Alexander Tschugguel: „Kirche darf nicht zur linken NGO werden“

Widerstand gegen den „synodalen Weg“


Alexander von Tschugguel (l.): „Damit die Kirche keine NGO wird, müssen wir der Sendung Christi und der Tradition der Kirche treu bleiben“.
Alexander von Tschugguel (l.): „Damit die Kirche keine NGO wird, müssen wir der Sendung Christi und der Tradition der Kirche treu bleiben“.

An der Pres­se­kon­fe­renz, die am ver­gan­ge­nen Sams­tag anläß­lich der Aci­es ordi­na­ta gegen den „syn­oda­len Weg“ von Kar­di­nal Rein­hard Marx und der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz in Mün­chen abge­hal­ten wur­de, nahm auch Alex­an­der von Tschug­guel teil. Der jun­ge Mann aus Wien hat­te wäh­rend der Ama­zo­nas­syn­ode im Okto­ber 2019 die Figu­ren des latein­ame­ri­ka­ni­schen Göt­zen Pacha­ma­ma in den Tiber ent­sorgt.

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Er erin­ner­te dar­an, daß Papst Fran­zis­kus beim Welt­ju­gend­tag 2013 in Rio de Janei­ro die Kir­che ermahn­te, „nie­mals eine NGO“ wer­den zu dür­fen. Das sag­te das Kir­chen­ober­haupt, so Tschug­guel, in jener Rede, in der er die Jugend auf­rief, „Ver­wir­rung zu stiften“. 

Heu­te zei­ge sich aber, daß die Kir­che sich in Wirk­lich­keit lin­ken NGOs annä­he­re, anstatt sich von ihnen fernzuhalten. 

Unter NGOs, von denen man in den Medi­en höre, sei­en zumeist lin­ke, inter­na­tio­nal täti­ge Orga­ni­sa­tio­nen zu ver­ste­hen wie Green­peace, Amne­sty Inter­na­tio­nal, Open Socie­ty, Gaia Ama­zo­nas Foun­da­ti­on oder ande­re, „die sich für eine links­li­be­ra­le Aus­le­gung der Men­schen­rech­te, für den Abbau von Hür­den gegen Mas­sen­mi­gra­ti­on oder für die Bekämp­fung des angeb­lich men­schen­ge­mach­ten Kli­ma­wan­dels einsetzen“.

Anstatt sich von sol­chen Orga­ni­sa­tio­nen zu unter­schei­den, habe sich die Kir­che, beson­ders seit der Enzy­kli­ka Lau­da­to sì, ihnen immer mehr angenähert.

„Seit der Ama­zo­nas­syn­ode haben wir immer mehr von einer ‚neu­en Kir­che‘ mit ‚ama­zo­ni­schem Gesicht‘ gehört.“

Das kom­me in „rea­len oder poten­ti­el­len Ände­run­gen in den Riten und in vie­len Aspek­ten des prak­ti­schen Lebens der Kir­che zum Aus­druck“. Der inzwi­schen eme­ri­tier­te, öster­rei­chi­sche Mis­si­ons­bi­schof Erwin Kräut­ler bei­spiels­wei­se habe gefor­dert, heid­ni­sche Ele­men­te in das Leben der Katho­li­ken zu inte­grie­ren. Medi­en­be­rich­ten zufol­ge, so Tschug­guel, schei­ne eine NGO namens Gaia Ama­zo­nas Foun­da­ti­on (sie­he auch Gaia Foun­da­ti­on) unter der Lei­tung des Deutsch­ko­lum­bia­ners Mar­tin von Hil­de­brand vor und wäh­rend der Ama­zo­nas­syn­ode eine wich­ti­ge Rol­le gespielt zu haben.

„Von Hil­de­brand unter­stützt eine seit Jahr­zehn­ten bestehen­de Idee: Die Ama­zo­nas­re­gi­on soll­te der Sou­ve­rä­ni­tät Bra­si­li­ens ent­zo­gen und unter inter­na­tio­na­le Ver­wal­tung gestellt wer­den. Unter den Befür­wor­tern die­ser Idee befan­den sich Fran­cois Mit­te­rand, Michail Gor­bat­schow, John Major und Al Gore. Laut dem bri­ti­schen Jour­na­li­sten Edward Pen­tin bestand in der Zeit vor der Ama­zo­nas­syn­ode die Sor­ge, daß die Kir­che die­ses poli­ti­sche Pro­jekt offen unter­stüt­zen könn­te. Erst nach einem Tref­fen mit hoch­ran­gi­gen Ver­tre­tern der bra­si­lia­ni­schen Regie­rung ver­si­cher­te Kar­di­nal Clau­dio Hum­mes, daß die Syn­ode kei­ne Erklä­run­gen zu die­sem The­ma abge­ben werde.“

„Grüne“ Klimapolitik betreiben, aber über Missionsauftrag die Nase rümpfen

In Bezug auf die Ein­wan­de­rung aus Afri­ka und Asi­en ver­tre­te Papst Fran­zis­kus Posi­tio­nen, „die denen der NGOs und der Regie­rung von Mer­kel und der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz viel näher ste­hen als denen sei­ner Vorgänger“.

Dies wer­fe die Fra­ge auf, so Tschug­guel, was der Papst wirk­lich mit sei­ner Aus­sa­ge gemeint habe, daß die Kir­che kei­ne Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­ti­on wer­den solle. 

„Die Kir­che mit dem ‚ama­zo­ni­schen Gesicht‘ kon­zen­triert sich ohne Zwei­fel auf die Ver­brei­tung der ‚grü­nen‘ Kli­ma­po­li­tik der Lin­ken und auf das Lob für heid­ni­sche Prak­ti­ken Süd­ame­ri­kas, wäh­rend sie über mis­sio­na­ri­sche Akti­vi­tä­ten die Nase rümpft.“

Der Papst habe dies kürz­lich bestä­tigt, als er ita­lie­ni­schen Stu­den­ten sag­te, daß der Glau­be nicht in Wor­ten ver­kün­det wer­den sollte. 

„Aber was ist eine Kir­che, die nicht mehr pre­digt, die Chri­sti Auf­trag, das Evan­ge­li­um allen Völ­kern zu brin­gen, nicht mehr befolgt? Eine Kir­che, die sich auf die bereits erwähn­ten poli­ti­schen und sozia­len Akti­vi­tä­ten beschränkt? Sie ist in jeder Hin­sicht eine NGO.“

Dann kam Tschug­guel auf den Ein­fluß aus dem deut­schen Sprach­raum zu sprechen:

„Die größ­ten Befür­wor­ter die­ser ‚Kir­che mit ama­zo­ni­schem Gesicht‘, die zuneh­mend die Merk­ma­le einer Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­ti­on annimmt, schei­nen die deut­schen Bischö­fe zu sein. Vor allem der stell­ver­tre­ten­de Vor­sit­zen­de der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz, Franz-Josef Bode, der wie­der­holt erklärt hat, daß die auf der Ama­zo­nas­syn­ode getrof­fe­nen Ent­schei­dun­gen auch in Deutsch­land ange­wen­det wer­den sollten.“

Der „syn­oda­le Weg“ wer­de aller Vor­aus­sicht dazu füh­ren, daß die­ser Pro­zeß in Deutsch­land sehr schnell vor­an­schrei­te. „Die Kir­che in Deutsch­land ver­su­che hier eine Pio­nier­rol­le zu über­neh­men“, so Tschugguel.

„Problem der Amazonasregion überschaubarer als behauptet“

Eine genaue­re Ana­ly­se mache zudem deut­lich, daß die angeb­li­chen Pro­ble­me im Ama­zo­nas­ge­biet vor allem „ein Vorwand„seien, um For­de­run­gen wie Auf­he­bung des Prie­ster­zö­li­bats und Ein­füh­rung der Frau­en­or­di­na­ti­on in Deutsch­land ein­zu­füh­ren. Die­se For­de­run­gen, so Tschug­guel, sei­en seit Jahr­zehn­ten in Deutsch­land zu hören, nicht aber von den Indi­os des Ama­zo­nas­ge­bie­tes. Dort hät­ten Umfra­gen viel­mehr gezeigt, daß die mei­sten Men­schen kein Ver­ständ­nis dafür haben.

Vor allem sei im Zuge der Ama­zo­nas­syn­ode kaum hör­bar gewor­den, daß die Katho­li­ken in der Ama­zo­nas­re­gi­on nur eine Min­der­heit unter den Chri­sten darstellen. 

„Etwa 80 Pro­zent der Chri­sten dort sind pro­te­stan­ti­sche Frei­kirch­ler. Das habe auch damit zu tun, daß die katho­li­sche Kir­che seit Jahr­zehn­ten mehr oder weni­ger als NGO auf­tritt und ihren Mis­si­ons­auf­trag vernachlässigt.“

Zudem leben 80 Pro­zent der Katho­li­ken in den Städ­ten mit Pfarr­struk­tu­ren und einem geord­ne­ten kirch­li­chen Leben. Die Dimen­si­on des behaup­te­ten Pro­blems von seel­sorg­lich nicht betreu­ten, ent­le­ge­nen Indio-Dör­fern, in denen ein „eucha­ri­sti­scher Not­stand“ herr­sche (Erwin Kräut­ler), sei in Wirk­lich­keit über­schau­ba­rer, als der Ein­druck erweckt wur­de. Zudem wir­ken Tau­sen­de Prie­ster aus Staa­ten, die Anteil an der Ama­zo­nas­re­gi­on haben, in Nord­ame­ri­ka. Es gäbe daher Alter­na­ti­ven, so Tschug­guel, um das Pro­blem eines mög­li­chen Prie­ster­man­gels in den weni­gen abge­le­ge­nen Gebie­ten zu lösen.

„Es scheint, daß die Ama­zo­nas­re­gi­on als Ver­suchs­la­bor für libe­ral-moder­ni­sti­sche Katho­li­ken im Westen, ins­be­son­de­re in Deutsch­land, die­nen soll. Wir könn­ten uns daher fra­gen, ob das neue lachen­de ‚ama­zo­ni­sche‘ Gesicht der Kir­che nicht ein­fach eine Mas­ke ist, die nur das alte Gesicht der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz verbirgt.“

Die Lösung der Kir­chen­kri­se in Deutsch­land, Süd­ame­ri­ka und der Welt sei jeden­falls nicht durch die Auf­he­bung des Zöli­bats und die Ordi­na­ti­on von Prie­ste­rin­nen mög­lich, son­dern allein dadurch, „daß wir der Sen­dung Chri­sti und der Tra­di­ti­on der Kir­che treu bleiben“.

„Das erfor­dert, daß jeder ein­zel­ne Katho­lik per­sön­li­che Opfer bringt und den Irr­tü­mern des gegen­wär­ti­gen Zeit­geists widersteht.“

In ihrer 2000-jäh­ri­gen Geschich­te sei die Kir­che vor vie­len Her­aus­for­de­run­gen gestan­den und habe sich mit vie­len Kri­sen und Abwei­chun­gen vom rich­ti­gen Weg aus­ein­an­der­set­zen müs­sen. Sie sei aber immer in der Lage gewe­sen, sich zu erneu­ern, indem sie zur wah­ren Leh­re zurück­kehr­te, und dies­mal wird es nicht anders sein. “

„Jetzt müs­sen wir ent­schei­den, wie vie­le fal­sche Pfa­de die Kir­che ver­las­sen muß, wie vie­le noch zer­stört wer­den müs­sen, bevor wir den Weg zurück zur Wahr­heit, zur Leh­re und zur Tra­di­ti­on fin­den können.“

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: CR

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