
Der jüngste Besuch von Papst Franziskus in Afrika ließ zwei Aspekte auf dem schwarzen Kontinent in den Vordergrund treten: die standhafte Verteidigung der kirchlichen Morallehre und die Bedeutung der Kirche als Motor der Zivilisation.
Papst Franziskus besuchte im Februar einige Tage den Kongo und dann den Südsudan. In der Demokratischen Republik Kongo (vormals Zaire) warb er damit, wie sehr ihm der Zaire-Ritus gefalle, und daß die Gemeinschaft der kongolesischen Katholiken in Rom von einer Ordensfrau geleitet wird, „die wie ein Bischof befiehlt“.
Die Demokratische Republik Kongo, ist heute das Land mit den drittmeisten Meßbesuchern weltweit. Fast 40 Millionen Katholiken besuchen im Kongo am Sonntag die Messe. Größer ist die Zahl nur auf den Philippinen und in Mexiko. Apropos Mexiko: Dort liebäugelt Franziskus gerade auch mit einem landeseigenen, besser gesagt, ethnischen Ritus, dem Maya-Ritus, der dort gerade von einer Kommission am grünen Tisch erfunden wird.
Weitere vier afrikanische Staaten: Nigeria, Uganda, Tansania und Angola, haben mehr Meßbesucher als Italien, das „Land des Papstes“.
Die afrikanische Kirche verteidigt mit Nachdruck die kirchliche Morallehre gegen den dekadenten Westen. Sie macht Franziskus auch gelegentlich einen Strich durch die Rechnung, wie der aus Guinea stammende Kurienkardinal Robert Sarah mit seiner zusammen mit Benedikt XVI. Anfang 2020 veröffentlichten Verteidigung des Weihesakraments und des priesterlichen Zölibats unter Beweis stellte. Bemühungen von Papst Franziskus, einige seinem Denken näherstehende Bischöfe zu installieren, hatten bisher nur mäßigen Erfolg. Im Vorfeld von Bischofssynoden wird im Hofstaat von Santa Marta lange getüftelt, um Afrika zu berücksichtigen, aber zugleich dessen Einfluß geringzuhalten. Kardinal Peter Turkson ist der afrikanische Kirchenmann, der sich bisher am besten in das westliche und bergoglianische Gefüge einpaßte, aber eine Ausnahme darstellt.

Vor allem die afrikanische Ablehnung der Homosexualität und der Gender-Ideologie bereitet Santa Marta einiges Kopfzerbrechen. Schließlich möchte man sich geschmeidig dem Zeitgeist andienen, der auf die Zersetzung der Familie zur Geburtenminimierung abzielt. Die deutschen Bischöfe sind dabei Vorreiter, sodaß kaum ein Tag vergeht, an dem sie nicht einen Angriff gegen die kirchliche Morallehre reiten, einmal München-Freising, einmal Limburg, einmal Aachen, einmal…
Die Kehrseite in Afrikas Kirche ist, wie jüngst der Vatikanist Sandro Magister aufzeigte, die nach wie vor aufbrechende Bereitschaft, dem Stammesdenken unverhältnismäßigen Vorrang einzuräumen. Grundsätzlich ist dem natürlichen und gesunden Identitätsbewußtsein mitnichten zu widersprechen. Im Gegenteil. Kommt es in Afrika zu einem gewaltsamen Konflikt, und das geschieht nach wie vor nicht selten, kann es vorkommen, daß auch die bis dahin gelebte Brüderlichkeit unter den Christen schlagartig entlang den Stammesgrenzen in Feindschaft umschlägt. Die Hemmschwelle in einer solchen Situation auch zu töten, ist dann nicht sehr hoch. Die grausamen Massaker von Ruanda, die sich 2024 zum 30. Mal jähren werden, sind noch in schrecklicher Erinnerung.

Die Kirche leistet hier, wie in ihrer ganzen Existenz, ein großes Werk der Friedensarbeit. Die Menschheitsgeschichte lehrt, daß das Christentum, trotz aller Gebrechen einzelner Menschen, echte Zivilisation bedeutet. Das zeigt sich auch in Afrika ganz konkret. Der Weg, der dabei zurückzulegen ist, dürfte noch weit sein. In Nigeria kam es zu einem jahrelangen Konflikt um die Besetzung eines Bischofsstuhls mit einem Oberhirten, der nicht der örtlichen Ethnie angehörte. Ein vergleichbarer Fall ereignete sich in Sierra Leone. Die Diözese Makeni hat seit 2012 keinen Bischof. Benedikt XVI. hatte Msgr. Henry Aruna ernannt, der in Makeni als Angehöriger einer verfeindeten Ethnie aber abgelehnt wurde. Nach einem langen Tauziehen wurde Msgr. Aruna Bischof seines Heimatbistums Kenema. Erst wenige Tage nach seiner Rückkehr aus Afrika ernannt Franziskus für Makeni einen neuen Bischof, der am kommenden 13. Mai die Bischofsweihe empfangen soll. Es wird nun mit keinen weiteren Schwierigkeiten gerechnet, da er der gewünschten Ethnie angehört.
Zu einem noch häßlicheren Zwischenfall war es im Südsudan gekommen. Am 8. März 2021 hatte Franziskus den italienischen Missionar Msgr. Christian Carlassare zum Bischof von Rumbek ernannt. In der Nacht des 25. April 2021 wurde der designierte Bischof überfallen. Dabei wurde ihm in die Beine geschossen. Die Bischofsweihe und Amtseinführung mußte wegen der Heilungsdauer bis zum 25. März 2022 verschoben werden. Die Angreifer waren ein Priester und vier Angehörige der Diözese, die vom Stamm der Dinka bewohnt wird. Sie wurden ausgeforscht und zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt. Sie wollten verhindern, daß ein Fremder Bischof wird anstatt des Apostolischen Administrators, der den Dinka angehört.
In der Anglikanischen Weltgemeinschaft wurde wegen eines ähnlichen Falles sogar die Kirchengemeinschaft aufgekündigt. Solche Vorgänge erinnern an die orthodoxe Welt, wo manchmal ziemliche Nichtigkeiten zu gegenseitiger Bannung und Aufkündigung der Kirchengemeinschaft führen können. Die katholische Kirche war imstande, auch darin darf historisch eine Bestätigung gesehen werden, daß sie die wahre von Jesus Christus gestiftete Kirche ist, ungesunde nationalkirchliche Bestrebungen aller Art hintanzuhalten. Eine aktive Minderheit von deutschen Bischöfen schafft aktuell das „Kunststück“, gleich auf doppelte Weise einen umgekehrten Weg zu gehen. Sie vernachlässigen seit Jahren, auf gesunde Weise die Identität in dem ihnen anvertrauten Land zu stärken, und beschreiten selbst einen ungesunden Sonderweg in den schweren Fußstapfen eines Martin Luther.
Immer mehr gläubige Katholiken im deutschen Sprachraum stellen sich in diesem Zusammenhang eine beklemmende Frage: Glauben diese Bischöfe noch?
Afrika hat andere Probleme als der Westen. Dazwischen liegen Welten und offenbar auch Abgründe. Deshalb verwundert es nicht, daß der bedeutendste afrikanische Kirchenmann in Rom, Kardinal Robert Sarah, unter Papst Franziskus isoliert, marginalisiert und bei erster Gelegenheit emeritiert wurde.
Die weitere Entwicklung Afrikas, des einzigen Kontinents, der noch ein Bevölkerungswachstum aufweist, darf mit Spannung erwartet werden. Die großen Mächte, die USA und China, und ihre Möchtegern-Anhängsel wie Bundesaußenministerin Annalena Baerbock versuchen ihre jeweilige Einflußsphäre zu erweitern. Baerbock wirbt mit gewohnter Hybris derzeit auf afrikanischem Boden für eine „feministische Außenpolitik“. Es dürfte ihrer anscheinend grenzenlosen Selbstgefälligkeit geschuldet sein, nicht zu erkennen, daß Schwarzafrika der letzte Teil der Welt ist, der diesbezüglich irgendeines Nachhilfeunterrichts bedürfte. Zudem beweist gerade die zur Selbstbeweihräuchung zur Schau gestellte „feministische Politik“ ihr eklatantes Scheitern, denn – wie sich aktuell zeigt – unterscheiden sich, anders als ständig behauptet, an die Macht gelangte Frauen mitnichten von ihren männlichen Pendants. Die „feministische Außenpolitik“ der Grünen führt Deutschland in Kriegsabenteuer, die 1999, seit der ersten rot-grünen Regierung, einsetzten und seither nicht mehr abgebrochen sind: zuerst Serbien, dann Afghanistan und nun die Ukraine. Es bedurfte offenbar der „feministischen“ Seite in der Politik, um endgültig in das bellizistische Lager zu wechseln und von „mehr Waffen“ und einem Kampf „bis zum Sieg“ zu schwadronieren und selbst behinderte Sportler anderer Nationen von Wettkämpfen wie den Paralympics auszuschließen.
So sehr die Gesamtentwicklung viele Unbekannte birgt, darf man jedoch getrost gespannt sein, was die Vorsehung mit der Kirche in Afrika und ihren besten Vertretern noch vorhat.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons/VaticanMedia (Screenshots)