(Rom) Der Tod von Benedikt XVI. hat die Gerüchteküche in Rom stark angeheizt. Der Nebel ist dicht, da in traditionsverbundenen Kreisen die Sorge groß ist, nach dem Ableben des großen Schutzpatrons, Opfer einer verspäteten „Rache“ von Papst Franziskus an seinem Vorgänger zu werden. Seit einigen Tagen wird gerüchteweise kolportiert, Franziskus bereite ein weiteres Dokument zur Unterdrückung des überlieferten Ritus vor, daß aber dennoch Zurückhaltung geboten scheint.
Die Angaben waren zunächst sehr vage. Der behauptete Inhalt untescheidet sich nicht vom Motu proprio Traditionis custodes. Haben bei einigen die Ängste überhandgenommen? Tatsächlich ist die Sorge in traditionsverbundenen Kreisen unüberhörbar.
Ebenso ist es ein offenes Geheimnis, daß in bestimmten Liturgiker-Kreisen des Novus Ordo, so um Andrea Grillo, der seit 1994 Dozent und seit 2006 ordentlicher Professor am Päpstlichen Athenaeum Sant’Anselmo ist, ziemlich unbändige Revanchegedanken gehegt werden. Diesen Kreisen gehen die Einschränkungen und vor allem die Umsetzung von Traditionis custodes zu wenig weit und zu langsam. Rechtlich gesehen hat Franziskus den überlieferten Ritus, das stimmt, zwar nicht erschlagen, ihm aber mit Traditionis custodes den Boden unter den Füßen weggezogen. Warum sollte er noch nachtreten?
Der einzige Grund dafür wäre seine Hauptmotivation, die ihn den alten Ritus bekämpfen läßt. Es ist also notwendig, in das Denken von Franziskus einzudringen. Seine Hauptmotivation ist nicht liturgischer Natur. Die Liturgie ist ein Aspekt, der Franziskus eher weniger interessiert. Sie ist ideologischer Natur: Franziskus mag die Überzeugungen der Traditionsvertreter nicht. Er sieht darin einen organisierten Widerstand gegen progressive Neuerungen, wie Johannes XXIII. und er sie angestoßen haben. Franziskus wird der „Politiker auf dem Papstthron“ genannt, und als solcher handelt er, indem er jene bekämpft und zu schwächen versucht, die seinen Vorstellungen tatsächlich oder vermeintlich, aus seiner Sicht jedenfalls potentiell im Weg stehen. Und diese Abneigung konzentriert sich vor allem auf die USA, wo die Tradition in der katholischen Kirche stark und vor allem sehr lebendig ist. Sollte er erkennen, daß er der „politischen Rechten“, das ist der Nenner, auf den die Tradition in Santa Marta reduziert wird, mit Traditionis custodes keinen entscheidenden Schlag versetzen konnte, könnte er nach neuen Wegen dafür suchen – und auch den anti-tridentinischen Liturgikern Gehör schenken. Allerdings nur dann. Das ist wenig Trost, gilt es aber mitzudenken.
Nun legte Robert Moynihan, der Gründer und Chefredakteur des Magazins Inside the Vatican, einen etwas konkreteren Text vor. Um genau zu sein, veröffentlichte er gestern die E‑Mail eines anonym bleibenden Priesters, die er ernst nimmt:
Hallo Robert!
Wie wir beide wissen, gibt es in Rom keine wirklichen „Geheimnisse“.
Ohne die Identität zu verraten, kann ich Ihnen sagen, daß ein Erzbischof in den USA dieses Dokument gesehen hat, über das Gerüchte kursieren, und einem befreundeten Priester (der eine integre Person ist und nicht zufällig Gerüchte verbreitet) bestätigt hat, daß es tatsächlich das enthält, was einige vermutet haben, nämlich eine zusätzliche Unterdrückung der traditionellen lateinischen Messe, mit einer Ausnahme von religiösen Orden, die ausschließlich privat feiern (keine Pfarrkirchen), und einigen möglichen zusätzlichen Klarstellungen für die Priesterbruderschaft St. Petrus.
Dieser zweite Brief wurde „für notwendig befunden“, weil das Motu proprio von Papst Franziskus von einer Reihe von Bischöfen auf der ganzen Welt nicht umgesetzt wurde (unter Verwendung von Canon 87 usw.).
Seine Veröffentlichung ist für April oder Mai geplant und hätte das „Gewicht“ eines Apostolischen Schreibens (ähnlich dem von Paul VI., der den Neuen Ritus offiziell eingeführt hat).
Es würde den Bischöfen praktisch jedes weitere Mitspracherecht oder jede Ausnahmeregelung in dieser Angelegenheit nehmen.
Wenn es veröffentlicht wird, wird es meiner Meinung nach die traditionelle lateinische Messe in den „Untergrund“ drängen und die Reihen der Bruderschaft Pius X. erweitern (die sich seit der Veröffentlichung des Motu proprio durch Papst Franziskus bereits verdreifacht hat).
Das wird nicht gut enden.
Die traditionelle lateinische Messe wird überleben; ob Katholiken weiterhin zu einem verwässerten Novus Ordo (der ebenfalls Teil dieses Dokuments sein soll) gehen werden, bleibt abzuwarten. Die wöchentliche Sonntagsmesse wird von Katholiken in den USA (in den meisten Diözesen) derzeit zu 12 % besucht; in den Niederlanden sind es 2,5 %.
Wenn ich mehr darüber weiß, werde ich Sie auf jeden Fall auf dem laufenden halten.
Gott segne Sie und danke Ihnen für alles, was Sie tun
Die E‑Mail stammt „von einem Priester, der einem der traditionellen Orden angehört“, so Moynihan.
Die Angaben sind etwas konkreter als die ersten Gerüchte, da sie die Petrusbruderschaft erwähnen, die am 11. Februar 2022 mit einem päpstlichen Dekret Privilegien zuerkannt bekam, die sie von einigen Bestimmungen des Motu proprio Traditionis custodes ausnehmen. Seither gilt die Auslegung, daß dieses Privileg für alle sogenannten Ecclesia-Dei-Gemeinschaften gilt, die ausschließlich den überlieferten Ritus pflegen. Um ein Privileg handelt es sich deshalb, weil Papst Franziskus mit Traditionis custodes die Rechtsgrundlage auf den Kopf gestellt hat. Benedikt XVI. hatte mit dem von Franziskus abgeschafften Motu proprio Summorum Pontificum die Zelebration des überlieferten Ritus rechtlich jener des Novus Ordo gleichgestellt. Franziskus hat mit Traditionis custodes seine Zelebration annulliert und an zu gewährende Sondergenehmigungen gebunden. Das stellt rechtlich gesehen, trotz des Privilegs für die Petrusbruderschaft, eine sehr unbefriedigende Situation dar, funktioniert aber grosso modo – wenn man sich mit dem Status quo zufriedengibt und zumindest dessen Beibehaltung erhofft.
Es zeigte sich nach Traditionis custodes rasch, daß sich dieses Motu proprio nicht gegen die Ecclesia-Dei-Gemeinschaften richtet, die Franziskus mitleidvoll als Anachronismus betrachtet, dem gegenüber man sich sogar wohlwollend zeigen kann. Wichtig war ihm, die Ausbreitung des überlieferten Ritus (und vor allem des damit verbundenen Denkens und Kirchenverständnisses) außerhalb dieser Gemeinschaften zu unterbinden, und das möglichst radikal. Diese Absicht ist ihm in manchen Gegenden weitgehend gelungen.
Auch Moynihans Information geht um mehrere Ecken. Vor allem erstaunt, daß der Priester der Bezeichnung „Apostolisches Schreiben“ eine Bedeutung oder gar einen Rechtscharakter beimißt. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Alle Verlautbarungen eines Papstes sind „Apostolische Schreiben“. Diese Bezeichnung beinhaltet gerade keinen Rechtscharakter.
Solange sich die Informationen nicht konkretisieren, scheint vorerst Zurückhaltung geboten.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Inside the Vatican (Screenshot)
Wenn ich nicht völlig verirrt bin, dann erleben wir gerade eine Verschiebung. Die Hierarchien unter den Menschen sind nicht mehr die gleichen. Was zuvor war, ist vorbei. Gott wählt gegenwärtig aus. Dieser hier scheint nicht ausgewählt. Welche Autorität will der Mann dann haben? Malachias erwähnt ihn noch nicht einmal.
Der „Petrus Romanus“? Immerhin war es Franziskus, der der Welt die Reliquien des hl. Petrus gezeigt hat.
Wie Papst Franziskus in einem früheren Interview bekannt gab, steht auf jeden Fall eine Änderung des Kirchenrechts in Sachen Konzelebration bevor. Ziel: Aus einer freiwilligen Option soll eine Pflicht werden.
Hier noch einmal der Wortlaut des Artikels vom 01. Mai 2022:
Reims/Frankreich (kath.net/mk) Papst Franziskus hat unlängst bei einem Treffen mit französischen Bischöfen darauf bestanden, dass auch die Priester der Petrusbruderschaft bei der jährlichen Chrisammesse am Gründonnerstag mit ihrem Ortsbischof im neuen Messritus konzelebrieren. Dies berichtet LifeSiteNews unter Berufung auf den Erzbischof von Reims, Éric de Moulins-Beaufort. Thema des Treffens war unter anderem das Motu proprio Traditiones Custodes, das viele Anhänger der Alten Messe als zu streng und unbarmherzig empfinden. Der Papst dürfte gegenüber den Bischöfen einige Punkte klargestellt und auch darauf hingewiesen haben, dass das Dekret vom 11. Februar dieses Jahres über die Petrusbruderschaft (FSSP), wonach deren Priester die traditionelle Messe in ihren eigenen Kirchen ohne Erlaubnis des Bischofs feiern dürfen, von ihm gekommen sei.
Der Papst betonte aber im gleichen Atemzug, dass alle Priester, auch die der FSSP, bei der Chrisammesse mit ihrem Bischof konzelebrieren müssten. Diese Messe findet traditionell am Morgen des Gründonnerstags (oder an einem der Tage davor) in der Bischofskirche statt, im Zentrum steht die Weihe der heiligen Öle für die Sakramente der Taufe, Firmung, Priesterweihe und Krankensalbung. Zudem ist die Feier ein Zeichen für die Einheit der Kirche, denn an ihr sollen alle Priester der Diözese gemeinsam mit ihrem Bischof teilnehmen. Die mündliche Klarstellung des Papstes scheint jedoch mit dem Kirchenrecht (can. 902 CIC) in Widerspruch zu stehen, wonach es jedem Priester freisteht, die Eucharistie allein (also nicht in Konzelebration) zu feiern. Sie steht hingegen im Einklang mit der Entscheidung des früheren Erzbischofs von Dijon, Roland Minnerath, dass die Petrusbruderschaft seine Diözese verlassen müsse, weil deren Priester bei der Chrisammesse nicht konzelebrieren wollten (kath.net hat berichtet [https://kath.net/news/75511]).
Die St. Petrusbruderschaft ist auf jeden Fall gemeint. Die Frage ist, ob der Papst mit „alle Priester (…) konzelebrieren müssen“ auch die Mitglieder der Priesterbruderschaft St. Pius X. gemeint hat. Dann wären auch sie zur aktiven Mitwirkung in den Novus Ordo Chrisam-Messen (unter Strafandrohung) gezwungen.
Wir dürfen gespannt sein, ob der Papst die direkte Konfrontation mit der Piusbruderschaft sucht.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass man die Piusbrüder zur Novus Ordo Chrisam-Messe zwingen kann.
Wie wollte man da eine (mögliche) Strafe durchsetzen ?
@voltenauer
Papst Franziskus könnte die vor Jahren gewährte Jurisdiktion für das Beicht- und das Ehesakrament wieder einkassieren.
Als äußerste Strafe könnte er die Exkommunikation verhängen.
Anscheinend rechnet die Piusbruderschaft mit derartigen Maßnahmen, denn vor einigen Monaten konnte man in einem der Mitteilungsblätter
lesen, dass im Falle der Papst ihnen die Jurisdiktion wieder entziehen würde, diese die frühere Kirche (= die triumphierende Kirche des Himmels) ihnen ersetzen würde.
@Markus Schellewald
Machen Sie such keine Gedanken um die Piusbruderschaft. Weder wird man sie zur Konzelebration rufen und zulassen, noch wird sie folgen.
Die Piusbruderschaft hat von Anfang an niemals eine ordentliche Jurisdiktion beansprucht oder behauptet, immer nur eine stellvertretende. Auch Beichtvollmacht und Eheassistenz entsprechen keiner ordentlichen Jurisdiktion, sondern dem peronistischen Selbstverständnis des Papstes.
Wer sollte exkommuniziert werden? Die (Weih-)Bischöfe der FSSPX? Ihre Priester? Ihre Gläubigen? Durch das Wirken der Vorsehung ist die FSSPX bestens aufgestellt…
@ S.Arnold
„Weder wird man sie zur Konzelebration rufen und zulassen, noch wird sie folgen.“
Ihr Wort in Gottes Ohr!
Wir werden ja sehen …