(Rom) Der Vatikan befindet sich in einem Dialog mit der nicaraguanischen Regierung, „um Repressionen zu vermeiden“. Soweit berichten es einige Medien wie die katholische spanische Internetzeitung El Debate. Was heißt das konkret? Und was tut sich derzeit in einigen benachbarten sozialistischen Diktaturen wie Venezuela und Kuba?
Das sandinistische Regime, das zuerst Laien und Priester verfolgte, hält seit August 2022 auch einen Bischof gefangen. Vordringlich für ihn wird nach einer Lösung gesucht. Dieser war, wie es scheint, grundsätzlich relativ schnell ausgehandelt worden. Msgr. Rolando Álvarez, Bischof von Matagalpa und Apostolischer Administrator von Estelí, soll ins Exil gehen. Die Sache hakt allerdings an zwei Stellen:
- Das Ortega-Regime will dafür eine Unterwerfung der Kirche des Landes. Einen weiteren Fall Matagalpa darf es nicht geben.
- Und Bischof Álvarez scheint nicht bereit zu sein, ins Exil zu gehen. Er will im Land bleiben und sich notfalls vor Gericht stellen lassen. Er gilt als sehr mutig und sei bereit, „einen Teil seines Lebens im Gefängnis zu verbringen“, wenn es der Glauben und sein Gewissen verlangen.
Der Termin für seinen Prozeß wurde noch nicht fixiert. Vor kurzem war ein Priester aus seiner Diözese wegen „Verschwörung“ gegen den Staat zu acht Jahren Gefängnis verurteilt worden.
Was versucht also das vatikanische Staatssekretariat? Die Vatikandiplomaten sind bemüht, die Sandinisten davon zu überzeugen, daß die Verfolgung von Bischöfen, Priestern und Seminaristen Nicaragua auf der internationalen Bühne isoliert. Das wissen Ortega und seine Anhänger. Es ist für sie im Vergleich zu ihrer Angst, gestürzt zu werden, und der permanenten Notwendigkeit, die eigenen Anhänger durch Aufpeitschung zu mobilisieren und das nicaraguanische Volk durch Repression niederzuhalten, aber von sekundärer Bedeutung.
Der Vatikan setzt auf Dialog und verzichtet dafür darauf, daß Papst Franziskus oder das Staatssekretariat die Unterdrückung der Nicaraguaner, von Bischöfen, Priestern und Gläubigen beim Namen nennen und kritisieren.
Den Dialog zwischen dem Vatikan und der Regierung bestätigte in diesen Tagen Msgr. Carlos Enrique Herrera Gutiérrez OFM, Bischof von Jinotega und Vorsitzender der Nicaraguanischen Bischofskonferenz. Nicaraguas Bischöfe spielen bei diesem Dialog allerdings keine Rolle. Staatspräsident Daniel Ortega beschuldigt sie seit 2018, einen Putsch gegen seine Regierung zu beabsichtigen.
Am Montag, 23. Januar, bestätigte das Regime, einen „öffentlichen Prozeß“ gegen Bischof Álvarez führen zu wollen. Was klingt sehr nach einem beabsichtigten Schauprozeß. Die Anklage gegen den Bischof und andere Kirchenmänner ist gleichlautend: „Verschwörung“ und „Destabilisierung“. Über die Ankündigung ist man im Vatikan beunruhigt. El Debate zitiert eine Quelle aus dem Vatikan:
„Es muß nachdrücklich darauf bestanden werden, daß die Diplomatie diskret handelt, da sie sich in Szenarien hoher Spannung bewegt. Es handelt sich nicht um einen ‚Verhandlungsprozeß‘, sondern um einen ‚Dialog‘.“
Papst Franziskus bemüht sich besonders um den Kontakt zu sozialistischen Regimen:
- Nicaraguas Staatspräsident Daniel Ortega, der Vorsitzende der sozialistischen, marxistisch-befreiungstheologischen Sandinistischen Nationalen Befreiungsfront, nennt Franziskus einen „Freund“.
- Der venezolanische Staatschef Nicolás Maduro, Vorsitzender der bolivarischen Vereinigten Sozialistischen Partei Venezuelas, akzeptierte am 17. Januar, nach fünf Jahren Jahren des Tauziehens, die Ernennung von Kardinal Baltazar Porras zum neuen Erzbischof von Caracas
- Das kubanische Regime empfängt derzeit Kardinal Beniamino Stella als Sondergesandten von Papst Franziskus für die Feierlichkeiten zum 25. Jahrestag des historischen Besuchs von Johannes Paul II. auf der Insel.
Papst Franziskus ist an keiner „Destabilisierung“ Nicaraguas interessiert. Die Frage ist, inwieweit er für seinen regimefreundlichen Kurs auch die Vertreter der Ortskirche gewinnen kann, die am eigenen Leib die „Segnungen“ der sandinistischen Repression erleben.
„Die Verurteilung eines Bischofs zu einer langjährigen Haftstrafe wegen des Eintretens für die Menschenrechte würde das Regime international noch stärker isolieren. Ein echter Bumerang“, zitiert El Debate seine vatikanische Quelle.
Das läßt allerdings Zweifel daran aufkommen, ob das tatsächlich die Linie der vatikanischen Diplomatie ist. So bleibt letztlich, was bereits im Sommer 2022 in groben Zügen vereinbart war: Bischof Álvarez ins Exil zu schicken.
Für Papst Franziskus ist an der Sache problematisch, daß ein „befreundetes“ Regime einen Bischof ins Gefängnis wirft. Das läßt sich kirchenintern schwer vermitteln und schwächt die Rückendeckung für seine politische Agenda, zu der es gehört, mit den Globalisten und mit der radikalen Linken ins Gespräch zu kommen, die in den vergangenen Jahren punktuelle Allianzen eingegangen sind. Keinen Dialog gibt es schon seit Jahren mehr mit den Evangelikalen. Das Thema ist seit 2016 vom Tisch, in den USA und auch in Lateinamerika. Entscheidend dafür waren der Tod von Tony Palmer und vor allem Donald Trumps Aufstieg und Wahlsieg 2016.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: El Debate (Screenshot)