zu leben, und dadurch indi­rekt das erste Ehe­band ach­ten, zu den Sakra­men­ten zuge­las­sen werden.“

Hat Papst Fran­zis­kus die­se „Mög­lich­keit“ wirk­lich so erwähnt, wie der Bischof es hier sei­nen Diö­ze­sa­nen sug­ge­riert. Wenn dem so wäre, hät­ten die vier muti­gen Kar­di­nä­le wohl kaum die Dubia erho­ben. Nein, Herr Bischof Voder­hol­zer, dies hat Fran­zis­kus lei­der nur in einer sehr rela­ti­vie­ren­den Art und Wei­se und unter Zuhil­fe­nah­me eines ver­frem­de­ten Zita­tes aus dem Kon­zils­do­ku­ment Gau­di­um et spes getan. Schau­en wir uns zunächst im Haupt­text von AL den Pas­sus an, wor­auf sich die von Bischof Voder­hol­zer zitier­te Fuß­no­te 329 bezieht. Dort heißt es dann in Nr. 298 AL wie folgt:

„298. Die Geschie­de­nen in einer neu­en Ver­bin­dung, zum Bei­spiel, kön­nen sich in sehr unter­schied­li­chen Situa­tio­nen befin­den, die nicht kata­lo­gi­siert oder in all­zu star­re Aus­sa­gen ein­ge­schlos­sen wer­den dür­fen, ohne einer ange­mes­se­nen per­sön­li­chen und pasto­ra­len Unter­schei­dung Raum zu geben. Es gibt den Fall einer zwei­ten, im Lau­fe der Zeit gefe­stig­ten Ver­bin­dung, mit neu­en Kin­dern, mit erwie­se­ner Treue, groß­her­zi­ger Hin­ga­be, christ­li­chem Enga­ge­ment, mit dem Bewusst­sein der Irre­gu­la­ri­tät der eige­nen Situa­ti­on und gro­ßer Schwie­rig­keit, die­se zurück­zu­dre­hen, ohne im Gewis­sen zu spü­ren, dass man in neue Schuld fällt. Die Kir­che weiß um Situa­tio­nen, in denen »die bei­den Part­ner aus ernst­haf­ten Grün­den – zum Bei­spiel wegen der Erzie­hung der Kin­der – der Ver­pflich­tung zur Tren­nung nicht nach­kom­men können«.“

Der Pas­sus „die bei­den Part­ner aus ernst­haf­ten Grün­den – zum Bei­spiel wegen der Erzie­hung der Kin­der – der Ver­pflich­tung zur Tren­nung nicht nach­kom­men kön­nen“ bringt in der Tat ein Zitat aus FC Nr. 84, aller­dings wird dann im Haupt­text von AL die For­de­rung des hl. Johan­nes Paul II., dass in einem sol­chen Fall die zusam­men­le­ben­den wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen ent­halt­sam leben müs­sen, wohl­weis­lich nicht zitiert. Und genau die­ser Umstand wird seit Mona­ten von den Kri­ti­kern von AL zu Recht vor­ge­tra­gen. Wie­so zitiert der Papst hier FC Nr. 84 unvoll­stän­dig? Hier soll offen­kun­dig kein Anstoß erregt wer­den. Die­ser Inhalt wird dann ledig­lich auf umschrie­be­ne Wei­se indi­rekt und nur noch in einer Fuß­no­te erwähnt, wobei in inhalt­li­cher Hin­sicht eine Rela­ti­vie­rung ange­spro­chen wird. So heißt es dann in Fuß­no­te 329 zu Nr. 298 AL wie folgt:

„Johan­nes Paul II., Apo­sto­li­sches Schrei­ben Fami­lia­ris con­sor­tio (22. Novem­ber 1981), 84: AAS 74 (1982), S. 186. Vie­le, wel­che die von der Kir­che ange­bo­te­ne Mög­lich­keit, „wie Geschwi­ster“ zusam­men­zu­le­ben, ken­nen und akzep­tie­ren, beto­nen, dass in die­sen Situa­tio­nen, wenn eini­ge Aus­drucks­for­men der Inti­mi­tät feh­len, »nicht sel­ten die Treue in Gefahr gera­ten und das Kind in Mit­lei­den­schaft gezo­gen wer­den [kann].« (Zwei­tes Vati­ka­ni­sches Kon­zil, Past. Konst. Gau­di­um et spes über die Kir­che in der Welt von heu­te, 51).“

Eines wird hier doch ganz deut­lich: Durch die Anfüh­rung von Nr. 51 Gau­di­um et spes (GS) soll hier offen­kun­dig der Ein­druck erweckt wer­den, dass hier „nicht sel­ten“ (sic!) die Treue des Zusam­men­le­bens und sogar das Kin­des­wohl gefähr­det sei. Anders gesagt: Die For­de­rung aus FC Nr. 84, wie Geschwi­ster zusam­men zu leben, mag ja ein aner­kann­tes heh­res Ziel sein, aber nötigt den Betrof­fe­nen Lasten auf, die sie wohl in den mei­sten Fäl­len nicht tra­gen kön­nen. Das ist der Inhalt die­ser Fuß­no­te von AL! Hier­aus jetzt die unein­ge­schränk­te Bestä­ti­gung von Nr. 84 FC zu ent­neh­men, geht am Wort­laut und Sinn die­ser Text­pas­sa­ge völ­lig vorbei.

Was dann noch ärger­li­cher ist, ist der Umstand, dass der Papst selbst hier sinn­ver­dre­hend einen Kon­zils­text her­an­zieht, um den ein­deu­ti­gen Gehalt von FC Nr. 84 zu rela­ti­ve­ren. Denn die­ser Pas­sus aus Nr. 84 GS bezieht sich auf Ehe­leu­te und eben nicht auf zusam­men­le­ben­de wie­der­ver­hei­ra­te­te und zivil­recht­lich geschie­de­ne Men­schen. Zudem ist hier auch ange­sichts der kla­ren Leh­re der Kir­che über die Unauf­lös­lich­keit der Ehe kei­ner­lei Raum für eine ana­lo­ge Anwen­dung die­ses Kon­zils­tex­tes auf irre­gu­lä­re Ver­hält­nis­se. Hier fehlt es klar und deut­lich an einer plan­wid­ri­gen Rege­lungs­lücke. Hören wir hier­zu Nr. 51 GS im Wortlaut:

„Das Kon­zil weiß, dass die Gat­ten in ihrem Bemü­hen, das Ehe­le­ben har­mo­nisch zu gestal­ten, oft durch man­cher­lei Lebens­be­din­gun­gen der heu­ti­gen Zeit ein­ge­engt sind und sich in einer Lage befin­den, in der die Zahl der Kin­der – min­de­stens zeit­wei­se – nicht ver­mehrt wer­den kann und der Voll­zug treu­er Lie­be und die vol­le Lebens­ge­mein­schaft nur schwer gewahrt wer­den kön­nen. Wo näm­lich das inti­me ehe­li­che Leben unter­las­sen wird, kann nicht sel­ten die Treue als Ehe­gut in Gefahr gera­ten und das Kind als Ehe­gut in Mit­lei­den­schaft gezo­gen wer­den; denn dann wer­den die Erzie­hung der Kin­der und auch die tap­fe­re Bereit­schaft zu wei­te­ren Kin­dern gefähr­det.“ (Her­vor­he­bung von mir!)

Es ver­bie­tet sich hier doch ein­deu­tig, die­sen Pas­sus des Kon­zils­tex­tes als Argu­ment für eine Rela­ti­vie­rung von Nr. 84 FC heranzuziehen.

Ins­ge­samt wird immer deut­li­cher, dass hier von Vorn­her­ein ein erkennt­nis­lei­ten­des Inter­es­se am Wer­ke ist, die bis­her gel­ten­de Moral­leh­re der Kir­che zu rela­ti­vie­ren und die Zulas­sung sog. wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­ner mit allen nur mög­li­chen Tricks in die Wege zu lei­ten, frei­lich ja immer nur für den jeweils gebo­te­nen Ein­zel­fall, was immer das hei­ßen mag. Die­se Vor­ge­hens­wei­se ist durch­schau­bar und trägt nicht! Die Din­ge wer­den immer ver­wor­re­ner. Hier hilft nur noch eins: Beten dar­um, dass der Papst selbst nun end­lich ein kla­res Wort zur wei­ter­be­stehen­den unein­ge­schränk­ten Gel­tung von von Nr. 84 FC sagt!

*Mar­kus Büning, gebo­ren 1966 in Ahaus (West­fa­len), stu­dier­te katho­li­sche Theo­lo­gie und Phi­lo­so­phie in Mün­ster in West­fa­len und Mün­chen, anschlie­ßend abso­li­vi­er­te er noch ein Stu­di­um der Rechts­wis­sen­schaf­ten an den Uni­ver­si­tä­ten von Kon­stanz und Mün­ster und wur­de 2001 in Mün­ster zum Dok­tor der Rechts­wis­sen­schaf­ten pro­mo­viert. Nach Tätig­kei­ten als Assi­stent an den Uni­ver­si­tä­ten Kon­stanz und Mün­ster trat er als Jurist in den Ver­wal­tungs­dienst. Der aus­ge­wie­se­ne Kir­chen­recht­ler ver­öf­fent­lich­te zahl­rei­che Publi­ka­tio­nen zu kir­chen­recht­li­chen und theo­lo­gi­schen The­men und über Hei­li­ge. Dr. Mar­kus Büning ist ver­hei­ra­tet und Vater von zwei Kindern.

Bild: Wiki­com­mons

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3 Kommentare

  1. Theo­lo­gie und Jura ist ein­fach eine gute Kom­bi­na­ti­on, dan­ke an Dr. Büning!

  2. „Beten dar­um, dass der Papst selbst nun end­lich ein kla­res Wort zur wei­ter­be­stehen­den unein­ge­schränk­ten Gel­tung von von Nr. 84 FC sagt!“
    Er sagt es aber nicht! Dar­aus kann man nur schlie­ßen, dass Nr. 84 FC, 5. Absatz, kei­ne unein­ge­schränk­te Gel­tung mehr hat. Das ist es. Mehr ist dazu nicht zu sagen.

  3. 1. Es gibt kei­nen Zwei­fel, dass AL im Gegen­satz zur Leh­re der Kir­che steht. Die Unver­ein­bar­keit mit Fami­lia­ris con­sor­tio ist nur ein Punkt unter anderen.
    2. Die Kar­di­nä­le, die die Dubia äußer­ten, wis­sen das genau­so; sie haben wohl erhofft, dass Fran­zis­kus sei­ne Irr­leh­re kor­ri­giert. Die­se Hoff­nung war vergebens.
    3. Bischof Vor­der­hol­zer kann frag­los AL ver­ste­hen, so wie es gemeint ist. Er weiß auch, dass die AL-Inter­pre­ta­ti­on der deut­schen Bischofs­kon­fer­anz, der Leh­re der Kir­che wider­spricht. Er will aber nicht die­ser Irr­leh­re fol­gen, und des­halb legt er eine recht­gläu­bi­ge Inter­pre­ta­ti­on vor, auch wenn die­se nicht aus AL abzu­lei­ten ist.
    Aber trotz­dem ist es doch ein Grund zu Freu­de und Dank­bar­keit, dass wenig­stens einer der deut­schen Bischö­fe die Leh­re der Kir­che ver­tei­di­gen möchte.
    Beten wir für Bischof Vor­der­hol­zer, und beten wir für die Kir­che! Beten wir!

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