(Rio de Janeiro) Mit Kardinal Claudio Hummes erlebt der Priesterzölibat eine Achterbahnfahrt. 2006 stellte er ihn in Frage, wurde nach vatikanischer Ermahnung zu seinem entschiedenen Verfechter, um unter Papst Franziskus der aktivste Bastler am neuen „Amazonas-Priestertum“ zu sein.
Der brasilianische Purpurträger aus dem Franziskanerorden wurde von Papst Paul VI. 1975 zum Bischof-Koadjutor im Bistum Santo André im Staat Sao Paulo ernannt. Wenige Monate später wurde er Bischof dieser Diözese, 1996 Erzbischof von Fortaleza und 1998 Erzbischof von Sao Paulo, dem traditionell bedeutendsten Bistum des größten lateinamerikanischen Landes. 2001 erfolgte die Kardinalserhebung.
Die Achterbahnfahrt beginnt: Vom Lifthill zur ersten Abfahrt
2006 rief Papst Benedikt XVI. den Primas von Brasilien an die Römische Kurie und ernannte ihn zum Präfekten der Kleruskongregation. Die Ernennungsurkunde in der Tasche beging er im Lifthill, kurz vor seinem Abflug nach Rom, seinen Einstand als oberster Verantwortlicher für den Klerus mit einem Angriff gegen den Priesterzölibat, den er in Frage stellte. Das war eine gewaltige Abfahrt auf der Achterbahn. Noch bevor er seinen Fuß in die Ewige Stadt setzen konnte, mußte er seine Aussage auf vatikanischen Druck hin dementieren. Womit er seinen ersten Looping hingelegt hatte.
Als Benedikt XVI. den heiligen Pfarrer von Ars, Johannes Maria Vianney, als Vorbild und Patron der Priester, installieren wollte, war es der zuständige brasilianische Dikasterienleiter, der mit Hilfe anderer so heftigen Widerstand leistete, daß es nicht dazu kam. Eine Abfahrt mit Maximalgeschwindigkeit. Ein „vorkonziliares“ Priestermodell für eine „nachkonziliare“ Kirche wurde von ausreichend starken Teilen der Kirche für inakzeptabel gehalten, den Papst zu veranlassen, seinen Plan aufzugeben. Die Folge war, daß Benedikt XVI. sich mit Kardinal Mauro Piacenza einen neuen Präfekten für die Kleruskongregation suchte und Hummes bereits nach drei Jahren und elf Monaten, offiziell wegen Überschreitung der Altersgrenze, wieder nach Hause schickte.
Der Papstwähler und die Amazonas-Werkstatt
Im nicht gerade durch Brillanz auffallenden brasilianischen Episkopat stellt Hummes die Gestalt mit dem größten Gewicht dar. Er gehörte 2013 zu den Wählern von Papst Franziskus. Dieser selbst bestätigte, daß es der brasilianische Franziskaner gewesen sei, der ihm noch in der Sixtinischen Kapelle zugeflüstert habe, sich als erster Papst Franziskus zu nennen.
Seit 2014 ist bekannt, daß Hummes – zusammen mit dem österreichischen Missionsbischof Erwin Kräutler – an einer Amazonas-Werkstatt für ein „Amazonas-Priestertum“ bastelt. Offiziell gehe es darum, einen „Notstand“ des Priestermangels zu beheben, um der indigenen Bevölkerung des riesigen Amazonas-Beckens den Zugang zu den Sakramenten zu sichern. Dafür soll ein „indigener Klerus“ geschaffen werden. Ähnliche, gescheiterte Versuche im mexikanischen Chiapas und die auffällige Präsenz deutscher Stichwortgeber läßt andere Kirchenvertreter mißtrauisch sein. Der Vatikanist Sandro Magister sprach im Dezember 2015, unmittelbar nach Abschluß der Bischofssynode über die Familie, davon, daß die „Amazonas-Werkstatt“ nur eine Tarnung für einen Angriff auf das Weihesakrament sei mit dem Ziel, den Priesterzölibat abzuschaffen.
Viri probati – erste Etappe
Die Einführung der viri probati, verheirateter Diakone, durch Paul VI. im Jahr 1967 wird in der Kirche zwar anders begründet. Es kann aber kein Zweifel bestehen, daß sie von modernistischer Seite als erste Etappe zur Abschaffung des Priesterzölibats verstanden wurde. In der Tat stellen die ständigen Diakone einen nicht wirklich geklärten Aspekt dar, der – wie die Beispiele Chiapas und Amazonas zeigen – als Sprungbrett mit permanenter Einladung für den nächsten Angriff auf den Priesterzölibat dient.
Nach seinem Looping im Jahr 2006 wurde Hummes vom Zölibatsgegner zum Zölibatsverteidiger. Die Umstände, die zu diesem abrupten Gesinnungswandel geführt hatten, ließen erahnen, daß die „Bekehrung“ nicht echt sein konnte. Nach außen gab sich der Kardinal in seiner Zeit als Präfekt der Kleruskongregation allerdings linientreu.
Vor zehn Jahren: Hummes „Überlegungen“ zum Priestertum
Vor genau zehn Jahren veröffentlichte Kardinal Hummes im Februar 2007 als Präfekt der Kleruskongregation „Überlegungen“ zum 40. Jahrestag der Enzyklika Sacerdotalis caelibatus. Die Gedanken wurden vom Vatikan in portugiesischer, spanischer, englischer und französischer Sprache, aber weder in deutscher noch italienischer Sprache veröffentlicht.
Darin sagte der Kardinal noch etwas anderes als er vorher und nachher behauptete:
„Der Zölibat ist das Vorbild, das Christus selbst uns gegeben hat. Er wollte ehelos sein. Daher führt die Enzyklika aus: ‚In vollem Einklang mit diesem Auftrag verharrte Christus sein ganzes Leben hindurch im Stand der Jungfräulichkeit; diese Tatsache kennzeichnet seine Ganzhingabe an den Dienst für Gott und die Menschen. Diese so enge Verbindung von Jungfräulichkeit und Priestertum, die in Christus besteht, geht auch auf die über, denen es gegeben ist, an der Würde und dem Auftrag des Mittlers und ewigen Priesters teilzuhaben. Diese Teilhabe ist um so vollkommener, je freier der Diener des Heiligtums von den Bindungen an Fleisch und Blut ist‘ (SC, 21).
Die historische Existenz Jesu Christi ist das offensichtlichste Zeichen, daß die für Gott aus freien Stücken angenommene Keuschheit eine solide fundierte Berufung ist, sowohl auf der christlichen Ebene als auch auf der Ebene der gemeinsamen menschlichen Vernunft.“
Und weiter:
„Mehr noch als eine kanonische Bestimmung ist der Zölibat vor allem ein Geschenk Gottes an Seine Kirche. Er ist direkt mit der Ganzhingabe an den Herrn verbunden. Auch wenn man zwischen der Disziplin des Zölibates der Weltpriester und der Ordenserfahrung durch die Weihe und die Ablegung der Gelübde unterscheidet, besteht kein Zweifel, daß es keine andere Erklärung und Rechtfertigung des kirchlichen Zölibats gibt, als die Ganzhingabe an den Herrn in einer Beziehung, die exklusiv ist, auch in affektiver Hinsicht. Das setzt eine starke persönliche Beziehung und Gemeinschaft mit Christus voraus, der das Herz seiner Jünger verwandelt.“
Und weiter:
Die Entscheidung für den Zölibat in katholischen Kirche des lateinischen Ritus geht bereits auf die apostolische Zeit zurück und liegt genau auf der Linie der Beziehung des Priester mit seinem Herrn gemäß dem Wort des auferstandenen Jesus an Petrus: ‚Liebst du mich mehr als diese?‘ (Joh 21,15).
Daher sind alle christologischen, ekklesiologischen und eschatologischen Gründe für den Zölibat in der besonderen Gemeinschaft mit Christus verwurzelt, in die der Priester gerufen wurde.“
Wenn ein Kardinal Loopings schlägt und sich selbst widerspricht
Wie bereits zuvor sieht Kardinals Hummes die Sache seit der Wahl von Papst Franziskus wieder anders. Am 27. Juli 2014 gab er der brasilianischen Tageszeitung Zero Hora ein Interview. Darin sprach er sich für die Aufhebung des Priesterzölibats aus, denn diese Frage sei „sehr viel einfacher“, da es „immer verheiratete Priester gab“. Auch gegen das Frauenpriestertum oder Bischöfinnen habe er nichts einzuwenden. Man kenne die Gründe nicht, warum Jesus „keine Frau zum Apostel machen wollte“. Sollte die Kirche die Gründe aber einmal finden, „könnte es sein, daß die Frage anders gesehen wird“.
In der Amazonas-Werkstatt arbeitet er systematisch auf die Schaffung einer „Sonderform“ des Priestertums hin und wehrt sich gegen andere Lösungen zur Behebung des Priestermangels im Amazonas-Urwald. Eine Haltung, die jenen als Bestätigung dient, die ohnehin davon ausgehen, daß das „Amazonas-Priestertum“ nur eine Camouflage für ein neues Priestertum ist, das weniger an das des niederen Klerus in den orthodoxen Kirchen erinnert, sondern mehr dem „Priestertum“ des Protestantismus, das in Wirklichkeit allerdings gar keines ist, da die Reformatoren das Weihesakrament austilgten. Der behauptete „Notstand“ des Priestermangels könnte schnell auf andere Gebiete ausgeweitet werden. 2011 hatten mehrere CDU-Politiker mit dieser Begründung die Priesterweihe von viri probati gefordert. Amazonien in Deutschland.
In der japanischen Hafenstadt Akita war es 1973 zu Marienerscheinungen gekommen, deren übernatürlicher Charakter von der katholischen Kirche offiziell anerkannt wurde. In Akita sagte die Gottesmutter, es werde eine Zeit kommen, in der sich Kardinäle gegen Kardinäle stellen werden. Ob damit auch gemeint ist, daß ein Kardinal sich selbst widerspricht?
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons
Wenn ein kirchlicher Würdenträger zu wichtigen Fragen wie eben dem Zölibat einfach seine Meinung ändert, dann fragt man sich schon, wieviel so eine Meinung überhaupt wert ist. In Österreich kennt man es beispielsweise von Erzbischof Schönborn, dass er in erster Instanz nicht selten die traditionelle Lehre der Kirche wiedergibt, ehe er beim ersten Widerstand der aus den Medien kommt, einbricht und die Meinung des Mainstreams übernimmt. Früher hätte es genügt, wenn der Apostel Paulus einen Brief geschrieben hat, doch heute ist es der Papst selbst, der sehenden Auges seine Würdenträger in deren Lauheit gewähren lässt.
Teil 1:
.…„Darin sprach er sich für die Aufhebung des Priesterzölibats aus, denn diese Frage sei „sehr viel einfacher“, da es „immer verheiratete Priester gab“.….
Woher weiß Kardinal Hummes denn, dass es angeblich „immer verheiratete Priester gab“?
Wie glaubwürdig ist seine Aussage – da auch Kardinal Hummes nur ein sterblicher Mensch ist, der lediglich eine vergleichsweise kurze Zeitspanne auf dieser Erde lebt‑, wohingegen das Christentum bereits seit fast 2000 Jahren auf Erden existiert?
Kann man gleichzeitig die überlieferte Tradition der Kirche einerseits verlassen, ignorieren und leugnen, selbst im Novus Ordo praktizieren, um andererseits pharisäerhaft zu behaupten, man kenne sich in der katholischen Kirche aus, denn.…„die verheirateten Priester“ habe es „immer“ schon gegeben ! – ?
Welcher sterbliche Mensch kann von sich behaupten, das zu wissen? Selbst heilige Kirchenlehrer und Kirchenlehrerinnen haben niemals eine solche Aussage gemacht. Behauptungen waren und sind niemals ein Qualitäts- oder „Karrierekriterium“ um möglicherweise posthum als Kirchenlehrer der katholischen Kirche kanonisiert zu werden. Es gilt das Wort der Bibel: Nur einer sei euer Lehrer – Christus!
Schade, dass Kardinal Hummes heute soviel Dummes von sich gibt.…
Gerade seine genialen Aussagen in Sacerdotalis caelibatus sprechen hinsichtlich des Zölibats eine ganz klare deutliche Sprache und ließen bis dato eine erfreuliche, wunderbare und völlige Übereinstimmung mit den überlieferten Werten der katholischen Kirche erkennen. Warum will Kardinal Hummes jetzt den Ewigen Hohepriester und damit auch seinen einzigen Lehrer – Jesus Christus – übertrumpfen oder entmachten?
Niemand kann zwei Herren gleichzeitig dienen. Das gilt nicht nur für die Schafe, sondern gleichermaßen für die Hirten.
.…„Auch gegen das Frauenpriestertum oder Bischöfinnen habe er nichts einzuwenden. Man kenne die Gründe nicht, warum Jesus „keine Frau zum Apostel machen wollte“.….
Man kennt die Gründe sehr wohl – will sie aber nicht nennen. Deshalb ist es notwendig, dass Kardinal Hummes betet und die Bibel liest, anstatt säkulare Erwägungen zu predigen oder gar ein „neues Amazonas-Evangelium“ zu verkünden.
Selbst wenn es einmal anfangs, in der Zeit der Selbstfindung der Kirche, die von den Konziliaren gerne als „Urchristentum“ verklärt und romantisiert wird, in der angeblich jeder jeden liebte und alle alles miteinader teilten (wir wissen aus den paulinischen Briefen, dass es längst nicht so war!), wenn es also anfangs hier und da verheiratete „Priester“ gegeben haben sollte, ist das kein Argument, mit der immer schon vorhandenen und in der lateinischen Kirche allgemeingültigen, auf das Vorbild und der Weisung Jesu beruhenden, bis auf den heutigen Tag ununterbrochenen apostolisch-altehrwürdigen Tradition des Klerikerzölibates zu brechen. Was soll dieser dümmliche Archälogismus, dieses verkrampfte Graben nach einer vermeintlich idealen Urkirche, in der das Märchen von der händchenhaltenden Stuhlkreismahlgemeinschaft mit (wieder)verheirateten Gemeindevorstehern lutherischer Prägung vorgebildet gewesen sein soll? Die Kirche hat sich unter Leitung des Heiligen Geistes entfaltet wie ein Baum. Natürlich kann es bei diesem Wachstumsprozess immer auch Auswüchse geben, die zurückgeschnitten werden müssen, aber: etwas so Grundsätzliches abzuschaffen oder zu ändern wie die Ordnung des Ehesakraments, die Ordnung der Liturgie oder eben den Klerikerzölibat, hieße, um im Bilde zu sprechen, den Baum bis auf den Stamm absägen und sich der Illusion hinzugeben, man könne mit dem Wachsen der Kirche noch einmal ganz neu und von vorne beginnen. Dass es solche Illusionäre heute bis in die allerhöchsten Kirchenämter gebracht haben, die dort wie besessen an der Verwirklichung ihrer ganz persönlichen Kirchenträume basteln, offenbart den ganzen fünfzigjährigen Verfall der Konzilskirche, einer Kirche, in der weitgehend der Herren eigner Geist, anstatt der Heilige Geist regiert.
Nachtrag: Während ich dieses schreibe, fällt mir gerade auf: könnte es sein, dass man deshalb so verbissen um die Zulassung von wiederverheiratet Geschiedenen zur Kommunion und damit letztlich für die kirchliche Akzeptanz von Ehescheidung kämpft, um die bei gewünschter Abschaffung des Klerikikerzölibates zukünftig zu erwartende Probleme von geschiedenen und wiederverheirateten „Viri probati“ (was für ein Witz!) von vornherein zu entschärfen!? Das macht Sinn, oder!?
Teil 2:
So wie Christus das Haupt seiner Kirche ist, so ist der Mann durch den Willen Gottes das Haupt seiner Familie. Christus und der Mann als geweihter katholischer Priester sorgen, beschützen und ernähren mithilfe der Sakramente als Haupt die Familie aller Gotteskinder.
Die Frau ist dem Mann gemäß dem göttlichen Willen als Hilfe – nicht als Haupt der Familie gegeben.
Die Frau widmet sich deshalb nach dem liebevollen Beispiel der Gottesmutter Maria, aller heiligen Frauen, Schutzpatroninnen oder gar Kirchenlehrerinnen, durch ihre Rolle als Lebensspenderin, Mutter, ungeweihte Priesterin und Erzieherin dem körperlichen, geistigen und seelischen Wohl ihrer Kinder.
Eine Familie, die aus zwei „gleichberechtigten „Häuptern besteht, hat keinen dauerhaften Bestand, weil eine solche Familie dem Rollenverständnis Gottes widerspricht. Gott kann keinen Widerspruch segnen.
Frauen dürfen ihre gottgegebene mütterliche Rolle weder gegen ein automatisiertes Sklaventum als „seelenlose Gebärmaschine“ noch als „jederzeit verfügbare Sexualpartnerin“ eintauschen, um Nachkommen zu produzieren oder zu verhüten.
Die Rolle der Frau ist die Rolle der liebevollen irdischen Mutter, nicht die der hauptberuflichen Ernährerin. Deshalb spricht die überlieferte Tradition stets vom Mann als Ernährer einer Familie – nicht von einer Ernährerin und erst recht nicht von einer „Emanze“.
…„Sollte die Kirche die Gründe aber einmal finden, „könnte es sein, daß die Frage anders gesehen wird.….“
Die Kirche braucht und kann keine Gründe finden – sie ist von Jesus eingesetzt, deshalb heilig und in sich selbst vollkommen. Heiligkeit braucht sich deshalb nicht selbst zu rechtfertigen – nicht im Himmel und erst recht nicht hier auf Erden. Eine nachkonzilare menschenzentrierte Kirche muß sich dagegen tatsächlich auf die Suche nach Argumenten gegen die „Fessel“ des Zölibats begeben.