(New York) Hängt die Zulassung zu den Sakramenten vom jeweiligen Amt ab? Dieser Meinung scheint Msgr. Wilton Gregory, der Erzbischof von Washington, zu sein. Er werde Joe Biden, dem Abtreibungsbefürworter, der vielleicht nächster US-Präsident wird, die heilige Kommunion spenden. Gregory wird von Papst Franziskus am Samstag zum Kardinal kreiert.
Mit Msgr. Gregory, der sich wegen des Konsistoriums zu seiner Aufnahme in das Kardinalskollegium gerade in Rom aufhält, sprach CNS, die Presseagentur der Amerikanischen Bischofskonferenz.
Gefragt nach seinem Verhältnis zu Biden sagte Msgr. Gregory, daß es eine Gesprächsebene gebe. Wörtlich meinte er:
„Ich hoffe, es ist ein echter Dialog, denn ich denke, das ist das Mantra von Papst Franziskus – daß wir eine Kirche im Dialog sein sollten, auch mit denen, mit denen wir ernsthafte Meinungsverschiedenheiten haben.“
„Ernsthafte Meinungsverschiedenheiten“ und die Zulassung zur heiligen Kommunion sind allerdings ganz unterschiedliche Ebenen. Wer an der Tötung eines ungeborenen Kindes mitwirkt oder die Abtreibung unterstützt, ob als Gesetzgeber oder durch Propaganda, befindet sich in einer schweren Sünde und ist laut katholischer Lehre von den Sakramenten ausgeschlossen. In Europa haben sich die Bischöfe um diese Frage zumeist herumgedrückt, in den USA wurde diese offene Wunde aber nicht weggewischt. Im Episkopat gibt es daher Bischöfe, die die Kommunionspendung an Abtreibungspolitiker verweigern, was regelmäßig zum Eklat führt. Es gibt aber auch Bischöfe, die wie in Europa eine Konfrontation mit den Regierenden meiden – besonders zu den „nicht verhandelbaren Werten“, die nicht zu ihrer obersten Priorität gehören. Erzbischof Gregory stellte gegenüber CNS klar, auf welcher Seite er steht. Das wußte man bereits vorher, allerdings nicht explizit für den Fall, daß der Katholik Joe Biden US-Präsident werden sollte. Es war somit vor allem eine Botschaft an Biden und seinen Anhang.
Für Erzbischof Gregory scheint die Zulassung zu den Sakramenten somit eine Frage des Amtes zu sein, das ein Katholik ausübt. Wird ein solcher Katholik US-Präsident, steht er über der kirchlichen Moral- und Sakramentenlehre. Er darf die heilige Kommunion empfangen, auch wenn er sich – wie im Wahlkampf geschehen – ausdrücklich zur Abtreibungsagenda, zu Homo-Privilegien und zur Gender-Ideologie bekennt. Erzbischof Gregory verbaut der Kirche auch in Zukunft den Weg, einen Entzug der Zulassung zu den Sakramenten für einen Präsidenten Biden auszusprechen, ganz unabhängig von der Wiederaufnahme der Abtreibungspolitik der vorigen demokratischen Präsidenten Clinton und Obama. Was hätte sich dann gegenüber heute oder gegenüber den acht Jahren von Bidens Vizepräsidentschaft unter Obama geändert?
Der künftige Kardinal begründete seine Haltung unter Verweis auf die bisherige Praxis in Washington, daß Joe Biden in seinen acht Jahren als Vizepräsident (2009–2017) die Kommunion erhalten habe.
„Ich werde nicht davon abweichen“, so Gregory.
Die Praxis, daß Biden die heilige Kommunion empfangen konnte, obwohl die Regierung Obama eine radikale Abtreibungspolitik betrieb, geht auf die beiden Vorgänger von Gregory als Erzbischöfe von Washington zurück, die Kardinäle Theodore McCarrick und Donald Wuerl. Beide stürzten über den sexuellen Mißbrauchsskandal. McCarrick wurde die Kardinalswürde entzogen und sogar laisiert. Wuerl wurde emeritiert. Auch Msgr. Gregory wird dem McCarrick-Kreis zugerechnet. Papst Franziskus wollte das Bistum, in dem sich die politische Macht in den USA konzentriert, in Händen belassen, die sein „pastorales Verständnis“ unterstützen. Genau das wurde von Msgr. Gregory angekündigt, wenn er zwei Monate vor der Amtseinführung des nächsten US-Präsidenten klarstellte, daß Joe Biden, sollte er Präsident werden, keinen „Eklat“ zu befürchten haben werde, sondern sorglos zur Kommunion gehen könne.
Im vergangenen Jahr hatte ein Priester Biden die Kommunion verweigert. In der darauf folgenden Polemik verteidigte Kardinal Raymond Burke den Priester. Auch eine Stellungnahme von Kardinal Burke im vergangenen September wurde als Aufforderung an Biden gelesen, woran LifeSiteNews erinnert:
„Ein Katholik darf Abtreibung in keiner Form unterstützen, da dies eine der schwersten Sünden gegen das menschliche Leben ist und immer als an sich böse angesehen wurde.“
Wenige Tage vor den Präsidentschaftswahlen wiederholte Kardinal Burke seine Kritik, indem er in Zweifel zog, daß Biden ein „frommer Katholik“ sei, da seine Bekenntnisse eine erschreckende Bilanz zeigen, die das Leben der ungeborenen Kinder mißachte.
„Die große Dunkelheit in unserer Nation kommt vom massiven Abschlachten der Ungeborenen, dem Angriff auf die Familie, der ganzen Gender-Theorie… und jetzt dem Angriff auf die Religionsfreiheit.“
Erzbischof Gregory, der Biden im voraus einen roten Teppich ausrollte, war gegenüber US-Präsident Trump bisher weniger freundlich. Er rügte lautstark die verantwortlichen Priester am Saint John Paul II National Shrine in Washington allein deshalb, weil sie Donald Trump und dessen Frau zu einem lange geplanten Besuch empfangen hatten.
Kurzum: Der bloße Besuch eines politisch nicht genehmen US-Präsidenten in einem Nationalheiligtum wird gerügt, während einem politisch genehmen US-Präsidenten – sollte Biden es werden – trotz seiner Abtreibungshaltung vorab bescheinigt wird, die heilige Kommunion empfangen zu können.
Ist das das “pastorale Verständnis” von Papst Franziskus, der Msgr. Gregory 2019 zum Erzbischof von Washington ernannte?
Joe Biden erklärte gestern, eine „wirklich progressive Agenda“ vorzubereiten, sollte er Präsident werden. Von Papst Franziskus weiß man, welche Vorlieben er für linke Politiker hegt und daß er für Bischofsstühle die „progressivsten Kandidaten“ sucht. So trifft sich die „progressive Agenda“ Bidens mit der progressiven Kirche.
Msgr. Joseph Strickland, der Bischof von Tyler in Texas, erklärte unterdessen, daß die umstrittenen Glückwünsche der Amerikanischen Bischofskonferenz an Joe Biden nach der Präsidentschaftswahl nicht in seinem Namen erfolgten. Eine klare Distanzierung.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL