(Rom) Erzbischof Luigi Negri ist ein Oberhirte von festem Glauben und klaren Gedanken und Worten. Papst Benedikt XVI. ernannte ihn zunächst zum Bischof von San Marino-Montefeltro und dann zum Erzbischof von Ferrara-Comacchio. Gegen keinen Bischof wurde nach der Wahl von Papst Franziskus offener und direkter intrigiert als gegen ihn. Nun nahm er zur neuen Anrufung Mariens als „Hilfe der Migranten“ Stellung.
Msgr. Negri gelang es, sich bis zur Vollendung des 75. Lebensjahres im Amt zu halten. Dann allerdings wurde er von Franziskus trotz guter Gesundheit emeritiert und wie Kardinal Caffarra im nahen Bologna durch einen „Straßenpriester“ ersetzt, dessen Selbst- und Kirchenverständnis kaum unterschiedlicher sein könnte. Der Erzbischof gehört zu den hochrangigen Prälaten, die Anfang Mai mit dem Aufruf Veritas liberabit vos an die Öffentlichkeit traten. Darin warnen sie vor Kräften, die das Coronavirus zum Vorwand nehmen, um eine neue Weltordnung zu etablieren. Die Mainstream-Medien rollten mit der Dampfwalze drüber. Die ARD-Tagesschau wußte aus dem Stand, worum es sich handelte: „Bischöfe verbreiten Verschwörungstheorien“. Das Domradio legte noch eins drauf und meinte: „Mit Verschwörungstheorien gegen den Papst“. Die Mode in der öffentlichen Diskussion ist neu, aber effizient und vor allem einseitig: Wer bestimmte Stimmen und Meinungen nicht hören will, schreit laut „Verschwörungstheorie“. Nachdem die Einheitspresse alles plattgedrückt hatte, wurde das Thema totgeschwiegen.
Nun gab Erzbischof Luigi Negri ein Interview zu einer anderen aktuellen, wenn auch ganz anders gelagerten Frage. Der Erzbischof, der in seiner Bischofskirche die Herz-Jesu-Kapelle neben dem Presbyterium für die Zelebration in der überlieferten Form des Römischen Ritus adaptieren ließ, was sein Nachfolger wieder rückgängig machte, nahm zu den Änderungen der Lauretanischen Litanei Stellung, die Papst Franziskus am vergangenen 20. Juni vornehmen ließ.
Franziskus führte drei neue Anrufungen der Gottesmutter Maria ein: Mater misericordiae (Mutter der Barmherzigkeit), Mater spei (Mutter der Hoffnung) und Solacium migrantium (Trost der Migranten). Die ersten beiden Anrufungen stammen aus dem ersten Jahrtausend, aber die dritte ist eine Neuschöpfung mit einem Hauch Tagespolitik. Es ist bekannt, daß Papst Franziskus die schrankenlose Migration als sein besonderes Anliegen sieht und ihr erster Apologet ist. Anderer Meinung ist hingegen Erzbischof Negri in einem Interview mit La Fede Quotidiana: „Für das Volk Gottes ist es schwierig zu verstehen, warum. Ich hätte es nicht getan.“
Frage: Exzellenz, überzeugt Sie diese Neuheit?
Erzbischof Luigi Negri: Ich bin nicht überrascht darüber, aber ich gehe lieber zu den Wurzeln, zum Warum. Ich denke, daß die Motivation in einer weltlichen Denkweise gründet, die auch in der Kirche gegenwärtig ist, die mit den Dingen der Welt in Verbindung steht und nicht mit jenen des Himmels, mit dem Immanenten und nicht dem Transzendenten. Darüber hinaus hat die Kirche, und ich bekräftige dies ohne jede Polemik, immer ihre tausendjährige Tradition gelebt. Warum alles mit ständigen Änderungen und Ergänzungen in Frage stellen?
Frage: Die meisten der ankommenden Migranten sind Muslime. Halten Sie es für sinnvoll, Maria für sie anzurufen?
Erzbischof Luigi Negri: Maria wird unter einem gewissen Gesichtspunkt von Katholiken und Muslimen geliebt, die sie respektieren. In dieser Hinsicht mache ich mir keine übermäßigen Sorgen. Es gibt eine Ökumene, die Katholiken und Muslime im Namen Mariens vereint.
Frage: Was ist das Wesentliche?
Erzbischof Luigi Negri: Daß wir nicht vergessen, wer Maria für uns ist. Es geht nicht um eine weltliche Angelegenheit, sondern um eine klare Darstellung, daß Gott uns durch sie liebt. Maria verläßt uns nie, das ist unsere Gewißheit, und sie läßt uns als Mutter die schwierigsten Dinge und Situationen akzeptieren. Ein Mensch, der täglich mit Maria in Kontakt ist, wird niemals enttäuscht.
Frage: Hätten Sie diese Anrufung eingeführt?
Erzbischof Luigi Negri: Nein, das hätte ich nicht. Man hätte darauf verzichten können, weil sie die Dinge verkompliziert, aber es ist natürlich keine häretische Sache. Mit Häresievorwürfen ist sorgsam umzugehen.
Frage: Worauf antwortet dieser Zusatz?
Erzbischof Luigi Negri: Wahrscheinlich um gemäß einem weltlichen Schlüssel die Logik der politischen Korrektheit zu unterstützen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL
Ich war von der Formulierung solacium migratium anfänglich genauso be-fremd-et wie Erzbischof Negri, den ich sehr schätze.
Gerade vom Lateinischen her sind die Bedenken aber nicht begründet, wie ich bei näherer Beschäftigung erkannt und hier dargelegt habe:
https://www.kathnews.de/ideologische-instrumentalisierung-der-lauretanischen-litanei.
Ich habe hier meine Überlegungen zu Solacium migrantium noch vertieft:
https://www.kathnews.de/polemik-gegen-neue-anrufung-mariens-haelt-an.
Mich befremdet die Formulierung und überhaupt diese Einfügung sehr.
Da Papst Franziskus auch oft weltlich-sozial unterwegs ist und zu meinem Entsetzen mit dem heutigen Kardinal Czerny (SJ) dem Global Compact for Migration mit 20 Punkten zugearbeitet hat, die Pachamama-Pflanze doch auf den Altar in St. Peter stellen ließ und auch zweideutig interpretierbar spricht bzw. „Prozesse anstößt“, wie er es nennt, kann ich mir auch die Übersetzung (Langenscheidt) in der zweiten Bedeutung neben Trost nämlich Entschädigung, Vergütung, Schmerzensgeld irgendwie vorstellen.
Ich empfinde das so: wenn Papst Franziskus „geistlich“ spricht, drückt er sich eher in einfacher Sprache oder mehrfach interpretierbar und oft spontan aus. Ich konnte noch nicht erkennen, dass er lateinisch, tief theologisch oder in sprachlich-kirchenhistorischen Formulierungen versucht, sich einer theologischen Wahrheit möglichst nahekommend auszudrücken.
Auch wurden altbewährte ehrwürdige katholische Positionen geändert, die Todesstrafe „entfernt“, die päpstliche Teilnahme an der Fronleichnamsprozession abgeschafft, statt der päpstlichen Wohnung im Vatikan mit doppelten Kosten ein Gästehaus bezogen, Castel Gandolfo eher zu einer musealen Attraktion gemacht, am Gründonnerstag die Gläubigen von der päpstlichen Liturgie ausgeschlossen. Er hat seine Abneigung gegen das Küssen des Fischerringes zum Ausdruck gebracht und selbst das Vater unser sollte eine Änderung erfahren. Weiter übertrug er die Verantwortung für die Übersetzung vom Vatikan den Bischofskonferenzen, wies Kardinal Sarah in die Schranken, als dieser meinte, dass „Rom“ das letzte Wort habe. Das vom ihm positiv gesehene „Haus des einen“, für mich die „Nathan-der-Weise-Religion“, die auf dem Weg in die antichristliche Eine-Welt-Religion ist.
Sehr traurig bleibe ich misstrauisch.
Ich verstehe das. Was die lateinische Formulierung angeht, denke ich aber eher, sie könnte von Kardinal Sarah stammen. Dieser hat ja auch die 3 neuen Anrufungen an die Bischöfe verschickt.