Mit Gabriel Boric wechselt Chile in das linke Abtreibungslager

Die globale Allianz von Establishment und radikaler Linken


Der linksradikale Gabriel Boric wird ab kommendem März als Staats- und Regierungschef die Geschicke Chiles lenken. Kein guter Tag für das Lebensrecht.
Der linksradikale Gabriel Boric wird ab kommendem März als Staats- und Regierungschef die Geschicke Chiles lenken. Kein guter Tag für das Lebensrecht.

(Sant­ia­go de Chi­le) Der 35jährige Abtrei­bungs­be­für­wor­ter Gabri­el Boric hat am Sonn­tag die Stich­wahl der Prä­si­dent­schafts­wahl in Chi­le gewon­nen. Die glo­ba­le Lin­ke und das glo­ba­li­sti­sche Estab­lish­ment hat­ten sich im Wahl­kampf für ihn stark gemacht. Die Unter­stüt­zung von UN-Hoch­kom­mis­sa­rin für Men­schen­rech­te, Michel­le Bache­let, war ihm ohne­hin sicher.

Anzei­ge

Am Abend des 19. Dezem­ber erkann­te der Rechts­an­walt und katho­li­sche Lebens­schüt­zer José Anto­nio Kast sei­ne Nie­der­la­ge gegen den lin­ken Berufs­po­li­ti­ker und Abtrei­bungs­lob­by­isten Gabri­el Boric an. Den ersten Wahl­gang am 21. Novem­ber hat­te Kast noch über­ra­schend mit 28 Pro­zent der Stim­men gewon­nen, gefolgt von Boric mit 26 Pro­zent. Damit fand eine Pola­ri­sie­rung ihren Nie­der­schlag. Die ver­gan­ge­nen 30 Jah­re waren von den bei­den alten Blöcken bestimmt wor­den, die sich am besten mit Bache­lets Sozia­li­sti­scher Par­tei (PS) und der kon­ser­va­ti­ven Reno­va­ci­on Nacio­nal (RN) ihres Gegen­spie­lers Seba­stián Piñera benen­nen las­sen. Ein Staats­ober­haupt darf nicht direkt für ein zwei­tes Man­dat kan­di­die­ren, wes­halb sich Bache­let und Piñera, bei­de waren zwei­mal Prä­si­dent, jeweils abwech­sel­ten. In der Stich­wahl kamen mit Kast und Boric nun zwei neue Gesich­ter zum Zug, die in der Ver­gan­gen­heit Ver­bün­de­te der Vor­ge­nann­ten waren, aber jeweils wei­ter rechts bzw. links ste­hen als die bis­he­ri­gen Kontrahenten.

José Antonio Kast

José Anto­nio Kast

José Anto­nio Kast, gebo­ren 1966, ent­stammt der Poli­tik­er­fa­mi­lie Kast. Sei­ne Eltern waren 1950 aus dem Ober­all­gäu nach Chi­le aus­ge­wan­dert. Die Schul­zeit ver­brach­te er an der deut­schen Schu­le in Sant­ia­go. Sein älte­rer Bru­der, der Öko­nom Micha­el (Miguel) Kast, der noch in Ober­stau­fen gebo­ren wur­de, war Anfang der 80er Jah­re Arbeits­mi­ni­ster unter Mili­tär­dik­ta­tor Augu­sto Pino­chet und 1982 im Alter von erst 32 Jah­ren der jüng­ste Prä­si­dent der Zen­tral­bank von Chi­le. 1983 ist er an Kno­chen­krebs ver­stor­ben. Sein Sohn Pablo Kast ist seit 2018 Abge­ord­ne­ter, sein Sohn Miguel Kast Sena­tor der wirt­schafts­li­be­ra­len und sozi­al­kon­ser­va­ti­ven Par­tei Poli­ti­sche Wei­ter­ent­wick­lung (EVOPOLI). Hans, ein ande­rer Bru­der von José Anto­nio Kast, ist katho­li­scher Prie­ster. Kast selbst gehört der Schön­statt­be­we­gung an und ist prak­ti­zie­ren­der Katholik. 

Die gan­ze Fami­lie Kast ist durch die katho­li­sche Sozi­al­leh­re geprägt, die von der Gre­mi­al-Bewe­gung an der Päpst­li­chen Katho­li­schen Uni­ver­si­tät von Chi­le ver­tre­ten wird, an der meh­re­re Kast-Kin­der stu­dier­ten. Dort lern­te José Anto­nio Kast auch deren Grün­der, den Pro­fes­sor für Staats­recht Jai­me Guz­mán ken­nen. Durch ihn trat Kast dem poli­ti­schen Arm der Bewe­gung, der Unab­hän­gi­gen Demo­kra­ti­schen Uni­on (UDI), bei. 2001 wur­de er erst­mals als Ver­tre­ter die­ser Par­tei in das chi­le­ni­sche Abge­ord­ne­ten­haus gewählt. 2014 erfolg­te sei­ne Wahl in den chi­le­ni­schen Senat. 2016 ver­ließ er die UDI, um bei der Prä­si­dent­schafts­wahl 2017 zu kan­di­die­ren. Im ersten Wahl­gang erhielt er aber nur acht Pro­zent der Stim­men, wor­auf er in der Stich­wahl erneut Seba­stián Piñera unter­stütz­te. Seit­her berei­te­te er sich auf die Prä­si­dent­schafts­wahl 2021 vor und sam­mel­te ein neu­es Bünd­nis um sich, wofür er 2019 die Repu­bli­ka­ni­sche Par­tei (PLR) grün­de­te. Für den zwei­ten Wahl­gang erhielt er die Unter­stüt­zung der UDI, der EVOPOLI und schließ­lich auch der RN.

Gabriel Boric

Sein Kon­tra­hent in der Stich­wahl, Gabri­el Boric, Jahr­gang 1986, stu­dier­te ab 2004 Rechts­wis­sen­schaf­ten, aller­dings an der Uni­ver­si­dad de Chi­le und ohne das Stu­di­um abzu­schlie­ßen. Wäh­rend Kast der Sohn von Ein­wan­de­rern ist, kam die Fami­lie Boric bereits vor vier Gene­ra­tio­nen, Ende des 19. Jahr­hun­derts, aus dem damals öster­rei­chi­schen Dal­ma­ti­en, heu­te Kroa­ti­en, nach Chi­le. Müt­ter­li­cher­seits stam­men sei­ne Vor­fah­ren aus Kata­lo­ni­en. Wie Kast besuch­te auch er eine Pri­vat­schu­le, aller­dings eine bri­ti­sche. Sein Vater war in der links­ka­tho­li­schen Christ­de­mo­kra­ti­schen Par­tei Chi­les (PDC) aktiv, die 1969 den Wahl­sieg des Sozia­li­sten Sal­va­dor Allen­de ermög­lich­te, der 1973 den Mili­tär­putsch Pino­chets zur Fol­ge hatte.

Boric wur­de als Stu­dent in der an Karl Marx und Anto­nio Gram­sci ori­en­tier­ten Auto­no­men Lin­ken (IA) aktiv und 2011 mit 30 Pro­zent der Stim­men zum Vor­sit­zen­den der Stu­den­ten­schaft an der Uni­ver­si­dad de Chi­le gewählt. 2013 gehör­te er zu den Grün­dern der Bewe­gung für eine ver­fas­sungs­ge­ben­de Ver­samm­lung. Im sel­ben Jahr wur­de er für die IA ins chi­le­ni­sche Abge­ord­ne­ten­haus gewählt. Zusam­men mit ande­ren links­ra­di­ka­len Poli­ti­kern grün­de­te Boric 2017, par­al­lel zu sei­ner Ver­fas­sungs­in­itia­ti­ve, den links­ra­di­ka­len Fren­te Amplio zur Über­win­dung des Bipo­la­ris­mus, der Chi­les poli­ti­sche Land­schaft bestimm­te, durch eine neue lin­ke Alternative. 

Wäh­rend der zwei­ten Amts­zeit von Staats­prä­si­dent Piñera gehör­te Boric zu den poli­ti­schen Anfüh­rern der Pro­te­ste, die zu Gewalt und Plün­de­run­gen führ­ten. Dabei waren im Herbst 2019 meh­re­re katho­li­sche Kir­chen in Brand gesteckt wor­den. Die Pro­te­ste führ­ten dazu, daß Bache­lets Links- und Piñe­ras Rechts­block die von ihnen bis dahin abge­lehn­te Durch­füh­rung einer Volks­ab­stim­mung akzep­tier­ten, die über die Ein­be­ru­fung einer ver­fas­sungs­ge­ben­den Ver­samm­lung ent­schei­den soll­te. Damit begann Boric’ gro­ße Stun­de. Beim Volks­ent­scheid vom 26. April 2020 stimm­ten bei einer aller­dings gerin­gen Wahl­bei­tei­lung von 50,9 Pro­zent rund 80 Pro­zent der Wäh­ler für die Ein­be­ru­fung einer ver­fas­sungs­ge­ben­den Ver­samm­lung, die in ihrer Gesamt­heit vom Volk gewählt sein sollte.

Der Umbau der politischen Landschaft

Im ver­gan­ge­nen März wur­de Boric vom Zen­tral­ko­mi­tee der Con­ver­gen­cia Social (CS), eines Bünd­nis­ses, in dem sich die nicht-ortho­do­xe radi­ka­le Lin­ke zusam­men­ge­schlos­sen hat­te, zum Prä­si­dent­schafts­kan­di­da­ten pro­kla­miert. Die übri­ge radi­ka­le Lin­ke, ein­schließ­lich der Kom­mu­ni­sti­schen Par­tei Chi­les, grup­pier­te sich dar­auf als Ver­bün­de­te um ihn. Zugleich fand im Mai die Wahl zur ver­fas­sungs­ge­ben­den Ver­samm­lung statt, die die poli­ti­schen Gleich­ge­wich­te durcheinanderbrachte.

Die bei­den tra­di­tio­nel­len Blöcke ver­lo­ren mas­siv an Boden bzw. ver­schwan­den ganz. Das Rechts­bünd­nis Chi­le vamos von Staats­prä­si­dent Seba­stián Piñera, dem frü­her auch Kast ange­hört hat­te, kam nur mehr auf 20,5 Pro­zent. Das Bache­let-Bünd­nis um die Sozia­li­sti­sche Par­tei nahm sich selbst aus dem Ren­nen. An ihre Stel­le trat die radi­ka­le Lin­ke um Boric, die 18,7 Pro­zent erreich­te. Kon­kur­renz erwuchs ihm aller­dings durch die eben­falls links­ra­di­ka­le Volks­li­ste mit 16,2 Pro­zent, die direkt aus den Pro­te­sten der Vor­mo­na­te her­vor­ge­gan­gen war. 

Dar­auf kam es zu ent­schei­den­den Wei­chen­stel­lun­gen. Bache­let und die Sozia­li­sten unter­stütz­ten Boric, in dem sie den aus­sichts­reich­sten Kan­di­da­ten sahen, die Macht im Land zurück­zu­er­obern. Zugleich wur­de der aus­sichts­reich­ste Kan­di­dat der Volks­li­ste aus for­ma­len Grün­den nicht zur Prä­si­dent­schafts­wahl zuge­las­sen. Damit war auf lin­ker Sei­te der Boden für Boric bereitet.

Nach­dem er den Ein­zug in die Stich­wahl geschafft hat­te, erhielt er auch die Unter­stüt­zung der Christ­de­mo­kra­ten, der Grü­nen und ver­schie­de­ner links­li­be­ra­ler Par­tei­en. Die bei­den alten Blöcke hat­ten sich unter neu­er Füh­rung wie­der zusam­men­ge­fun­den. Boric selbst bezeich­ne­te sein Bünd­nis als „sozia­li­sti­sche, demo­kra­ti­sche und liber­tä­re Lin­ke“, wobei letz­te­res für anar­chi­stisch und femi­ni­stisch steht.

Schmutzkübelkampagne und internationale Unterstützung

Im Wahl­kampf führ­te die Links­al­li­anz mit inter­na­tio­na­ler Medi­en­un­ter­stüt­zung eine bru­ta­le Schmutz­kü­bel­kam­pa­gne gegen Kast, der beschul­digt wur­de, ein Rechts­extre­mist, Sohn eines Nazis und gefähr­li­cher Anti­de­mo­krat zu sein. Ein Blick auf die ver­schie­den­spra­chi­gen Wiki­pe­dia-Ein­trä­ge zu Kast doku­men­tie­ren die Dis­kre­di­tie­rung ein­drucks­voll. Ent­schul­di­gen wird sich für die künst­lich kon­stru­ier­te Kam­pa­gne der Schan­de auch nach sei­ner Nie­der­la­ge wohl nie­mand. Der Angriff ver­wun­der­te aber nicht wirk­lich: Boric hat­te 2018 als Abge­ord­ne­ter Isra­el einen Besuch abge­stat­tet und dabei einen Zwi­schen­stopp in Frank­reich ein­ge­legt, um Ricar­do Pal­ma Sala­man­ca, einen der Mör­der von Jai­me Guz­mán, zu besu­chen, dem Fran­çois Mit­ter­rand dort Asyl gewährt hat­te. Guz­mán, der Grün­der der Gre­mi­al-Bewe­gung an der Katho­li­schen Uni­ver­si­tät von Chi­le und der UDI, war im April 1991 von einem Kom­man­do des Fren­te Patrióti­co Manu­el Rodrí­guez, des bewaff­ne­ten Arms der Kom­mu­ni­sti­schen Par­tei Chi­les, auf dem Uni­ver­si­täts­ge­län­de ermor­det wor­den. Kast hat­te Boric zudem Ende 2018 beim Ethik­ko­mi­tee des Par­la­ments zur Anzei­ge gebracht, weil die­ser ein Foto mit der Lei­che Guz­máns wie eine Tro­phäe behandelte.

Jai­me Guz­mán (Mit­te)

Statt­des­sen freut sich die poli­ti­sche Lin­ke welt­weit, daß mit dem 35jährigen Gabri­el Boric Chi­le zurück­er­obert wer­den konn­te. Boric war es in den Jah­ren zuvor an der Spit­ze der gewalt­tä­ti­gen Pro­test­be­we­gun­gen gelun­gen, den wirt­schaft­li­chen Auf­schwung zunich­te­zu­ma­chen, den Staats­prä­si­dent Piñera ein­ge­lei­tet hat­te. Sein Kon­kur­rent José Anto­nio Kast, der für die Wie­der­her­stel­lung von Recht und Ord­nung und für ein Gemein­we­sen auf der Grund­la­ge der katho­li­schen Sozi­al­leh­re warb, unter­lag ihm jedoch mit 44 Pro­zent der Stimmen.

Kast hat­te für den Fall sei­ner Wahl meh­re­re Maß­nah­men zum Schutz des Lebens von der Emp­fäng­nis bis zum natür­li­chen Tod, zur Stär­kung des Eltern­rechts, für die Kul­tus­frei­heit und die Kul­tur und Iden­ti­tät der Indi­os angekündigt.

Boric, der Ban­ner­trä­ger der radi­ka­len Lin­ken und Kom­mu­ni­sti­schen Par­tei, ver­sprach, alle Maß­nah­men der näch­sten Regie­rung unter einer „femi­ni­sti­schen Per­spek­ti­ve“ zu voll­zie­hen, eine lebens­feind­li­che Poli­tik der „lega­len und kosten­lo­sen Abtrei­bung“ ein­zu­füh­ren und die Gen­der-Ideo­lo­gie durch­zu­set­zen, indem Geschlechts­um­wand­lun­gen in jedem Alter unter Aus­schluß der elter­li­chen Auto­ri­tät mög­lich wer­den sollen.

Chi­les Bischö­fe waren bei den Wah­len fast völ­lig abwe­send. Sie schei­nen noch von den sexu­el­len Miß­brauchs­vor­wür­fen gelähmt, die ein lan­ges Tau­zie­hen mit Papst Fran­zis­kus zur Fol­ge hat­te. Sie boten den Bür­gern kei­ne wirk­li­chen Ori­en­tie­rungs­hil­fen. Erst weni­ge Tage vor dem Urnen­gang for­der­ten sie dazu auf, für Kan­di­da­ten zu stim­men, die sich für die „nicht ver­han­del­ba­ren Wer­te“ ein­set­zen. Einen Ein­fluß auf die Wahl­ent­schei­dung, was ihnen selbst bewußt sein muß­te, hat­te die­se Wort­mel­dung nicht mehr.

Auffällige Zunahme der Wahlbeteiligung

Auf­fal­lend hoch war die Wahl­be­tei­li­gung, so auf­fal­lend, daß sie Zwei­fel auf­wirft. Eine plau­si­ble Erklä­rung steht noch aus. Am ersten Wahl­gang im Novem­ber nah­men 7,1 Mil­lio­nen Wäh­ler teil, an der Stich­wahl aber 8,4 Mil­lio­nen. Am 19. Dezem­ber wur­den um fast ein Fünf­tel mehr Wahl­zet­tel abge­ge­ben als vier Wochen zuvor. An der Wahl zur ver­fas­sungs­ge­ben­den Ver­samm­lung im Mai hat­ten hin­ge­gen kei­ne 6,2 Mil­lio­nen teil­ge­nom­men. Die bis­her höch­ste Wahl­be­tei­li­gung bei einer Prä­si­dent­schafts­wahl seit Wie­der­her­stel­lung der Demo­kra­tie hat­te es im fer­nen 1993 mit 7,3 Mil­lio­nen gege­ben, obwohl Chi­le damals um 30 Pro­zent weni­ger Ein­woh­ner hat­te als heute. 

Die Aus­sicht auf einen poli­ti­schen Rich­tungs­wech­sel kann den aus den Zah­len her­vor­ge­hen­den Ansturm auf die Wahl­ur­nen nicht aus­ge­löst haben, denn dann hät­te er sich bereits bei der Volks­ab­stim­mung 2020 und bei den Wah­len zur ver­fas­sungs­ge­ben­den Ver­samm­lung im Mai niedergeschlagen.

Gabri­el Boric, dem neu­en Staats- und Regie­rungs­chef, kommt es nun zu, die Arbei­ten für die neue Ver­fas­sung zu len­ken. Im Herbst 2022 sol­len die Wäh­ler in einer wei­te­ren Volks­ab­stim­mung über die neue Ver­fas­sung entscheiden.

Michel­le Bache­let, die zwei­mal Chi­les Staats­prä­si­den­tin war und anschlie­ßend jeweils einen hohen Posten bei der UNO erhielt, warf vor der Stich­wahl ihr gan­zes Gewicht als UN-Hoch­kom­mis­sa­rin für Men­schen­rech­te zugun­sten von Boric in die Waag­scha­le. Dabei nütz­te sie die gan­ze Auto­ri­tät ihres Amtes und der UNO, um für den Links­kan­di­da­ten zu wer­ben. Das geschah so scham­los, wie es einem nicht lin­ken Reprä­sen­tan­ten nicht erlaubt wor­den wäre, ohne daß ein Auf­schrei durch die gan­ze Welt gegan­gen wäre. Bache­let miß­ach­te­te die ele­men­tar­sten Regeln der „insti­tu­tio­nel­len Neu­tra­li­tät“. Aller­dings scheint das bei der UNO nie­mand gestört zu haben. Den Main­stream ohne­hin nicht. Kei­ne ein­zi­ge Rück­tritts­for­de­rung wur­de laut.

Die Gewichts­ver­schie­bung auf der poli­ti­schen Rech­ten erfolg­te, weil Staats­prä­si­dent Piñera, ein­ge­schüch­tert von den gewalt­tä­ti­gen Pro­te­sten, die­sen nach­gab und die ver­spro­che­nen Refor­men auf Eis leg­te. Am Ende sei­ner Amts­zeit führ­te er zum all­ge­mei­nen Erstau­nen sogar die „Homo-Ehe“ ein. Kast war es, der dazu eine Gegen­po­si­ti­on for­mu­lier­te, die von nüch­ter­nem Rea­lis­mus und soli­den Grund­la­gen geprägt ist.

Der lin­ke Glo­ba­lis­mus setz­te alle Hebel in Bewe­gung, um Boric zum Sieg zu ver­hel­fen. Nicht nur die UNO mit Bache­let oder die US-Demo­kra­ten mit Biden. Nach­dem der Lite­ra­tur­no­bel­preis­trä­ger Mario Var­gas Llosa als sel­te­ne Aus­nah­me dazu auf­ge­ru­fen hat­te, für Kast zu stim­men, for­der­ten fran­zö­si­sche Intel­lek­tu­el­le sei­nen Aus­schluß aus der Aca­dé­mie fran­çai­se, wegen Unter­stüt­zung eines „auto­ri­tä­ren Kan­di­da­ten“. Abwei­chun­gen vom lin­ken Kanon schei­nen inak­zep­ta­bel. Die dabei auf­tre­ten­den Wider­sprü­che wer­den nicht erkannt.

Die inter­na­tio­na­le poli­ti­sche Lin­ke gra­tu­lier­te Boric begei­stert, allen vor­an die Füh­rer des latein­ame­ri­ka­ni­schen Kom­mu­nis­mus, Sozia­lis­mus und Links­po­pu­lis­mus: Argen­ti­ni­ens Prä­si­dent Alber­to Fernán­dez und sei­ne Vize­prä­si­den­tin Cri­sti­na Fernán­dez, Boli­vi­ens Prä­si­dent Luis Arce, Vene­zue­las Prä­si­dent Nicolás Madu­ro, Kubas Prä­si­dent Miguel Díaz-Canel, Perus Prä­si­dent Pedro Castil­lo, Nica­ra­gu­as Prä­si­dent Dani­el Orte­ga sowie die ehe­ma­li­gen Prä­si­den­ten Rafa­el Cor­rea aus Ecua­dor, Evo Mora­les aus Boli­vi­en und Lula da Sil­va aus Bra­si­li­en. Die UNO, die US-Demo­kra­ten und ver­schie­den­ste Lob­bys haben sich gegen José Anto­nio Kast und für Gabri­el Boric aus­ge­spro­chen.

Die Ver­lie­rer sind die Chi­le­nen. Weni­ge Stun­den nach der Bekannt­ga­be des Wahl­er­geb­nis­ses gab der chi­le­ni­sche Peso gegen­über dem Dol­lar um 7,5 Pro­zent nach. Chi­le­ni­sche Unter­neh­mer äußern sich besorgt über eine mög­li­che Ver­staat­li­chung. Es gibt wenig Grund zur Freu­de. Boric ver­sprach im Wahl­kampf die Eta­blie­rung eines neu­en Systems der Alters­si­che­rung, die erstaun­li­cher­wei­se ver­erb­bar sein soll. Eine sol­che Idee ist biespiellos.

Einst waren es die Grin­gos, die Latein­ame­ri­ka mit der Dul­dung auto­ri­tä­rer Regime unter Kon­trol­le hiel­ten und öko­no­misch aus­beu­te­ten, jetzt sind es mul­ti­na­tio­na­le, vater­lands­lo­se Kon­zer­ne, die sich mit sozia­li­sti­schen Cau­dil­los ver­bün­det haben, um die­sel­be Aus­beu­tung fort­zu­set­zen und zusätz­lich den Ver­stand und die Her­zen der Völ­ker zu kolo­nia­li­sie­ren, letzt­lich zu kontrollieren.

Nach den abtrei­bungs­freund­li­chen Ver­spre­chun­gen der neu­ge­wähl­ten kom­mu­ni­sti­schen Prä­si­den­tin von Hon­du­ras, Xio­ma­ra Castro, von den inter­na­tio­na­len Medi­en eben­falls gefei­ert, wird ab März auch Chi­les Prä­si­dent Boric ver­su­chen, inner­halb weni­ger Wochen ein neu­es radi­ka­les Abtrei­bungs­ge­setz zu verabschieden.

Der Poli­tik­wis­sen­schaft­ler und ehe­ma­li­ge christ­de­mo­kra­ti­sche Abge­ord­ne­te zum EU-Par­la­ment Luca Volon­tè schrieb dazu:

„Nach Wahl­sie­gen, so lehrt Biden, muß man sich bei sei­nen Anhän­gern revan­chie­ren, indem man ihnen erlaubt, Unschul­di­ge zu töten.“

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: MiL/​Wikicommons

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