Kolumbiens Bischöfe nehmen Zwangs-Handkommunion zurück

Die Handkommunion: Am Anfang stehen Ungehorsam und Willkür


39 Jahre nach der Bugnini-Instruktion und 20 Jahre nach der Einführung der Handkommunion in Italien kehrte Papst Benedikt XVI. für die päpstlichen Zelebrationen zur knienden Mundkommunion zurück.

(Bogo­ta) Die Kolum­bia­ni­sche Bischofs­kon­fe­renz kor­ri­gier­te ihre erste Anord­nung wegen des Coro­na­vi­rus und ersetz­te sie durch eine zwei­te. Dar­in wird bestä­tigt, daß die Mund­kom­mu­ni­on auch wei­ter­hin mög­lich ist. Durch das Coro­na­vi­rus ist die Kom­mu­ni­ons­pen­dung auf die Tages­ord­nung zurück­ge­kehrt. Grund genug für eine kur­zen histo­ri­schen Rück­blick auf einen Unge­hor­sam, mit dem alles begann.

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Mit der gestern, 10. März, erlas­se­nen zwei­ten Erklä­rung wird von der Kolum­bia­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz die erste Erklä­rung vom 7. März kor­ri­giert, in der die Hand­kom­mu­ni­on vor­ge­schrie­ben wur­de. Die­se war erlas­sen wor­den, nach­dem ein erster Fall von Coro­na­vi­rus in Kolum­bi­en regi­striert wor­den war. 

Auch im neu­en Schrei­ben wird aller­dings betont, daß die Bischö­fe die Hand­kom­mu­ni­on als „Vor­sichts­maß­nah­me“ wün­schen. Sie stel­len aller­dings klar, daß wei­ter­hin „auch die Mund­kom­mu­ni­on“ emp­fan­gen wer­den kann, wenn das gewünscht ist. Die Bischö­fe schrei­ben, die Kir­che leh­re, daß weder die eine noch die ande­re Form vor­ge­schrie­ben werde.

Laut gel­ten­dem Kir­chen­recht sieht das doch akzen­tu­iert anders aus, denn die Mund­kom­mu­ni­on gilt immer, wäh­rend die Hand­kom­mu­ni­on einer Dis­pens bedarf, die aller­dings von den mei­sten Bischofs­kon­fe­ren­zen erteilt wur­de. Den­noch ergibt sich dar­aus ein grund­le­gen­der Unter­schied zwi­schen bei­den For­men. Die Kir­che lehrt, daß die Mund­kom­mu­ni­on die eigent­li­che Form des Kom­mu­nion­emp­fangs ist, wäh­rend die Hand­kom­mu­ni­on nur eine auch erlaub­te Aus­nah­me dar­stellt. Die­se Tat­sa­che wird aller­dings kaum erwähnt, wie auch das neue Schrei­ben der Kolum­bia­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz zeigt.

Die Einführung der Handkommunion als deutscher Willkürakt

Wäh­rend die Mund­kom­mu­ni­on nie ein­ge­schränkt wer­den kann, schreibt das Kir­chen­recht aus­drück­lich vor, daß die Hand­kom­mu­ni­on ver­wei­gert wer­den muß, wenn die Gefahr eines Sakri­legs oder feh­len­der Ehr­erbie­tung besteht. Die Kir­chen­ver­ant­wort­li­chen waren sich stets bewußt, daß die Hand­kom­mu­ni­on die poten­ti­el­le Gefahr von Sakri­le­gi­en erhöht bzw. erst ermöglicht.

Jede Bischofs­kon­fe­renz, die eine Dis­pens aus­sprach, mit der die Hand­kom­mu­ni­on in ihrem Gebiet erlaubt wur­de, tat dies unter der Prä­mis­se, daß die römi­sche Instruk­ti­on Memo­ria­le Domi­ni samt dazu­ge­hö­ri­gem Anlei­tungs­an­hang (sie­he Acta Apo­sto­li­cae Sedis von 1969, S. 541–547) ein­zu­hal­ten ist.

Das Titelblatt der Acta Apostolicae Sedis von 1969
Das Titel­blatt der Acta Apo­sto­li­cae Sedis von 1969

In einer ergän­zen­den Instruk­ti­on zur Instruk­ti­on, die sich mit pasto­ra­len Fra­gen befaßt und von Kuri­en­erz­bi­schof Anni­ba­le Bug­nini unter­zeich­net ist, erlaub­te Papst Paul VI. aller­dings den Bischofs­kon­fe­ren­zen eine Dis­pens von der ver­pflich­ten­den Mund­kom­mu­ni­on zu ertei­len. In den Acta von 1969 heißt es (S. 546):

„Wäh­rend der Hei­li­ge Vater dar­an erin­nert, wor­um es in der bei­gefüg­ten Instruk­ti­on vom 29. Mai 1969 über die Auf­recht­erhal­tung des tra­di­tio­nel­len Gebrauchs [der Mund­kom­mu­ni­on] geht, hat er die ange­führ­ten Grün­de Ihrer Anfra­ge und die Ergeb­nis­se der Abstim­mung zu die­sem The­ma in Betracht gezo­gen. Er wil­ligt ein, daß jeder Bischof auf dem Gebiet Ihrer Bischofs­kon­fe­renz nach sei­ner Klug­heit und sei­nem Gewis­sen in sei­ner Diö­ze­se die Ein­füh­rung des neu­en Ritus zur Ver­tei­lung der Kom­mu­ni­on [der Hand­kom­mu­ni­on] geneh­mi­gen kann, sofern jede Gele­gen­heit des Ärger­nis­ses für die Gläu­bi­gen und jede Gefahr der Respekt­lo­sig­keit gegen­über der Eucha­ri­stie ver­mie­den wird.“

Die­se Instruk­ti­on zur Instruk­ti­on, die an die der­zei­ti­gen Fuß­no­ten erin­nert, gehört zu den umstrit­ten­sten Ent­schei­dun­gen von Paul VI., da er in der eigent­li­chen Instruk­ti­on aus­füh­ren ließ, daß die gro­ße Mehr­heit der Bischö­fe alle drei Fra­gen, die ihnen vom Hei­li­gen Stuhl zur vor­ge­schla­ge­nen Ein­füh­rung der Hand­kom­mu­ni­on vor­ge­legt wur­den, abge­lehnt hat­ten. Den­noch erteil­te Paul VI. durch Bug­nini die Erlaub­nis, weil ihm der Druck einer Hand­voll Bischofs­kon­fe­ren­zen, dar­un­ter vor allem jene des deut­schen Sprach­rau­mes, wich­ti­ger war als die gro­ße Mehr­heit des Weltepiskopats. 

Die Geneh­mi­gung erfolg­te nach dem Dezen­tra­li­sie­rungs­prin­zip. Auch dar­in ist eine Par­al­le­le zur Vor­ge­hens­wei­se im der­zei­ti­gen Pon­ti­fi­kat zu erken­nen. Das dama­li­ge Mot­to wird heu­te vor allem von Kar­di­nal Wal­ter Kas­per ver­tre­ten: Jene Bischofs­kon­fe­ren­zen, die die Hand­kom­mu­ni­on woll­ten, konn­ten sie dadurch ein­füh­ren, wäh­rend die ande­ren an der Mund­kom­mu­ni­on fest­hal­ten könnten.

Aus­lö­ser war der deut­sche Sprach­raum, wo nach pro­te­stan­ti­schem Vor­bild will­kür­lich und in offe­nem Unge­hor­sam die Hand­kom­mu­ni­on ein­fach ein­ge­führt wur­de. Anstatt die­sem Wild­wuchs ent­ge­gen­zu­tre­ten, zog Paul VI. es vor, den Unge­hor­sam durch die dezen­tra­le Dis­pens­re­ge­lung zu legalisieren.

Die progressive Eigendynamik – ein kurzer Rückblick

Die Rea­li­tät zum Grund­mot­to „Jeder wie er will“ spricht 50 Jah­re spä­ter eine deut­li­che Spra­che. Rück­blickend bestä­tigt der kon­kre­te Fall Kas­pers Über­zeu­gung einer pro­gres­si­ven Eigen­dy­na­mik, die ein Zurück unmög­lich mache. Antrieb dabei sei ein revo­lu­tio­nä­res Prin­zip. Des­halb, so immer Kas­per, sei ent­schei­dend, daß irgend­wo zumin­dest eine Tür auf­ge­tan wer­de. Der Rest daue­re zwar, sei dann aber kaum mehr auf­zu­hal­ten. Die „klei­ne“ Aus­nah­me ist das Ein­falls­tor. Man könn­te auch sagen, es genügt ein noch so klei­nes Loch, um einen gan­zen Damm bre­chen zu las­sen. Wem ist zu ver­den­ken, wenn nun man­che an die Zöli­bats­fra­ge und den Ver­such zur Eta­blie­rung eines „Ama­zo­nas-Prie­ster­tums“ den­ken wer­den – wo die Aus­nah­me natür­lich „nur“ beschränkt auf den Ama­zo­nas-Regen­wald erlaubt wer­den sollte.

So sehr Kar­di­nal Kas­per das auch glau­ben mag: Von einem Auto­ma­tis­mus kann kei­ne Rede sein. Es braucht immer die nöti­gen Vor­aus­set­zun­gen, die von Men­schen geschaf­fen, zuge­las­sen und gedul­det wer­den müs­sen. Die Liste jener, die die­se Vor­aus­set­zun­gen in den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten ermög­licht haben, ist ent­spre­chend lang.

Wäh­rend im deut­schen Sprach­raum nach der Instruk­ti­on zur Instruk­ti­on von 1969 sofort von der Mög­lich­keit Gebrauch gemacht wur­de, die Hand­kom­mu­ni­on offi­zi­ell ein­zu­füh­ren, hiel­ten ande­re Län­der noch jahr­zehn­te­lang an der über­lie­fer­ten Pra­xis fest, um dann – geführt von einer neu­en Bischofs­ge­ne­ra­ti­on – doch irgend­wann nachzugeben. 

Der neue Erlaß der Bischöfe Kolumbiens
Der neue Erlaß der Bischö­fe Kolumbiens

Letzt­lich kommt dem Bei­spiel der Papst-Diö­ze­se Rom eine maß­geb­li­che Vor­bild­wir­kung zu. Die Ita­lie­ni­sche Bischofs­kon­fe­renz führ­te die Hand­kom­mu­ni­on im Juli 1989 ein – mit einer ein­zi­gen Stim­me Mehr­heit. 1996 folg­te auch Argen­ti­ni­en. Bischof Juan Rodol­fo Lai­se, ein Kapu­zi­ner, lei­ste­te ener­gi­schen Wider­stand, was dazu führ­te, daß ihm Mit­brü­der vor­war­fen, die „kirch­li­che Gemein­schaft“ zu stören. 

In Kasach­stan wird, dank Weih­bi­schof Atha­na­si­us Schnei­der, die hei­li­ge Eucha­ri­stie wei­ter­hin als Mund­kom­mu­ni­on und kniend emp­fan­gen. Ver­ein­zelt haben Bischö­fe die von der Bischofs­kon­fe­renz erteil­te Dis­pens für ihr Bis­tum wie­der auf­ge­ho­ben. Als Vor­bild ging ihnen seit 2008 Papst Bene­dikt XVI. vor­aus, dem aller­dings die Kraft fehl­te, als Papst zu han­deln und sein Bei­spiel in eine Norm umzugießen.

Laut Kir­chen­recht ist es jeder­zeit mög­lich, die Dis­pens wie­der auf­zu­he­ben, wenn die genann­ten Vor­aus­set­zun­gen nicht erfüllt sind. Das tat 2009 Kar­di­nal Car­lo Caf­farra für die Bischofs­kir­che, die Kon­ka­the­dra­le und das größ­te Mari­en­hei­lig­tum sei­nes Erz­bis­tums Bolo­gna, weil er durch die Hand­kom­mu­ni­on eine zu gro­ße Gefahr eines Sakri­legs sah. Wenn das vor zehn Jah­ren für Bolo­gna galt, muß ange­nom­men wer­den, daß die Gefah­ren in zahl­rei­chen ande­ren Bis­tü­mern der Welt nicht gerin­ger sind.

Kir­chen­recht­lich nicht mög­lich ist hin­ge­gen ein Zwang zur Hand­kom­mu­ni­on durch ein Ver­bot der Mund­kom­mu­ni­on. Dem haben die kolum­bia­ni­schen Bischö­fe Rech­nung getragen.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Liber­tà e Persona/Vatican.va/Conferencia Epis­co­pal de Colom­bia (Screen­shots)

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