Osservatore Romano: Einschränkung des überlieferten Ritus ist „Treue zu den Eingebungen des Geistes“

Kardinal Cupich verteidigt Papst Franziskus – Maya-Ritus in Vorbereitung


Wer den Eingebungen des Geistes treu ist, muß den überlieferten Ritus bekämpfen?
Wer den Eingebungen des Geistes treu ist, muß den überlieferten Ritus bekämpfen?

(Rom) Eini­ges am der­zei­ti­gen Pon­ti­fi­kat ist vor­her­seh­bar, ande­res nicht. Zum Vor­her­seh­ba­ren gehört, daß Kar­di­nal Bla­se Cupich die Restrik­tio­nen gegen den über­lie­fer­ten Ritus ver­tei­digt. Bemer­kens­wert ist, daß er dies auf den Sei­ten des Osser­va­to­re Roma­no tun kann.

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Cupich galt, als er noch Bischof von Spo­ka­ne war, als lin­ker Außen­sei­ter im US-Epi­sko­pat. Es ist emble­ma­tisch für das Vor­ge­hen von Papst Fran­zis­kus bei Bischofs­er­nen­nun­gen, ihn auf den bedeu­tend­sten Bischofs­stuhl der USA gesetzt zu haben. 2014 ernann­te er Cupich zum Erz­bi­schof von Chi­ca­go und erhob ihn 2016 in den Kar­di­nals­rang. Seit­her führt er die San­ta Mar­ta nahe­ste­hen­de pro­gres­si­ve Min­der­heit im US-Epi­sko­pat an und ist der ein­fluß­reich­ste Berg­o­glia­ner in den USA. Wel­che Posi­ti­on Kar­di­nal Cupich ein­nimmt, weiß man bereits, bevor er sich zu Wort mel­det: die Posi­ti­on von San­ta Mar­ta. Das läßt sich an drei Bei­spie­len nach­wei­sen, bei denen er den bis­her größ­ten Ein­satz zeigte:

  • als Beschüt­zer der McCar­ri­ck-Boys nach dem Sturz von McCarrick,
  • als Ver­tei­di­ger der Kom­mu­ni­on­zu­las­sung von Abtrei­bungs­po­li­ti­kern wie US-Prä­si­dent Joe Biden und Nan­cy Pelosi,
  • als Bekämp­fer des über­lie­fer­ten Ritus.

Seit von Papst Fran­zis­kus das Motu pro­prio Tra­di­tio­nis cus­to­des erlas­sen wur­de, würgt Kar­di­nal Cupich den über­lie­fer­ten Ritus in sei­ner Erz­diö­ze­se ab. 2021 erließ er neue Leit­li­ni­en zur Umset­zung des Motu pro­prio. Zum 1. August 2022 warf er das Insti­tut Chri­stus König und Hohe­prie­ster aus sei­nem Erz­bis­tum, obwohl die­ses dort sein Zen­trum für die gesam­ten USA hat­te und sein Amts­vor­gän­ger Kar­di­nal Fran­cis Geor­ge die Prie­ster des alt­ri­tu­el­len Insti­tuts mit offe­nen Armen emp­fan­gen und ihnen ein gro­ßes Herz-Jesu-Hei­lig­tum anver­traut hat­te, das sie unter gro­ßen Mühen muster­gül­tig reno­viert und zu neu­er Blü­te gebracht hatten.

Die Poli­tik­wis­sen­schaft weiß, daß es zu den Ideo­lo­ge­men bestimm­ter Welt­an­schau­un­gen gehört, ein Feind­bild zu brau­chen. Nur so scheint sich, auf die Kir­che über­tra­gen, zu erklä­ren, war­um das in San­ta Mar­ta ver­tre­te­ne Kir­chen­ver­ständ­nis den über­lie­fer­ten Ritus und sei­ne Ver­tre­ter ver­folgt. Kar­di­nal Cupich teilt die­se Vor­stel­lung und lie­fer­te in der US-Jesui­ten­zeit­schrift Ame­ri­ca am 27. Febru­ar eine Ver­tei­di­gung dafür.

Kar­di­nal Cupich sug­ge­riert in der US-Jesui­ten­zeit­schrift Ame­ri­ca, Johan­nes Paul II. stün­de hin­ter den Einschränkungen

Wäh­rend Papst Fran­zis­kus in Tra­di­tio­nis cus­to­des schreibt: „Die von den hei­li­gen Päp­sten Paul VI. und Johan­nes Paul II. in Über­ein­stim­mung mit den Dekre­ten des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils pro­mul­gier­ten lit­ur­gi­schen Bücher sind die ein­zi­ge Aus­drucks­form der Lex oran­di des Römi­schen Ritus“ (Art. 1) und unter Ver­weis dar­auf den über­lie­fer­ten Ritus bekämpft, zele­brier­te er am 1. Dezem­ber 2019 im Peters­dom die Mes­se im Zai­ri­schen Ritus (Kon­go-Ritus) und zeigt sich nun offen, einen Maya-Ritus für Mit­tel­ame­ri­ka ein­zu­füh­ren. Die Arbei­ten dazu lei­tet Feli­pe Ariz­men­di Esqui­vel, der eme­ri­tier­te Bischof von San Cri­sto­bal de las Casas, den Fran­zis­kus zum Kar­di­nal kre­iert hat­te. Das Pro­jekt soll, so Kar­di­nal Ariz­men­di, im kom­men­den April der Mexi­ka­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz vor­ge­legt und im Mai durch ihn und Erz­bi­schof Víc­tor Sán­chez von Pue­bla, den Vor­sit­zen­den der Lit­ur­gie­kom­mis­si­on der Bischofs­kon­fe­renz, in Rom vor­ge­stellt und über­ge­ben wer­den.
Von der ali­bi­haf­ten Kri­tik an lit­ur­gi­schen Miß­bräu­chen im Novus Ordo Mis­sae, die Fran­zis­kus bis­her äußer­te und die ohne irgend­ei­ne Kon­se­quenz blieb, ganz zu schweigen.

Am ver­gan­ge­nen Mon­tag, dem 27. Febru­ar 2023, schrieb der Erz­bi­schof von Chi­ca­go, in der US-Jesui­ten­zeit­schrift Ame­ri­ca also eine Ver­tei­di­gung des jüng­sten römi­schen Angriffs auf den über­lie­fer­ten Ritus durch Papst Fran­zis­kus bzw. das Dik­aste­ri­um für den Got­tes­dienst und die Sakra­men­ten­ord­nung. Ein sol­cher Arti­kel sorgt für ent­spre­chen­des Auf­se­hen im eng­lisch­spra­chi­gen Teil der Kir­che. Auf Empö­rung stößt unter gläu­bi­gen Katho­li­ken, daß die Angrif­fe mit Zita­ten von Johan­nes Paul II. ver­brämt wer­den, als stün­de die­ser hin­ter den Restrik­tio­nen. Letz­te­res tat Cupich in sei­ner Kolum­ne gleich in der Über­schrift: „Kri­ti­ker der Ein­schrän­kun­gen der latei­ni­schen Mes­se durch Papst Fran­zis­kus soll­ten auf JPII hören“.

Bei die­ser Gele­gen­heit ist in Erin­ne­rung zu rufen, wie Kar­di­nal Cupich die ihm anver­trau­ten Gläu­bi­gen behan­delt. Die Restrik­tio­nen gegen den über­lie­fer­ten Ritus im Som­mer 2021 haben sie nicht von der Erz­diö­ze­se erfah­ren, son­dern aus den Medi­en. Im kon­kre­ten Fall sogar von Vati­can­News aus Rom. Die­ses enge Ver­hält­nis zu San­ta Mar­ta war bekannt und bestä­tigt, daß der Motor zur Ver­fol­gung des über­lie­fer­ten Ritus sich nicht „an den Rän­dern“, son­dern im Zen­trum befindet.

Wie wich­tig Cupichs Ver­tei­di­gung des jüng­sten Reskripts zu Tra­di­tio­nis cus­to­des ist, unter­streicht die Auf­merk­sam­keit, die ihr Rom zukom­men läßt. Zwei Tage nach der Ver­öf­fent­li­chung in der Zeit­schrift Ame­ri­ca wur­de der­sel­be Auf­satz am 1. März in der ita­lie­ni­schen Aus­ga­be des Osser­va­to­re Roma­no abge­druckt. Am 3. März, gestern, folg­te dann auch ein Abdruck in der spa­ni­schen Aus­ga­be des Osser­va­to­re Roma­no. Die Absicht ist klar: Cupich fällt die welt­wei­te Ver­tei­di­gung der päpst­li­chen Maß­nah­men zu.

Der Osser­va­to­re Roma­no änder­te für den Nach­druck die Über­schrift so, daß der Ein­druck ent­steht, bei den Ein­schrän­kun­gen des über­lie­fer­ten Ritus hand­le es sich um „Vor­schlä­ge des (Hei­li­gen) Geistes“.

Im Osser­va­to­re Roma­no wer­den die Restrik­tio­nen als „Treue zu den Ein­ge­bun­gen des Gei­stes“ dargestellt.

Das Bei­spiel bestä­tigt, daß Fran­zis­kus die Ver­tei­di­gung sei­ner Posi­ti­on in Ein­zel­fra­gen einem ihm nahe­ste­hen­den Kar­di­nal anver­traut. Kar­di­nal Kas­per hielt beim Kon­si­sto­ri­um 2014 die Rede, mit der die „Öff­nung“ gegen­über wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen ein­ge­läu­tet wur­de. Kar­di­nal Schön­born fiel die Ver­tei­di­gung des umstrit­te­nen nach­syn­oda­len Schrei­bens Amo­ris lae­ti­tia und ihrer Gra­dua­li­tät in der Moral­leh­re zu. Kar­di­nal Poli war es schließ­lich, der mit sei­nen Richt­li­ni­en für die Kir­chen­pro­vinz Bue­nos Aires „die ein­zi­ge authen­ti­sche Inter­pre­ta­ti­on“ von Amo­ris lae­ti­tia lieferte.

Nun lie­fer­te Kar­di­nal Cupich die Ver­tei­di­gung des päpst­li­chen Kamp­fes gegen den schein­bar gefähr­lich­sten Feind der Kir­che, den über­lie­fer­ten Ritus und sei­ne Ver­tre­ter. Chi­ca­go mag fern sein und die mei­sten Katho­li­ken haben von Kar­di­nal Cupich viel­leicht noch nie etwas gehört, doch sei­ne Posi­ti­on in der aktu­el­len Fra­ge spielt für die gesam­te Welt­kir­che eine Rol­le. Das geschieht in enger Abspra­che mit San­ta Mar­ta, das für die ent­spre­chen­de Publi­zi­tät sorgt.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Osser­va­to­re Romano/​America (Screen­shots)


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Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

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