
(Rom) Der Päpstliche Rat zur Förderung der Neuevangelisierung hat die Namen von 29 der 30 „repräsentativen Heiligtümer“ veröffentlicht, die im Monat Mai am Gebetsmarathon für ein Ende der Pandemie teilnehmen werden, der von Papst Franziskus am 21. April angekündigt wurde. Der veröffentlichte Kalender enthält Bemerkenswertes.
Fünfzehn Monate nach Ausrufung des „globalen Gesundheitsnotstandes“ durch die WHO äußerte Papst Franziskus am vergangenen 21. April den „lebhaften Wunsch“, daß der Monat Mai „einem Gebetsmarathon“ gewidmet wird, um durch das Rosenkranzgebet von Gott „das Ende der Pandemie“ zu erbitten. Da die „Pandemie“, für deren Ende göttlicher Beistand angerufen wird, nicht näher definiert wird, kann darunter wohl auch eine Pseudo-Pandemie verstanden werden, wie sie seit über einem Jahr behauptet und mit zweifelhaften Methoden herbeigetestet wird. Eine Anrufung Gottes gegen eine Pandemie, die offensichtlich keine ist, wäre zumindest ein nicht minder zweifelhafter Akt.
„Dreißig repräsentative Heiligtümer, verstreut auf der ganzen Welt, werden das Mariengebet leiten, das auf den offiziellen Kanälen des Heiligen Stuhls ab 18 Uhr (römischer Zeit) jeden Tag in Direktübertragung gesendet wird.“
Papst Franziskus, so die Presseerklärung des Päpstlichen Rats zur Förderung der Neuevangelisierung vom 21. April, wird „dieses große Gebet am 1. Mai eröffnen und am 31. Mai beschließen.“
Zusammen mit der Liste der Heiligtümer wurde gestern von diesem römischen Dikasterium auch eine liturgisch-pastorale Handreichung veröffentlicht, damit in jedem der Wallfahrtsorte ein bestimmtes Modell befolgt wird. Jeder Tag des Monats wird aus einem anderen Heiligtum übertragen, daher die Zahl 30. Der Abschluß am 31. Mai wird in den Vatikanischen Gärten stattfinden.

30 Marienheiligtümer von Walsingham bis Pompei
Den Auftakt am 1. Mai macht das englische Nationalheiligtum Unserer Lieben Frau von Walsingham. Am 3. Mai folgt das polnische Nationalheiligtum Unserer Lieben Frau von Tschenstochau, am 9. Mai das italienische Nationalheiligtum Unserer Lieben Frau von Loreto, am 13. Mai das portugiesische Nationalheiligtum Unserer Lieben Frau von Fatima, am 17. Mai das US-amerikanische Nationalheiligtum der Unbefleckten Empfängnis in Washington, am 18. Mai das französische Nationalheiligtum Unserer Lieben Frau von Lourdes, am 26. Mai das mexikanische Nationalheiligtum Unserer Lieben Frau von Guadalupe, um nur einige zu nennen.
Auch der deutsche Sprachraum ist vertreten mit der Übertragung am 28. Mai aus dem bayerischen Nationalheiligtum Unserer Lieben Frau von Altötting.
Am 15. Mai wird die Gebetsinitiative aus dem herzegowinischen Medjugorje übertragen, wo seit 1981, seit 40 Jahren, Marienerscheinungen stattfinden sollen, die von der Kirche nicht anerkannt sind. Medjugorje wird mit dem Gebetsmarathon unter der Bezeichnung „Jungfrau, Königin des Friedens“ erstmals zu den weltweit wichtigsten Marienheiligtümern gezählt. Damit findet der von Papst Franziskus 2017 mit der Ernennung von Erzbischof Henryk Hoser zum Sondergesandten begonnene Weg, nicht auf die Echtheitsfrage zu antworten, sondern eine pastorale Antwort für die Pilger zu geben, seine Vollendung: die Anerkennung von Medjugorje als Gebetsstätte. Der Gebetsmarathon vollzieht diesen Schritt zwar nicht formal, aber faktisch, da die Gebetsaktion von Papst Franziskus initiiert ist und in seinem Namen stattfinden wird.

Nur 29 Wallfahrtsorte…
Das Verzeichnis enthält allerdings nur 29 Namen von Wallfahrtsorten. Ein Tag, der 24. Mai, ist noch leer. Im vatikanischen Verzeichnis findet sich an dieser Stelle des Kalenders der Eintrag „zu bestätigen“. Unter den Staaten ist nur Italien mit den Marienheiligtümern von Loreto und Pompei zweimal vertreten. Im Verzeichnis fehlt nicht nur ein Wallfahrtsort, sondern auch ein Staat, der Papst Franziskus besonders wichtig ist: die Volksrepublik China. Es liegt daher nahe, daß der 24. Mai für das kommunistische Großreich in Ostasien reserviert ist.
Das chinesische Nationalheiligtum ist die Basilika Unserer Lieben Frau von Sheshan. Dort wird die Gottesmutter unter dem Titel Maria, Hilfe der Christen angerufen. Das seit 1866 bestehende Heiligtum befindet sich auf einem Hügel 35 Kilometer westlich des Zentrums von Shanghai. Dort wurde 1925–1935 die heutige Basilika erbaut, der 1942 von Papst Pius XII. der Ehrentitel einer Basilica minor verliehen wurde. Das Heiligtum ist untrennbar mit Bischof Ignatius Kung Pin-Mei verbunden, der 1950, wenige Monate nach der kommunistischen Machtübernahme, von Pius XII. zum Bischof von Shanghai ernannt wurde. Nach seiner Verhaftung im Jahr 1955 verbrachte er 33 Jahre in kommunistischen Konzentrationslagern und Gefängnissen. Erst im hohen Alter von 85 Jahren wurde er für zwei Jahre im Hausarrest festgehalten, bis er 1988 nach diplomatischen Interventionen die Volksrepublik China verlassen durfte. Papst Johannes Paul II. hatte diese große Gestalt der verfolgten Kirche 1979 in pectore, also geheim, zum Kardinal kreiert. Erst 1991 wurde die Kardinalserhebung öffentlich bekanntgemacht.
Offiziell blieb Kardinal Kung Pin-Mei auch im Exil bis zu seinem Tod am 12. März 2000 Bischof von Shanghai, da eine offizielle Neubesetzung des Bischofsstuhls durch Rom nicht möglich war. Die Leitung der Diözese hatte jedoch ab 1985 als Koadjutor Msgr. Joseph Fan Zhongliang übernommen. Dieser verbrachte 30 Jahre in Konzentrationslagern und 20 Jahre unter Hausarrest. Parallel ernannte das Regime einen eigenen schismatischen Bischof für Shanghai.
Nach dem Tod von Kardinal Kung wurde sein Koadjutor Fan Zhongliang zum von Rom anerkannten Diözesanbischof. Da er 2011 bereits 93 Jahre alt war, sollte sein Weihbischof Joseph Xing Wenzhi die Nachfolge antreten. Dieser verschwand jedoch gegen Jahresende auf unerklärliche Weise und ist bis heute nicht wieder aufgetaucht. Der 2012 von Papst Benedikt XVI. ernannte Bischof Thaddeus Ma Daqin, bis dahin Mitglied der Patriotischen Vereinigung, sagte sich von dieser los und erklärte am Ende seiner Bischofsweihe 2012 seinen Austritt aus der regimehörigen Vereinigung. Noch am Kirchenausgang wurde er verhaftet und unter Hausarrest gestellt. Sein Bischofsamt konnte er keinen Augenblick ausüben. Die schismatische Nationalkirche erklärte ihn noch im selben Jahr für abgesetzt.
Als Bischof Kung im Konzentrationslager inhaftiert war, wurde die Basilika von Sheshan während der Kulturrevolution schwer beschädigt. Nach deren Ende im Jahr 1976 wurde sie von den Katholiken wieder instand gesetzt. Letzte Renovierungsarbeiten erfolgten im Jahr 2000.
Das Marienheiligtum wurde von den kommunistischen Machthabern der Chinesischen Patriotischen Katholischen Vereinigung übergeben, einer regimehörigen schismatischen Nationalkirche. Mit dem 2018 unterzeichneten Geheimabkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Regime in Peking wurden alle exkommunizierten, schismatischen Bischöfe der Patriotischen Vereinigung von Papst Franziskus anerkannt und als legitime Diözesanbischöfe bestätigt. Die mutmaßliche Einbindung des Heiligtums von Sheshan wäre eine weitere Anerkennung der schismatischen Nationalkirche als Teil der katholischen Kirche. Die kommunistischen Machthaber erheben für die Patriotische Vereinigung sogar den Anspruch eines alleinigen Vertretungsmonopols der Kirche in der Volksrepublik China. Ein Anspruch, dem vom Heiligen Stuhl seit 2013 nicht widersprochen wurde.
Beobachter gehen davon aus, daß die Nicht-Nennung von Sheshan im Kalender des Gebetsmarathons auf Rücksichtnahmen gegenüber dem kommunistischen Regime zurückgeht. Noch konnte nicht zu allen Details eine Übereinkunft erzielt werden.

Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons/pcpne.va (Screenshots)
Seit 1965 betet man den Menschen an.
Wir haben hier in Deutschland mindestens drei Erscheinungssorte, die nicht anerkannt wurden und trotzdem Gebetsstätten sind: Heede, Marienfried und Heroldsbach.