(Rom) Im Souveräne Malteserorden fand Anfang 2017 ein Putsch gegen den regierenden Großmeister und Fürsten statt. Papst Franziskus war nicht sein Urheber, allerdings sein Exekutor. Die Ritter, die seither im Orden ihre Macht mit päpstlicher Rückendeckung ausüben, haben eine neue Order ausgegeben: Sie lautet nicht mehr auf Verteidigung der Christenheit, wenn nötig mit dem Schwert, oder mit dem Hospiz. So hat es der Orden bisher gehalten. Kurz vor der Vollendung seines tausendjährigen Bestehens wurde eine neue Order ausgegeben. Sie lautet: politische Korrektheit auf dem Weg zur humanitären NGO – und in eine ernste Identitätskrise.
„Es gab eine Zeit, vor rund drei Jahren, in der der Malteserorden noch unter Beweis stellte, skandalisiert zu sein von der Nachricht, daß der Orden an internationalen humanitären Projekten in Myanmar, in Kenia und im Südsudan beteiligt ist, bei denen Verhütungsmittel verteilt werden, obwohl das in offenem Widerspruch zur Soziallehre der Kirche steht.“
Mauro Faverzani (Corrispondenza Romana), von dem diese Zeilen stammen, stellt sie in einen Gegensatz zur heutigen Ordenssituation. 2016 war die Ordensführung noch zur Empörung imstande, doch diese endete nicht gut. Der damalige Großmeister, der Brite Fra Matthew Festing, der sich der schleichenden Neuausrichtung des Ordens widersetzte, wurde von Papst Franziskus abgesetzt. Faverzani formuliert es noch eine Spur präziser und für die Kirche schmerzlicher: Dem Großmeister wurde „ein Bein gestellt“.
Die Verantwortlichen für den neuen Kurs, allen voran der Großkanzler des Ordens, der deutsche Freiherr Albrecht von Boeselager, blieben dank ihrer guten Kontakte zum vatikanischen Staatssekretariat und zu Papst Franziskus hingegen im Sattel. Seit einem Jahr verfügt der Orden auch wieder über einen Großmeister und Fürsten. An der Machtverschiebung in Richtung Großkanzler und „deutsche Gruppe“ im Orden änderte das nichts mehr.
Die neue Agenda: Migration
Die neuen Parolen, mit denen der Orden heute an die Öffentlichkeit tritt, lauten: Migration, Multikulturalismus und Multireligiosität. Parolen, die im derzeitigen Vatikan gern gehört werden. So erstaunt es nicht, daß Großkanzler Boeselager den umstrittenen Global Compact für Migration der UNO als „ausgezeichnetes Instrument zur Handhabung des Migrationsphänomens“ lobte. Der Heilige Stuhl hatte keinen Geringeren als Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin nach Marrakesch entsandt, um den päpstlichen Segen zum Rahmenprogramm der neuen Völkerwanderung zu spenden.
Der „neue“ Malteserorden erfüllt seine Agenda mit deutscher Gründlichkeit und beteiligt sich lautstark auch an den Angriffen gegen die italienische Regierung, in der die Lega von Innenminister Matteo Salvini neue Akzente gegen die unkontrollierte Masseneinwanderung setzt. Salvini kündigte am vergangenen Sonntag nach dem siebten Wahlsieg seiner Partei innerhalb eines Jahres in Folge an: „Und jetzt holen wir uns Europa zurück“. Franziskus sympathisiert dagegen mit der Gegenseite, die sich um das Projekt der Eurokraten, was sich auch im Malteserorden niederschlägt.
„Schwerwiegende Probleme, die im UNO-Text impliziert sind, vor allem die Bedrohung der Presse- und Meinungsfreiheit, sind bereits sichtbar geworden. Die Einwanderung kritisieren, wird in der EU verboten und mit Gesetz strafrechtlich verfolgt werden. Und zwar mit harten Strafen. Der Global Compact selbst sieht es vor“, so Faverzani.
„Das aber scheinen die Malteserritter entweder nicht zu wissen, oder es kümmert sie nicht, da sie so begeistert und bedingungslos dem Projekt zustimmen.“
Die neuen Wege und die Antwort Benedikts XVI.
Großkanzler Boeselager gab eine weitere Mega-Front bekannt, an der sich der älteste katholische Ritterorden aktiv einbringen will: die Multireligiosität und der religiöse Pluralismus. Um den Worten gleich Taten folgen zu lassen, wird der Orden in Rom eine Tagung durchführen „mit Vertretern der verschiedenen Religionen“. Natürlich wird sie sich auch mit dem humanitären Auftrag des Ordens befassen. Die Gefahr liegt auf der Hand: Bereits im Zuge des Konfliktes zwischen Großmeister Festing und Großkanzler Boeselager war davor gewarnt worden, daß die „deutsche Gruppe“ den Orden in eine von vielen, identitätslosen humanitären NGOs umbauen will, die kaum mehr als ein willfähriger Arm der linksliberalen UNO wäre.
Benedikt XVI. schreibt in seiner Enzyklika Deus caritas est vom Dezember 2005:
„Das Zunehmen vielfältiger Organisationen, die sich um den Menschen in seinen verschiedenen Nöten mühen, erklärt sich letztlich daraus, daß der Imperativ der Nächstenliebe vom Schöpfer in die Natur des Menschen selbst eingeschrieben ist. Es ist aber auch ein Ergebnis der Gegenwart des Christentums in der Welt, die diesen in der Geschichte oft tief verdunkelten Imperativ immer wieder weckt und zur Wirkung bringt. […] Um so wichtiger ist es, daß das kirchliche Liebeshandeln seine volle Leuchtkraft behält und nicht einfach als eine Variante im allgemeinen Wohlfahrtswesen aufgeht.“
Und weiter:
„Das innere Offensein für die katholische Dimension der Kirche wird in dem Mitarbeiter zwangsläufig die Bereitschaft fördern, sich mit den anderen Organisationen im Dienst an den verschiedenen Formen der Bedürftigkeit abzustimmen; das muß jedoch unter Berücksichtigung des spezifischen Profils des Dienstes geschehen, den Christus von seinen Jüngern erwartet. […] Die praktische Aktion bleibt zu wenig, wenn in ihr nicht die Liebe zum Menschen selbst spürbar wird, die sich von der Begegnung mit Christus nährt.“
Politically correct bis zur Homophilie?
Auch die Homophilie ist beim altehrwürdigen Ritterorden angekommen. Sie findet sich zwar nicht auf der offiziellen Internetseite der Ordensleitung, aber auf jener des Großpriorats Rom. In einer Presseschau findet sich ein Artikel der Tageszeitung La Repubblica, von der Papst Franziskus sagte, es sei die einzige Zeitung, die er regelmäßig lese. Der Artikel berichtet über ein römisches Comic-Festival über Frauenrechte und „Gender-Fragen“ aller sexuellen „Neigungen“, indem „neue Bilder von zeitgenössischen Heldinnen, lesbische Liebesgeschichten und Frauenfreundschaften“ geschaffen werden.
Der studierte Philosoph und Psychologe Mauro Faverzani ergänzt:
„Dem fügen sich die Bekundungen einer uneingeschränkten und totalen Zustimmung zu den Aussagen von Papst Franziskus hinzu mit besonderer Berücksichtigung der ihm besonders wichtigen Themen. Sie sind Ausdruck eines wiedergefundenen Idylls nach den Stürmen, die vor wenigen Jahren stattfanden und zu einer ‚Revision‘ des Souveränen Ritter- und Hospitalorden vom Heiligen Johannes von Jerusalem von Rhodos und von Malta führten, so sein offizieller Name, führten.
Der Orden ist mit Sicherheit sehr Gehorsam. Ist er aber auch noch wirklich souverän?“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana
Die postkatholische Restrukturierung kann einem noch so offensichtlich ins Gesicht springen, es werden sich zuverlässig Katholiken finden, welche davon absolut nichts mitbekommen.
Ein wirkliches Mysterium – würde man es nicht gerade selbst erleben, könnte man es schlicht nicht für möglich halten.
Wie so oft ist auch hier der unkorrekte Weg mit dem Ziel der politischen Korrektheit zu sehen. Oder der Putsch brachte die Putschisten an die Macht und der Heilige Vater hat mit Hilfe der Claqueure seine politische Unschuld verloren. Das ist der Preis für die Zerstörung der Souveränität des über tausend Jahre alten Ordens, der immer in Treue gedient hat.