„Der Neo-Modernismus tyrannisiert die römische Kirche“

Erzbischof Carlo Maria Viganò über das Abu-Dhabi-Projekt der Welteinheitsreligion


Das von Papst Franziskus unterstütze Abu-Dhabi-Projekt, rechts die Mosche, links die Kirche, in der Mitte hinten die Synagoge.
Das von Papst Franziskus unterstütze Abu-Dhabi-Projekt, rechts die Moschee, links die Kirche, in der Mitte hinten die Synagoge.

Der ehe­ma­li­ge Apo­sto­li­sche Nun­ti­us in den USA, Erz­bi­schof Car­lo Maria Viganò, reagier­te auf das Bekannt­wer­den, daß Papst Fran­zis­kus das Pro­jekt eines „gemein­sa­men Hau­ses“ für die soge­nann­ten „abra­ha­mi­ti­schen Reli­gio­nen“ Chri­sten­tum, Juden­tum und Islam in Abu Dha­bi unter­stützt. Mit einem ungu­ten Gefühl klam­mer­ten sich man­che in der Kir­che beim frü­her initi­ier­ten Pro­jekt Hou­se of One – Haus der Reli­gio­nen in Ber­lin an die feh­len­de Betei­li­gung der katho­li­schen Kir­che. Mit dem neu­en Pro­jekt hat sich das schlag­ar­tig geän­dert. Die Kir­che des Moschee-Syn­ago­gen-Kir­chen-Pro­jekts soll dem hei­li­gen Franz von Assi­si geweiht wer­den. Vor allem erscheint es als rea­li­stisch, daß Papst Fran­zis­kus per­sön­lich an der Eröff­nung (Seg­nung, Wei­he?) des Abu-Dha­bi-Pro­jekts teil­neh­men oder zumin­dest einen offi­zi­el­len Ver­tre­ter ent­sen­den könn­te.
Erz­bi­schof Viganò zitiert in sei­nen Aus­füh­run­gen zunächst Papst Pius XI.

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Die­ser schrieb 1928 in sei­ner Enzy­kli­ka Mor­ta­li­um ani­mos vom ver­ständ­li­chen Wunsch von immer mehr Men­schen nach Brü­der­lich­keit und Ein­heit zwi­schen den Men­schen und Natio­nen. Dann listet der ehe­ma­li­ge Vati­kan­di­plo­mat die bei­spiel­lo­sen Etap­pen auf, die Papst Fran­zis­kus 2019 zurücklegte. 

  • Im Febru­ar 2019 unter­zeich­ne­te Papst Fran­zis­kus in Abu Dha­bi mit dem Groß­i­mam Al-Azhar, Ahmad Moham­med al-Tay­yeb, das umstrit­te­ne Doku­ment über die Brü­der­lich­keit aller Men­schen.
  • Im Novem­ber 2019 emp­fing Papst Fran­zis­kus Groß­i­mam al-Tay­yeb, um die Ver­wirk­li­chung des Pro­jekts Abra­ha­mic Fami­ly Hou­se (Haus der Abra­ha­ma­ti­schen Fami­lie), ein gemein­sa­mes Haus für die drei mono­the­isti­schen Welt­re­li­gio­nen Juden­tum, Chri­sten­tum und Islam zu starten.

Moha­med Kha­li­fa Al Muba­rak, Sproß einer Fami­lie von Diplo­ma­ten, Rechts- und Reli­gi­ons­ge­lehr­ten, gehört als Mini­ster für Kul­tur und Tou­ris­mus der Regie­rung des Emi­rats Abu Dha­bi an. Er erklär­te am ver­gan­ge­nen 21. Sep­tem­ber gegen­über Vati­can­News:

„In einer Welt, in der es vie­le Din­ge gibt, die tren­nen, set­zen sich die Ver­ei­nig­ten Ara­bi­schen Emi­ra­te dafür ein, zu einen. Wie ein strah­len­der Leucht­turm wol­len sie das Licht in eine dunk­le Welt brin­gen, indem sie die­ses Doku­ment ans Licht brach­ten, das wich­tig­ste in jüng­ster Zeit unter­zeich­ne­te Dokument.“

Dazu merkt Msgr. Car­lo Maria Viganò an:

„Das klingt, als wür­de man sagen, das ‚Licht aus dem Osten‘, das uns aus der Höhe besucht hat als auf­ge­hen­de Son­ne (Lk 1,7–8), wird in den Schat­ten gestellt von einem neu­en strah­len­den ‚Leucht­turm‘.“

Die Gesprä­che im Vati­kan zwi­schen dem Papst und dem Groß­i­mam sei­en „herz­lich“ ver­lau­fen, da die Freund­schaft inzwi­schen gefe­stigt ist. Immer­hin war es bereits das sech­ste Tref­fen in die­sem Pontifikat. 

„Die latein­ame­ri­ka­ni­sche Wär­me hat über die lan­ge und stren­ge ‚Käl­te‘ obsiegt, die zwi­schen dem Apo­sto­li­schen Stuhl und der höch­sten Auto­ri­tät des sun­ni­ti­schen Islams herrschte.“

Die jüng­ste Begeg­nung war zudem Gele­gen­heit, dem Papst die Plä­ne samt 3D-Prä­sen­ta­ti­on des gro­ßen Bau­pro­jekts in Abu Dha­bi vorzustellen.

Das Sie­ger­pro­jekt des dazu aus­ge­lob­ten Archi­tek­tur­wett­be­werbs stammt von dem aus Gha­na stam­men­den Sir David Adjaye Obe. Als Sohn eines Gha­na­er Diplo­ma­ten wur­de er auf Dar­essa­lam in Tan­sa­nia gebo­ren, ver­brach­te die ersten Lebens­jah­re in Ägyp­ten, im Jemen und im Liba­non und kam schließ­lich nach Groß­bri­tan­ni­en, wo er stu­dier­te, sein Archi­tek­ten­bü­ro grün­de­te, bri­ti­scher Staats­bür­ger wur­de und 2017 von der Köni­gin geadelt wurde.

„Das Abra­ha­mic Fami­ly Hou­se soll eine Art von Neu­em Zelt der uni­ver­sel­len Brü­der­lich­keit wer­den, das sich auf das Zelt Abra­hams bezieht, in dem die drei geheim­nis­vol­len Engel ein­kehr­ten, die eine Vor­ah­nung der Drei­ei­nig­keit Got­tes waren, die sich erst in Jesus Chri­stus ganz offen­bar­te“, so Erz­bi­schof Viganò.

Gemäß dem Pro­jekt von Sir David Adjaye wer­den die drei Kult­stät­ten durch ein gemein­sa­mes Fun­da­ment ver­bun­den und in eine aus­ge­dehn­te Gar­ten­an­la­ge inte­griert sein, die offen­bar eine Art neu­er Gar­ten Eden wer­den soll.

„Das ist der Ver­such einer Neu­auf­la­ge der ersten Schöp­fung in gno­sti­scher und frei­mau­re­ri­scher Lesart.“

Die Moschee, die Kir­che und die Syn­ago­ge sol­len dem „indi­vi­du­el­len Kul­tus“ die­nen, ein vier­ter Gebäu­de­teil der Unter­brin­gung eines Stu­di­en­zen­trums, das die Idee der „Brü­der­lich­keit aller Men­schen“ för­dern und ver­brei­ten soll. Zudem soll in dem Tem­pel­kom­plex der Reli­gio­nen der hoch­do­tier­te Human Brot­her­hood Award ver­lie­hen werden.

„Die Errich­tung des Abra­ha­mic Fami­ly Hou­se erin­nert an den Turm­bau zu Babel, zusam­men­ge­braut von den Fein­den Got­tes, der katho­li­schen Kir­che und der ein­zi­gen wah­ren Reli­gi­on, die allein imstan­de ist den Men­schen und die gan­ze Schöp­fung vor der Zer­stö­rung zu ret­ten, sei es der gegen­wär­ti­gen wie auch der ewi­gen. Die Fun­da­men­te die­ses „Hau­ses“, die nach­ge­ben und ein­stür­zen wer­den, ent­ste­hen dort, wo durch die Hän­de der Erbau­er der ein­zi­ge wah­re Eck­stein ent­fernt wer­den soll: Jesus Chri­stus, Hei­land und Herr, auf dem sich das Haus Got­tes erhebt. Des­halb warnt der Apo­stel Pau­lus: ‚Der Gna­de Got­tes ent­spre­chend, die mir geschenkt wur­de, habe ich wie ein guter Bau­mei­ster den Grund gelegt; ein ande­rer baut dar­auf wei­ter. Aber jeder soll dar­auf ach­ten, wie er weiterbaut‘(1 Kor 3,10).“

Der ein­sti­ge Vati­kan­di­plo­mat fährt fort:

„Im Gar­ten von Abu Dha­bi erhebt sich der Tem­pel der syn­kre­ti­sti­schen, neu­en Welt­re­li­gi­on mit ihren anti­christ­li­chen Dog­men. Nicht ein­mal der hoff­nungs­voll­ste Frei­mau­rer hät­te sich noch vor kur­zem so etwas vor­zu­stel­len gewagt!“

„Papst Berg­o­glio setzt damit die Apo­sta­sie von Abu Dha­bi fort, die das Ergeb­nis des pan­the­isti­schen und agno­sti­schen Neo-Moder­nis­mus ist, der die römi­sche Kir­che tyran­ni­siert, und aus dem Kon­zils­do­ku­ment Nost­ra aet­a­te her­vor­ge­gan­gen ist. Wir sind gezwun­gen, es anzu­er­ken­nen: Die ver­gif­te­ten Früch­te des ‚Kon­zils­früh­lings‘ sind für alle sicht­bar, die sich von der herr­schen­den Lüge nicht blen­den lassen.“

Der ein­gangs zitier­te Pius XI. „hat uns ermahnt und gewarnt“.

„Aber die Leh­ren vor dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil wur­den als into­le­rant und über­holt in die Brennes­seln gewor­fen. Der Ver­gleich zwi­schen dem vor­kon­zi­lia­ren Lehr­amt und den neu­en Leh­ren von Nost­ra aet­a­te und Dignita­tis hum­a­nae – um nur die­se zu nen­nen – wei­sen einen schreck­li­chen Man­gel an Kon­ti­nui­tät auf, was zur Kennt­nis zu neh­men ist und so bald als mög­lich geän­dert wer­den soll­te. Deo adi­uvan­te…“

Es sei wich­tig, so Erz­bi­schof Viganò, die Wor­te zu hören, die Papst Pius XI. lehr­te, „als sich die Päp­ste noch der Spra­che der Wahr­heit bedienten“:

Zu die­sem Zwecke hal­ten sie vor einer zahl­rei­chen Zuhö­rer­schaft Kon­fe­ren­zen, Ver­samm­lun­gen und Vor­trä­ge, zu denen sie alle ohne jeden Unter­schied zur Aus­spra­che ein­la­den: Hei­den jeder Art und Chri­sten, und end­lich auch jene, die unse­li­ger­wei­se von Chri­stus abge­fal­len sind oder die sei­ne gött­li­che Natur und sei­ne gött­li­che Sen­dung erbit­tert und hart­näckig bekämp­fen.
Der­ar­ti­ge Ver­su­che kön­nen von den Katho­li­ken in kei­ner Wei­se gebil­ligt wer­den. Sie gehen ja von der fal­schen Mei­nung jener aus, die da glau­ben, alle Reli­gio­nen sei­en gleich gut lobens­wert, weil alle, wenn auch in ver­schie­de­nen For­men, doch glei­cher­ma­ßen dem uns ange­bo­re­nen und natür­li­chen Sinn Aus­druck geben, durch den wir nach Gott ver­lan­gen und uns sei­ner Ober­herr­schaft gehor­sam unter­wer­fen. Die Ver­tre­ter sol­cher Ansich­ten sind nun nicht nur in Irr­tum und Selbst­täu­schung befan­gen, son­dern sie leh­nen auch die wah­re Reli­gi­on ab, indem sie ihren Begriff ver­fäl­schen. Auf die­se Wei­se kom­men sie Schritt für Schritt zum Natu­ra­lis­mus und Athe­is­mus. Dar­aus ergibt sich dann ganz klar die Fol­ge­rung, daß jeder, der sol­chen Ansich­ten und Bemü­hun­gen bei­pflich­tet, den Boden der von Gott geof­fen­bar­ten Reli­gi­on voll­stän­dig ver­läßt. […] Die mysti­sche Braut Chri­sti ist ja im Lau­fe der Jahr­hun­der­te nie­mals befleckt wor­den, und sie kann nie befleckt wer­den nach den schö­nen Wor­ten Cypri­ans: ‚Zum Ehe­bruch läßt sich die Braut Chri­sti nicht füh­ren, sie ist unbe­fleckt und züch­tig. Nur ein Haus kennt sie, die Hei­lig­keit eines Schlaf­ge­ma­ches bewahrt sie in keu­scher Scham‘“ (Morta­li­um ani­mos).

Der Erz­bi­schof zitiert auch Dom Pro­sper-Lou­is-Pas­cal Gué­ran­ger, Die christ­li­che Bedeu­tung der Geschich­te:

„Heu­te braucht die Kir­che mehr denn je star­ke und kon­se­quen­te Leh­ren. Mit­ten in der Auf­lö­sung … wer­den die Kom­pro­mis­se immer unfrucht­ba­rer, und jeder von ihnen nimmt ein Stück der Wahr­heit weg … Zeigt euch daher als das, … was ihr letzt­lich seid: über­zeug­te Katho­li­ken…! Es gibt eine Gna­de, die mit dem voll­stän­di­gen und unver­kürz­ten Bekennt­nis des Glau­bens ver­bun­den ist. Die­ses Bekennt­nis, sagt der Apo­stel, ist das Heil derer, die es bezeu­gen, und die Erfah­rung zeigt, daß es auch das Heil derer ist, die es hören.“ 

Erz­bi­schof Viganò schließt mit den Worten:

„Der eme­ri­tier­te Papst Bene­dikt XVI. hat erneut sein Schwei­gen durch­bro­chen, indem er sein ern­stes Fle­hen für die Kir­che in die­ser so beun­ru­hi­gen­den Stun­de ihrer Geschich­te öffent­lich machte: 

‚Auch heu­te ist unser Glau­be von ein­schrän­ken­den Ver­än­de­run­gen bedroht, denen welt­li­che Moden ihn gern unter­wer­fen wür­den, um ihm sei­ne Grö­ße zu neh­men. Herr, hilf uns in die­ser, unse­rer Zeit wah­re Katho­li­ken zu sein und zu blei­ben – in der Grö­ße Dei­ner Wahr­heit und in Dei­ner Gött­lich­keit zu leben und zu ster­ben. Schen­ke uns immer muti­ge Bischö­fe, die uns zur Ein­heit im Glau­ben und mit den Hei­li­gen aller Zei­ten füh­ren, und uns zei­gen, wie wir im Dien­ste der Ver­söh­nung, zu der unser Epi­sko­pat in beson­de­rer Wei­se beru­fen ist, ange­mes­sen han­deln kön­nen. Herr Jesus Chri­stus, erbar­me dich unser!‘ “

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Youtube/​Abrahamic Fami­ly Hou­se (Screen­shot)

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