Bischof Vitus Huonder, bis 2019 Bischof von Chur, erzählt in einem Video seinen Weg zur Piusbruderschaft und trifft dabei bedeutsame Aussagen.
In einem neuen Video bezeichnet Bischof Vitus Huonder die Exkommunikation von Erzbischof Marcel Lefebvre, dem Gründer der traditionalistischen Priesterbruderschaft St. Pius X. (FSSPX), als „ungerecht“. Papst Franziskus habe ihm gegenüber aber klargestellt, daß die Priester der Piusbruderschaft „keine Schismatiker“ sind.
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Msgr. Huonder war von 2007 bis 2015 Bischof der Schweizer Diözese Chur. Seit seiner Emeritierung lebt der heute 81jährige Prälat auf eigenen Wunsch in einem Haus der Piusbruderschaft in der Schweiz. In einem neuen Video von Certamen, einer internationalen Gruppe von Katholiken, „die innerhalb der Möglichkeiten, die die Lehre der Katholischen Kirche selbst für Laien vorgibt, bei der apostolischen Aktion der Kirche mithelfen wollen“, erzählt der Bischof seinen „Weg zur Piusbruderschaft“.
Erzbischof Marcel Lefebvre (1906–1991) zog sich, so der Standpunkt des Heiligen Stuhls, 1988 wegen der zwar rechtmäßigen, aber unerlaubten Weihe von vier Bischöfen die Tatstrafe der Exkommunikation zu. Gleiches galt für die vier von ihm geweihten Bischöfe. Anfang 2009 gab der Heilige Stuhl bekannt, daß die Bischofskongregation im Auftrag von Papst Benedikt XVI. die Exkommunikation der vier Bischöfe aufgehoben hatte.
Von einer Aufhebung der Exkommunikation auch von Erzbischof Lefebvre sagte der Heilige Stuhl damals nichts. Der Erzbischof starb nach kirchlichem Verständnis 1991 als Exkommunizierter. Bischof Huonder sagt in dem neuen Video aber:
„Ebenso hat er [Papst Benedikt XVI.] die ungerechte Exkommunikation von Erzbischof Lefebvre 2009 aufgehoben. So hat er ein auf der Kirche lastendes Unrecht teilweise gutgemacht.“
Die Piusbruderschaft hatte die Exkommunikation grundsätzlich bestritten. Diese Tatstrafe sei nie eingetreten, weil Erzbischof Lefebvre aufgrund eines „existierenden Kirchennotstandes“ gehandelt hatte.
Im Video „Mein Weg zur Piusbruderschaft“ schildert der Schweizer Bischof, im Januar 2015 einen Brief vom damaligen Präfekten der römischen Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Müller, erhalten zu haben. Dieser bat ihn, „einen Dialog mit Vertretern der Priesterbruderschaft St. Pius X. zu beginnen“ mit dem Ziel, eine „freundschaftlich zwischenmenschliche“ Beziehung zu dieser Priesterbruderschaft aufzubauen und lehrmäßige Diskussionen zu führen. Dabei ging es Rom um die Frage einer kirchenrechtlichen Anerkennung der Piusbruderschaft.
So kam es zu einem regelmäßigen Kontakt mit dem Generaloberen der Piusbruderschaft. Das war damals Bischof Bernard Fellay, einer der vier 1988 von Erzbischof Lefebvre geweihten Bischöfe. Seit 2018 ist Pater Davide Pagliarani dessen Nachfolger und amtierender Generaloberer.
Huonder erzählt, daß sein Wunsch, nach seiner Emeritierung als Diözesanbischof von Chur, in einem Haus der Piusbruderschaft zu leben, von der damals noch existierenden Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei „positiv bewertet“ wurde: „Sie hat mich dazu auch ausdrücklich ermutigt“. So habe er die Gelegenheit erhalten, „das Innenleben dieser Gemeinschaft und ihre Arbeit besser kennenlernen“ zu können, besonders die Grundintention und Absichten ihres Gründers.
Durch die Kontakte mit der Piusbruderschaft, die Auseinandersetzung mit ihrer Geschichte und die Vertiefung in die theologischen Fragestellungen habe er „einen neuen Blick auf die vergangenen 70, 80 Jahre kirchlichen Lebens“ erhalten. Er gelangte „zu einer neuen Beurteilung der Lage des Glaubens zur Zeit des Konzils und der Zeit danach“. Dadurch sei ihm „klarer“ geworden, warum die Kirche „dort angelangt ist, wo sie zur Zeit steht“.
„Die Kirche befindet sich heute, im Jahr 2023, in einer der größten Krisen ihrer Geschichte.“
Diese „innerkirchliche Krise“ habe alle Lebensbereiche der Kirche erfaßt: „Es ist eine tiefe Glaubenskrise“. Bei der Ursachensuche müsse man aber schon vor die Zeit des Konzils zurückgehen.
„Das Konzil hingegen und die Zeit danach wurden Ausgangspunkt für offizielle, oft stille, aber erfolgreiche Angriffe auf das vorausgehende Lehramt und auf die frühere Glaubensbasis der Kirche. Es waren Angriffe auf den überlieferten Glauben. Angestoßen wurden diese Angriffe von jenen Bischöfen und Theologen, die sich mit der Rückweisung des Modernismus nicht abfinden wollten. Ebenso wollten sie sich nicht abfinden mit der Abgrenzung der Kirche gegen bestimmte Richtungen des gesellschaftlichen Lebens. Das Ergebnis war ein oft unbemerktes, verdecktes, verschlüsseltes Abrücken von der Tradition, von der authentischen Lehre der Kirche, sowohl in den Dokumenten des Konzils wie auch in den nachfolgenden lehramtlichen Schreiben und Entscheidungen. Hier liegt die tiefere Ursache der Krise der Kirche.“
Das sei der Grund gewesen, weshalb Erzbischof Lefebvre den Weisungen und Lehraussagen des Konzils und der offiziellen kirchlichen Verlautbarungen, die nach dem Konzil ergingen, „nicht vorbehaltlos zu folgen vermochte“.
„Seine Haltung war sachlich begründet und ganz im Sinne des Glaubens der Kirche.“
Daraus folgt für den Schweizer Bischof:
„Er hätte mehr angehört werden sollen.“
Erzbischof Lefebvre sei von der Kirchenleitung in Rom zum Vorwurf gemacht worden, er habe sich von der Kirche entfernt. In Wirklichkeit gelte:
„Das Abrücken der kirchlichen Leitung von der Tradition ist leicht nachzuweisen. Es ist nicht eine subjektive, emotionale Wahrnehmung des Erzbischofs.“
Die Piusbruderschaft, so Bischof Huonder, sei „ein Kind“ der Kirchenkrise, indem Erzbischof Lefebvre mit ihrer Gründung auf diese Krise reagierte, um den überlieferten Glauben und den Ritus zu verteidigen und damit der Kirche beizustehen. Die Gründung der Piusbruderschaft sei ein Werk „für die Rettung der Seelen und die Bewahrung der Reinheit des Glaubens“. Lefebvre sei es „vor allem am Glauben der Kirche gelegen“. Dieser Glauben „ist der Weg zum Heil“ und dürfe daher „nicht verfälscht werden“. Nach den Neuerungen des Konzils und danach seien viele Gläubige „Schafe ohne Hirten“ gewesen.
Mit der Liturgiereform „begann der große Leidensweg der Kirche“
Mit der Liturgiereform von 1969 „begann der große, von innen verursachte Leidensweg der Kirche“, der bis heute andauere.
„In den vergangenen Jahrzehnten hat nichts so sehr zur Auflösung der Einheit der Kirche geführt wie der neue liturgische Ordo.“
Laut Erzbischof Lefebvre gilt der Grundsatz, daß man einem Papst nicht folgen dürfe, wenn dieser liberale Ideen verfolge, gleichzeitig müsse man aber immer Respekt vor seinem Amt zeigen, so der Schweizer Bischof.
Die Amtszeit von Papst Franziskus nennt Bischof Huonder ein „Pontifikat des Bruchs“:
„Es ist ein Bruch mit der Tradition. Dies läßt sich damit begründen, daß er selber immer wieder die Tradition und die Gläubigen, welche der Tradition anhangen, maßregelt. Er nimmt andererseits Handlungen vor, die deutlich im Gegensatz zur Tradition stehen, zum Beispiel synkretistische Kulthandlungen, so etwa in Kanada.“
Und weiter:
„Mit den beiden Schreiben Traditionis custodes und Desiderio desideravi will der Papst die überlieferte römische Liturgie ausmerzen. Andererseits ist er ein ausgesprochener Förderer der sogenannten Weltreligion. Für viele Gläubige ist dies ein Stein des Anstoßes.“
Hier der erste Teil des Certamen-Videos von Bischof Vitus Huonder: „Mein Weg zur Piusbruderschaft“:
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(Chur) „Die Überraschung ist perfekt“, so die Reaktion eines befreundeten Schweizer Priesters gestern abend, als er die Nachricht mitteilte. Bischof Vitus Huonder von Chur wurde von Papst Franziskus um weitere zwei Jahre in seinem Amt verlängert. Mit dieser Bestätigung hatte wohl kaum jemand gerechnet, nicht einmal das engste Umfeld des Bischofs.
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