Kardinal Müller an die Bischofskonferenzen: „2 + 2 kann nie 5 ergeben. Amoris laetitia ist im Kontext der vollständigen katholischen Tradition zu lesen“


Kardinal Müller im EWTN-Interview: "Papst kann keine Lehre vertreten, die den Worten Jesu Christi widerspricht".
Kardinal Müller im EWTN-Interview: "Papst kann keine Lehre vertreten, die den Worten Jesu Christi widerspricht".

(Rom) Einen Tag nach dem Hir­ten­brief der bel­gi­schen Bischö­fe, mit dem sie wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen die Zulas­sung zu den Sakra­men­ten gewähr­ten, mel­de­te sich Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler, der Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on zu Wort und kri­ti­sier­te das Vor­ge­hen man­cher Bischö­fe und Bischofskonferenzen.

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Unter Beru­fung auf Amo­ris lae­ti­tia von Papst Fran­zis­kus erklär­ten die Bischö­fe Bel­gi­ens am 24. Mai die Ent­schei­dung, ob wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne zur Kom­mu­ni­on zuge­las­sen sind, zur Gewis­sens­fra­ge. Sie neh­men dabei für sich in Anspruch, „mit Papst Fran­zis­kus zu sein“.

Am 25. Mai ver­öf­fent­lich­te EWTN ein Inter­view mit Glau­bens­prä­fekt Mül­ler, das Ray­mond Arro­yo führ­te. Arro­yo befragt den Kar­di­nal nicht kon­kret zum Vor­ge­hen der bel­gi­sche Bischö­fe, aber zu den kon­trä­ren Aus­le­gun­gen des umstrit­te­nen nach­syn­oda­len Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia durch die ver­schie­de­nen Diö­ze­san­bi­schö­fe und Bischofs­kon­fe­ren­zen. Der Hir­ten­brief der bel­gi­schen Bischö­fe dürf­te zum Zeit­punkt des Inter­views weder Kar­di­nal Mül­ler noch Ray­mond Arro­yo bekannt gewe­sen sein. Beson­ders zum VIII. Kapi­tel klafft die Pra­xis in der Kir­che immer wei­ter aus­ein­an­der, weil ein Teil der Bischö­fe an der bis­he­ri­gen Leh­re und der dazu­ge­hö­ren­den pasto­ra­len Pra­xis fest­hält, wäh­rend ein ande­rer Teil, dar­un­ter die bel­gi­schen Bischö­fe, unter Beru­fung auf Papst Fran­zis­kus einen Bruch voll­zieht und die objek­ti­ven Grün­de, die von den Sakra­men­ten aus­schlie­ßen, durch eine Ent­schei­dung des sub­jek­ti­ven Gewis­sens des Indi­vi­du­ums ersetzt.

Die bel­gi­schen Bischö­fe leug­nen in ihrem Hir­ten­brief die bis­he­ri­ge Pra­xis der Kir­che, daß sich Sün­der durch ihr sünd­haf­tes Ver­hal­ten selbst aus der Gemein­schaft (Com­mu­nio) der Kir­che aus­schlie­ßen. Bel­gi­ens Bischö­fe behaup­ten, daß jede Situa­ti­on ihre „Beson­der­hei­ten“ habe, wes­halb nicht per Dekret über alle ent­schie­den wer­den kön­ne. Damit ent­zie­hen sie poten­ti­ell jede Situa­ti­on einer kirch­li­chen Ent­schei­dung und lösen objek­ti­ve Kri­te­ri­en, wie den Tat­be­stand des per­ma­nen­ten Ehe­bruchs bei wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen, in sub­jek­ti­ver Will­kür auf.

Gegen ein sol­ches Vor­ge­hen durch Bischö­fe wehrt sich Kar­di­nal Mül­ler. Auf die Behaup­tung der Bischö­fe, die wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne zu den Sakra­men­ten zulas­sen, sie wür­den damit der Leh­re von Papst Fran­zis­kus fol­gen (so sagen es auch die bel­gi­schen Bischö­fe) ant­wor­tet der Kardinal:

„Die Ehe zwi­schen getauf­ten Per­so­nen ist ein Sakra­ment. Es ist abso­lut unmög­lich, daß der Papst als Nach­fol­ger des Petrus und Stell­ver­tre­ter Chri­sti für die Welt­kir­che eine Leh­re ver­tritt, die ein­deu­tig gegen die Wort Jesu Chri­sti ist.“

Zu den gegen­sätz­li­chen Aus­le­gun­gen von Amo­ris lae­ti­tia durch die ein­zel­nen Bischö­fe und Bischofs­kon­fe­ren­zen (Arro­yo erwähn­te die Deut­sche Bischofs­kon­fe­renz) sag­te der Kardinal:

„Es ist nicht gut, wenn die Bischofs­kon­fe­ren­zen offi­zi­el­le Inter­pre­ta­ti­on des Pap­stes vor­neh­men, das ist nicht katho­lisch. Wir haben die­ses Doku­ment des Pap­stes und es ist im Kon­text der voll­stän­di­gen katho­li­schen Tra­di­ti­on zu lesen.“

Ohne einen der eng­sten Papst-Ver­trau­ten nament­lich zu nen­nen, repli­zier­te Kar­di­nal Mül­ler auf eine Aus­sa­ge von P. Anto­nio Spa­da­ro SJ, dem Schrift­lei­ter der römi­schen Jesui­ten­zeit­schrift La Civil­tà  Cat­to­li­ca ist. Spa­da­ro, der dem Redak­ti­ons­ko­mi­tee von Amo­ris lae­ti­tia ange­hör­te, hat­te am ver­gan­ge­nen 6. Janu­ar im Zusam­men­hang mit der von ihm unter­stütz­ten Zulas­sung von wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen zur Kom­mu­ni­on in einem Tweet behauptet:

„Theo­lo­gie ist nicht Mathe­ma­tik. 2 + 2 kann in der Theo­lo­gie 5 erge­ben. Weil sie mit Gott und dem wirk­li­chen Leben der Men­schen zu tun hat …“I

Dem wider­sprach nun Glau­bens­prä­fekt Mül­ler, weil die pasto­ra­le Umset­zung der kirch­li­chen Ehe­leh­re immer eine direk­te Umset­zung der Leh­re sein und daher mit die­ser über­ein­stim­men müs­se, denn:

“ 2 + 2 kann nie 5 ergeben“.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: EWTN (Screen­shot)

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8 Kommentare

  1. Wenn es „nur“ um Mathe­ma­tik ginge …
    Doch man kann nun ein­mal kei­ne Aus­nah­men von der Schwer­kraft machen noch von ande­ren Gesetz­mä­ßig­kei­ten. Und wenn selbst­herr­li­cher Mach­bar­keits­wahn zehn­mal eine Aus­nah­me davon machen will, daß man sich an einer hei­ßen Herd­plat­te die Fin­ger ver­brennt, so wird es doch zehn­mal genau so gesetz­mä­ßig pas­sie­ren, daß man doch Scha­den nimmt.
    Der Wil­le steht nicht über dem Gesetz. In Got­tes Natur so wenig wie in Sei­nen Sakra­men­ten. Da hilft kein Eigen­sinn, son­dern Erken­nen und Berück­sich­ti­gen. Dann auch wird alles wirk­lich gut.

  2. Kar­di­nal Mull­er soll end­lich sagen : „Amo­res Lae­te­tia ist ein schlech­tes Doku­ment, das fal­sche Wege anbietet.“

    Es ist hoch­ste Zeit, Ja oder Nein sagen!

  3. Wenn Papst Fran­zis­kus sagen wür­de , dass wie­der­ver­hei­ra­te­te geschie­de­ne in Aus­nah­me­fäl­len zur Kom­mu­ni­on gehen kön­nen, wäre das eine kla­re Aus­sa­ge. Dies wäre eine Ent­schei­dung die man viel­leicht nicht gut fin­den muss. Dann könn­te er die­se Ent­schei­dung sehr ruhig und sehr sach­lich dar­le­gen. Dann müss­te sehr offen und fair dar­über gespro­chen wer­den, ob man die Leh­re dahin gehend ändern kann. Das fin­det nicht statt. In fun­da­men­ta­len Din­gen ist ein kla­re ein­heit­li­che Linie unver­zicht­bar. Es kann doch nicht sein dass die eine Bischofs­kon­fe­renz so die ande­re so ent­schei­det. Solch Fra­gen müs­sen auch öffent­lich kom­mu­ni­ziert wer­den. Die Welt­öf­fent­lich­keit erwar­tet vom Papst kla­re Aus­sa­gen. Wenn dies nicht geschieht, wie bis­her, ent­steht für die Kir­che ein nicht unbe­trächt­li­cher Schaden.

    • Das wird der Papst nie sagen, denn dann ver­liert er bei vielen.
      Ich sehe die Stra­te­gie so, dass ein Same gesät wird, der keimt und die Kir­che von innen raus ver­fault. Von die­ser Fäul­nis wer­den vie­le ein­ge­nom­men werden.
      Die­ser Vor­gang wird durch inter­nen (auch har­ten) Druck ver­stärkt damit sich Per­so­nen wie Kar­di­nal Mül­ler nicht mehr rich­tig äußern kön­nen. Unter­stützt wird dies durch die Beset­zung man­cher Schlüs­sel­po­si­tio­nen mit Per­so­nen die die glei­che Gesin­nung haben.
      Wer weiß ob es spä­ter sogar zu „Kämp­fen“ zwi­schen Prie­ster kom­men wird, jeden­falls wird die Tra­di­ti­on bekämpft.

  4. Eben, und des­we­gen ver­ste­he ich auch die Auf­re­gung über AL nicht. Eine ein­zel­ne Äuße­rung des Pap­stes kann gar nicht die bestän­di­ge Leh­re und Pra­xis der Kir­che ändern oder umkeh­ren, schon gar nicht, wenn der Papst wie in AL 3 gesche­hen, selbst die Auto­ri­tät die­ser Äuße­rung sehr weit zurückschraubt.

    • @ Triden­ti­nus. Die kath. Kir­che steht unter gro­ssem Druck, innen wie aussen. Alle wol­len sie die Kir­che „nie­der­rei­ssen“, umfor­men, umge­stal­ten, anpas­sen an ihren per­sön­li­chen Gusto. Wenn etwas unter gro­ssem Druck steht, und sich dann plötz­lich eine Schwach­stel­le eröff­net, ein „Loch“, dann geht lang­sam aber sicher die Luft hin­aus, wie bei einem Schlauch­boot. Wer­den nicht die heu­ti­gen PC-Pro­gram­me von Hackern nach Schwach­stel­len gescannt und dann von dort aus Mal­wa­re ein­ge­schleust? Wur­den nicht frü­her bei Erobe­run­gen von Bur­gen die Schwach­stel­len aus­ge­macht und dann dort der „Angriffs­he­bel“ qua­si ange­setzt? Wie war das mit der Hand­kom­mu­ni­on schon wie­der? War nicht zuerst ein Indult da, und eini­ge weni­ge Jah­re spä­ter wur­de dies zur pasto­ra­len Pra­xis, obwohl es über­haupt nicht rech­tens ist. Ana­lo­gien las­sen grü­ssen. Man kann schon sehr kon­ster­niert sein: Der Mensch lernt nichts aus der Geschich­te, die kath. Kir­che lei­der auch nicht. Mit die­sen Schwach­stel­len bei AL hat man den Fein­den in die Hän­de gespielt. Wohl sehr bewusst, also vor­sätz­lich. Hier wird nun das Brech­ei­sen ange­legt, auf Bie­gen und Bre­chen wird nun lang­sam, aber ste­tig, die Leh­re aus­ge­he­belt. Sodann man muss etwas rich­tig eti­ket­tie­ren und das Bis­he­ri­ge als „alt­backen“, über­holt, nicht mehr zeit­ge­mäss dekla­rie­ren und schon fin­det man fast über­all Zustim­mung. Ein­fa­ches Strick­mu­ster, aber effek­tiv und alt­be­währt. Die Wer­bung ope­riert damit: Das Neue ist immer das Bes­se­re, weil, so die Sug­ge­sti­on, Ent­wick­lung statt­ge­fun­den hat. Aus die­ser Grund­an­nah­me her­aus will man dem Men­schen auch weis­ma­chen, dass Got­tes Schöp­fung nicht genügt, nicht voll­kom­men ist. Sie muss von der Wis­sen­schaft und Medi­zin kor­ri­giert, ent­wickelt und ver­bes­sert wer­den, die Schwach­stel­len sol­len aus­ge­merzt wer­den. Ein sehr trau­ri­ges Kapi­tel der Mensch­heits­ge­schich­te, das zur­zeit geschrie­ben wird; von den Gene­ra­tio­nen, die hier und jetzt leben.

  5. Nach­trag: Wenn die Aus­nah­me miss­braucht wird, und ich mei­ne die abso­lut sel­te­ne, dann muss die­se Geste aus Al zurück­ge­nom­men wer­den. Es wäre sehr wich­tig, in den Hir­ten­brie­fen dar­auf hin­zu­wei­sen, dass man nicht so selbst­ver­ständ­lich zur Kom­mu­ni­on geht. Beich­te und ein lau­te­rer Lebens­wan­del sind unver­zicht­bar. Der Emp­fang des hei­li­gen Sakra­men­tes ist zur Rou­ti­ne gewor­den. Das ist erschreckend. Der Pfar­rer kon­trol­liert einen ja nicht, aber vor Gott muss ein gedan­ken­lo­ses rou­ti­nier­tes zur Kom­mu­ni­on gehen ver­ant­wor­tet wer­den. Das wird den Leu­ten nicht wirk­lich klar gemacht.

  6. Kar­di­nal Mül­ler sagt: „Es ist abso­lut unmög­lich, daß der Papst als Nach­fol­ger des Petrus und Stell­ver­tre­ter Chri­sti für die Welt­kir­che eine Leh­re ver­tritt, die ein­deu­tig gegen die Wor­te Jesu Chri­ti ist“; und wenn er es doch tut, Kar­di­nal Mül­ler, was dann?

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