
Von Wolfram Schrems*
Der emeritierte Dozent für Klassische Philologie an der Universität Bonn Heinz-Lothar Barth, von dem schon einige Bücher auf dieser Seite besprochen wurden, legte im vergangenen Frühjahr eine neue umfangreiche Publikation vor. In ihr wird die theologische Linie von Papst Franziskus kritisch untersucht.
Es handelt sich um eine Kompilation von Artikeln, die in der Kirchlichen Umschau, in der Una Voce Korrespondenz und anderswo erschienen sind. Diese wurden für die gegenständliche Publikation überarbeitet.
Barth geht im wesentlichen chronologisch vor: Der Bogen spannt sich von dem ersten Interview mit dem Atheisten und Freimaurer Eugenio Scalfari, über Aussagen anläßlich der Bischofssynode 2014, zur „Liturgiereform“ und zum Geschick des Judas, über die Apostolische Exhortation Amoris laetitia (2016), der besonders viel Raum gewährt wird, und über die Erklärung von Lund über das katholisch-lutherische Verhältnis (2016) und die berüchtigte Erklärung von Abu Dhabi (2019) bis hin zur Amazonassynode (2019). Im letzten Kapitel stellt Barth die Frage, ob Franziskus nicht oder nicht mehr rechtmäßiger Papst ist.
Den Anhang bildet ein sehr lesenswerter Aufsatz von Weihbischof Athanasius Schneider zur Frage eines häretischen Papstes.
Grundaussage: ein Papst als Verwirrer, aber eben ein Papst
Barth analysiert die meist langatmigen, unklaren und tendenziell häretischen Kundgebungen von Papst Franziskus. Er kontrastiert sie mit der gesunden Theologie, wie sie sich aus dem Glauben der Kirche ergibt. Dabei wird bestätigt, was den Lesern dieser Seite und vielen anderen Katholiken und Nicht-Katholiken schon lange klar geworden ist: Dieser Papst agiert nicht, wie es ein Stellvertreter Christi tun sollte, sondern, wie es der Buchtitel sagt, als Verwirrer. Neben manchem Richtigem und Schönem, das Barth nicht verschweigt, sind eben das Verwirrende, das Falsche und das Skandalöse in den päpstlichen Aussagen prominent. Eine klare kirchliche Theologie sucht man vergebens. In gewisser Hinsicht wird das auch von Franziskus selbst zugegeben:
„Franziskus (…) kokettiert sogar gerne mit einer gewissen Unerfahrenheit in der Theologie. ‚Ich bin kein Theologe‘, hört man so oder ähnlich häufiger aus seinem Mund“ (115).
Aber natürlich kann das für einen Papst keine Entschuldigung sein: Was beispielsweise der in der Anfangszeit seines Pontifikats (Evangelii gaudium, 2013) und später (Gaudete et exsultate, 2018) immer wieder als Keule ins Spiel gebrachte „Pelagianismus“ wirklich ist, scheint er nicht zu wissen. Oder er weiß es und setzt den Fachausdruck, der genau definiert ist, bewußt falsch ein. Das ist symptomatisch für dieses Pontifikat.

Barth weist allerdings mit guten Gründen die Meinung zurück, daß Franziskus wegen seiner verwirrenden und skandalösen Amtsführung und häresieaffinen Aussagen nicht mehr Papst wäre oder überhaupt nie rechtmäßig zum Papst gewählt worden wäre. Der Rücktritt von Benedikt ist nach Barth zweifelsfrei gültig und rechtswirksam. Und obwohl die St.-Gallen-Gruppe nach eigener Angabe zur Wahl von Franziskus konspiriert hatte, kam diese Wahl, obwohl „vermutlich nicht moralisch einwandfrei“ (750), rechtmäßig zustande. Eine sedisvakantistische Position ist unhaltbar. Benedikt ist darüber hinaus nicht mehr Papst – wiewohl auch dessen ebenfalls verwirrendes Verhalten skandalös ist. Deshalb geht Roberto de Mattei „zu Recht mit Benedikt streng ins Gericht, weil er seinen Posten ohne Not verlassen hatte und damit eine gewisse Mitverantwortung für das derzeitige Dilemma trägt, das man vielleicht doch hätte vorhersehen können“ (745).
Barth meint, daß Papst Franziskus nicht als formaler Häretiker zu erweisen sei (759).
Weihbischof Schneiders Beitrag im Anhang ist zu entnehmen, daß niemals in der Kirchengeschichte ein Papst wegen Häresie abgesetzt wurde. Es gibt auch kein kirchenrechtliches Prozedere dazu. Die Lehre von St. Robert Bellarmin SJ, daß ein häretischer Papst ipso facto sein Amt verliere, ist nach Schneider keine kirchliche Lehre. Sie könnte auch nicht in der Praxis durchgesetzt werden. Papst Honorius I. (625–638) wurde zwar wegen Häresie verurteilt, aber erst posthum. Nach Schneider ist ein häretischer (bzw. ein häresieaffiner) Papst ein zeitweilig der Kirche auferlegtes Kreuz, das die Gläubigen eben annehmen müssen.
Wichtige Details
Die Papstaussagen werden vom Autor als Aufhänger für weiterführende Erörterungen benützt. Dabei kommt der Autor auf für unsere Zeit wichtige Fragen zu sprechen.
Besonders wichtig scheinen dem Rezensenten in Anbetracht einschlägiger weitverbreiteter Verwirrungen folgende Details:
- Barth legt anhand von Joh 8,56ff, der Paulusbriefe und der gesamten Tradition dar, daß sich das pharisäische und in weiterer Folge talmudische Judentum nicht auf Abraham berufen kann. Der Islam auch nicht. Das ist eine der besten Stellen des Buches. Sie widerlegt das dumme Gerede von der „Abrahamitischen Ökumene“ (214ff).
- Wichtig ist auch die Analyse der Zitierpolitik von Papst Franziskus. Das betrifft etwa das Commonitorium des hl. Vinzenz von Lérins in Querida Amazonia Nr. 66 und den hl. Thomas von Aquin und Familiaris consortio von Johannes Paul II. in Amoris laetitia. Dabei erweist sich der Papst als Meister der Manipulation:
„Sein Umgang mit Zitaten ist (…) immer wieder erschütternd, da von Ideologie und nicht vom Ethos sauberer Wissenschaft geprägt“ (263). Der Papst betreibt einen „Mißbrauch von Zitaten, die gegen die katholische Aussageabsicht ihrer Verfasser von Franziskus ausgelegt werden“ (360).
- Besonders für österreichische Leser wird von Interesse sein, wie massiv Barth den Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, für dessen „Dreistigkeit“ kritisiert, die Aussage des hl. Paulus in Röm 11,32 aus dem Zusammenhang zu reißen und zugunsten der Amoris laetitia-Propaganda zu „mißbrauchen“ (364).
- In der bereits am 15. August 2017 veröffentlichten Botschaft des Papstes zum „Welttag des Migranten und des Flüchtlings“ am 14. Jänner 2018, wo die persönliche Sicherheit des einzelnen Migranten der nationalen Sicherheit (also dem Gemeinwohl) übergeordnet wird, ist „ein ungeheurer und gefährlicher Irrtum“ (396).
- Papst Franziskus räumte einmal selbst ein, daß er es mit der Wahrhaftigkeit nicht immer genau nimmt. So habe er gegenüber dem ägyptischen Jesuiten Samir Khalil Samir am 6. Juni 2016 zugegeben, daß es für ihn wichtig gewesen sei, wieder Treffen mit der Al-Azhar-Universität durchzuführen, „und dafür müßte man das Beste sagen“ (643). Das bezog sich auf die von Franziskus zuvor bewußt getätigte Falschaussage, daß es keinen „islamischen Terrorismus“ gäbe. Damit erkaufte er sich das Wohlwollen der islamischen Seite. Aber wir können fragen: Um welchen Preis? Und welches Wohlwollen? Und natürlich ist das Abu-Dhabi-Abkommen, „eine beispiellose Erniedrigung der Kirche Christi“ (697), unaufrichtig und Augenauswischerei:
„Sind also die beiden Religionsführer [der Papst und der Großscheich der Al-Azhar-Universität] hier in einem Akt bewußter Täuschung ihrer Mitmenschen und der ganzen Welt miteinander vereint? Oder kann man dem Papst wirklich eine solche Unkenntnis unterstellen, daß er nicht wissen sollte, wie weit die Zugeständnisse seines Dialogpartners von der wahren islamischen Lehre und der realen Praxis der Muslime entfernt sind?“ (687)
Weder Täuschungsabsicht noch Ignoranz wären entschuldbar.
Daß man beides einem Papst zutrauen muß, kennzeichnet unsere dunkle Zeit.
Würdigung
In einer Zeit, in der der Petrusnachfolger offen und wiederholt den Glauben der Kirche unterminiert und Gift im Kirchenvolk verbreitet, bietet die gegenständliche Publikation Glaubensstärkung und Gegengift.
Dabei wird unter anderem klar, daß die Kirche mit dem II. Vaticanum einen grundsätzlich und nicht nur in Details falschen Weg eingeschlagen hat. Dieser wurde von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. nicht wirksam korrigiert. Dr. Barth zeigte das in mehreren hier besprochenen Büchern bereits auf.
Barth ist bekanntlich mit der Priesterbruderschaft St. Pius X. verbunden, die ihrerseits seit 50 Jahren den Irrweg des II. Vaticanums analysiert und diesem gegenzusteuern sucht. Trotz dieser Verbundenheit scheut sich aber Barth nicht, gute Publikationen, die nicht aus dem Binnenraum der Piusbruderschaft stammen, etwa aus der Priesterbruderschaft St. Petrus, zustimmend zu zitieren. Diese Offenheit für das Gute und Wahre, wo es sich findet, zeichnet Barth aus. Man kann auch hoffen, daß Barth damit zur Beendigung sinnloser Animositäten beiträgt.
Darüber hinaus überblickt Barth neben den Primärquellen und wissenschaftlicher und populärwissenschaftlicher Literatur eine Fülle von kirchlichen und weltlichen Medienprodukten. Er kennt also sowohl die Grundlagen und weiß gleichzeitig um die aktuellen Vorgänge Bescheid. Niemand kann ihm daher Ignoranz oder Engstirnigkeit vorwerfen. Barth besitzt auch das wissenschaftliche Ethos, nicht nur Quellen genau zu zitieren, sondern auch Informations- und Ideenlieferanten namentlich zu nennen, bis hinunter zu diesem Rezensenten. Mehr wissenschaftliche Redlichkeit geht nicht mehr.
Einige – kleine – Kritikpunkte seien der Vollständigkeit halber genannt:
Barth ist, wie gesagt, Wissenschaftler und wägt daher seine Beurteilungen genau ab. Das ist seine Stärke. Es kann aber auch zur Schwäche werden, wenn er zu allzu verhaltenen Formulierungen bezüglich der Katastrophen des derzeitigen Pontifikats tendiert, wo aber doch aufgrund des von ihm selbst ausgeführten Kontextes eine schärfere Formulierung angebracht wäre. Auch die Tendenz, zum Irrtum führende Aussagen des Papstes zu „retten“, ist sehr stark, kann sich aber aus dem Gesamtkontext nicht rechtfertigen („Da mögen gute Absichten dahinter stehen“ [487]. Nämlich bei der Überbetonung der Barmherzigkeit Gottes gegenüber dessen Gerechtigkeit. Mit welchem Grund soll man hier, nämlich bezogen auf Amoris laetitia, Nr. 311, immer noch „gute Absichten“ unterstellen?). Und wo sich eine „Wertung“, nämlich die angebliche Bedeutung der „Mutter Erde“, überhaupt nicht „in einen christlichen Zusammenhang eingliedern läßt“, soll man nicht abschwächend schreiben: „nur schwer“. Die discretio spirituum verlangt manchmal ein klares Nein. (Andererseits kann Barth durchaus deutlich sein. So bezeichnet er das interreligiöse Gebet des Papstes in Sarajevo am 6. Juni 2015 als „erschütternden Skandal, durch den die ganze christliche Botschaft letztlich relativiert wird“ [214].)
Zweitens kritisiert der Autor einen Artikel von Giuseppe Nardi auf dieser Internetseite. Nardi berichtete am 8. Mai 2019, daß Papst emeritus Benedikt XVI. zwei neue Bücher als „Benedictus PP XVI“ veröffentlicht hatte, und kommentierte: „Die Hinzufügung PP zum Papstnamen weist den Namensträger als amtierenden Papst aus. Anders ausgedrückt: Es handelt sich in jeder formalen Hinsicht um die Unterschrift eines Papstes.“ Daran knüpfte Nardi einige kritische Fragen, ohne aber zu definitiven Schlußfolgerungen bezüglich der Gültigkeit des Rücktritts von Benedikt zu kommen: „Fest steht, daß solche ‚Fehler‘ nicht zur Klarheit beitragen, vielmehr das Gegenteil begünstigen.“ Barth wirft Nardi aber vor, dieser habe damit gesagt, Benedikt „nehme also weiter sein Amt wahr“, was „absurd“ und ein „Unsinn“ sei (746). Nardi hat das aber nicht so gesagt, sondern blieb seinerseits sehr vorsichtig. Hier wäre eine genauere Analyse durch Barth sicher am Platz gewesen.
Inwieweit drittens „gerade der Bundesrepublik Deutschland eine besondere Verantwortung“ für die „Unversehrtheit“ des jüdischen Volkes „obliegt“ (404), ist dem Rezensenten nicht klar. Diese Pflicht wird zwar durch die offizielle Geschichtspolitik dekretiert und hat eine massive finanzielle Komponente, sie müßte aber moralphilosophisch, juristisch und auch theologisch diskutiert und überprüft werden.
Es wäre vielleicht gut gewesen zu erklären, was „Neu-Pelagianismus“ (s. o.) sein soll und was nicht (136). Die Verwendung des Ausdrucks „Nominalismus“ (150) erscheint dem Rezensenten in diesem Zusammenhang unglücklich.
Bezüglich der Kontakte des damaligen Jesuitenprovinzials Bergoglio zur argentinischen Militärjunta (157) ist Barth ebenfalls zögerlich, wenn man in Betracht zieht, wie unschmeichelhaft Henry Sire in Der Diktatorpapst über das Zusammenwirken Bergoglios mit der Junta geschrieben hat. Es wäre darüber hinaus sehr interessant zu erfahren, was der ungarischstämmige Jesuit P. Franz Jálics, der einige Zeit in argentinischer Haft verbrachte, dazu zu sagen hätte, wenn man ihn ließe.
Die Zusammenstellung älterer Artikel kann schließlich zur Weitschweifigkeit und sogar zu Brüchen in der Gedankenführung führen. Diese geht oft weit in spezifische Themenbereiche. Das hat den Nachteil, daß manche Stellen tatsächlich weitschweifig sind und oft erst nach vielen Seiten wieder zum Roten Faden zurückfinden (besonders eklatant der Sprung von S. 408 auf S. 409). Andererseits ist es natürlich ein Vorteil, daß die päpstlichen Irrungen mit solider Theologie kontrastiert werden. Da das Positive dem Negativen gegenübergestellt wird, ist das Buch auch unter dem Strich erbaulich (was sich aus dem Titel ja nicht ergeben würde). –
Wer die Bücher von Dr. Barth kennt und schätzt, weiß, daß er immer viele Informationen, Differenzierungen, Fußnoten, Adjektive und Adverbien geboten bekommt. Viele Literaturangaben regen zu weiteren Nachforschungen an.
Der neu hinzugekommene Leser sollte also mit erheblicher Detailfülle rechnen.
Da die Beiträge Barths, auch dieser, für das Leben der Kirche wichtig sind, ist ihnen eine große Verbreitung zu wünschen. Gerade das „konservative“ und – um eine Barthsche Formulierung zu benützen – „halbkonservative“ Segment des deutschsprachigen Katholizismus sollte sie konsultieren.
P. S.: Hat die „Liturgiereform“ von 1969/70 „Vorläufer“?
Da diese hochbrisante Frage im Buch angerissen wird, aber weit vom eigentlichen Thema wegführt, wird sie hier als Post scriptum behandelt:
Barth kritisiert den US-Theologen Peter Kwasniewski, weil dieser die Liturgieveränderung durch Paul VI. im Herumdoktern an der Karwoche durch Papst Pius XII. vorbereitet sieht und daher eine „Kontinuität“ zwischen Pius XII. (und schon St. Pius X., der seinerseits eine radikale Veränderung des Breviers dekretierte) konstatiert (740). Das wäre ein wichtiger Gegenstand kirchengeschichtlicher Forschung. Hier nur in Kürze aus Sicht eines interessierten Nicht-Fachmannes:
Die Verlegung der Osternachtsfeier auf den Abend des Karsamstags wird man wohl als sinnvolles re-formare, „in die richtige Form zurückbringen“, verstehen müssen. Laut Schott-Meßbuch war die Osternachtsfeier bis ins 14. Jahrhundert am Abend des Karsamstags üblich.
Ob allerdings die Änderung der Riten in den Liturgien der Karwoche in weiterer Folge zum Schlechten geführt hat, ist eine berechtigte Frage. Möglicherweise hat sie tatsächlich weitere Änderungen psychologisch vorbereitet oder begünstigt. Interessanterweise steht genau das im angehängten Artikel von Weihbischof Schneider, der die Approbation einer „radikal veränderte[n] lateinische[n] Version der tausendjährigen und melodischen Texte des Psalters der Vulgata“ durch Pius XII. kritisiert (791). Er äußert sich dort auch kritisch zum Thema Karwoche: „Papst Pius XII. änderte auch die Liturgie der Karwoche, einen tausendjährigen liturgischen Schatz der Kirche, indem er teilweise ex novo erfundene Rituale einführte.“ Damit reiht sich aber Schneider unter die Kritiker der liturgischen Änderungen durch Pius XII. ein und bestätigt Kwasniewski in gewisser Weise.
Schneider prangert im nächsten Satz die revolutionäre Änderung des Meßritus und der anderen Sakramente durch Paul VI. an, „eine Liturgiereform, wie sie kein Papst zuvor mit einer solchen Radikalität gewagt hat.“ Damit ist allerdings ein Vorbehalt gegen die von Kwasniewski behauptete „Kontinuität“ in den Liturgieveränderungen formuliert.
Sicher hätten sich Pius X. und Pius XII. nicht träumen lassen, welcher liturgische Wahnsinn nach der Mitte des 20. Jahrhunderts über die Kirche hereinbrechen würde. Keiner von beiden hatte die Absicht, dazu beizutragen, genauso wenig wie höchstwahrscheinlich Odo Casel, Pius Parsch und Romano Guardini. Aber objektiv gesehen waren die Änderungen der Karwoche ein Eingriff in die Tradition. So etwas ist immer heikel.
Wir können nicht beurteilen, ob es einen kausalen Nexus zu weiteren Änderungen gibt. Wenn man kein deterministisches Geschichtsbild vertritt, gibt es diesen Nexus nicht, da die Freiheit der Agierenden ja nicht aufgehoben wurde. Allerdings könnten die Änderungen der Karwochenliturgie tatsächlich von den Mächten der Infiltration als psychologische Vorbereitung weiterer Änderungen (durch „Experten“ natürlich) betrieben worden sein – auch wenn Papst Pius XII. das nicht intendierte.
Und 1960 kam dann die Rubrikenreform, wieder eine Änderung also, 1962 die Reform des gesamten Meßbuchs und des Kalenders. Papst Johannes XXIII. änderte sogar den bislang als unantastbar erachteten Meßkanon, indem er den hl. Josef einfügte. Schneider schreibt in seinem Aufsatz über eine Episode im Leben des sel. Papstes Pius IX.:
„Auf das Ansuchen einer Gruppe von Bischöfen, eine kleine Änderung des Meßkanons vorzunehmen, um den Namen des heiligen Joseph einzufügen, antwortete er: ‚Ich kann es nicht. Ich bin nur der Papst!‘‘ (792).
Man sieht also, wie sich die Mentalität geändert hat. Wurde das durch die liturgischen Veränderungen von Pius X. und Pius XII. begünstigt? Vermutlich ja. Eine im strengen Sinn so bezeichnete „Kontinuität“, wie von Kwasniewski konstatiert, wird man das daher wohl nicht nennen können. Aber Weihbischof Schneider und Prof. Kwasniewski legen sicher einen Finger in die Wunde.
Liturgische Veränderungen und Entwicklungen gab es immer wieder und nach Robert Spaemann gibt es keinen Grund, sie völlig zu unterbinden, aber sie müssen behutsam sein und in der Logik der Tradition liegen.
Was man daraus schlußfolgern kann, wäre dies:
Es wäre angezeigt, erstens die fälschlich so genannte „Liturgiereform“ von 1969/70 völlig rückabzuwickeln und dann zweitens bis zu jener Entwicklungsstufe der Liturgie im 20. Jahrhundert zurückzugehen, nach der die innere Logik der Tradition und der traditionsgemäßen Entfaltung durch allzu massives Eingreifen verlassen wurde.
Die Karwoche nach den älteren Vorschriften ist nach Peter Kwasniewski ein großer Schatz. Man sollte ihn den Gläubigen wieder zugänglich machen.
Heinz-Lothar Barth, Die verwirrende Theologie des Papstes Franziskus – Eine detaillierte Analyse seiner Stellungnahmen in Lehrschreiben, Ansprachen und Interviews mit einem Anhang von Weihbischof Athanasius Schneider zur Frage eines häretischen Papstes, Alverna Verlag, Wil (CH), 2020, 796 S.
*Wolfram Schrems, Wien, Mag. theol., Mag. phil., kirchlich gesendeter Katechist, Pro Lifer, findet weder eine sedisvakantistische noch eine papalistische Position haltbar.
Das besprochene und alle anderen Bücher können über unsere Partnerbuchhandlung erworben werden.
Ich halte es für inakzeptabel, wenn der Rezensent vorgibt, nicht nachvollziehen zu können, worin nach 1945 eine besondere Sensibilität der Christen gegenüber den Juden begründet liegt, besonders in Deutschland und Österreich.
Dass Barth die rituellen Änderungen der Karwoche 1955 in Schutz nimmt, entspricht nicht seiner sonstigen, wissenschaftlichen Objektivität, sondern einer falschverstandenen Loyalität und Apologetik gegenüber und zugunsten der Piusbruderschaft, da diese nun einmal seit 1983 (leider) strikt das MR1962 verwendet.
Wer aber keine Bedenken gegen diese sehr umfangreichen Änderungen in den Riten der Karwoche trägt, den damit vollzogenen Bruch mit der liturgischen Tradition nicht erkennt, hat objektiv kein überzeugendes Argument, die vergleichsweise geringfügige (und für sich genommen auch inhaltlich kaum zu beanstandende) Änderung der Karfreitagsfürbitte für die Juden in der überlieferten Liturgie durch Benedikt XVI. nicht zu übernehmen, was die Piusbruderschaft jedoch tut.
Scalfari Interviews
Auch Kath info berichtete darüber, daß Scalfari sagt, daß Papst Franziskus nicht
an die Gottheit Jesu glaube. Vom Papst ist dies bis heute nicht dementiert worden.
M.E. benutzt der Papst Scalfari, um auszuprobieren, wie weit er die Lehre der Kirche
modernisieren kann, ohne daß der Widerstand dagegen zu groß ausfällt. Für den „inter-
religiösen Dialog“ wäre eine solche Entgottung Jesu wohl nützlich, damit alle Religionen
als gleichgültige zu stehen kommen.
Meine Frage nun: Behandelt das rezensierte Buch diese Papstäußerung nach Scalfari?
Ist die Leugnung der Gottheit Jesu nicht eindeutig häretisch?
Uwe Lay Pro Theol Blogspot
„Die Lehre von St. Robert Bellarmin SJ, daß ein häretischer Papst ipso facto sein Amt verliere, ist nach Schneider keine kirchliche Lehre“
– CIC 1917 §188 – Ein geistlicher verliert automatisch und ohne Erklärung sein Amt wenn er öffentlich vom Katholischen Glauben abfällt.
„Papst Honorius I. (625–638) wurde zwar wegen Häresie verurteilt, aber erst posthum“
Papst Honorius wurde posthum nicht wegen einer Häresie verurteilt, sondern wegen Begünstigung einer Häresie.
Mit der Aussage von Weihbischof Athanasius Schneider zur Frage eines häretischen Papstes und zwar, dass ein Papst auch als Verwirrer eben immer ein Papst sei, habe ich größte Verständnisschwierigkeiten. Die Lehre von des Heiligen Robert Bellarmin ist für mich überzeugender. Die Grundsatzfrage ist doch so zu verstehen, kann ein Papst Stellvertreter Christi sein, Binde- und Lösegewalt besitzen, wenn er die Lehre seines Herren- auch in Teilen- nicht anerkennt. Wie kann er in diesem Falle die Lehre seines Herren vertreten und gar noch als Fels, dem Symbol für die Kompaktheit der Lehre, bezeichnet werden. So sehr ich die beiden Autoren, Weihbischof Schneider und Dr. Heinz-Lothar Barth auch persönlich schätze, hier kann ich ihnen nicht folgen. Bischof Schneider verliert mit dieser Auffassung seine ansonstige Klarheit. Vielleicht muss A. Schneider in seiner Situation so verwaschen argumentieren, derweil er ansonsten das oder ein Schisma definieren würde.
Ich empfehle zu diesem Thema – Sedisvakanz – den Vortrag von Dr. Gregorius Hesse : „Der Irrtum zu glauben das der Papst alles darf“