
(Brasilia) Die Zeitungsmeldung über die Warnung des brasilianischen Geheimdienstes vor der Amazonassynode zieht weite Kreise und rückt die Synode mit einem Schlag ins Rampenlicht der Öffentlichkeit des Landes, das im Mittelpunkt der Sondersynode stehen wird.
Am vergangenen Sonntag berichtete die Tageszeitung O Estado de São Paulo über einen Bericht des brasilianischen Geheimdienstes ABIN, der sich auf eigene Erkenntnisse und Berichte von Militärkommandos stützt. Der Bericht warnt davor, daß ein „linker Klerus“ die seit 2014 vorbereitete Amazonassynode ausnützen wolle, um gegen die brasilianische Staatsführung und brasilianische Interessen zu agitieren.
Seit 1. Januar wird Brasilien von Jair Bolsonaro regiert, der die Präsidentschaftswahlen im Herbst 2018 mit deutlicher Mehrheit gewonnen hatte. Seither gilt er wie Donald Trump in den USA nicht nur als Feindbild der politischen Linken seines eigenen Landes, sondern international. Ein Blick in den deutschen Wikipedia-Eintrag zu Bolsonaro zeigt die linke Agitation.
Die Meldung über den Geheimdienstbericht sorgt in der Kirche und insgesamt im Kreis der Bolsonaro-Gegner für Aufregung. Das hat vor allem damit zu tun, daß der Geheimdienst ABIN direkt dem Amt des Staatspräsidenten untersteht, da in Brasilien wie in den USA das Staatsoberhaupt zugleich auch Regierungschef ist.
Das Presseamt der Präsidialkanzlei beeilte sich im Auftrag des Staatssekretärs für die nationale Sicherheit, eine generelle Überwachung der Kirche zu dementieren. Soweit so naheliegend, da in der Regel kein Land Geheimdienst-Aktivitäten direkt offenlegt.
Die Pressestelle betonte mit Nachdruck, daß es keine geheimdienstliche Beobachtung der katholischen Kirche durch die ABIN gebe. Deren Auftrag sei es, „gemäß Gesetz Szenarios“ vorzubeugen, die „die Sicherheit der Gesellschaft und des brasilianischen Staates gefährden“ können.
Es gebe daher, so die Stellungnahme, auch „keine allgemeine Kritik an der katholischen Kirche“. Es bestehe aber die „Sorge“ der Verantwortungsträger für die nationale Sicherheit bezüglich der „Synode über den Amazonas, die im Oktober dieses Jahres im Vatikan stattfinden wird“.
Staatssekretär Heleno und die nationale Sicherheit
Für die nationale Sicherheit im Amt des Staat- und Regierungschefs ist ein eigener Staatssekretär zuständig. Das Amt bekleidet seit dem 1. Januar 2019 Augusto Heleno Ribeiro, ein ehemaliger General der brasilianischen Streitkräfte. Heleno ist mit dem Bundesstaat Amazonia gut vertraut, da er 2007/2008 das dortige Militärkommando innehatte. Bolsonaro vertraut ihm. Er hatte Heleno 2018 eingeladen, als sein Vizepräsident in den Wahlkampf zu gehen, was der pensionierte General allerdings ablehnte.
Heleno gehört der christlich-konservativen Partei Patriota (Patri) an, die für Gott, Familie und Vaterland eintritt. Sie lehnt Abtreibung, Homo-Ehe und Sozialismus ab. Die Partei, die vor allem von evangelikalen Christen getragen wird, bemühte sich im Wahlkampf betont auch um katholische Wählerstimmen. Sie fordert ein Ende der Klima-Hysterie, lehnt die UNO-These eines menschenverschuldeten Klimawandels ab und ebenso eine Globalisierung zu Lasten der nationalen Souveränität. Ganz der iberischen Tradition des Landes verpflichtet, weist sie jede Form von Rassismus zurück. Zugleich bekämpft sie eine Ausweitung des atheistischen Einflusses und lehnt eine verstärkte Einwanderung von Muslimen nach Brasilien ab.
Bestimmte Kreise werden überwacht
Um den Inhalt der Erklärung, die im Auftrag von Staatssekretär Heleno veröffentlicht wurde, wirklich zu verstehen, sind die Eckpunkte zu verdeutlichen: Helenos Amt stellte in der Stellungnahme klar, daß nicht die katholische Kirche als solche im Visier einer Beobachtung durch den Geheimdienst ABIN steht, implizit aber sehr wohl bestimmte Kreise der Kirche, die von der Tageszeitung O Estado de São Paulo, die den Geheimdienstbericht zitierte, als „linker Klerus“ umschrieben werden. Dazu gehören auch einige Bischöfe des Landes, die mit der Vorbereitung der Amazonassynode zu tun haben. Es darf angenommen werden, daß damit auch Kardinal Hummes und der emeritierte österreichische Missionsbischof Erwin Kräutler gemeint sind.
Die Erklärung bestätigte offiziell, daß die neue Staatsführung von Brasilien Vorbehalte gegen „einige Themen“ hegt, die von Papst Franziskus und der REPAM, der eigens zur Vorbereitung der Amzonassynode gegründeten Organisation, Gegenstand der Synode sein sollen. Der Grund dafür, so die Presseerklärung, liege darin, daß mit ihnen die „nationale Souveränität“ in Frage gestellt werde, unter anderem was die Nutzung der Bodenschätze des Landes betrifft.
Staatssekretär Helenos hatte bereits am Sonntag gegenüber der Presse gesagt:
„Wir sind besorgt und wollen die Neutralisierung der Synode, weil sie eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Brasiliens darstellt“.
Brasilien werde eine „diplomatische Initiative“ starten, um die potentiell „negativen Auswirkungen der Amazonassynode zu neutralisieren“. Dazu werde auch gehören, die italienische Regierung um Intervention beim Vatikan zu bitten, „überzogen kritischen Positionen“ zu vermeiden, wie die italienische Presseagentur ANSA am Montag berichtete. Dahinter steckt die Sorge der neuen Staatsführung, die beiden Kammern des neugewählten Parlaments nahmen am 1. Februar ihre Arbeit auf, der „linke Klerus“ könne in Zusammenarbeit mit politischen Linkskräften die Amazonassynode nützen, um die Regierung Bolsonaro international zu diskreditieren: Die Aufmerksamkeit der Mainstream-Medien für Papst Franziskus könnte zu einem erheblichen Imageschaden für Brasilien führen.
Arbeiterpartei kritisiert, Bischofskonferenz beharrt
Die seit Jahresbeginn oppositionelle, sozialistische Arbeiterpartei (PT), der die bisherigen Staatspräsidenten Dilma Rousseff und Lula da Silva angehören, wirft der Regierung Bolsonaro Einmischung in kirchliche Angelegenheiten vor. Kardinal Claudio Hummes, emeritierter Erzbischof von Sao Paulo und ehemaliger Kurienkardinal, gehört zu den persönlichen Freunden von Ex-Präsident Lula, der seit April 2018 wegen Korruption eine zwölfjährige Gefängnisstrafe absitzen muß.
Papst Franziskus unterstützte in den vergangenen Jahren mehrfach die brasilianische Linksregierung, übermittelte Lula eine Solidaritätsnote ins Gefängnis und warnte während des Präsidentschaftswahlkampfes im Vorjahr vor einem „Staatsstreich“ und einer „Diktatur“, womit das Kirchenoberhaupt einen Wahlsieg meinte, der eine Niederlage der regierenden Linken bedeutet.
Auch die Brasilianische Bischofskonferenz reagierte auf Medienberichte über den Geheimdienstbericht. Sie veröffentlichte ein Video ihres Generalsekretärs Msgr. Leonardo Steiner (siehe unten). Darin betont er, daß die Amazonassynode „ein Ereignis der Kirche für die Kirche ist“.
Zugleich beharrte Steiner auf der pan-amazonischen Ausrichtung der Synode, die grenzüberschreitend den gesamten Amazonasraum umfassen werde. Insgesamt werden Kirchenvertreter aus sieben Staaten an der Amazonassynode teilnehmen, die Anteil am Amazonasbecken haben.
Msgr. Steiner weiter:
„Von der Kirche und für die Kirche“ umfasse die Amazonassynode „die gesamte Frage von Pan-Amazonien: die Völker, die Umwelt. Alles ist Realität und wird mit Sicherheit angesprochen. Der Heilige Vater wünscht, daß wir neue Wege für die Evangelisierung, für Pan-Amazonien finden.“
Verändertes Szenario
Die Veränderungen, die Bolsonaros Wahlsieg für Papst Franziskus bedeuten, sind nicht unerheblich. Dies gilt gerade für einen Papst, der als „Soziologe auf dem Papstthron“ oder sogar mehr als Politiker, denn als Kirchenmann wahrgenommen wird. Die Veränderungen erklären die Nervosität hinter den Kulissen, vor allem in brasilianischen Kirchenkreisen. Experten sprechen von einer Radikalisierung politischer Linkskreise, die den Wahlsieg Bolsonaros nicht hinnehmen könnten.
Auf internationaler Ebene zählte Franziskus zunächst auf die Unterstützung durch US-Präsident Barack Obama. Durch den Wahlsieg von Donald Trump wurde das strategische Szenario jedoch jäh zunichte. Mit der Amazonassynode beabsichtigte der Papst unter anderem die Linksregierungen in Brasilien und insgesamt in Lateinamerika zu stützen, doch eine nach der anderen bricht weg, besonders schwer wiegt Brasilien, das größte und bevölkerungsreichste Land Lateinamerikas.
Zu den größten taktischen Veränderungen des Heiligen Stuhls nach dem Wahlsieg von Trump gehört die verstärkte Achsenverschiebung der vatikanischen Aufmerksamkeit hin zur kommunistischen Volksrepublik China.
In Brasilien zeichnet sich unterdessen durch die politische Veränderung im Land eine unerwartete Konfrontation ab, deren Auswirkungen auf die Synodenplanung noch nicht absehbar ist.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: gsi.gov.br/CNBB (Screenshots)
Ich freue mich, dass in Brasilien Bolsonaro die Wahl gewonnen hat. Hätten wir doch auch einen Bolsonaro in Deutschland. Leider traue ich den alten links-grünen Männern im Bischofsgewand nicht, die allein ihr „Sozialistisches Paradies“ auf Erden errichten wollen,. Diese lernen auch von Venezuela nicht.