Entwarnung im Erzbistum Bologna nach Traditionis custodes – vorerst?

Kardinal Zuppi auf Distanz zu Santa Marta?


Das Dekret, mit dem Kardinal Matteo Zuppi das Motu proprio Traditionis custodes in seinem Erzbistum in einem ersten Schritt umsetzt.
Das Dekret, mit dem Kardinal Matteo Zuppi das Motu proprio Traditionis custodes in seinem Erzbistum in einem ersten Schritt umsetzt.

(Rom) Tröpf­chen­wei­se reagie­ren die Diö­ze­san­bi­schö­fe auf das Motu pro­prio Tra­di­tio­nis cus­to­des und tref­fen erste Ent­schei­dun­gen zu des­sen Umset­zung. Die­se fal­len ganz unter­schied­lich aus. Die Stoß­rich­tung des Motu pro­prio kön­nen sie weder ändern noch über­win­den. Zu den Bischö­fen, die bereits reagiert haben, gehört auch jener von Bolo­gna, der als Papa­bi­le gehan­delt wird.

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Das Erz­bis­tum Bolo­gna, tra­di­tio­nell mit der Kar­di­nals­wür­de ver­bun­den, wird seit 2015 von Matteo Maria Zup­pi gelei­tet, dem rang­höch­sten Ver­tre­ter, da ein­zi­ger Kar­di­nal, der Gemein­schaft von Sant’Egidio. Mit Zup­pi löste Papst Fran­zis­kus Kar­di­nal Car­lo Caf­farra ab, einen der vier Kar­di­nä­le, die Fran­zis­kus Dubia (Zwei­fel) zum umstrit­te­nen nach­syn­oda­len Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia vor­leg­ten, ohne eine Ant­wort zu erhal­ten. Kar­di­nal Caf­farra ist im Sep­tem­ber 2017 verstorben.

Was aber wur­de von Kar­di­nal Zup­pi zu Tra­di­tio­nis cus­to­des entschieden?

Sei­ne Erst­re­ak­ti­on ähnelt jener eines ande­ren Berg­o­glia­ners, des Kar­di­nals Bla­se Cupich, des Erz­bi­schofs von Chi­ca­go. Mehr oder weni­ger bleibt vor­erst alles gleich. Der Zele­bra­ti­ons­ort des über­lie­fer­ten Ritus in der Kir­che San­ta Maria del­la Pie­tà von Bolo­gna, den Kar­di­nal Caf­farra errich­tet und des­sen Prie­ster er mit der Zele­bra­ti­on im über­lie­fer­ten Ritus beauf­tragt hat­te, bleibt bestehen. Die Beto­nung liegt aller­dings auf „mehr oder weni­ger“ und „vor­erst“.

Kar­di­nal Zup­pi erließ am 25. Juli ein ent­spre­chen­des Dekret. Allein die recht­li­che Form sei­ner Inter­ven­ti­on läßt erken­nen, daß sich durch Tra­di­tio­nis cus­to­des (TC) etwas geän­dert hat. Der über­lie­fer­te Ritus, die Prie­ster und Gläu­bi­gen, ver­fü­gen über kei­ne tra­gen­de Rechts­grund­la­ge mehr. Sie hän­gen viel­mehr in der Luft und sind vom Wohl­wol­len oder den Lau­nen des jewei­li­gen Bischofs abhän­gig. Ent­spre­chend wur­de auch von Kar­di­nal Zup­pi vor­ge­gan­gen. Sein Dekret ent­hält sechs Punkte:

  1. Die Fort­set­zung der Mes­se nach dem Mis­sa­le von 1962 (Art. 2 TC) wird erlaubt.
  2. Die­se wird an Sonn­ta­gen und gebo­te­nen Fei­er­ta­gen statt­fin­den (Art. 3 § 3 TC).
  3. Sie wird wei­ter­hin, für den Moment, in der Kir­che San­ta Maria del­la Pie­tà abge­hal­ten, wenn­gleich Pfarr­kir­che, in Erwar­tung, eine geeig­ne­te Kir­che aus­fin­dig zu machen, die nicht Pfarr­kir­che ist (Art. 3 § 2 TC).
  4. Beauf­trag­ter für die Zele­bra­ti­on und Seel­sor­ge für die teil­neh­men­den Gläu­bi­gen ist Msgr. Mas­si­mo Min­gar­di (Art 3 § 4 TC).
  5. Den Bestim­mun­gen von TC ent­spre­chend müs­sen even­tu­el­le ande­re Zele­bra­tio­nen gemäß dem Mis­sa­le Roma­num von 1962 ein­zeln auto­ri­siert wer­den (Art. 2 TC).
  6. Die Prie­ster, die beab­sich­ti­gen mit dem Mis­sa­le Roma­num von 1962 zu zele­brie­ren, müs­sen dazu gemäß Art. 4 oder Art. 5 TC auto­ri­siert werden.

Zuvor erin­ner­te der Erz­bi­schof in sei­nem Dekret, daß 2007, gleich nach dem Inkraft­tre­ten des Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum, von sei­nem Vor­gän­ger Kar­di­nal Caf­farra der Meß­ort in der Pfarr­kir­che San­ta Maria del­la Pie­tà errich­tet wur­de. Im Unter­schied zu Kar­di­nal Cupich betont Kar­di­nal Zup­pi, daß die­ser Meß­ort „bereits den von Tra­di­tio­nis cus­to­des vor­ge­se­he­nen Merk­ma­len ent­spricht“, wes­halb die Vor­aus­set­zun­gen gege­ben sei­en, das neue Motu pro­prio im Erz­bis­tum Bolo­gna umzusetzen.

Damit wider­spricht Kar­di­nal Zup­pi fak­tisch Papst Fran­zis­kus, indem er her­aus­streicht, an dem in sei­nem Erz­bis­tum von sei­nem Vor­gän­ger errich­te­ten Meß­ort kei­ne „spal­ten­de“, qua­si „sek­tie­re­ri­sche“ Stim­mung vor­zu­fin­den, die Fran­zis­kus undif­fe­ren­ziert der gesam­ten Tra­di­ti­on unter­stellt und mit der er Tra­di­tio­nis cus­to­des rechtfertigt. 

Distan­ziert sich die Gemein­schaft Sant’Egidio gar von San­ta Mar­ta? Eine Ant­wort dar­auf ist ver­früht. Tat­sa­che ist, daß Kar­di­nal Zup­pi in sei­ner Zeit als Weih­bi­schof von Rom selbst zwei­mal im über­lie­fer­ten Ritus zele­brier­te. Er sei dar­um gebe­ten wor­den und habe es ger­ne getan, wie er am 28. Okto­ber 2015, einen Tag nach sei­ner Ernen­nung zum Erz­bi­schof von Bolo­gna, dem Cor­rie­re del­la Sera sagte.

Ins­ge­samt erin­nert der Kar­di­nal in sei­nem Dekret zugleich die Prie­ster sei­nes Bis­tums an die Auf­for­de­rung von Papst Fran­zis­kus, daß „jede Lit­ur­gie mit Anstand und Treue zu den lit­ur­gi­schen Büchern, in denen sich die vom Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil gewoll­te Lit­ur­gie­re­form wider­spie­gelt, ohne Exzen­trik, die leicht in Miß­bräu­che ent­ar­ten kann, zele­briert werde“.

Der Kar­di­nal fügt dem hinzu:

„Die lit­ur­gi­sche Tra­di­ti­on, die unse­rer Orts­kir­che einen unver­wech­sel­ba­ren Stem­pel auf­ge­drückt hat, ist ein mit erneu­er­ter Lie­be und Hin­ga­be zu pfle­gen­der Gar­ten, ohne uns jemals mit Müdig­keit  und Träg­heit abzu­fin­den, die – auch wenn sie nicht in Miß­brauch ent­ar­ten – die außer­or­dent­li­che Kraft der Lit­ur­gie schwä­chen, aus der die Kir­che her­vor­geht und sich immer erhebt.“

Es gibt bereits Stim­men, die der Mei­nung sind, der Erz­bi­schof von Bolo­gna habe mit sei­ner Reak­ti­on auf Tra­di­tio­nis cus­to­des sei­ne Kan­di­da­tur im näch­sten Kon­kla­ve ange­mel­det, um den ulti­ma­ti­ven Schritt für die Gemein­schaft von Sant’Egidio zu set­zen. Dabei set­ze er auch auf die Stim­men der kon­ser­va­ti­ven Papst­wäh­ler. Tat­sa­che ist, daß Kar­di­nal Zup­pi bereits in der Ver­gan­gen­heit neben Kar­di­nal Tag­le und Kar­di­nal Kra­jew­ski als Papa­bi­le genannt wur­de. Wei­ter­ge­hen­de Über­le­gun­gen sind zu gewagt, denn selbst falls Kar­di­nal Zup­pi sich wirk­lich in die­sem Punkt von Fran­zis­kus abhe­ben woll­te, müß­te sich erst zei­gen, ob er und San­t’E­gi­dio das gegen San­ta Mar­ta durch­hal­ten wür­den. Vor allem ist Tra­di­tio­nis cus­to­des grund­sätz­lich auf eine Besei­ti­gung des über­lie­fer­ten Ritus aus­ge­rich­tet, was aber etap­pen­wei­se erreicht wer­den soll. Fran­zis­kus war es, der in sei­nem Gesetz den ein­zel­nen Diö­ze­san­bi­schö­fen die Zustän­dig­keit über­trug, den Zeit­punkt und die Form zu ent­schei­den, mit denen der über­lie­fer­te Ritus abge­würgt wer­den soll. Das akzep­tiert da und dort mehr oder weni­ger lan­ge Übergangsfristen.

„Für den Moment“ wird also Ent­war­nung in Bolo­gna gege­ben. Der über­lie­fer­te Ritus muß jedoch aus den Pfarr­kir­chen wei­chen. Für die­se taugt er laut Papst Fran­zis­kus nicht mehr.

Was aber ist mit den ande­ren Meß­or­ten und Prie­stern des über­lie­fer­ten Ritus im Erz­bis­tum Bolo­gna, z. B. mit Don Alfre­do Mor­sel­li, einem der bekann­te­sten ita­lie­ni­schen Prie­ster­ge­stal­ten der Tra­di­ti­on und Erz­prie­ster von San Bene­det­to del Quer­ce­to, der, obwohl 1986 zum Diö­ze­san­prie­ster geweiht, immer im über­lie­fer­ten Ritus zelebrierte?

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Chies​adi​bo​lo​gna​.it (Screen­shot)

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1 Kommentar

  1. Sieht der Kar­di­nal die Gerech­tig­keit ver­letzt und reagiert des­halb hin­hal­tend? Sei­ne Aus­sa­ge, er habe es ger­ne getan, deu­tet auf ein zumin­dest freund­li­ches Ver­hält­nis zur Tradition.

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