Die „Normalisierung“ der Wallfahrtsorte – am Beispiel Medjugorje

Jahreswechel mit Propagandapredigt?


Ein Bericht aus Medjugorje
Ein Bericht aus Medjugorje

(Sara­je­wo) Ein gläu­bi­ger Mensch ver­brach­te den Jah­res­wech­sel in Med­jug­or­je in der Hoff­nung, dort Ruhe und Gebet zu fin­den. Es ist ihm nicht wirk­lich gelun­gen, wie er berich­tet. Der Text wird nicht mit Blick auf die Fra­ge nach der Echt­heit der dort seit 1981 behaup­te­ten Mari­en­er­schei­nun­gen ver­öf­fent­licht, son­dern mit Blick auf die Situa­ti­on an bedeu­ten­den Wall­fahrts­or­ten. Seit eini­ger Zeit wird eine Ent­wick­lung wahr­ge­nom­men, der­zu­fol­ge auch die gro­ßen Orte der Volks­fröm­mig­keit moder­ni­stisch geka­pert wer­den sol­len. Dazu gehö­ren bei­spiels­wei­se die gigan­ti­schen, aber ent­leer­ten Kir­chen­bau­ten in San Gio­van­ni Roton­do eben­so wie in Fati­ma. Kir­chen­bau­ten ohne Aller­hei­lig­stes und ohne Knie­bän­ke. Es geht aber auch um die Leh­re, die von den ver­ant­wort­li­chen Kir­chen­rek­to­ren an den Wall­fahrts­or­ten ver­brei­tet oder ver­schwie­gen wird, die Papst Fran­zis­kus aus dem Kreis der „Stra­ßen­prie­ster“ und „Prie­ster von den Rän­dern“ wählt.

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Der Bericht:

Nicht auch in Medjugorje!

„Was in den ver­gan­ge­nen Mona­ten über die Prio­ri­tä­ten einer Kir­che mit dem­ago­gisch-migra­tio­ni­stisch-öko­lo­gi­scher Schub­kraft ver­öf­fent­licht wur­de, fin­det sei­ne Bestä­ti­gung auch an hei­li­gen Orten wie Medjugorje.

Hät­te ich es nicht selbst erlebt, wür­de ich es nicht für mög­lich hal­ten. Die erste fei­er­li­che Mes­se des neu­en Jah­res wur­de um Mit­ter­nacht des 1. Janu­ars vom Apo­sto­li­schen Nun­ti­us, Erz­bi­schof Lui­gi Pez­zu­to, zele­briert. Kon­ze­le­bran­ten waren Erz­bi­schof Hen­ryk Hoser, der Apo­sto­li­sche Visi­ta­tor, den der Papst mit der Lei­tung der Pfar­rei beauf­trag­te, und Pater Šte­ko Mil­jen­ko, der Pro­vin­zi­al der Fran­zis­ka­ner­pro­vinz der Her­ze­go­wi­na. Anwe­send waren auch meh­re­re tau­send Pil­ger. Die Pre­digt hielt der Haupt­ze­le­brant, Nun­ti­us Pez­zu­to, und löste bei vie­len Gläu­bi­gen Sor­ge und Wider­spruch aus. Eini­ge ver­lie­ßen ver­är­gert und ent­täuscht sogar vor­zei­tig die Zelebration.

Die Pre­digt war ein poli­ti­sches Mani­fest Mar­ke Berg­o­glio. Mit der Aus­re­de, die Anspra­che des Pap­stes zum Welt­frie­dens­tag auf­zu­grei­fen, gab Pez­zu­to 20 Minu­ten lang das Den­ken Berg­o­gli­os zum Besten, indem er sich mit einem Höchst­maß an Ver­all­ge­mei­ne­run­gen und Dem­ago­gie auf zwei Punk­te kon­zen­trier­te: Die ‚gute‘ Poli­tik sei das Instru­ment, um die Jugend, die das Ver­trau­en (!?) ver­lo­ren hat, wie­der ein­zu­bin­den, und eine Über­be­to­nung des Gewis­sens (viel­leicht das luthe­ri­sche?), und das alles deko­riert mit viel Rhe­to­rik über das All­ge­mein­wohl, die Soli­da­ri­tät und den Umweltschutz.

Natür­lich durf­te auch der Tadel für jene Poli­ti­ker und Par­tei­en nicht feh­len, die ‚den Migran­ten eli­mi­nie­ren wollen‘. 

Pez­zu­to beton­te dage­gen die Wich­tig­keit, sich den Her­aus­for­de­run­gen zu stel­len, des Dia­logs und der Auf­nah­me der Migran­ten, die vor Krieg und Hun­ger und … flüchten.

Offen­sicht­lich weiß der Mon­si­gno­re nicht, daß ledig­lich fünf Pro­zent der Ankom­men­den aus Kriegs­ge­bie­ten stam­men. Viel­leicht soll­te er das näch­ste Mal zuerst Anna Bono lesen, bevor er Jef­frey Sachs kon­sul­tiert. Die Poli­to­lo­gin Bono lehr­te von 1981–2015 an der Uni­ver­si­tät Turin für Geschich­te und Insti­tu­tio­nen Afri­kas. Seit Jah­ren kämpft sie in fast völ­li­ger aka­de­mi­scher Iso­la­ti­on mit beleg­ten Zah­len und Fak­ten und viel intel­lek­tu­el­ler Red­lich­keit gegen die unzäh­li­gen Fake News, die in Euro­pa von so vie­len, nicht zuletzt von den Mas­sen­me­di­en, ver­brei­tet wer­den. Man lese ihr Buch „Migran­ti!? Migran­ti!? Migran­ti!?“.

Was beson­ders stört, ist der Umstand, daß die Pro­pa­gan­da­pre­digt an einem hei­li­gen Ort wie Med­jug­or­je gehal­ten wur­de, in einem Land, das bis vor 20 Jah­re von Kom­mu­nis­mus und Krieg geschun­den wur­de. In die­sem Land leben Men­schen, die wirk­lich den Krieg erlebt und erlit­ten haben. Hier gibt es Mär­ty­rer, die nicht geflo­hen sind. Hier leben Men­schen, die zuerst gelit­ten und dann wie­der auf­ge­baut haben.

Das Jahr 2019 mit einer Pre­digt die­ser Art begin­nen zu müs­sen, das klingt wie eine Pro­vo­ka­ti­on und ein Para­dox. Tau­sen­de von Gläu­bi­gen harr­ten bei Minus­gra­den auf dem gro­ßen Platz aus und muß­ten dann einen so umgäng­li­chen Mon­si­gno­re hören, der Wer­bung für Jor­ge Mario Berg­o­glio machte.

Die am Tag danach vor Ort unter Anwe­sen­den gesam­mel­ten Ein­drücke waren: Bevor es die Aner­ken­nung gibt, beginnt auch in Med­jug­or­je die ‚Nor­ma­li­sie­rung‘ gemäß den neo-ekkle­sia­len Cano­nes. Abge­se­hen davon ist die Zahl der Pil­ger in den ver­gan­ge­nen zwei Jah­ren dra­stisch zurück­ge­gan­gen, dank der so gro­ßen Sym­pa­thie von Berg­o­glio für die­sen Ort (‚die Got­tes­mut­ter als Postbotin‘).

Eine Par­al­le­le mit der Volks­re­pu­blik Chi­na und ihren zwei Kir­chen, einer unter­drück­ten und ver­folg­ten Unter­grund­kir­che und einer ‚offi­zi­el­len‘ Kir­che, die regie­rungs­freund­lich und mit dem Vati­kan ver­bün­det ist, scheint mir nach dem Erleb­ten nicht so abwe­gig und unrealistisch.

Ob die­se hoch­wür­dig­sten Her­ren schon dar­über nach­ge­dacht haben, daß sie vor jeder stra­te­gi­schen Ent­schei­dung die Rech­nung mit der Haus­her­rin, der Got­tes­mut­ter machen müssen?“

Erst­ver­öf­fent­li­chung: Cam­pa­ri & de Maist­re
Über­set­zung: Mar­tha Bur­ger
Bild: Cam­pa­ri & de Maistre 

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Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

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