Ein Vaterunser für die Ukraine


Papst Franziskus mit Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk und den Bischöfen der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche
Papst Franziskus mit Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk und den Bischöfen der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche

(Rom) Am 6. Sep­tem­ber wur­de der Hei­li­ge Syn­od der ukrai­ni­schen grie­chisch-katho­li­schen Kir­che von Papst Fran­zis­kus in Audi­enz emp­fan­gen, um genau zu sein: in Pri­vat­au­di­enz. Sämt­li­che Bischö­fe die­ser mit Rom unier­ten Kir­che hal­ten sich der­zeit zur jähr­li­chen Syn­ode in der Stadt am Tiber auf. Ihr Groß­erz­bi­schof Swja­to­slaw Schewtschuk hat­te bereits im Vor­feld ange­kün­digt, daß man dem Papst bei die­ser Gele­gen­heit die Mei­nung sagen wer­de bezüg­lich des rus­sisch-ukrai­ni­schen Krieges.

Anzei­ge

Im Vor­feld hat­te eine Video­bot­schaft von Fran­zis­kus an jun­ge rus­si­sche Katho­li­ken die Gemü­ter in der Ukrai­ne erhitzt. Fran­zis­kus ver­tei­dig­te am ver­gan­ge­nen Mon­tag auf dem Rück­flug aus der Mon­go­lei sei­ne Aus­sa­gen vom „gro­ßen Ruß­land“ mit sei­nem gro­ßen kul­tu­rel­len Erbe, räum­te aber ein, daß in einem Punkt sei­ne Erwäh­nung zwei­er für die rus­si­sche Geschich­te der Neu­zeit bedeu­ten­der Zaren, Peter I. und Katha­ri­na II., viel­leicht „unglück­lich“ gewe­sen sei. Die­sen Punkt soll­ten die Histo­ri­ker klä­ren, so der Papst. Er habe spon­tan wie­der­ge­ge­ben, was ihm in der Schu­le bei­gebracht wor­den war.

Der Hei­li­ge Stuhl gab kei­ne offi­zi­el­le Erklä­rung im Anschluß an die Audi­enz ab. Fran­zis­kus über­ließ es also ganz den ukrai­ni­schen Bischö­fen, über das Zusam­men­tref­fen zu infor­mie­ren und damit jene Akzen­te zu set­zen, die ihnen beson­ders wich­tig sind.

Die religiöse Situation in der Ukraine

Zum bes­se­ren Ver­ständ­nis: Die Ukrai­ne ist reli­gi­ös geteilt und gespal­ten. Der Westen des Lan­des gehört zum Kern­ge­biet jener Tei­le der rus­si­schen Ortho­do­xie, die sich an die Uni­on von Flo­renz von 1439 hal­ten, als sich Ost- und West­kir­che fast 400 Jah­re nach dem Gro­ßen Schis­ma unter der Füh­rung des Pap­stes wiedervereinigten. 

  • Von der ukrai­ni­schen grie­chisch-katho­li­schen Kir­che wur­den der byzan­ti­ni­sche Ritus und ande­re ost­kirch­li­che Beson­der­hei­ten der ost­kirch­li­chen Tra­di­ti­on bei­be­hal­ten. Die Kir­che zählt in der Ukrai­ne aktu­ell noch 15 Diö­ze­sen (Epar­chien) mit 23 Diö­ze­san- und Weih­bi­schö­fen, 2.844 Prie­stern in 3.390 Pfar­rei­en und 105 Klö­stern. Da die Kir­che auch über Juris­dik­tio­nen in der Dia­spo­ra ver­fügt, umfaßt das Bischofs­kol­le­gi­um die­ser mit Rom unier­ten Kir­che rund 50 Mit­glie­der, die am Mitt­woch Papst Fran­zis­kus im Vati­kan auf­such­ten. In der Ukrai­ne gehö­ren aktu­ell gut zwölf Pro­zent der Bevöl­ke­rung die­ser Kir­che an, welt­weit sind es mehr als 5,5 Millionen.
  • Dane­ben gibt es in Ukrai­ne auch eine Hier­ar­chie der römisch-katho­li­schen Kir­che mit dem latei­ni­schen Ritus. Sie umfaßt sie­ben Diö­ze­sen mit elf Diö­ze­san- und Weih­bi­schö­fen, 664 Prie­stern in 899 Pfar­rei­en und 112 Klö­stern. Gut drei Pro­zent der Ukrai­ner unter­ste­hen heu­te direkt Rom.
  • Schließ­lich gibt es noch die eben­falls mit Rom unier­te ruthe­ni­sche grie­chisch-katho­li­sche Kir­che in der Kar­pa­toukrai­ne mit einer Diö­ze­se, einem Bischof, 346 Prie­stern in 447 Pfar­rei­en und 20 Klö­stern. Ihr gehört rund ein Pro­zent der der­zei­ti­gen ukrai­ni­schen Bevöl­ke­rung an.

Der Groß­teil der Ukrai­ner gehört der ortho­do­xen Kir­che an. Histo­risch exi­stier­te bis zur Unab­hän­gig­keit der Ukrai­ne im Jahr 1991 nur die rus­sisch-ortho­do­xe Kir­che, deren Ober­haupt der Mos­kau­er Patri­arch ist. Mit der staat­li­chen Eigen­stän­dig­keit wur­de im Kon­flikt mit Mos­kau eine eige­ne ukrai­nisch-ortho­do­xe Kir­che mit einem eige­nen Kie­wer Patri­ar­chat gegrün­det. Je inten­si­ver sich der Gegen­satz mit Mos­kau gestal­te­te, desto mas­si­ver wur­de mit Unter­stüt­zung pro-west­li­cher Kie­wer Regie­run­gen am Auf­bau einer eige­nen ortho­do­xen Natio­nal­kir­che gear­bei­tet. Seit Beginn der jüng­sten Eska­la­ti­ons­stu­fe zeich­net sich eine radi­ka­le Ent­flech­tung ab, die dazu füh­ren wird, daß die Staats­gren­ze, wo immer sie am Ende des Krie­ges auch ver­lau­fen mag, eine strik­te Schei­de­li­nie zwi­schen der ukrai­ni­schen (offi­zi­ell: ukrai­nisch-ortho­do­xen Kir­che des Kie­wer Patri­ar­chats) und der rus­sisch-ortho­do­xen Kir­che (offi­zi­ell: ukrai­nisch-ortho­do­xen Kir­che des Mos­kau­er Patri­ar­chats) mar­kie­ren wird.

  • Die ukrai­nisch-ortho­do­xe Kir­che des Mos­kau­er Patri­ar­chats zähl­te Anfang 2021, ein Jahr vor Kriegs­be­ginn, über 50 Diö­ze­sen mit 114 Bischö­fen, 10.510 Prie­stern in 11.741 Pfar­rei­en und 215 Klö­stern. In den ver­gan­ge­nen Mona­ten wur­den aus meh­re­ren Klö­stern, die dem Mos­kau­er Patri­ar­chen treu blie­ben, die Mön­che und Ordens­frau­en von der Regie­rung in Kiew vertrieben.
  • Die neue ukrai­nisch-ortho­do­xe Kir­che des Kie­wer Patri­ar­chats zähl­te Anfang 2021 in der Ukrai­ne 44 Diö­ze­sen mit mehr als 50 Bischö­fen, 4.572 Prie­stern in 6.196 Pfar­rei­en und 79 Klöstern.

Genaue Erhe­bun­gen zur jewei­li­gen Gläu­bi­gen­zahl exi­stie­ren für die ortho­do­xen Kir­chen nicht. Vor dem Krieg wur­de mehr­fach ange­ge­ben, daß sich rund die Hälf­te der fast 75 Pro­zent ortho­do­xen Ukrai­ner zum Mos­kau­er Patri­ar­chat und die ande­re Hälf­te zum Kie­wer Patri­ar­chat beken­nen. Wie genau die­se von Kiew ver­öf­fent­lich­ten Zah­len waren, läßt sich nicht sagen. Noch weni­ger läßt sich bezif­fern, was sich seit Febru­ar 2022 zwi­schen den bei­den Kir­chen ver­scho­ben hat. Die Gren­zen sind flie­ßend, da es sich um das­sel­be Bekennt­nis han­delt. Der Unter­schied ist poli­ti­scher Natur.

Die Stellungnahme der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche nach der Papstaudienz

Die ukrai­ni­sche grie­chisch-katho­li­sche Kir­che kon­zen­triert sich vor­wie­gend auf die Obla­ste des ein­sti­gen König­reichs Gali­zi­en, das bis 1918 zu Öster­reich gehör­te. Durch den Weg­fall öst­li­cher und süd­li­cher Obla­ste, die sich Ruß­land ange­schlos­sen haben oder von die­sem erobert wur­den, sowie durch den Krieg beding­te Bevöl­ke­rungs­ver­schie­bun­gen wächst im Ver­hält­nis der Anteil und Ein­fluß der Katho­li­ken in der Ukrai­ne, die zugleich zu den ent­schie­den­sten Ver­fech­tern der West-Anbin­dung gehö­ren. Groß­erz­bi­schof Swja­to­slaw Schewtschuk ver­leg­te 2011 sei­ne Resi­denz aus dem mehr­heit­lich katho­li­schen Lem­berg in die groß­teils ortho­do­xe Haupt­stadt Kiew. Zugleich wur­de dort die neue Kathe­dra­le geweiht, die ihm und dem grie­chisch-katho­li­schen Metro­po­li­ten von Kiew als Bischofs­kir­che dient.

Neu­er Anspruch: Seit 2011 befin­det sich der Sitz des Groß­erz­bi­schofs nicht mehr in Lem­berg, son­dern in Kiew. Im Bild die dafür in der ukrai­ni­schen Haupt­stadt errich­te­te Auferstehungs-Kathedrale

Hier die Über­set­zung der Stel­lung­nah­me der ukrai­ni­schen grie­chisch-katho­li­schen Kir­che nach der Pri­vat­au­di­enz – mit eini­gen Akzent­ver­schie­bun­gen gegen­über bis­he­ri­gen päpst­li­chen Äußerungen:

Am Mor­gen des 6. Sep­tem­ber fand im Vati­kan eine Pri­vat­au­di­enz mit dem Hei­li­gen Vater Fran­zis­kus für die Bischö­fe der Syn­ode der Ukrai­ni­schen Grie­chisch-Katho­li­schen Kir­che (UGCC) statt. In einem offe­nen Gespräch brach­ten die Lei­ter der UGCC den Schmerz, das Leid und eine gewis­se Ent­täu­schung des ukrai­ni­schen Vol­kes zum Ausdruck.

Auf Initia­ti­ve von Papst Fran­zis­kus begann das Tref­fen eine Stun­de frü­her als geplant, „um die Gele­gen­heit zu haben, län­ger mit den ukrai­ni­schen Bischö­fen zu spre­chen“. Laut Sei­ner Selig­keit Swja­to­slaw, Vater und Lei­ter der UGCC, „war die­ses Tref­fen ein Moment des gegen­sei­ti­gen Zuhö­rens und eine Gele­gen­heit für einen offe­nen und auf­rich­ti­gen Dialog.“

Die UGCC-Bischö­fe baten Papst Fran­zis­kus, das Tref­fen mit einem gemein­sa­men Gebet für einen gerech­ten Frie­den in der Ukrai­ne und für alle zu begin­nen, „die der­zeit in unse­rem Land durch die Hand des rus­si­schen Aggres­sors ster­ben“. Der Hei­li­ge Vater dank­te der Initia­ti­ve und bete­te gemein­sam mit den ukrai­ni­schen Bischö­fen das „Vater unser“ für die Ukrai­ne und ihr „lei­den­des Volk“.

„In einem Gespräch mit dem Hei­li­gen Vater haben wir dem Papst alles zum Aus­druck gebracht, was uns unse­re Gläu­bi­gen in der Ukrai­ne und auf der gan­zen Welt anver­traut haben, um es Sei­ner Hei­lig­keit zu über­mit­teln. Unse­re Bischö­fe spra­chen Ukrai­nisch, Eng­lisch, Por­tu­gie­sisch und Ita­lie­nisch“, beton­te Sei­ne Selig­keit Swja­to­slaw. Die Bischö­fe sag­ten, daß bestimm­te Erklä­run­gen und Gesten „des Hei­li­gen Stuhls und Sei­ner Hei­lig­keit schmerz­haft und schwie­rig für das ukrai­ni­sche Volk sind, das der­zeit ver­blu­tet und für sei­ne Wür­de und Unab­hän­gig­keit kämpft“. Die Miß­ver­ständ­nis­se, die seit Beginn des Krie­ges im gro­ßen Stil zwi­schen der Ukrai­ne und dem Vati­kan ent­stan­den sei­en, erklär­ten die Bischö­fe, wür­den von der rus­si­schen Pro­pa­gan­da genutzt, um die mör­de­ri­sche Ideo­lo­gie der „Rus­si­schen Welt“ zu recht­fer­ti­gen und zu unter­stüt­zen, wes­halb „die Gläu­bi­gen unse­res Lan­des“ für jedes Wort Sei­ner Hei­lig­keit als uni­ver­sel­le Stim­me der Wahr­heit und Gerech­tig­keit sen­si­bel sind“.

Unter Bezug­nah­me auf sei­ne eige­nen Wor­te und die Ver­glei­che, die er ins­be­son­de­re an jun­ge Rus­sen gerich­tet hat­te, erklär­te der Hei­li­ge Vater: „Nach mei­ner Rück­kehr aus der Mon­go­lei bekräf­tig­te ich, daß wah­rer Schmerz dar­in besteht, wenn das kul­tu­rel­le Erbe eines Vol­kes eine ‚Ver­wäs­se­rung‘ erlei­det und es von einer bestimm­ten Staats­macht mani­pu­liert und dadurch in eine zer­stö­ren­de und töten­de Ideo­lo­gie umge­wan­delt wird. Es ist eine gro­ße Tra­gö­die, wenn eine sol­che Ideo­lo­gie in die Kir­che ein­dringt und das Evan­ge­li­um Chri­sti ersetzt“.

Der Hei­li­ge Vater gestand ein, daß „die Tat­sa­che, daß es dar­an zwei­felt, mit wem der Papst ist, für das ukrai­ni­sche Volk beson­ders schmerz­haft war. Ich möch­te Sie mei­ner Ver­bun­den­heit und mei­ner stän­di­gen beten­den Nähe ver­si­chern. Ich bin auf der Sei­te des ukrai­ni­schen Vol­kes.“ Als beson­de­re Geste und Sym­bol der Nähe zum ukrai­ni­schen Volk brach­te Papst Fran­zis­kus eine Iko­ne der Theo­to­kos (Mari­ens der Got­tes­ge­bä­re­rin) mit, die er den Bischö­fen der UGCC zeig­te. „Die­se Iko­ne wur­de mir von Sei­ner Selig­keit Swja­to­slaw geschenkt, als er ein jun­ger Bischof in Argen­ti­ni­en war.1 Ich bete jeden Tag vor ihr für die Ukraine.“

Die Bischö­fe dank­ten Papst Fran­zis­kus auch für sei­ne stän­di­ge inter­na­tio­na­le Unter­stüt­zung der Ukrai­ne, sei­ne huma­ni­tä­ren Aktio­nen, sei­ne per­sön­li­chen Bemü­hun­gen zur Frei­las­sung der Gefan­ge­nen, für die Frie­dens­mis­si­on des päpst­li­chen Son­der­ge­sand­ten Matteo Kar­di­nal Zup­pi usw. „Die ukrai­ni­sche Jugend war auf­rich­tig berührt von der Demut Ihrer Wor­te, mit denen Sie um Ver­ge­bung dafür gebe­ten haben, daß nicht mehr getan wer­den konn­te, um den Krieg in der Ukrai­ne zu been­den“, sag­te Sei­ne Selig­keit Swjatoslaw.

Die Syn­oden­vä­ter baten den Hei­li­gen Vater, sei­ne Bemü­hun­gen um die Frei­las­sung von Kriegs­ge­fan­ge­nen fort­zu­set­zen, und erwähn­ten ins­be­son­de­re die Redempto­ri­sten­prie­ster P. Ivan Levyts­kyi und P. Boh­dan Hale­ta, die sich immer noch in rus­si­scher Gefan­gen­schaft befinden.

Am Ende der Audi­enz über­reich­te Sei­ne Selig­keit Swja­to­slaw im Namen der Bischö­fe der UGCC-Syn­ode dem Papst eini­ge per­sön­li­che Gegen­stän­de der gefan­ge­nen Redempto­ri­sten: ein Mis­si­ons­kreuz, ein Gebet­buch und einen Rosen­kranz. „Die­se Din­ge, Eure Hei­lig­keit, zeu­gen vom Lei­den unse­rer Kir­che und ihres Vol­kes inmit­ten der Schrecken des durch die rus­si­sche Aggres­si­on ver­ur­sach­ten Krie­ges. Wie einen unschätz­ba­ren Schatz über­ge­ben wir sie Ihnen in der Hoff­nung, daß bald ein gerech­ter Frie­den in der Ukrai­ne ein­kehrt.“ Das Ober­haupt der UGCC über­reich­te Sei­ner Hei­lig­keit auch eine Iko­ne von Jesus Chri­stus, die aus der von den Rus­sen nie­der­ge­brann­ten Kir­che im Dorf Cher­vo­ne in der Regi­on Sapo­risch­ja geret­tet wor­den war.

In einer wei­te­ren Erklä­rung der UGCC an die Jour­na­li­sten heißt es, das Tref­fen des Pap­stes mit den ukrai­ni­schen grie­chisch-katho­li­schen Bischö­fen dau­er­te fast zwei Stunden.

„Sei­ne Selig­keit Swja­to­slaw Schewtschuk, der an die schmerz­vol­le Situa­ti­on erin­ner­te, in der sich sein Land befin­det, mit der stei­gen­den Zahl von Toten, Ver­wun­de­ten und Gefol­ter­ten, dank­te dem Papst für die auf viel­fäl­ti­ge Wei­se und bei zahl­rei­chen Gele­gen­hei­ten demon­strier­te Verbundenheit.

Papst Fran­zis­kus hör­te den an ihn gerich­te­ten Wor­ten auf­merk­sam zu und brach­te mit eini­gen kur­zen Inter­ven­tio­nen sein Gefühl der Ver­bun­den­heit und Teil­ha­be an der Tra­gö­die zum Aus­druck, die die Ukrai­ner erle­ben – mit einer ‚Dimen­si­on des Mär­ty­rer­tums‘, über die nicht genug gespro­chen wird –, die Grau­sam­keit und Kri­mi­na­li­tät aus­ge­setzt sind. Er brach­te sei­nen Schmerz über das Gefühl der Ohn­macht zum Aus­druck, das er ange­sichts des Krie­ges emp­fand, „eine Sache des Teu­fels, der zer­stö­ren will“, mit einem beson­de­ren Gedan­ken an die ukrai­ni­schen Kin­der, die er wäh­rend der Audi­en­zen traf: „Sie schau­en dich an und ver­ges­sen zu lächeln“. Und er füg­te hin­zu: „Das ist eine der Früch­te des Krie­ges: Kin­dern das Lächeln zu nehmen“.

Als Reak­ti­on auf die Grau­sam­keit des Krie­ges kam die Not­wen­dig­keit auf, mehr zu beten für die Umkehr und das Ende des Kon­flikts. Auf eine wäh­rend des Tref­fens vor­ge­brach­te Bit­te hin äußer­te der Papst den Wunsch, daß im Monat Okto­ber, ins­be­son­de­re an den Wall­fahrts­or­ten, das Rosen­kranz­ge­bet dem Frie­den und dem Frie­den in der Ukrai­ne gewid­met wird.

Abschlie­ßend erin­ner­te er an das Bei­spiel Jesu wäh­rend der Pas­si­on, der nicht Opfer von Belei­di­gun­gen, Fol­ter und Kreu­zi­gung bleibt, son­dern den Mut bezeugt, die Wahr­heit zu sagen, den Men­schen nahe zu sein, damit sie nicht ent­mu­tigt wer­den. „Es ist nicht ein­fach, das ist Hei­lig­keit, aber die Men­schen wol­len Hei­li­ge und Leh­rer für die­sen Weg, den Jesus uns gelehrt hat.“

Unmit­tel­ba­re Fol­ge der Pri­vat­au­di­enz für die Bischö­fe der ukrai­ni­schen grie­chisch-katho­li­schen Kir­che war eine Äuße­rung von Papst Fran­zis­kus, mit der beton­te, daß es mora­lisch gerecht­fer­tigt sei, der Ukrai­ne Waf­fen zu lie­fern, damit sich die­se ver­tei­di­gen kön­ne. Aller­dings ver­tritt Fran­zis­kus die­se Mei­nung bereits seit Sep­tem­ber 2022. Bis dahin hat­te sich das Kir­chen­ober­haupt in die­ser Fra­ge bedeckt gehal­ten und den Waf­fen­han­del ange­pran­gert. Die NATO-Mit­glieds­staa­ten lie­fern auf Wunsch der Ukrai­ne und Drän­gen der US-Regie­rung Kriegs­ma­te­ri­al und Geld an die ukrai­ni­sche Regierung.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: UGCC (Screenshot)/Wikicommons


1 Groß­erz­bi­schof Swja­to­slaw Schewtschuk war 2009/​2010 Weih­bi­schof und 2010/​2011 Apo­sto­li­scher Admi­ni­stra­tor der Epar­chie San­ta María del Patro­ci­nio en Bue­nos Aires der ukrai­ni­schen grie­chisch-katho­li­schen Kir­che, die das Gebiet der Argen­ti­ni­schen Repu­blik umfaßt. 2011 wur­de er vom Hei­li­gen Syn­od zum Groß­erz­bi­schof von Kiew-Halytsch und damit zum Ober­haupt der ukrai­ni­schen grie­chisch-katho­li­schen Kir­che gewählt. Seit 1965 wur­de sei­nen Vor­gän­gern die Kar­di­nals­wür­de ver­lie­hen. Papst Fran­zis­kus gewähr­te sie Groß­erz­bi­schof Schewtschuk bis­her nicht.

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!