Von Roberto de Mattei*
Die vier Kardinäle, Autoren der Dubia zum nachsynodalen Schreiben Amoris laetitia, haben über den Blog des Vatikanisten Sandro Magister ein Audienzgesuch bekannt gemacht , das Kardinal Carlo Caffarra am vergangenen 25. April dem Papst zukommen ließ, aber keine Antwort erhielt. Das absichtliche Schweigen von Papst Franziskus – der in Santa Marta auch weniger relevante Persönlichkeiten empfängt, um über für das Leben der Kirche weniger wichtige Probleme zu diskutieren – ist der Grund für die Veröffentlichung des Dokuments.
In der respektvollen Bitte um Audienz lassen die vier Kardinäle (Brandmüller, Burke, Caffarra und Meisner) wissen, daß sie dem Papst die Gründe ihrer „Dubia“ erklären und ihm die Lage der Kirche aufzeigen möchten, die sich in einer schwerwiegende Verwirrung und Orientierungslosigkeit befindet, vor allem was die Seelenhirten betrifft und „in primis“ die Pfarrer. Es sind Tatsachen, die sie im neuen Brief schreiben:
„In dieser Zeit wurden öffentlich Interpretationen zu einigen objektiv zweideutigen Stellen des nachsynodalen Schreibens gegeben, die vom beständigen Lehramt der Kirche nicht nur abweichen, sondern diesem widersprechen. Obwohl der Präfekt der Glaubenskongregation mehrfach erklärte, daß sich die Lehre der Kirche nicht geändert hat, sind zahlreiche Erklärungen von einzelnen Bischöfen, Kardinälen, ja sogar von Bischofskonferenzen erfolgt, die gutheißen, was das Lehramt der Kirche nie gutgeheißen hat. Nicht nur der Zugang zur Heiligen Eucharistie von jenen, die objektiv und öffentlich in einem Zustand der schweren Sünde leben und darin bleiben wollen, sondern auch ein Verständnis des moralischen Gewissens, das der Tradition der Kirche widerspricht. Dadurch geschieht – wie schmerzvoll ist es, das festzustellen! –, daß das, was in Polen Sünde ist, in Deutschland gut ist, was im Erzbistum Philadelphia verboten ist, auf Malta erlaubt ist, und so weiter. Es kommt einem die bittere Feststellung von Blaise Pascal in den Sinn: ‚Diesseits der Pyrenäen Wahrheit, jenseits Irrtum; Gerechtigkeit am linken Flußufer, Ungerechtigkeit am rechten Flußufer‘.“
In der Tatsache, daß Mitarbeiter des Papstes ihn um eine Privataudienz bitten und in der Bitte mit Parrhesia, aber mit Objektivität die Spaltung aufzeigen, die jeden Tag in der Kirche größer wird, ist nichts von einem Skandal oder einer Rebellion. Der Skandal ist hingegen die Weigerung des Nachfolgers des Petrus, jene anzuhören, die darum bitten, empfangen zu werden. Das um so mehr als Franziskus aus dem „Willkommen heißen“ ein Markenzeichen seines Pontifikats gemacht hat, indem er in einer seiner ersten Predigten in Santa Marta (25. Mai 2013) sagte, daß „Christen, die bitten, nie eine verschlossene Tür vorfinden dürfen“. Warum wird vier Kardinälen eine Audienz verweigert, die nichts anderes tun, als ihrer Pflicht als Ratgeber des Papstes nachzukommen?
Die Worte der Kardinäle sind voller Respekt. Man kann annehmen, daß es ihre Absicht ist, durch das direkte Gespräch in einer persönlichen Audienz die Absichten und Pläne von Papst Franziskus besser „unterscheiden“ zu können und eventuell in camera caritatis eine brüderliche Zurechtweisung vorzunehmen.
Das Schweigen von Papst Franziskus ihnen gegenüber ist verbissen und respektlos und bringt in seinem Fortdauern die Position von jemandem zum Ausdruck, der entschlossen seinen Weg fortsetzen will. Da eine private Zurechtweisung wegen der Verweigerung einer Audienz unmöglich ist, werden nun auch die Kardinäle mit Entschlossenheit ihren Weg weitergehen müssen, wenn sie verhindern wollen, daß in der Kirche das Schweigen lauter ist als ihre Worte.
*Roberto de Mattei, Historiker, Vater von fünf Kindern, Professor für Neuere Geschichte und Geschichte des Christentums an der Europäischen Universität Rom, Vorsitzender der Stiftung Lepanto, Autor zahlreicher Bücher, zuletzt in deutscher Übersetzung: Verteidigung der Tradition: Die unüberwindbare Wahrheit Christi, mit einem Vorwort von Martin Mosebach, Altötting 2017.
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana
Gottes Mühlen mahlen langsam aber sicher – und vortrefflich fein!
In der juristischen Fachsprache liegt „beredtes Schweigen“ vor, wenn dem Schweigen durch ausdrückliche vertragliche Vereinbarung ein Erklärungswert zukommen soll. Wird im Vertrag vereinbart, dass Schweigen eines Vertragsteils zu einer bestimmten Rechtsfolge führen soll, so tritt diese Rechtsfolge bei Schweigen des betroffenen Vertragspartners automatisch ein. Beredtes Schweigen gilt als Zustimmung im Sinne einer Vertragsannahme, wenn nach den Vorverhandlungen Einigkeit über die wesentlichen Punkte des Vertrags bestanden hat und beide Parteien fest mit einem Vertragsabschluss gerechnet haben. „qui tacet consentire videtur, ubi loqui debuit atque potuit“; Papst Bonifatius VIII.- Ein alter Rechtsgrundsatz „Wer schweigt, wo er (wider)sprechen sollte und konnte, dem wird Zustimmung unterstellt“
Das klingt ja interessant, aber Papast Franziskus hat indirekt widersprochen, indem er Äußerungen von Bischofskonferenzen akzeptiert hat.
Was unser Papst offenbar durch die Synoden erreichen wollte, aber nicht bekommen hat, das hat er in einer Fußnote untergebracht. Dort wirkt es genau so, wie gewollt.
Dabei gibt es nur eine saubere Lösung:
Die Ehe ist öffentlich (!) und hat weltlich wie kirchlich eine unersetzbare Bedeutung. Auch wenn vom Zeitgeist verkrüppelte Narren das anders sehen. Im Staat gibt es die Scheidung, wegen der Ordnung! Weil in der Kirche Scheidung unmöglich ist, deshalb muß ein öffentliches Gelöbnis zur Enthaltsamkeit kommen. Damit ist der Friede hergestellt.
Was in der heutigen Zeit sicher einen Sturm der Entrüstung auslösen würde.