Von Wolfram Schrems*
Daß Papst Benedikt XVI. ohne weitere Erklärungen zu Fatima und dem Dritten Geheimnis diese Welt verließ, ist traurig und tragisch. Es ist eine weitere Enttäuschung, die Benedikt den Gläubigen bereitete. Wir haben uns hier bereits Gedanken darüber gemacht, daß Benedikt schon mit der Erklärung der Glaubenskongregation zu Fatima (26.06.2000) und mit seiner Unterstützung (Geleitwort) des Lügenbuches von Kardinal Tarcisio Bertone Die Seherin von Fatima: Meine Gespräche mit Schwester Lucia (2007) von Inhalt und Absicht der Fatima-Botschaft abgelenkt und die Wahrheit über Fatima vernebelt hat.
Angesichts dessen, und natürlich auch aus anderen Gründen, erscheinen die Rufe nach baldiger Seligsprechung des „emeritierten“ Papstes unbegründet. –
Auf dieser Seite wurden bereits drei Artikel zur Identität von Sr. Lucia dos Santos von Fatima, also zur Frage, ob etwa nach 1957 eine neue Person mit einer neuen Botschaft die Rolle der Seherin spielen sollte, veröffentlicht (am 21. September 2019, am 12. Oktober 2019 und am 23. Oktober 2019). Aus all den Untersuchungen – und natürlich schon aus dem Augenschein zweier einander völlig unähnlicher Personen – kann nur hervorgehen, daß Sr. Lucia nach dem 26. Dezember 1957, dem Interview mit Pater Augustin Fuentes, völlig aus der Öffentlichkeit verschwand. Ab dem Besuch von Paul VI. am 13. Mai 1967 in Fatima wurde eine andere Person als die Seherin ausgegeben.
Übrigens zeigte schon die völlige Wirkungslosigkeit der ab 1967 auftretenden „Sr. Lucia“ im Sinne der originalen Fatimabotschaft (Bekehrung, Buße und stellvertretende Sühne durch Individuen und Nationen, Weihe Rußlands an das Unbefleckte Herz Mariens, Sühnesamstage), daß hier nicht mehr die ursprüngliche Botin gewirkt haben kann. Denn diese hätte gegen die grassierende Apostasie sicher vehement protestiert. –
Wir wissen nicht, inwieweit Papst Benedikt XVI. mit der Person von Sr. Lucia dos Santos von Fatima und ihrem Verbleib vertraut war. Es wäre aber verwunderlich, wenn ein dermaßen intelligenter Mensch sich niemals Gedanken über die Diskrepanz zwischen „Sr. Lucia 1“ und „Sr. Lucia 2“ und ihrer jeweiligen Botschaften gemacht haben sollte. Denn in den 50er und 60er Jahren war die originale Fatima-Botschaft ja weithin im Bewußtsein der Gläubigen. Der junge Priester und Professor Joseph Ratzinger muß sie gekannt haben. Es wäre weiterhin verwunderlich, wenn ein Glaubenspräfekt und Papst, der mit seinen Nuntiaturen bekanntlich über das älteste Aufklärungsnetzwerk der Welt verfügt, niemals auch nur andeutungsweise irgendetwas über die Hintergründe dieser mysteriösen Diskrepanz gehört haben sollte. Die Rolle von Papst Benedikt in bezug auf Fatima und Sr. Lucia harrt der Aufarbeitung und ist nicht Gegenstand der folgenden kurzen Ausführungen.
Worum es hier geht, ist, daß die Untersuchungen von Sister Lucy Truth immer mehr rezipiert werden. Der Gründer dieser Initiative, der US-amerikanische katholische Philosoph Dr. Peter Chojnowski, wird von mehr und mehr Autoren, Journalisten und Youtubern als seriöser Gesprächspartner betrachtet. Das Thema selbst erscheint eben als der ernsthaften Behandlung wert, und nicht etwa als Grille eines skurrilen Zeitgenossen.
Im folgenden sei kurz auf drei Videobeiträge aus den letzten Monaten verwiesen, die die Glaubwürdigkeit der Untersuchungen Chojnowskis und seiner Auftragnehmer aus Chirurgie, forensischer Gesichtserkennung und Graphologie bestärken. Die unabweisbare Frage, die sich daraus stellt, ist: Was passierte mit Sr. Lucia dos Santos?
Roy Schoeman – Konvertit und Akademiker
Der aus dem Judentum zur Kirche gekommene Konvertit Roy Schoeman, Absolvent des Massachusetts Institute of Technology und der Harvard Business School, legte im Jahr 2007 das wunderbare Werk Honey from the Rock vor.
In der Zwischenzeit befaßte er sich mit den Untersuchungen von Prof. Chojnowski zur Identität von Sr. Lucia. In einem Video vom 19. Mai 2022 auf seinem Kanal geht er auf die Ergebnisse und auf die schon älteren Beobachtungen von Tradition in Action näher ein.
Schoeman zitiert eine Netzseite der Karmelitinnen (Secretariatus generalis pro monialibus O. C. D., am Beginn des Videos u. a.), wonach Sr. Lucia am 31. Mai 1949 verstorben sei. Das kann nicht sein und Schoeman kam auch selbst zu diesem Schluß („SINCE RECORDING THIS, I DETERMINED THAT THE 1949 DEATH NOTICE FOR LUCIA WAS NOT LEGITIMATE“).
Aber wie konnte es zu dieser Todesnachricht überhaupt kommen? Sollte es allenfalls „1959“ heißen? Das ist ein weiteres Rätsel in der Frage nach den Lebensdaten der Seherin von Fatima.
Wie auch immer es sich damit verhält: Sollte ein weltbekannter Autor, Redner und Akademiker seinen Ruf für eine skurrile Idee aufs Spiel setzen? Auch wenn Schoeman mit Schlußfolgerungen zurückhaltend ist, zeigt er durch seine Beschäftigung mit diesem Thema, daß es der Behandlung würdig ist.
John-Henry Westen und Lifesitenews
Etwas rezenter ist das Gespräch von John-Henry Westen mit Dr. Chojnowski am 5. Dezember 2022. Westen ist Kanadier und Mitgründer der katholischen Internetseite Lifesitenews. Dieses Apostolat beschäftigt sich seit 25 Jahren besonders mit dem Schutz des Lebens und der Familie. Zahlreiche Mitarbeiter und Korrespondenten garantieren hohe Recherchequalität. Unter dem Eindruck der Bergoglio-Katastrophe bewegte sich Lifesitenews in den vergangenen Jahren zu traditionsfreundlichen Positionen. Die Seite bietet etwa dem ehemaligen US-Nuntius Erzbischof Carlo Maria Viganò ein Podium. Auch „gecancelte“ Priester wie Fr. James Altman von der Diözese LaCrosse (Wisconsin) und Fr. Jesusmary Missigbètò vom Opus Dei werden dort publiziert.
Daß Dr. Chojnowski ausführlich von John-Henry Westen interviewt wird, ist ein Qualitätszeichen. Lifesitenews hat ebenfalls einen Ruf zu verlieren. Klarerweise hält man in der dortigen Redaktion die Forschungen von Sister Lucy Truth für erwägenswert.
Der sedisvakantistische Catholic Family Podcast
Dieses Gespräch eines sedisvakantistischen, somit für Katholiken problematischen Internetauftritts wurde schon im Juni des Vorjahres veröffentlicht. Da es zwei wichtige Themen anspricht, die inhaltlich über die beiden Interviews hinausgehen, sei es zum Schluß genannt. Es sei dazu festgehalten, daß der Sedisvakantismus selbstverständlich abzulehnen ist. Das Interview wird hier einzig und allein wegen seines Bezugs auf unsere Fragestellung erwähnt und analysiert.
Dr. Chojnowski erwähnt (bei 13:50) eine Reportage des staatlichen portugiesischen Fernsehsenders PBS aus dem Jahr 1990. In dieser Dokumentation sei eine ältere Schwester von Sr. Lucia namens Theresa interviewt worden. Ihre Aussagen zu Lucias Kindheit seien sehr vage und allgemein gehalten gewesen. Nach Chojnowskis Analyse sieht sie auch den durch Bilddokumente bekannten leiblichen Schwestern von Sr. Lucia überhaupt nicht ähnlich. Chojnowski mutmaßt hier einen Betrug (der nicht notwendigerweise vom Fernsehsender begangen worden sein muß).
Von besonderer Relevanz ist die Information Chojnowskis bei 45:25, wonach die Schwestern des Karmels von Coimbra, also des Klosters, in das Sr. Lucia mit Erlaubnis von Papst Pius XII. am 25. März 1948 eingetreten war, „Mitarbeiter“ des Opus Dei gewesen seien. Chojnowski schlußfolgert, daß der Gründer des Opus Dei, Msgr. Josemaría Escrivá de Balaguer (1902–1975, 2002 heiliggesprochen), daher mit Person und Verbleib von Sr. Lucia vertraut gewesen sein muß.
Resümee
Die Angelegenheit Sr. Lucia von Fatima bleibt vorläufig ein dunkles Geheimnis. Leider häuften sich ab den 1970er Jahren dunkle Geheimnisse im Umfeld des Vatikans, so der mysteriöse Tod von Papst Johannes Paul I., der mutmaßliche Selbstmord von Vatikan-Banker Roberto Calvi und das bis heute ungeklärte Verschwinden von Emanuela Orlandi, um die bekanntesten zu nennen. Gemäß gewichtiger Stimmen ist auch nicht geklärt, wer eigentlich wirklich den Papstattentäter Ali Agca beauftragte. Es ist auch etwas paradox, daß dieser offenbar kein beliebter Gesprächspartner für Investigativjournalisten ist.
Wir fragen uns: Was ist mit Sr. Lucia geschehen? Warum haben die Päpste zum Thema Fatima solche Eiertänze aufgeführt? Kann das vom Vatikan veröffentlichte „Dritte Geheimnis“ wirklich alles sein?
Wie auch immer:
In unserer dunklen Zeit sollten wir die Botschaft von Fatima alle sehr ernst nehmen.
*Wolfram Schrems, Wien, Mag. theol., Mag. phil., Katechist, Pro Lifer, viele merkwürdige Erlebnisse in den kirchlichen Strukturen.
Bild: Wikicommons
Mutmaßungen
Also angenommen, Sr. Lucia wäre also tatsächlich 10 Jahre nach dem verzeichneten Datum gestorben, dann also am 31.5.1959. Was hätte das bedeutet, gut vier Monate, nach der Ankündigung Johannes XXIII., bei der „sogleich … die Anwesenden durch eine plötzliche Bewegung des Geistes, wie vom Strahl eines überirdischen Lichtes, berührt (wurden), und alle waren freudig betroffen, wie ihre Augen und Mienen zeigten.“, nämlich des 2. vatikanischen Konzils. Wenn also dem Wunsch der Jungfrau Maria entsprochen worden wäre, sofort nach dem Tod der Seherin das Geheimnis zu veröffentlichen, wäre vom gläubigen Volk sicherlich ein Bezug zu der Ankündigung hergestellt worden. Manches hätte sich wohl behutsamer oder anders entwickelt.
Das Datum für Lucias Tod würde zumindest das Ausbleiben jeglicher Reaktion seitens Schwester Lucia auf die vatikanische Verlautbarung vom 8.2.1960 erklären, nach der das Geheimnis weiterhin unter Verschluss bleiben würde.
Wie vom Autor resümiert: In unserer dunklen Zeit sollten wir die Botschaft von Fatima alle sehr ernst nehmen.
Die Frage, ob die Schwester Luzia auf den Bildern nach 1957 noch dieselbe Person ist, wie auf den alten Bildern oder ob sie „ausgetauscht“ wurde gegen eine andere Person ist alt und nicht eindeutig zu beantworten. Wenn es weiterhin Sr.Luzia sein sollte, so hat sie sich einer eingreifenden Operation mit einer Resektion der protrudierten labialen Knochenanteilen unterzogen. Der Biss müsste anschließend aus nicht nachvollziehbaren Gründen mittels der Prothese sehr stark abgesenkt worden sein. Für die Klärung der Frage entscheidend ist, dass diese Operation durch den behandelnden Chirurgen, Oralchirurgen oder Zahnarzt dokumentiert sein müsste.
Eine weiterer fachlicher Hinweis: Als sicherste Erkennungsmethoden einer Person gelten Aufnahmen der Ohrmuschel. Hier gibt es nahezu keine Veränderungen.
„In unserer dunklen Zeit sollten wir die Botschaft von Fatima alle sehr ernst nehmen.“
Oh ja Herr Schrems,
und darum stelle ich nun die Frage: Warum hat sich nie ein Theologe einmal ernsthaft damit beschäftigt, ja bestenfalls in ein paar Nebensätzen angedeutet, warum die Gottesmutter die Weihe Russlands und sonst keines Landes an ihr unbeflecktes Herz gewollt hat?
Das auch etliche andere Staaten bereits exterm atheistisch und kommunistisch waren, dürfte ihnen bekannt sein. Und auch, dass der Kommunismus keine russische Erfindung war.
Und auch, wie mächtig die satanische, jetzt offen agierende Great Resetgruppe bereits zu Zeiten der Erscheinungen der Gottesmutter in Fatima war.
Unmöglich, dass Sie nie nicht von der Geschichte der Spaltung Russlands von der katholischen Kirche 1453 wussten. Warum habe ich, in Ihren zahlreichen Rezensionen, nie etwas von dieser Geschichte, bzw. der Bezeichnung „das dritte Rom“ gehört?
Kann es sein, dass Sie auch Dinge, von denen Sie wissen, die Ihnen aber unangenehm sind, verschweigen?
Z.B., dass die Gottesmutter mit dieser Weihe RusslandS an ihr unbeflecktes Herz, Russland tatsächlich für seine Aufgabe rüsten wollte „das dritte Rom“ zu werden?
Weil die Gottesmutter uns all die abscheulichen Gräuel ersparen wollte, die Russland und die ganze Welt zur Läuterung erst durchlaufen mussten, um nun diesen Plan zu erfüllen?