(Rom) Einige Rätsel gibt ein Telefonanruf von Papst Franziskus auf. Telefonische Kontaktaufnahmen sind gewissermaßen ein Markenzeichen dieses Pontifikats, das bis zum Abend des 13. März 2013 zurückreicht, als Kardinal Jorge Mario Bergoglio in der Sixtinischen Kapelle zum neuen Papst gewählt wurde. Noch am selben Abend telefonierte das neue katholische Kirchenoberhaupt mit verschiedenen Personen, die ihm nahestehen. Eine Sensation für einen Papst.
In den vergangenen vier Jahren gewöhnten sich die Gläubigen und die Medien daran, daß der Papst immer wieder einmal zum Telefonhörer oder zum Handy greift. So geschah es auch am Ostermontag. Ungewöhnlich war in diesem Fall allerdings der Adressat des Anrufes, Msgr. Leonardo Sapienza, der Regens des Päpstlichen Hauses. Die Aufgabe von Msgr. Sapienza entspricht der eines Sekretärs der römischen Dikasterien. Er ist im Päpstlichen Haus die Nummer Zwei hinter dessen Präfekten, Kurienerzbischof Georg Gänswein.
Papst Benedikt XVI. hatte Sapienza zwei Tage vor Bekanntgabe seines unerwarteten Amtsverzichtes zum Apostolischen Protonotar ernannt. Die Vergabe dieses päpstlichen Ehrentitels wurde von seinem Nachfolger, Papst Franziskus, kurze Zeit später auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Der amtierende Papst hegt jedenfalls eine besondere Wertschätzung für den Regens des päpstlichen Haushaltes wie der gestrige Telefonanruf zeigt.
Bekannt wurde der Telefonanruf durch den Ortsbischof von Alife-Caiazzo, Msgr. Valentino Di Cerbo. Am Ostermontag hatte Msgr. Sapienza zusammen mit einer Gruppe von Malteserrittern einen Ausflug nach Kampanien unternommen. Die Einladung dazu hatte Mariano-Hugo Fürst zu Windisch-Graetz, Oberhaupt der Jüngeren Linie des österreichischen Fürstengeschlechts ausgesprochen, das in der Gegend über Besitzungen verfügt. Fürst Windisch-Graetz ist Außerordentlicher und Bevollmächtigter Botschafter des Souveränen Malteserordens in der Slowakei und Slowenien sowie Ritter vom Orden des Goldenen Vlies.
Als die Ritter gerade die diözesane Gebetsstätte der Madonna delle Grazie in Alife besuchten, erreichte Msgr. Sapienza der Telefonanruf von Papst Franziskus. Das war wenige Minuten, bevor dieser sich zum Regina Coeli an die Gläubigen auf dem Petersplatz wandte. Msgr. Sapienza erzählte dem Papst, wo er sich gerade befand, beschrieb ihm die Kapelle und die Landschaft im Hinterland von Caserta. Msgr. Sapienza gab das Handy an den Ortsbischof weiter, den der Papst ebenfalls kurz grüßte. Der Papst wünschte Msgr. Sapienza Frohe Ostern und ließ ebensolche Wünsche allen Anwesenden, den Rittern und dem Kirchenrektor, ausrichten. Eine sympathische Geste, die auch entsprechend aufgenommen und publiziert wurde.
Für Verwunderung sorgte, daß der Papst einen Mitarbeiter am Ostermontag anruft, der sich lediglich für einen Tagesausflug aus dem Vatikan entfernte – und den er eigentlich ständig in seiner Nähe hat -, um sich die Landschaft beschreiben zu lassen. In Rom wird spekuliert, der Anruf hätte mehr mit den Malteserrittern zu tun gehabt, die Msgr. Sapienza begleitete, und denen päpstliche Nähe demonstriert werden sollte.
Im Souveränen Malteserorden war es Anfang Dezember 2016 zu einem heftigen Streit gekommen, der Ende Januar durch ein päpstliches Machtwort zum Rücktritt des Großmeisters Fra Matthew Festing führte. Festing ist ebenfalls Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies. Der Orden untersteht seither einem päpstlichen Kommissar. Ende April soll ein neuer Großmeister gewählt werden. Im Rahmen des Konfliktes kommt die Wahl einer Richtungsentscheidung gleich. Dabei kommt den italienischen Rittern eine nicht unbedeutende Rolle zu. Hinter den Kulissen geht es um Kandidaten und Stimmen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL/Diözese Cremona (Screenshot)
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