(Rom) Am Pfingstsonntag, dem 5. Juni, wird die Apostolische Konstitution Praedicate Evangelium in Kraft treten, mit der eine Reform der Römischen Kurie umgesetzt wird. Eine ganze Reihe von Dikasterienleitern werden damit wahrscheinlich ihren Platz räumen müssen.
Die Kurienreform gehörte zu den Wahlkapitulationen von Papst Franziskus aus den Generalkongregationen vor Konklavebeginn. Dazu setzte er einen Monat nach seiner Wahl den inzwischen geschrumpften C9-Kardinalsrat ein. Neun Jahre sollte es dauern, bis ein Ergebnis vorlag.
Am 19. März wurde es offenbar voreilig veröffentlicht. Die Gründe dafür sind unklar. Jedenfalls wurde die bisher einzige vorhandene Fassung von Praedicate Evangelium in italienischer Sprache bereits abgeändert. Die Seite auf dem offiziellen Internetauftritt für Übersetzungen in andere Sprachen steht bereits zur Verfügung, ist aber noch ungenützt.
Mit dem Pfingstfest erfolgt das Inkrafttreten der Konstitution, die vorsieht, daß alle Behörden der Römische Kurie, also die Ministerien des Heiligen Stuhls, ab diesem Augenblick die einheitliche Bezeichnung Dikasterien tragen werden. Damit entfällt die bisherige Klassifizierung in Kongregationen, Sekretariate, Räte und Dikasterien. Es gibt dann keine Unterscheidung mehr in Hauptministerien, welche bisher die älteren Kongregationen umfaßten (Glaubenslehre, Bischöfe, Klerus, Gottesdienst und Sakramentenordnung, Orden, Evangelisierung), die wesentliche Materien der Kirche verwalten, und Nebenministerien wie die jüngeren, nachkonziliaren Räte (Familie, Kultur, Einheit der Christen, Neuevangelisierung) und die ganz jungen Dikasterien (Laien, Familie und Leben; Ganzheitliche Entwicklung des Menschen; Kommunikation), die mehr den sozialen Gegebenheiten Rechnung tragen. Die jüngste Gruppe wurde erst von Papst Franziskus eingeführt. Die ihnen gegebene Bezeichnung wird mit der neuen Konstitution auf alle Einrichtungen übertragen. Dikasterium war bisher ein Sammelbegriff, der Ministerien meinte. Zu einer Selbstbezeichnung einer Behörde wurde er erst unter Papst Franziskus.
Mit dem Inkrafttreten von Praedicate Evangelium wird damit gerechnet, daß mehrere Dikasterienleiter ihr Amt verlieren werden. Am 9. Mai war es zu einem Treffen von Franziskus mit den Dikasterienleitern gekommen. Dabei, so die Herder Korrespondenz unter Berufung auf mehrere Quellen, habe der Papst erklärt, daß er mehrere von ihnen, deren Amtszeit bereits abgelaufen ist und die das 75. Lebensjahr vollendet haben, ersetzen will.
Diese beiden Kriterien erfüllen derzeit sieben Dikasterienleiter, allesamt Kardinäle und vorwiegend Präfekten von Kongregationen. Sie werden ihrem Rang nach angeführt:
- Luis Kardinal Ladaria Ferrer SJ, Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre, seit 1. Juli 2017 im Amt, 78 Jahre alt.
- Marc Kardinal Ouellet PSS, Präfekt der Kongregation für die Bischöfe, seit 30. Juni 2010 im Amt, 77 Jahre alt.
- João Kardinal Bráz de Aviz, Präfekt der Kongregation für die Institute des geweihten Lebens und die Gesellschaften des apostolischen Lebens, seit 4. Januar 2011 im Amt, 75 Jahre alt.
- Leonardo Kardinal Sandri, Präfekt der Kongregation für die Orientalischen Kirchen, seit 9. Juni 2007 im Amt, 78 Jahre alt.
- Giuseppe Kardinal Versaldi, Präfekt der Kongregation für das katholische Bildungswesen, seit 31. März 2015 im Amt, 78 Jahre alt.
- Gianfranco Kardinal Ravasi, Vorsitzender des Päpstlichen Rates für die Kultur, seit dem 3. September 2007 im Amt, 79 Jahre alt.
- Michael Kardinal Czerny SJ, Präfekt des Dikasteriums für die Förderung der ganzheitlichen menschlichen Entwicklung, seit 23. April im Amt, 75 Jahre alt.
Die Kongregation für das katholische Bildungswesen und der Päpstliche Rat für die Kultur werden durch die Kurienreform unter einer neuen Bezeichnung zusammengelegt, wodurch die beiden Dikasterienleiter, die Kardinäle Versaldi und Ravasi, automatisch ihre Positionen verlieren, da der neue Leiter neu ernannt werden muß.
Eine Entbindung von Kardinal Czerny, einem Mitbruder von Papst Franziskus aus dem Jesuitenorden und ihm sehr nahestehend, wird nicht erwartet, zumal er ihn erst im vergangenen April an die Spitze des von ihm geschaffenen Dikasteriums mit dem besonders sperrigen Namen berufen hatte.
Mit Kardinal Ouellet, der von Papst Benedikt XVI. ernannt wurde, sich aber schnell in die neuen Gegebenheiten einpaßte, obwohl Franziskus ihn bei den Bischofsernennungen häufig überging, kam es zuletzt wegen der Intrigen gegen Kardinal Rainer Maria Woelki zu Unstimmigkeiten. In der Erzdiözese Köln, mehr aber noch durch die progressive Riege in der Deutschen Bischofskonferenz, gibt es seit Jahren energische Bemühungen, Kardinal Woelki loszuwerden. Er führt aufgrund seines Ranges die konservative Minderheit in der Bischofskonferenz an, die sich in den vergangenen Jahren gegen Interkommunion, Homo-Segnungen und Synodalen Weg stemmte – und dabei jeweils von Papst Franziskus im Stich gelassen wurde. Kardinal Ouellet bemühte sich um eine korrekte Behandlung des Falles und sprach sich deshalb gegen eine Emeritierung Woelkis aus. Von Papst Franziskus wurde daher in der Sache noch keine Entscheidung getroffen. Der deutsche Kardinal hatte ihm im März seinen Rücktritt angeboten. Mit dem Inkrafttreten der Kurienreform und dem erwarteten Wechsel an der Spitze der Bischofskongregation könnte sich auch diesbezüglich etwas ändern.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL