(Washington) Heute wurde in Baltimore die Herbstvollversammlung der Bischofskonferenz der Vereinigten Staaten von Amerika eröffnet. Bereits vor Tagungsbeginn stand fest, daß es weder zu einer Rüge für US-Präsident Joe Biden wegen seiner Abtreibungs- und Homo-Politik kommen wird, geschweige denn zu dessen Ausschluß vom Kommunionempfang.
Nach den massiven Interventionen durch Santa Marta lautet die inoffizielle Linie, daß eine direkte Kritik am Abtreibungspolitiker Biden vermieden werden soll. Die Frage, um die es seit November 2020, seitdem Biden zum Wahlsieger erklärt wurde, geht, lautet: „Können Politiker wie Biden, die ein ‚Recht‘ auf Abtreibung unterstützen, die heilige Kommunion empfangen“.
Der Entwurf für ein Dokument, mit dem die Bischofskonferenz Stellung nehmen will, wurde in den vergangenen Monaten so abgeschwächt, daß weder Biden noch ein anderer Abtreibungspolitiker namentlich erwähnt und die Abtreibung selbst nur mehr ein einziges Mal genannt wird. Aus dem ursprünglichen Kernthema des Dokuments wurde eine Marginalie. Das Dokument breitet sich nun sehr allgemein über die Eucharistie, deren Verehrung und den würdigen Kommunionempfang aus.
Biden selbst hatte den endgültigen Triumph über die katholische Moral- und Sakramentenlehre verkündet, nachdem er am 29. Oktober von Papst Franziskus in Audienz empfangen worden war. Gleich am nächsten Tag empfing er noch in Rom demonstrativ die heilige Kommunion. Die US-Bischöfe hatten das Nachsehen. Dort agiert ohnehin seit Ende 2020 eine Papst Franziskus nahestehende Minderheit, denen die Kommunionfrage sehr ungelegen ist.
Die Begründung, mit der das zahnlose Papier schöngeredet wird, machte Bischof Michael Olson von Fort Worth in Texas bekannt. Es sei, so der erklärte Biden-Kritiker, beschlossen worden, jede Spur von parteiischer Politik zu vermeiden. Im Klartext: Weil die Abtreibungspolitiker der Demokratischen Partei angehören, sei eine Kritik an ihnen „parteiisch“, weshalb man darauf verzichte. Im Umkehrschluß könnte man sagen, wollte man polemisch sein, daß Bischöfe, die so etwas beschließen, so lange Abtreibungspolitiker der Demokraten nicht kritisieren werden, solange es nicht auch Abtreibungspolitiker der Republikaner gibt, die man dann gleichzeitig kritisieren könnte, um sich nicht dem Vorwurf einer „parteiischen“ Rüge auszusetzen.
Bischof Olson bestätigte gleichzeitig, daß Biden mit seiner Abtreibungshaltung „das Ausmaß des Skandals erhöht“ habe. Deshalb haben einige Bischöfe bereits im Alleingang erklärt, daß sie in ihrem Bistum Biden keine Kommunion spenden werden. Den Auftakt machte Kardinal Wilton Gregory noch im vergangenen Herbst, allerdings in entgegengesetzter Richtung. Er erklärte, gleich nachdem festgestanden hatte, daß Biden ins Weiße Haus einziehen wird, daß dem neuen Präsidenten in seinem Erzbistum Washington die Kommunion nicht verweigert werde.
Den Rest erledigte Papst Franziskus, der Biden am 29. Oktober sogar „eingeladen“ habe, weiterhin die Kommunion zu empfangen, denn der US-Präsident, so das päpstliche Lob, sei ja ein „vorbildlicher Katholik“. Diese aufsehenerregenden Aussagen sind der Öffentlichkeit nur aus Bidens Mund bekannt. Der Vatikan verweigert jeden Kommentar. Es kann aber kein begründeter Zweifel bestehen, daß die Wiedergabe authentisch ist.
Enttäuscht im Regen stehengelassen wurden Amerikas beste Bischöfe, darunter Msgr. Thomas J. Tobin, der Bischof von Providence in Rhode Island. Er hatte Papst Franziskus vor der Audienz aufgefordert, den US-Präsidenten mit dessen Abtreibungshaltung zu konfrontieren. „Bitte fordern Sie Präsident Biden in dieser kritischen Frage heraus“, hatte er den Papst wissen lassen.
Das ganze Jahr hindurch hatten die Franziskus nahestehende Minderheit unter den US-Bischöfen und Franziskus selbst auf verschiedenen Wegen Einfluß auf die US-Bischofskonferenz genommen, um sie vom Vorhaben abzubringen, gegen den US-Präsidenten und andere Abtreibungspolitiker eine faktische Exkommunikation anzustreben. Die Frage ist nicht neu. Sie zieht sich schon viele Jahre hin. Einen ersten Höhepunkt hatte sie 2004 erreicht, als der Katholik und Abtreibungspolitiker John Kerry demokratischer Präsidentschaftskandidat war, allerdings beim Urnengang scheiterte. Kardinal Joseph Ratzinger, damals noch Präfekt der Glaubenskongregation, hatte den Bischöfen eine deutliche Stellungnahme übermittelt, deren Veröffentlichung von diesen aber nie erfolgte. Einer, der damals maßgeblich an der Vertuschung beteiligt war, war Kardinal Theodore McCarrick, der Päderast im Kardinalspurpur, der 2018 die Kardinalswürde verlor und 2019 laisiert wurde.
Die offenbar erfolgreiche Intervention von Santa Marta löst aber nicht das Dilemma der US-Bischöfe. Bischof Thomas Tobin, nicht zu verwechseln mit dem progressiven Kardinal Joseph Tobin, Erzbischof von Newark, sprach das Dilemma an:
„Die beharrliche Unterstützung der Abtreibung durch Biden ist eine Peinlichkeit für die Kirche und ein Skandal für die Welt.“
Die progressiven Bischöfe betonen hingegen die Einheit. In einem Moment der politischen Polarisierung des Landes müsse sich die Bischofskonferenz davor hüten, sich auseinanderzudividieren. Die wirkliche Botschaft ist kaum zu überhören: keine Verurteilung von Joe Biden.
Auf der Bischofskonferenz werden kämpferische Wortmeldungen erwartet. Das zahnlos gemachte Dokument wird aber als „Kompromiß“ präsentiert und unter diesem Vorzeichen aller Voraussicht nach die nötige Mehrheit erhalten.
Warum Santa Marta und eine Minderheit der US-Bischöfe eine Verurteilung unbedingt verhindern wollen, wird am Beispiel von US-Senator Dick Durbin deutlich. Er ist die Nummer zwei der demokratischen Senatoren. Seit 17 Jahren ist er wegen seiner Abtreibungshaltung in seiner Heimatdiözese Springfield im Staat Illinois von der Kommunion ausgeschlossen. Er besucht laut eigenen Angaben die Messe inzwischen im Erzbistum Chicago, wo er willkommen sei. Aber „unbehaglich“ finde er diese Situation schon.
Santa Marta geht es um die große Politik. Die Wahl Bidens machte eine Zusammenarbeit mit dem mächtigsten Mann der Welt möglich. Die Kommunionfrage überschattete dieses Zusammenwirken, das Papst Franziskus gegenüber Donald Trump abgebrochen hatte, obwohl dieser für das Lebensrecht der ungeborenen Kinder eingetreten war. Die Lebensrechtsfrage stellt für Santa Marta jedoch keine Priorität dar.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: VaticanMedia (Screenshot)
In jeder Diözese ist der Bischof verantwortlich. Und er wird diese Verantwortung vor dem Herrn nicht auf eine Konferenz abwälzen können.